… haben mit den Rot-weiß-schwarzen bekommen, was sie angesichts der überwältigenden Friedlichkeit dieser Anti-Corona-Maßnahmen-Spaziergänger so händeringend benötigt hatten, um den Protest doch noch diffamieren zu können: Medien wie Politiker übertreffen sich in Superlativen der Denunziation.
Die Tagesthemen zeigen ein Drohnenvideo, erstveröffentlicht ausgerechnet beim russischen Messenger-Dienst Telegram, dieser Enklave für die von Facebook und den deutschen Öffentlich-Rechtlichen Angewiderten. Die Tagesthemen senden ein Video, welches einen Demonstrationszug in Minsk zeigen soll. Allerdings: Die Menschenmassen, die da in dem Telegram-Drohnen-Film zu sehen sind, wirken zahlenmäßig nicht so groß, wie auf der vielfach dokumentierten Querdenker-Demonstration in Berlin. Das hält die Tagesthemen jedoch nicht davon ab, unwidersprochen zu kommentieren: „Es sind mehr als hunderttausend Menschen, hieß es dort“. Was Berlin angeht, bleibt man hingegen wohlweislich bei den offiziellen Zahlen der Polizei, die von 38.000 Teilnehmern spricht.
Das war dem Spiegel aber schon deutlich zu viel, sodass das Magazin auf eine lächerlich kryptische zu nennende Art und Weise selbst nachzählte und die viel zu niedrige politisch motivierte Zahl der Polizei noch auf 32.500 herunterrechnete, eine Zahl, die aber laut Spiegel immer noch zu hoch angesetzt sei. Die Begründung ist an Dreistigkeit übrigens kaum noch zu überbieten:
„Eine sechs- oder gar siebenstellige Teilnehmerzahl erscheint daher unrealistisch. Sie wäre nur möglich, wenn massiv gegen die Abstandsregeln verstoßen worden wäre. Die Veranstalter haben jedoch penibel darauf geachtet, dass diese zumindest ungefähr eingehalten wurden.“ Aber weshalb wurde die Demo dann abgebrochen?
Es bleibt fast alles beim Alten. Es wird gesungen- von ausgesuchten BBC-Sängern. Die Großkopferten haben aber wohl immer noch nicht kapiert, dass der Refrain sowieso mitgesungen wird, je mehr verboten, desto lauter: Hier klicken.
Der Brite lässt sich doch nicht verarschen, wenn es um seine Kultur und Geschichte geht!
… der regelrechte Vernichtungsfeldzug gegen die alteingesessene Kultur des Landes, gerade auch durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der damit die eigene Bevölkerung zu anderem Denken zwingen will, während dieselbe Bevölkerung mit Zwangsgebühren ihre eigene Dauerbeschimpfung zu finanzieren hat: das ist (natürlich) nicht nur ein deutsches Problem.
Es gibt ganz enge Parallelen zum Vereinigten Königreich, und die Parallele ist umso enger, nachdem die deutschen Polit-Sende-Anstalten weitgehend nach dem Muster der britischen BBC errichtet worden sind.
Als Beitrag zur Umerziehung des alteingesessenen, aus Sicht der BBC-Sendungsbewussten ungehörig kolonialistischen und rassistischen Publikums hat man beschlossen, die hymnischen Lieder zu „canceln“, die seit Ewigkeiten zum Abschluss der sommerlichen Konzertreihe „Proms“, während deren „Last Night“, auch vom Saalpublikum in der Royal-Albert-Hall (noch eine Verbindung nach Deutschland, denn der Prinzgemahl von Queen Victoria kam ja aus Deutschland) euphorisch mitgesungen werden.
(Was auch viele Deutsche gern sehen, jahrelang ganz klassisch kenntnisreich moderiert durch Rolf Seelmann-Eggebert, der die englische National-Seele liebevoll einfühlend zu vermitteln weiss.)
Auch in Deutschland formieren sich Nationalisten, wahrscheinlich auch Rassisten und Nazis, zur ´Ode an die Freude` ganz spontan. Und mitsingen tun sich auch noch. Welche Schande!
Heute würde diese nicht genehmigte Versammlung sofort aufgelöst. Weg mit dem rechten Mob!
… ist auch in der Region aktuell eher mau. Keine großen Vorberichte und auch die Bilanz ist doch recht dürftig. Gut so. Keine übermäßige Aufmerksamkeit den Kriminellen:
Am Tagebau Garzweiler haben Demonstranten und Aktivisten am Sonntag gegen die Zerstörung weiterer Dörfer protestiert. Die Kundgebung verlief friedlich – bei der Besetzung eines Kohlebaggers kam es allerdings zu Handgreiflichkeiten.
Erkelenz (dpa) – Braunkohlegegner haben am Sonntag einen Kohlebagger im rheinischen Tagebau Garzweiler besetzt. Die Klimaaktivistin Luisa Neubauer, die sich vor Ort an einer Kundgebung beteiligte, verteidigte die Aktion. Die Ungerechtigkeit sei hier so groß, dass man sich dagegen wehren müsse, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Am Nachmittag beendete die Polizei die Aktion.
An der Kundgebung beteiligten sich nach unterschiedlichen Schätzungen zwischen 1000 und 3000 Menschen. Sie stellten sich, unter Einhaltung der Abstandsregeln, in einem Ring um das Dorf Lützerath, das zur Braunkohlegewinnung weggebaggert werden soll.
«Inmitten der Klimakrise alte Dörfer samt historischer Kirchen, Schulgebäuden und fruchtbaren Äckern für einen riesigen Tagebau zu opfern ist ein unverzeihlicher Fehler», kritisierte der Greenpeace-Klimaexperte Bastian Neuwirth. «Wenn Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) als potenzieller Kanzlerkandidat Verantwortung für ganz Deutschland übernehmen will, dann muss er jetzt in seiner Heimat mit Klimaschutz anfangen.»
RWE will fünf Dörfer für den Tagebau abreißen. Das sei Teil des von Bund und Ländern erzielten Kohlekompromisses, argumentiert der Konzern. Der Kohleausstieg sei gesetzlich beschlossen, und RWE leiste dazu einen großen Beitrag. Die Kohle unter den Dörfern werde bereits von 2024 an benötigt.
Neubauer bezeichnete den Anfang 2019 erzielten Kohlekompromiss als überholt. «Seit der Kohlekommission haben sich die Verhältnisse radikal verändert», sagte die 24-jährige Fridays-for-Future-Aktivistin. «Ein Kohlekompromiss, wie er damals geschlossen worden ist, wäre heute schon undenkbar. Wir verstehen heute, wie schnell wir aus der Kohle aussteigen müssen, um das Pariser Klimaabkommen einhalten zu können. Und wir wissen auch, dass wir das können.»
Nun bringt WELTplus aktuell ein Interview mit dem Infektiologen und KrankenhaushygienikerDr. Walger:
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Walger: Die Mehrzahl aller Infektionen findet durch Tröpfchenübertragung statt. Weltweit gibt es nur wenige Beispiele, die so extrem besonders sind wie die Fleischverarbeitung bei Tönnies. Kein Tröpfchenschutz der Arbeiter, weil die Masken das Atmen behinderten, schwerste körperliche Tätigkeit mit hoher Tröpfchenproduktion, enger Abstand am Fließband, Hunderte Personen in einer runtergekühlten Arbeitshalle und fehlende Frischluftzufuhr, da darf man schon mal über Aerosole diskutieren. Ein Vergleich mit Schulklassen oder Restaurants erscheint mir da unverhältnismäßig und sehr theoretisch. Wir wissen inzwischen: Das Risiko einer Sars-CoV-2-Übertragung kann man erheblich reduzieren, indem man Abstand hält – oder, wenn das nicht geht, eine Alltagsmaske trägt. …
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… indem man Abstand hält – oder, wenn das nicht geht, eine Alltagsmaske trägt. …
Weil ein Mund-Nasenschutz Tröpfchen abhält! Weil die Maske dann Schutz bietet, wenn man auf einen Tröpfchen absondernden Menschen, also einen Kranken mit Symptomen trifft. Was aber nicht passieren sollte, denn Kranke gehören nach Hause in´ s Bett und nicht in die Öffentlichkeit. Deshalb sind Abstand und Maske unnötig, oder?
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… WELT:Die größte Gefahr geht also von Tröpfchen aus?
Walger: Die jüngsten Daten des RKI über die Ausbrüche in Deutschland bestätigen das, ja. Es kommt eben nicht nur darauf an, ob sich das Coronavirus in Aerosolen in der Luft hält – nach Laboruntersuchungen tut es das. Die Frage ist aber, ob die Konzentration der Viren hoch genug ist, um Menschen überhaupt zu infizieren. Solange diese Frage nicht beantwortet ist, bleibt die Aerosoldebatte eine Elfenbeinturm-Diskussion. Die bisherige Epidemiologie spricht für Aerosole als Ausnahmerisiko. Zur Verdeutlichung: Wenn ein Kind mit Windpocken in seinem Zimmer liegt, das Fenster ist offen und die Luft gerät durch Zufall in den Raum oben drüber – dann ist es möglich, dass sich dort nicht geimpfte Menschen mit Windpocken anstecken. Der Name ist da Programm. Ähnliches gilt für Masern. Kurzum: Es gibt Viren, bei denen nur ganz geringe Mengen in Aerosolen ausreichen, um viele andere Menschen zu infizieren. Sars-CoV-2 gehört nicht zu diesen Virustypen, es ähnelt grundsätzlich eher der Influenza und anderen durch Tröpfchen übertragenen Infektionen.
WELT: Ihre Fachgesellschaft hat gemeinsam mit den Pädiatern eine Stellungnahme mit sehr detaillierten Regelungen zum hygenisch und sozialpsychologisch vertretbaren Umgang mit Schulöffnungen erstellt. Trotzdem handhaben die Länder, teilweise sogar die Schulen, es ganz unterschiedlich. Von der Maskenpflicht für Oberstufenschüler und in Gängen bis hin zur allgemeinen Maskenpflicht, sogar während des Unterrichts …
Walger: … und seltsamerweise gibt es nirgendwo eine Maskenpflicht für Lehrer. Ein ziemliches Durcheinander, ja. Im Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene und der pädiatrischen Fachgesellschaften steht, dass das Maskentragen für Kinder unter zehn Jahren grundsätzlich und für Kinder und Jugendliche speziell im Unterricht nur dann notwendig ist, wenn es im Umfeld der Schule viele Infektionen oder in der Schule selbst einen Ausbruch gibt. Man muss nach Alter und Infektionsgeschehen differenziert entscheiden und insbesondere die Lehrer und Betreuer stärker in die Maskenpflicht einbeziehen.
[…]
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Ein Virus in einem Aerosol macht keine Infektion, entscheidend ist die Menge, die beim Empfänger ankommt, das übersehen die Theoretiker.
«Wir schaffen das», verkündete Angela Merkel Ende August 2015, als die Flüchtlingszahlen bedrohlich in die Höhe schnellten und in einen Flüchtlingstreck mündeten, der sich nur mit der Situation am Ende des Zweiten Weltkriegs vergleichen lässt. Was da in Ungarn, Österreich und an der bayrischen Grenze passierte, war eine Zäsur, welche die Zeitgeschichte bis heute in ein Davor und ein Danach teilt.
Vordergründig hat die Kanzlerin recht behalten. Alle Neuankömmlinge fanden eine Unterkunft, alle erhielten eine angemessene Betreuung, und niemand musste wie in anderen EU-Ländern unter menschenunwürdigen Bedingungen vegetieren. Die «Willkommenskultur» war ein bewundernswertes Beispiel deutscher Effizienz; nur wenige Nationen hätten Ähnliches zustande gebracht.
Und doch kommt Deutschland dieser Satz teuer zu stehen.
Der Preis bemisst sich zwar nur zum kleinsten Teil in Euro und Cent, aber schon rein materiell sind die Belastungen erheblich. Obwohl sich die Bundesregierung bemüht, die Kosten für die ungeregelte Migration nach Kräften herunterzuspielen, legte sie für das Jahr 2018 einen Bericht dazu vor. Zieht man die 8 Milliarden für die Bekämpfung der Fluchtursachen ab, bleiben immer noch 15 Milliarden Euro für ein einziges Jahr. Und das sind bloss die Ausgaben des Bundes, hinzu kommen jene der Länder und Gemeinden.
Die Migration schlägt sich in der Kriminalstatistik nieder
Ein stolzer Preis, der in der Hochkonjunktur der letzten Jahre keine allzu grossen Bedenken weckte. In Zeiten der Rezession, in der die Verteilungskämpfe härter werden, dürfte sich das ändern.
Zumal in den Kosten Ausgaben enthalten sind, bei denen sich der unbefangene Steuerzahler verwundert die Augen reibt. So soll eine Sicherheitsfirma die Ordnung in den Berliner Flüchtlingsheimen gewährleisten. Der mehrjährige Auftrag wird laut einer Meldung der «Berliner Morgenpost» europaweit ausgeschrieben und ist mit 630 Millionen Euro dotiert. Man möchte sich das Ausmass der latenten oder offenen Gewalt nicht ausmalen, das so viel Security erforderlich macht.
Wenn so viele Menschen in so kurzer Zeit aus so unterschiedlichen Ländern in Deutschland aufeinandertreffen, entstehen unvermeidlich Konflikte – in den Heimen, aber auch ausserhalb. Nicht von ungefähr hat sich die Zuwanderung 2015 in der Kriminalstatistik niedergeschlagen.
Bei den Delikten Körperverletzung, Diebstahl und Betrug rangieren Flüchtlinge häufiger unter den Tatverdächtigen, als dies ihrem Anteil an der Bevölkerung entspricht. Dazu kommen spektakuläre Fälle sexueller Gewalt wie die massenweisen Übergriffe am Kölner Hauptbahnhof oder die Vergewaltigungen in Freiburg. Sie liessen das Sicherheitsgefühl weiter erodieren, nachdem bereits das Chaos an den Grenzen vor fünf Jahren den Eindruck eines staatlichen Kontrollverlustes hervorgerufen hatte.
Statt der Fachkräfte kamen Hilfsarbeiter
Massenmigration erschwert die Integration. Deshalb haben sich auch zahlreiche der optimistischen Erwartungen aus jener Zeit nicht erfüllt. So begrüssten Vertreter der deutschen Wirtschaft 2015 den Zustrom und begründeten dies mit dringend benötigten Arbeitskräften. Zwar hat rund die Hälfte der Flüchtlinge unterdessen eine Beschäftigung gefunden, allerdings oft nicht dort, wo Deutschland, wie die meisten Staaten Europas, ein echtes Problem hat: bei den Fachleuten.
Wegen mangelnder Sprachkenntnisse und fehlender Ausbildung gehen 42 Prozent der Flüchtlinge, die überhaupt einen Job bekamen, einer Arbeit nach, die nur eine geringe Qualifikation erfordert. Sie werden in der Corona-Krise besonders häufig entlassen, denn Handlanger trifft die Arbeitslosigkeit zuerst. Im Umkehrschluss heisst dies auch, dass ein hoher Anteil der Neuankömmlinge aus jener Zeit langfristig auf Sozialleistungen angewiesen bleibt.
Eine geregelte Migration, bei der sich die Länder die Arbeitskräfte gezielter aussuchen können, weist eine geringere Anzahl an Sozialfällen auf. Unter ökonomischen Gesichtspunkten ist sie Merkels «Hauruck-Migration» eindeutig vorzuziehen. Daran ändern auch die Bäckergesellen und Maschinenbaustudenten nichts, die in den Medien als Beispiele einer gelungenen Integration besonders gerne porträtiert werden.
Doch die wirtschaftlichen Faktoren treten neben den politischen Auswirkungen in den Hintergrund. Mit Geld lässt sich vieles kaufen, aber nicht gesellschaftlicher Frieden. Dieser ist seit der Zäsur der «Willkommenskultur» beeinträchtigt.
Deutschland ist derzeit polarisiert, nicht so stark wie die USA, aber doch genug, dass eine Diskussion über Migration bis heute heftige Reaktionen auslöst und die Gesellschaft zuverlässig spaltet.
Frust in der Mitte, Gewalt an den Rändern
Die AfD reitet erfolgreich auf dieser Welle. Sie ist seither in alle Landesparlamente und in den Bundestag eingezogen und hat sich rechts von den Unionsparteien fest etabliert. Parolen, wie sie Björn Höcke und Andreas Kalbitz vertreten, hörte man früher in radikalen ausserparlamentarischen Nischen, allenfalls einmal in einem Landtag. Heute sind sie ein trauriges Ingrediens in einem Mainstream der Gehässigkeit und der Konfrontation.
Die Mitte reagierte auf den sprunghaften Anstieg der Flüchtlingszahlen mit einer gereizten Grundstimmung, die extremen Ränder mit offener Gewalt. Frustrierte muslimische Flüchtlinge ohne Lebensperspektive radikalisierten sich. Der Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche mit 12 Toten und 55 Verletzten gehört zu der Bilanz des islamistischen Terrorismus, aber auch zahlreiche minder schwere Vorfälle.
Vor einigen Tagen machte in Berlin ein Autofahrer Jagd auf Motorradfahrer und verletzte dabei sechs Personen. Anschliessend stieg der abgewiesene irakische Asylbewerber seelenruhig aus seinem Wagen, entrollte einen Gebetsteppich und rief: «Allah ist gross.»
Der rechtsradikale Terrorismus nahm ebenfalls zu. Konnte man die Morde des «Nationalsozialistischen Untergrunds» noch als Werk einzelner verwirrter Aussenseiter abtun, ist das seit den Morden von Kassel, Halle und Hanau nicht mehr so einfach. Wie auch beim Islamismus bilden die besonders spektakulären Fälle nur die Spitze des Eisbergs, dessen breite Basis aus Brandanschlägen auf Asylbewerberheime oder Attacken auf Einzelpersonen besteht.
Die Moralapostel blieben ohne Gefolgschaft
Im Herbst 2015 wurden die Grenzen der Belastbarkeit überschritten. Zu den Folgen gehört unter anderem politische Gewalt in einer rohen Wucht, wie sie seit dem Ende des RAF-Terrors, der bisher blutigsten Episode der Nachkriegsgeschichte, unbekannt war.
Selbst tolerante und offene Gesellschaften wie die deutsche haben eine limitierte Aufnahmebereitschaft. Wird diese überstrapaziert, führt dies unweigerlich zu Gegenreaktionen. Der zentrale Vorwurf, den man der Kanzlerin und ihrem Kabinett machen muss, lautet, dass sie diese Wirkungszusammenhänge ignorierten.
Berlin isolierte sich auch aussenpolitisch. Man lockerte die Schengen-Regeln, nahm 2015 je nach Zählung 900 000 bis 1,2 Millionen Menschen auf und glaubte, einen Rechtsanspruch auf Solidarität zu haben. Doch diese blieb aus. Kein einziges europäisches Land öffnete seine Grenzen, nur weil Deutschland es für unmöglich hielt, vorübergehend die Grenzen zu schliessen (was dann in der Corona-Pandemie problemlos möglich war).
Als wäre die Europäische Union ein juristisches Oberseminar, beharrte die Regierung auf fixen Aufnahmequoten. Dabei war von vorneherein klar, dass so viel Legalismus politisch scheitern würde. Polen etwa konnte darauf verweisen, dass es selbst zwei Millionen Ukrainern und Weissrussen Zuflucht gewährt hatte. Erst das von einem privaten Think-Tank inspirierte Abkommen mit der Türkei wies den starrköpfigen Berliner Rechtsgelehrten einen Ausweg aus der selbstverschuldeten Sackgasse.
Die Zahlen sind eindeutig. Deutschland nahm zwischen 2015 und 2018 in absoluten Zahlen ungleich mehr Flüchtlinge auf als jedes andere EU-Land, Griechenland und Italien eingeschlossen. Eindeutig ist auch die damit verbundene politische Botschaft. Deutschland stilisierte die Migration zu einer moralischen Frage. Der Rest Europas hingegen stellt die nationalen Interessen in den Vordergrund. Niemand hatte deshalb nur die geringste Lust, den Moralaposteln zu folgen.
Der Staat dankte vorübergehend ab
Unterdessen, das muss man der Fairness halber anfügen, hat Berlin seine Politik stillschweigend korrigiert. Die europäische Migrationspolitik gleicht allerdings seither einem Schlachtfeld im Stellungskrieg. Nichts geht mehr vorwärts, alle Seiten haben sich eingegraben.
Deutschland hat seit der grossen Zäsur in der Flüchtlingspolitik einiges geschafft, vieles aber misslang. Die Bilanz fällt besonders schlecht aus, wenn man sich von der Scheinalternative löst, es habe damals nur die Wahl zwischen totaler Offenheit und totaler Abschottung bestanden.
2014 und Anfang 2015 wäre es noch möglich gewesen, den Zustrom zu bremsen und Signale zu setzen, dass Deutschland nicht alle aufnehmen kann. Doch der Versuch, einen vernünftigen Mittelweg zu finden, wurde erst gar nicht unternommen. Die Regierung sah den Sturm heraufziehen – und tat nichts.
Hätte Berlin in den entscheidenden Monaten August bis November anders gehandelt, hätte der Staat nicht vorübergehend abgedankt. Denn das bleibt auf Dauer mit dem Satz «Wir schaffen das» verbunden: Die Bundesregierung war zeitweise nicht mehr Herrin der Lage. Sie war ausserstande, steuernd einzugreifen und einen Kompromiss zwischen humanitärer Grosszügigkeit und nationalem Interesse zu finden. Man muss das nicht Staatsversagen nennen, ein Versagen bleibt es allemal.
Statement von Gesundheitsminister Jens Spahn im Nachbericht zum Bericht aus Berlin vom 14.6.2020, welches Dr. Martin Vincentz wörtlich zitiert, was aber leider rein rhetorisch etwas untergeht, dass das so ist:
Weil der im Netz kostenpflichtige FAZ+ Artikel für die allgemeine Debatte in Sachen Corona-Tests so außerordentlich wichtig ist, zitiere ich den Text weitgehend. Wenn Sie die Kommentare, die Verweise usw. ebenfalls lesen möchten, abonnieren Sie FAZ+ (mit kostenfreier Testphase). Es lohnt sich in jedem Fall.
Herr Renz, in Deutschland wurden in den vergangenen Wochen so viele Menschen auf das Coronavirus getestet wie nie zuvor, unter ihnen viele Reiserückkehrer und andere Menschen ohne Symptome. Nun zeichnet sich ein Kurswechsel ab weg von den Massentests zu einer gezielteren Testung von Verdachtsfällen. Wie bewerten Sie das?
Aus Sicht der Labormedizin ist dieser Kurswechsel zu begrüßen. Wir haben zu oft blind getestet, ohne dass es einen konkreten Anlass gab, und sind über das Ziel hinausgeschossen. Die Labore in Deutschland sind an ihrer Kapazitätsgrenze, und das in einer Situation, in der wir keine Lage erleben wie im Frühjahr, sondern eine relativ leichte Welle von Corona-Erkrankten. Angenommen, die Welle würde in den kommenden Wochen stärker werden, könnten wir das Niveau der Tests gar nicht mehr halten. Wir müssen jetzt Laborressourcen schonen, damit wir einen Puffer aufbauen für die wirklich schwierigen Zeiten. Außerdem bekommen wir bei der anlasslosen Massentestung symptomloser Menschen mehr falsche Testergebnisse.
Aber die Tests sind doch sehr genau, wie passt das zusammen?
Die guten PCR-Tests haben eine Güte von bis zu 99,5 Prozent. Das ist hoch und bleibt konstant, egal wie viel wir testen. Allerdings beeinflusst die Zusammensetzung der Gruppe, die wir testen, die Wahrscheinlichkeit, dass falsche Ergebnisse auftauchen. Entweder werden Menschen, die gar kein Virus tragen, als falsch positiv getestet oder tatsächlich Infizierte als falsch negativ. Das ist komplex, aber sehr wichtig für die Interpretation der Ergebnisse.
Der falsch Positive würde in Quarantäne geschickt, obwohl er dort nicht sein müsste. Das wäre im Einzelfall ärgerlich, aber das Virus würde sich nicht weiterverbreiten. Wo liegt das Problem?
Lieber einen Menschen zu viel in Quarantäne schicken, als einen Superspreader zu wenig, da bin ich dabei. Wir bekommen allerdings auch mehr falsch negative Ergebnisse. Diese Menschen tragen das Virus in sich, wiegen sich aber in trügerischer Sicherheit. Die Labore in Deutschland haben in der vergangenen Woche an die 900.000 Tests durchgeführt, und die Positivrate liegt bei etwa 0,9 Prozent. Wir haben es also mit einem signifikanten Maß an Unsicherheit zu tun. Das könnten wir verringern, indem wir gezielter testen und nicht einfach alle Reiserückkehrer. …
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Einschub MEDIAGNOSE
Wenn bei „guten PCR-Tests“ eine falsch-positiv Rate von 0,5% vorliegt, dann sind das bei 900.000 Testungen in einer Woche 4.500 Fälle. 3.600 tragen tatsächlich das Virus SARS-Cov-2, ein anderes Coronavirus oder Restteile von irgendwelchen Coronaviren in sich. Sind aber durchaus nicht alle krank. Die 4.500 falsch-positiven ohnehin nicht. Ich gehe davon aus, dass nicht nur „gute“ Tests verwendet werden, sondern auch solche mit einer Fehlerrate > 0,5%. Da sieht die Sache nochmal anders aus.
Fazit:Nur das Testen von Menschen mit Symptomen ist sinnvoll, weil dadurch die falsch-positiv Rate massiv sinkt*.
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… Wer sollte getestet werden?
Risikogruppen, zu denen gehören direkte Kontaktpersonen von Infizierten, etwa Schulkinder, wenn ihre Lehrerin positiv ist. Und Menschen, die Symptome haben, auch leichte wie etwa nur Halsschmerzen. Es muss nicht immer das volle klinische Bild sein. Wir brauchen eine intelligentere Auswahl derer, die wir testen. Das könnte eine App leisten, die Fragen stellt, mit welchen Gruppen man Kontakt hatte am Arbeitsplatz oder im Urlaub und ob es Symptome gibt. Und wir müssen wegkommen von dem Glauben, eine einmalige Testung gäbe uns ausreichende Sicherheit.
Wie meinen Sie das?
Der Test ist nur eine Momentaufnahme, das Ergebnis gilt nur für heute. Das Virus braucht ein paar Tage, bis es sich im Organismus so ausgebreitet hat, dass es auch nachweisbar ist. Die Inkubationszeit beträgt bis zu 14 Tage. Deshalb haben wir ja die 14-tägige Quarantäne. Die meisten Menschen entwickeln früher Symptome, zwischen fünf und zehn Tagen nach der Infektion. Nachweisen können wir das Virus aber frühestens zwei Tage, bevor Symptome auftreten. Wenn ich davor in einer ganz frühen Phase der Inkubationszeit getestet werde, wird das Ergebnis negativ sein. Ein paar Tage später wäre es aber positiv.
Dann wiegen uns die Tests von Reiserückkehrern auf der Autobahn gleich nach der Ankunft in Deutschland womöglich in falscher Sicherheit?
Die Gefahr ist groß. Spielen wir das mal durch. Angenommen, der Urlauber hat sich am letzten Abend vor seiner Abreise bei der Abschlussparty im Club infiziert und kommt jetzt nach Hause. Das Virus ist da noch nicht nachweisbar, der Test fällt negativ aus. In Wirklichkeit entwickelt sich das Virus unbemerkt ganz prächtig auf der Schleimhaut. Bestärkt vom negativen Testergebnis geht der Rückkehrer aber einkaufen, trifft Freunde, schickt die Kinder in die Schule und geht wieder zur Arbeit.
Die Zusammenhänge sind komplex, und auch Politiker müssen sich da erstmal einarbeiten. Sie wollen natürlich Handlungsfähigkeit demonstrieren, und das ist ja nicht verkehrt, aber bitte auf einem hohen professionellen Niveau. Wir Labormediziner stehen für wissenschaftliche Expertise immer zur Verfügung, aber ich habe den Eindruck, dass die Politik da manchmal eigene Wege geht.
Nun ist eine Fünf-Tage-Regel im Gespräch. Wer aus einem Risikogebiet einreist, soll sich in Quarantäne begeben, die er nur vorzeitig verlassen kann, wenn er einen negativen Test aufweist. Der darf aber frühestens nach fünf Tagen gemacht werden. Wäre das sinnvoll?
Der Vorteil wäre, dass das Virus nach fünf Tagen sicherer nachgewiesen werden kann als sofort nach der Rückkehr. Die Regel ergäbe aber nur Sinn, wenn die Quarantäne tatsächlich eingehalten wird. Die gesellschaftliche Akzeptanz dafür wird leider immer geringer.
Genetisches Material baut sich mit der Zeit ab. Das ist kritisch, wenn ich in der Probe sowieso schon keine große Viruslast habe. Wenn ich höre, dass Proben am Freitag genommen, aber erst am Montag darauf analysiert werden, erfüllt mich das mit großer Sorge. Das ist Realität in einigen Laboren, da wird am Sonntag gar nicht getestet und am Samstag vielleicht. Wir müssen auch viel genauer hinschauen, welche Testverfahren zum Einsatz kommen. Wir hatten kürzlich im Vogelsbergkreis die Situation, dass mehrere Patienten positiv getestet wurden. Im Nachhinein mussten wir feststellen, dass das Labor einen Test eingesetzt hatte, der auch andere Coronaviren erkannte.
Die meisten ja, aber nicht alle. Das wäre mein Appell als Vertreter der Labormedizin, dass das mit auf den Befund gehört. Ich wünsche mir von der Bundesregierung oder dem Robert-Koch-Institut eine Positivliste von Testverfahren, die für die Routineanwendung tatsächlich geeignet sind, bei der PCR-Testung wie beim Antigen- und Antikörpernachweis, bei denen wir es mit noch mehr Wildwuchs zu tun haben. Dort werden inzwischen mehr als hundert verschiedene Verfahren eingesetzt, und jedes misst etwas leicht anderes. Das führt auch bei den Ärzten zu großer Verwirrung bei der Interpretation der Ergebnisse. Ein weiteres großes Problemfeld betrifft die Abstriche.
Also die Entnahme der Probe. Was kann da schief gehen?
Wenn die Probe nicht richtig genommen wird, haben wir noch mehr falsch negative Ergebnisse. Das Virus sitzt hinten oben, da muss ich hinkommen mit meinem Tupfer, um ein verlässliches Ergebnis zu erhalten. Das geht nur mit einem Nasen-Rachen-Abstrich. Das kann man kombinieren mit einem Abstrich im Mund, was die Trefferquote noch einmal ein bisschen erhöht. Aber ein Abstrich allein durch den Mund reicht nicht aus. Das Personal, das die Abstriche durchführt, muss flächendeckend besser geschult werden.
Tut ein Nasen-Rachen-Abstrich weh?
Das kann richtig wehtun. Viele Menschen haben eine gekrümmte Nasenscheidewand, und wenn man da mit dem Stäbchen durchfährt bis zum Rachenraum, dann kann das auch mal zum Nasenbluten führen.
Gibt es keine Alternativen zu dieser manchmal schmerzvollen Prozedur?
Leider noch keine zuverlässigen. Es wird an Alternativen gearbeitet wie einem Gurgelwasser oder Speichelproben. Aber all diese Verfahren müssen erst einmal unter Beweis stellen, dass sie genauso gut sind wie ein Nasen-Rachen-Abstrich, der als Goldstandard gilt.
Ist das eine Frage von Wochen oder Monaten?
Ich glaube, das wird länger dauern, als man es sich bislang vorstellt. Es ist aufwendig, diese Methoden zuverlässig zu validieren. Man braucht viele Probanden aus verschiedenen Phasen der Erkrankung und mit verschiedenem Schweregrad. Wenn ich einen Menschen habe mit einer hohen Viruslast, mag auch eines der Alternativverfahren anschlagen. Bei geringer Viruslast ist das Risiko, dass es ein falsch negatives Ergebnis gibt, aber sehr hoch. Die für eine Überprüfung erforderlichen Datensätze stehen der Fachwelt noch nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung.