Der neue, geplante Coup unserer Hygienediktatoren:
MehrAm Freitag beraten Bund und Länder [heute, 7.1.2021] …
… über neue Maßnahmen angesichts der Verbreitung der Omikron-Variante. Gesundheitsminister Karl Lauterbach fordert neben einer Verkürzung der Quarantänezeit auch Verschärfungen der aktuellen Regeln. Außerdem nennt er ein neues Impfziel. …
… Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will bei den Bund-Länder-Beratungen zur Corona-Pandemie am Freitag neben verkürzten Quarantänezeiten auch härtere Kontaktbeschränkungen durchsetzen. „Verschärfungen werden leider notwendig sein, um der schweren Welle, die auf uns zukommt, zu begegnen“, sagte Lauterbach dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ („RND“, Mittwoch). „Ich werde dazu Vorschläge machen.“
Details nannte er nicht, betonte aber, insbesondere für Ungeimpfte gebe es keinen Grund zur Entwarnung. „Man kann ihnen nicht in Aussicht stellen, dass für sie die Kontaktbeschränkungen kurz- oder mittelfristig aufgehoben werden“, so Lauterbach. „Mein Appell an die Ungeimpften ist, dass sie sich schnell zumindest einmal impfen lassen, damit sie wenigstens für den ganz schweren Krankheitsverlauf eine wichtige Schutzwirkung haben.“
Der SPD-Politiker verteidigte seinen Vorstoß, die Quarantäne mit Blick auf die Omikron-Variante des Virus zu verkürzen. „Studien zeigen, dass die Generationszeit – also auch die Phase, in der sich das Virus im Körper ausbreitet und die Phase, in der ein Mensch ansteckend ist – bei Omikron viel kürzer ist“, erläuterte er. „Wir können also bis zu einem gewissen Grad die Quarantänezeit verkürzen, ohne ins Risiko zu gehen.“
Hintergrund der Überlegungen ist die Sorge, dass wichtige Versorgungsbereiche gefährdet sein könnten, wenn die Infektionszahlen sprunghaft steigen und viele Beschäftigte gleichzeitig in Quarantäne müssten. Lauterbach nannte insbesondere Krankenhäuser, Altenpflege, Polizei, Feuerwehr sowie die Wasser- und Stromversorgung. Für diese Bereiche seien neue Quarantäne- und Isolationsregeln nötig. Auch die Bereiche Schule und Reisen müssten bedacht werden.
Der Deutsche Städtetag mahnte, Personalengpässe müssten unbedingt vermieden werden. Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy versicherte aber zugleich: „Städte und kommunale Unternehmen bereiten sich bei ihren Personalplanungen auf mögliche Ausfälle vor.“ So würden etwa Pandemiepläne erstellt, nach denen Teams separat voneinander arbeiten können, oder Dienstpläne so gestaltet, dass bei Engpässen Mitarbeiter aus dem Urlaub herangezogen werden könnten.
Lauterbachs neues Impfziel
Die Auffrischungsimpfung ist aus Sicht Lauterbachs der beste Schutz gegen die Omikron-Variante. Als neues Impfziel gab der Gesundheitsminister im Interview die Booster-Impfung für weitere 15 Millionen Menschen aus.
„Nach der Modellierung des Robert-Koch-Instituts sollte das Ziel sein, dass mehr als 80 Prozent der doppelt geimpften auch geboostert sind, also rechnerisch 56 Prozent der Bevölkerung“, sagte er. „Dann hat es Omikron schwer.“
Der Minister argumentierte, durch die bestehenden Beschränkungen gebe es derzeit 50 Prozent weniger Kontakte als in der Zeit vor der Pandemie. „Die Kontaktbeschränkungen plus die 80-Prozent-Boosterung werden den R-Wert sinken lassen“, zeigte sich Lauterbach optimistisch. „Die Booster-Impfung ist bei der Omikron-Variante der beste Schutz.“
Bisher sind 59,3 Millionen Menschen doppelt geimpft. 32,7 Millionen Menschen haben eine Auffrischungsimpfung erhalten. Das entspricht einem Anteil von 55 Prozent aller doppelt Geimpften. Lauterbachs 80-Prozent-Ziel bedeutet, dass rund 47,5 Millionen Menschen eine Booster-Impfung erhalten müssen. Das sind rund 15 Millionen Menschen mehr als derzeit.
Lauterbach für schnelle Einführung der Impfpflicht
Lauterbach warb auch erneut für eine baldige Einführung der allgemeinen Impfpflicht. „Die Impfpflicht muss schnell kommen“, sagte er dem „RND“. „Wir können nicht darauf warten, dass eine Impfpflicht überflüssig wird, weil wir eine sehr hohe Durchseuchung der Bevölkerung haben“. Er arbeite an einem Vorschlag für eine Impfpflicht für Menschen über 18 Jahren. Dabei will Lauterbach „bevorzugt“ auf ein Impfregister verzichten. Ein solches Register wird von vielen Experten als zentral gesehen, um die Impfpflicht durchzusetzen – Datenschützer mahnen jedoch zur Vorsicht.
Die Ministerpräsidenten der Bundesländer treffen sich am Freitag mit Vertretern des Bundes, um die Pandemie-Situation in Deutschland neu zu bewerten. Die Spitzen von Bund und Ländern wollen über eine Verkürzung der Quarantäne- und Isolationszeiten beraten, mit der personelle Engpässe bei wichtigen Einrichtungen vermieden werden sollen.
Am Mittwoch beraten bereits die Gesundheitsminister dazu. Ebenfalls am Mittwoch treffen sich die Kultusminister. Es wird erwartet, dass sie sich für ein Offenhalten der Schulen trotz der verstärkten Ausbreitung der Omikron-Variante des Coronavirus aussprechen.
Woidke erwartet Entscheidung über weitere Maßnahmen
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) rechnet beim Corona-Gipfel mit der Festlegung weiterer Maßnahmen für den Kampf gegen Omikron. „Ich gehe davon aus, dass am Freitag Entscheidungen getroffen werden, vor allen Dingen, um die Funktionsfähigkeit der kritischen Infrastruktur und die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems weiter zu gewährleisten“, sagte Woidke der Nachrichtenagentur dpa. „Ich gehe auch davon aus, dass die Entscheidungen natürlich möglichst eine Eindämmung der Infektionsdynamik beinhalten.“ Details nannte er nicht.
Woidke hält Entscheidungen für dringend geboten. „Wenn man sich die explosionsartige Verbreitung der Omikron-Variante in Deutschland – speziell die damit verbundenen explodierenden Infektionszahlen gerade in norddeutschen Ländern – anschaut, können wir nicht länger warten“, sagte Woidke. „Wir müssen Entscheidungen treffen.“ Die Datenlage werde aus seiner Sicht ausreichend sein, um die notwendigen Entscheidungen zu treffen.
Auch die brandenburgische Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) mit kürzeren Quarantänezeiten. „Es wird auf eine Anpassung der Quarantänezeiten allgemein hinauslaufen“, sagte die Ministerin am Mittwochmorgen im RBB-Inforadio. „Dass die verkürzt werden, das erwarte ich.“ Es brauche darüber hinaus „spezielle Regelungen“ für Beschäftigte in der sogenannten kritischen Infrastruktur. „Sonst bricht dort der Betrieb zusammen, das ist ganz klar und darüber müssen wir reden, das kann nicht jedes Bundesland eigenständig machen.“ Konkreter wurde Nonnemacher dabei nicht.
Ein flächendeckender Lockdown ist nach Änderungen am Infektionsschutzgesetz durch die Ampel-Parteien inzwischen nicht mehr möglich. „Wir wollen auch künftig flächendeckende und pauschale Schließungen vermeiden“, versicherte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) im Gespräch mit den Tageszeitungen „Stuttgarter Zeitung“, „Stuttgarter Nachrichten“ und den Partnerzeitungen der Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft.