Marcel Joppa im Gespräch mit Gerhard Fallent, Albrecht Rothacher und Alex Thomson – Kontrafunk-Kommentar: Frank Wahlig.
Erstausstrahlung: Mittwoch, 01.03.23, 06:05 Uhr
Moderator Gernot Danowski hat am 1. März den britischen Journalisten Alex Thomson [ab Min. 3:03] zu Gast. Dieser berichtet vom Canceln des englischen Mathematikprofessors Norman Fenton, nachdem jener aufgedeckt hat, dass die Infektionszahlen von Geimpften und Ungeimpften falsch interpretiert worden sind. Der ehemalige EU-Diplomat und Ostasienspezialist Albrecht Rothacher [ab Min. 13:46 ] erzählt im Interview von der geostrategischen Rolle Chinas. Über die Rückkehr der Wölfe in Europa und speziell in Niederösterreich spricht der Gründer der Initiative „Wolf-Politik – so nicht!“, Gerhard Fallent [ab Min. 33:20]*. Frank Wahlig [ab Min. 25:44] zieht im Kommentar eine Parallele zwischen der Außenpolitik Kaiser Wilhelms II. und Annalena Baerbock. Die Medienschau [ab Min. 44:43 / Lump, Lumpenpazifisten] von Tom Wellbrock schließt die Sendung ab.
Quelle Zitate, Kontrafunk Kommentar unten & Kontrafunk aktuell 1.3.2023 hören
*Hören Sie auch dieses Interview zum Thema „Wolf„
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In seiner Zeit war Wilhelm zwo nicht maßlos oder ein bloßer Maulheld. Pickelhaube und Weltgeltung. Der Mann machte diese Nummern auf dem Trampolin der Macht nicht für sich, sondern für etwas Größeres. Die Zeitgenossen bemerkten bei Wilhelm zwo aber auch das pathetisch Clowneske.
Wilhelm der Zweite hatte nur seine Kolonien, Annalena Baerbock hat dagegen die ganze Welt, na ja, sagen wir die Hälfte der Welt. Sie will eine feministische Außenpolitik, eine feministische Entwicklungspolitik. Die neue Deutsche Außenpolitik soll der Welt ein Beispiel sein, damit all die anderen Länder erkennen mögen, was richtig und gut ist.
Dem einen die Pickelhaube, der anderen die Sonnenblume.
Die beiden Trampolinisten wollen Weltgeltung und Beispiel sein, auf dass die Welt die Schönheit ihres politischen Wollens erkennen möge.
Der eine versuchte es mit Kanonenbootpolitik, die andere mit feministischer Außenpolitik. Wilhelm zwo dachte noch in deutschen Interessen, Annalena kennt so etwas nicht mehr. Deutsche Interessen, das kommt in der feministischen Ideologie nicht mehr vor.
Unterstützung kommt von Außenpolitikern der FDP (hier ist also keine Kritik zu erwarten): Deutschland könne internationaler Vorreiter einer modernen Außenpolitik werden. Wir müssen „den Anspruch vertreten, die Lebensumstände von Millionen Frauen weltweit zu verbessern“.
Unter „weltweit“ machen wir nichts mehr.
Das ist die Pickelhaube, aus der die Sonnenblume wächst. Weltgeltung, Vorreiter. Politische Akrobatik. Annalena als Oberlehrer. Feministische Phrasen oder imperialistische Phrasen: nichts anderes als die Krönung der jeweiligen Ideologie in ihrer Zeit. Der Kaiser und die Analena haben noch eine Gemeinsamkeit. Der eine entließ Bismarck als Kanzler, die andere macht das Außenministerium endgültig „bismarckrein“ und verbannt sein Porträt in den Fundus.
Eine Außenpolitik sollte Interessen des Landes verfolgen, das einen bezahlt.
Bismarck übrigens handelte danach.
Baerbock folgt mit der Verve einer Frauenbeauftragten der achtziger Jahre ihre persönliche Agenda. Für Realpolitik, wie ihre abenteuerlichen Versprecher zeigen, ist sie nicht smart genug. Wie Wilhelm zwo: mehr scheinen als sein.
Im Außenministerium werden Genderkurse verpflichtend. Neue Mitarbeiter sollen eine Anti-Bias Schulung durchlaufen. Wer was werden will, muss einwandfrei Gendern können und die feministische Perspektive haben. Eine Sonderbotschafterin wird für feministische Außenpolitik Sorge tragen, heißt es in den baerbockschen Leitlinien. Man kann sich durchaus eine Polit- Kommissarin vorstellen, vor der sich Diplomaten fürchten und etwas Rouge auflegen.
Nein, es ist nicht lustig, weil die Grünen-Frau es ernst meint und sie niemand einbremst.
Ein feministischer Reflex solle bei allen Diplomaten ausgebildet werden, heißt es. Ein frischer Ansatz, Konkurrenten zu verpetzen und politische Gegner abzuhängen. Das ist das Ziel.
Annalena Baerbock wird die Leitlinien ihrer feministischen Außenpolitik mit vielen Beispielen begründen. Geschundene Frauen im Iran, Vergewaltigungen von Frauen im Ukraine-Konflikt, Frauenmorde weltweit, Unterdrückung der Frau in Afghanistan. Das ist alles richtig und schlimm – aber kein Grund, auf Politik verzichten zu wollen und sich in das schützende Gestrüpp einer Gender-Ideologie zu schlagen.
Das deutsche Volk, sagte Wilhelm zwo, ist „an erster Stelle berufen, große Ideen zu haben, zu pflegen und fortzusetzen“. Das könnte er Baerbock ins grün-feministische Stammbuch geschrieben haben.
Baerbock soll auch einen Chef haben in Berlin. Sagt man jedenfalls. Kanzler Olaf Scholz. Der soll dann Baerbocks Leitlinien folgen, wenn er in Indien politische Unterstützung sucht oder in den arabischen Ländern über Öl und Gas verhandelt. Ist jetzt der Kanzler angehalten, die feministische Außenpolitik zu repräsentieren, und wird er kontrolliert und zurechtgewiesen von Baerbocks Politkommissarin?
Gut möglich. Baerbock hat das Selbst- und das Sendungsbewusstsein dazu. Sie macht das, weil man sie machen lässt. Der Kanzler schlafwandelt, zumindest sagt er nichts.
Noch ein Satz für das Stammbuch. Nicht für Baerbocks Büchlein, sondern jenes der rot-grünen Republik. Wenn man einen Clown in einen Palast lässt, wird er nicht zum König, sondern der Palast wird zum Zirkus.