… Nationen, die schon vor uns Deutschen mit der sogenannten Selbstbestimmung von trans- und intergeschlechtlichen Menschen experimentiert haben, lernten zweierlei: Die gesetzliche Aufweichung der Kategorien Mann und Frau wühlt Gesellschaften emotional auf und hat weitreichende praktische Folgen.
Diese Lehren spiegeln sich im „Selbstbestimmungsgesetz“, das gerade in Berlin beraten wird, nicht wider. Es geht über den Auftrag des Bundesverfassungsgerichts hinaus und baut die Hürden für die Änderung des Geschlechtseintrags nicht nur ab, sondern hebt sie auf. Künftig soll jeder Erwachsene – Minderjährige mit elterlicher Zustimmung – Geschlecht und Vornamen jederzeit umschreiben lassen können. Ärztliche oder gerichtliche Gutachten sind nicht mehr nötig.
Was „progressive“ Kreise schon jetzt als überfällige Antidiskriminierungsmaßnahme feiern, wird bei einer großen Zahl von Bürgern auf Irritation stoßen. Viele wollen helfen, Transpersonen das Leben zu vereinfachen, finden das Gesetz aber, wie CDU und CSU, „extrem und pauschal“.
Berlin muss sich auch darauf einstellen, dass ein nicht unerheblicher Teil der Bevölkerung befremdet fragen wird: Wollen die uns jetzt auch noch weismachen, dass es keinen Unterschied mehr zwischen Mann und Frau gibt? Um diesen Leuten nicht einen weiteren Grund zu liefern, die AfD zu wählen, wäre die Regierung gut beraten, das Gesetz geduldig zu begründen, auf Einwände einzugehen – und es zu entschärfen, wenn nicht, zumindest in dieser Form, zu begraben.
So machte es jedenfalls die britische Regierung, die sich in Fachberatungen überzeugen ließ, die von ihr selbst eingebrachte Reform des „Gender Recognition Act“ besser ruhen zu lassen. Anders verhielt sich die schottische Regierung und büßte dafür bitter.
Nachdem in Glasgow ein verurteilter Vergewaltiger durch einen noch im Gerichtssaal verkündeten Geschlechtswechsel ins Frauengefängnis eingewiesen wurde, fiel auch liberalen Bürgern auf, dass da was falsch lief. Die damalige Ministerpräsidentin Nicola Sturgeon ließ die selbstidentifizierte Frau zwar in den Männertrakt verlegen, stellte damit aber ihr eigenes Gesetz infrage, was ihr politisches Ende beschleunigte.
Vorschnelle Hilfe bei der Geschlechtsumwandlung
Scheinbar beruhigend hebt die Bundesregierung hervor, dass ihr Gesetz „keine Vorfestlegung hinsichtlich medizinischer Maßnahmen“ enthalte. Es wird verunsicherten Jugendlichen die Umwandlung aber normaler erscheinen lassen, als es für viele gut wäre.
Welche Folgen die Ideologie vom fluiden Geschlecht haben kann, zeigte die gerichtliche Aufarbeitung der Zustände an der Londoner Tavistock-Klinik. Deren „Dienst für die Entwicklung der Geschlechtsidentität“ wurde aufgelöst, nachdem sich Patienten beklagt hatten, dass ihnen als Jugendliche vorschnell bei der Geschlechtsumwandlung geholfen wurde; sie hätten sich im Rückblick lieber eine psychologische Beratung gewünscht.
Von solchen Erfahrungen will man in Berlin nichts hören. Die Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, wies gerade jegliche Zweifel an dem Entwurf als „rechtspopulistisch“ zurück. „Wer die liberale Demokratie stärken will, darf nicht aus jeder neuen Gesetzesidee einen Kulturkampf machen, der rechtsradikale Narrative bedient“, sagte sie. Man fragt sich, wer hier den Kulturkampf führt – und auf wessen Rücken.
Jochen Buchsteiner, Politischer Korrespondent der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung in Berlin.
*Weil das Thema außerordentlich wichtig für die Fragestellung „Selbstbestimmung, Geschlechterwahl, Biologie u.v.m.“ ist, zitieren wir den Text komplett. Verweise und Kommentare der Leserschaft lesen Sie, wenn Sie FAZplus testen/abonnieren. Wir empfehlen FAZplus ausdrücklich: 30 % sparen & nur knapp 100€ im ersten Jahr zahlen.
In der Ausgabe vom 4. Juli spricht Marcel Joppa mit dem WirtschaftswissenschaftlerProf. P. Müller [ab Min. 4:30]über die „Deindustrialisierung“ Deutschlands und über das wirtschaftsfeindliche Agieren der deutschen Bundesregierung. In einem Interview mit dem Politikwissenschaftler und Frankreich-KennerSebastian Chwala [ab Min. 17:20]geht es um die weiterhin andauernden Krawalle und sozialen Unruhen in Frankreich. Wir schauen auf die Hintergründe und mögliche Auswirkungen auf ganz Europa. Mit unserem ReisefachmannLudwig Witzani [ab Min. 29:19]sprechen wir dann anlässlich des 4. Juli über die USA, den dortigen Unabhängigkeitstag sowie über ein Volk zwischen traditionellem Nationalstolz und woker Gegenbewegung. In einem Gedankenspiel vonOliver Gorus [ab Min. 41:39]geht es schließlich um die Frage: Was kann ich tun? Etwa, wenn es um den Aufbau einer neuen Gesellschaft geht…
Eine kleine Theorie der Entwicklung und Erstarrung sozialer Systeme (von Oliver Gorus)
Zweifellos befinden sich die deutschsprachigen Gesellschaften im Niedergang – gemeinsam mit der gesamten Kultur des Westens. Ich möchte an dieser Stelle nicht einen weiteren Nachweis führen, dass es mit der Freiheit, dem Wohlstand, der Bildung, der Sicherheit, den Sitten usw. bergab geht, sondern ich will vielmehr eine Antwort liefern auf die Frage, die ich so oft wie kaum eine andere in den letzten Jahren gehört habe, immer wenn ich mit vernünftigen Leuten diskutiert habe. Die Frage lautet: Was tun?
Galoppierender Kulturverlust
Unter Freiheitlichen verschiedenster Richtungen herrscht weitgehend Einigkeit darüber, dass die individuelle Freiheit nur wieder größer werden kann, wenn der Staat an Macht und Größe verliert. Dass der Wohlstand für alle nur mit freier Marktwirtschaft und freiem Handel wachsen kann, der Sozialismus und der Korporatismus und ganz allgemein die Wirtschaftstätigkeit des Staates also wieder erheblich zurückgedrängt oder ganz beendet werden müssen. Dass der Bildungsstand der Bevölkerung nur wieder besser werden kann, wenn auch das Bildungswesen eine Branche der freien Marktwirtschaft wird, die Eltern die Freiheit erhalten, ihr Kind zu bilden, wie sie es für richtig halten und sei es zu Hause zu unterrichten, jedenfalls der Staat sich mit seiner widerlichen Indoktrination endlich wieder aus der Bildung heraushält und die Dominanz der linken Lehrer aufgelöst wird.
Dass die Sicherheit, und zwar die innere und die äußere Sicherheit, erst wieder ausreichend groß wird, wenn der Bürger der Souverän ist und selbst über Sicherheitsfragen entscheiden kann, nicht korrupte Politiker, Parteien oder ausländische Hegemonialmächte die Sicherheit der Bürger verschachern. Dass die Verwahrlosung der Sitten erst wieder umgekehrt werden kann, wenn dem Staat und seinen Organen die paternalistische Übergriffigkeit bis weit ins Privatleben hinein verboten ist und somit die finanzielle Umverteilung zur Belohnung und Förderung unsittlichen Verhaltens gestoppt wird.Diese Erkenntnisse, zu wissen, was getan werden müsste, helfen aber nicht, denn das ist ja genau nicht das, was gerade geschieht: Da der Trend ja genau in die Gegenrichtung weist und die Entwicklung in unserer Gesellschaft keineswegs in Richtung mehr Freiheit, Wohlstand und so weiter verläuft, sondern unsere Gesellschaften unter galoppierendem Kulturverlust leiden und mit immer höherer Geschwindigkeit Richtung Abgrund, also Richtung eines totalitären sozialistischen europäischen Zentralstaats rasen: Was können wir tun, um diese fatale Entwicklung zu stoppen? Wie können wir zu einer Gesellschaft beitragen, die nicht nur für Sozialisten, sondern auch für uns Freiheitliche lebenswert ist?
Also: Wir wissen zwar was „man” tun müsste, aber wir sind ja nicht „man” – Was also können wir tun?
Unreformierbar
Wir wissen ja, dass wir Freiheitlsliebenden in der Minderheit sind, dass also die Tyrannei der Mehrheit jeden Versuch, am demokratischen Spiel teilzunehmen, eine Partei zu gründen oder eine vorhandene zu wählen, so dass das Individuum wieder stärker und der Staat wieder schwächer werde, zunichte macht.
mal die verfassten Grundrechte gelten mehr, wenn es drauf ankommt, das haben wir ja gerade erst pandemisch demonstriert bekommen: Du hast ein Recht auf körperliche Unversehrtheit, Freizügigkeit, du hast Meinungs-, Versammlungs- oder Religionsfreiheit? – Moment, Bürgerlein, das hast du nur, wenn wir, die gewählten Fürsten, es dir gnädigerweise gewähren!
Die Geschichte und die eigene Lebenserfahrung lehren, dass Veränderungen der Gesellschaft in allen westlichen Staaten immer nur Richtung Kollektivismus funktionieren, Salamischeibchen für Salamischeibchen Richtung Unfreiheit. ENicht eins scheint, als ob unseren politischen Systemen der Linksdrall inhärent sei. Jedenfalls werden alle westlichen Demokratien und die in ihnen agierenden Parteien und Politiker im Laufe der Zeit immer nur kollektivistischer, autoritärer, sozialistischer, niemals freiheitlicher oder individualistischer. Der Staat wächst immerzu, er schrumpft nie. Analog die Last aus Steuern und Abgaben. Auch die Zahl der Regeln und Normen wächst stets, sie schrumpft nie. Außerdem ist das Beharrungsvermögen der staatlichen Institutionen so groß, dass keine von ihnen abgeschafft werden kann, es kommen nur immer mehr staatliche Akteure hinzu. Alles in allem: Das System von innen heraus zu reformieren und zu erneuern, ist sinn- und zwecklos.
Also: Was tun?
Die Zwei-Pfade-Theorie der sozialen Systeme
Letztlich ist die Antwort auf diese Frage eine individuelle. Ich kann Ihnen nur beschreiben, was mir persönlich geholfen hat, einen Ansatz dafür zu finden, was ich tun kann: Ich habe erstmal eine Theorie entwickelt, denn „nicht ist so praktisch wie eine gute Theorie” – so schrieb Kurt Lewin, der Gestaltpsychologe und Begründer der modernen Sozialpsychologie.
Also, meine kleine Theorie, in aller Kürze: Stellen Sie sich zwei senkrecht aufeinander stehende Achsen vor. Eine senkrechte Achse, die im Norden Richtung Individuum weist und im Süden Richtung Kollektiv. Eine waagrechte Achse, die im Westen Richtung innen weist und im Osten Richtung außen. Daraus resultieren vier Quadranten:
2. Individuum außen: Also das von außen wahrnehmbare Verhalten, das Tun und Lassen
3. Kollektiv innen: Also die Kultur, die Sitten und Gebräuche, die Traditionen, gemeinsame Werte, verbindende Geschichten, die gemeinschaftliche Sicht auf die Welt
4. Kollektiv außen: Die Systeme, die Institutionen, die von außen wahrnehmbaren Abläufe und Funktionen
Diese Quadranten habe ich nicht erfunden, sondern vom integralen Philosophen Ken Wilber übernommen, aber das tut nichts zur Sache, weil ich sie hier anders anwende.
Durch diese vier Quadranten gibt es zwei mögliche Pfade:
Der „dynamische Pfad” – er beginnt beim ersten Quadrant und endet beim vierten: Aus der Psyche des Individuums entspringt ein bestimmtes Verhalten, das Verhalten vieler formt eine Kultur, die spezifische Kultur bildet Institutionen und Systeme heraus. Eins, zwei drei, vier. So entwickelt sich aus individuellen Ideen eine Organisation oder eine Gesellschaft. Hier ist das Individuum der Treiber der Entwicklung.
Der „statische Pfad” – er beginnt beim vierten Quadrant und endet beim ersten: Kollektive Systeme erzwingen und erzeugen eine bestimmte Kultur, diese Kultur zwingt den Individuen ein angepasstes Verhalten auf, das Leben in den vorgegebenen Bahnen formt die Menschen auch psychisch, indem diese die vorgegebenen Werte, Prinzipien, Ideen, Meinungen, Standpunkte, ja sogar Emotionen übernehmen. Vier, drei, zwei, eins. So formt eine Gesellschaft die Individuen. Hier ist „das System” der Treiber der Entwicklung.
Meine Hypothese ist folgende: Alle sozialen Systeme, ob Wirtschaftsunternehmen, Fußballmannschaften, Kirchen, sonstige Organisationen, Staaten und ganze Hochkulturen unterliegen einem Lebenszyklus immer gleicher Struktur. In der Zeit ihres Aufstrebens, Wachsens, Herausbildens ist der dynamische Pfad dominant. Das Individuum treibt gemeinsam mit gleichgesinnten Individuen den Aufbau des sozialen Systems voran, eine gemeinsame Kultur bildet sich daraus, alles entwickelt sich immer weiter, Systeme und Funktionen werden errichtet … bis die Kraft der ursprünglichen Ideen erlahmt und das soziale System seinen Zenit erreicht.
Von da ab geht es bergab, die Institutionen des Systems werden nun dominant und versuchen, alles zu erhalten und vor dem Zerfall zu bewahren, vor allem sich selbst, indem sie die Kultur, das Verhalten der Menschen und am Ende sogar ihr Denken versuchen zu bestimmen. Alles wird vom System instrumentalisiert. Alles erstarrt. Dann zerbricht es: Dieser Pfad mündet unweigerlich in das Ende des sozialen Systems.
Zum Beispiel: Der ÖRR
Es gibt viele Belege für diese Hypothese. Nehmen Sie zum Beispiel den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Als er noch auf seinem dynamischen Pfad unterwegs war, bildete er eine bemerkenswerte, reiche Fernsehkultur heraus. Die Protagonisten hinter und vor der Kamera waren beseelt von den ursprünglichen Ideen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks: Nach den Erfahrungen des Nationalsozialismus sollten die Bürger einen neutralen TV-Sender bekommen, der sie bildet, informiert und unterhält, sie so zu „guten” Demokraten macht. Der pädagogische, weltanschauliche Indoktrinationsauftrag war von Anfang in die DNA der Sender geschrieben, wenngleich die politische Richtung innerhalb des demokratischen Rahmens „neutral” sein sollte. Nie wieder sollte eine einzelnen politische Partei das Fernsehen dominieren und so diktatorischen Einfluss ausüben. Die staatliche Finanzierung via Gebühreneinzugszentrale sollte den Machern so viel Geld zur Verfügung stellen, dass sie ihren Auftrag erfüllen konnten. Und das taten sie.
Bis zum Kipppunkt. Wo genau ARD, ZDF und DLF ihren Zenit erreichten, ist schwer zu bestimmen, aber ich tippe auf etwa 1990. Danach begaben die Sender sich auf den statischen Pfad. Das System erstarrte, die Institutionen schalteten auf Selbsterhaltungsmodus, es bildeten sich starre Regeln und Rezepte heraus, Kreativität und Schaffenskraft erlahmten, die Zwangsgebühren stiegen, die Sender rekrutierten fast nur noch Mitarbeiter, die zu diesen überbezahlten Jobs passten, in denen politische Korrektheit immer vor Leistung und Wertschöpfung rangiert. Das somit immer linkere Personal gab im Einverständnis unter ihresgleichen die politische Neutralität auf, die Kultur der Sender und ihrer Produkte verarmte, am Ende verkamen die Sender unter Verrat ihrer Gründungsideale zum hohlen Indoktrinationsapparat der Öko-Sozialisten, die nichts weiter wollen, als die Köpfe der Bevölkerung zum Zwecke des Machterhalts zu steuern. – 40 Jahre aufwärts, seit über 30 Jahren Niedergang. Hoffentlich ist bald Schluss.
Es gibt viele weitere Belege für den immer gleichen Lebenszyklus sozialer Systeme, die sich mit den vier Quadranten meiner Ansicht nach sehr gut analysieren lassen. Aufstieg und Fall der Wikinger in Grönland zum Beispiel. Oder die Geschichte des Feiertags zum 1. Mai. Oder die Entwicklung des Unternehmens Opel. Die Bundesrepublik Deutschland (ziemlich parallel zur Entwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks). Oder eben die ganze Hochkultur des Abendlands in den letzten rund eintausend Jahren. Oder das noch ältere Christentum. Vielleicht finden Sie selbst weitere gute Beispiele.
Drei Antworten
Mir geht es jetzt aber um Folgendes: Die vier Quadranten und die zwei Pfade helfen, die Frage, was zu tun sei, zu präzisieren. Die Frage lautet dann: Wie kommen wir vom statischen Pfad der Erstarrung und des Niedergangs, auf dem wir uns im gesamten Abendland und insbesondere in den deutschsprachigen Ländern gegenwärtig befinden, wieder zurück auf den dynamischen Pfad des Aufbaus neuer Strukturen?
Die erste Antwort lautet: Auf keinen Fall, indem Sie versuchen, gegen den Niedergang anzukämpfen und sich gegen den Trend zu stellen. Das schaffen Sie nicht. Das schafft auch keine neue Partei. Eher wird sie zum Protagonisten des Niedergangs. Der statische Pfad lässt sich nicht einfach wieder eintauschen, zu dominant sind die bestehenden Strukturen. Wir alle haben während der so genannten „Pandemie” ja gesehen, wie Politiker und Richter und Medienleute und als Experten getarnte Pharmavertreter zusammengehalten haben und einander die Bälle zugespielt haben. Eher noch gehen Sie als „Reichsbürger” verschrien ins Gefängnis, als dass Sie es schaffen könnten, den statischen Pfad umzubiegen.
Eine Lehre aus der Theorie der vier Quadranten ist: In der dynamischen Phase ist das Individuum der Treiber und keine Institution kann es aufhalten. In der statischen Phase sind die Institutionen die Treiber und kein Individuum kann sie aufhalten.
Die zweite Antwort lautet: Sie kommen nur zurück auf den dynamischen Pfad, wenn Sie etwas Neues begründen. Wenn Sie es schaffen, mit Gleichgesinnten eine neue Kultur zu formen, die genügend innere Kraft besitzt, die alte, zerfallende, irgendwann zu ersetzen. In der Geschichte waren es oft (aber nicht immer) kriegerische und chaotische Abläufe, die eine Lücke in die Geschichte rissen, in der sich dann eine Idee festkrallen konnte, aus der eine neue Gesellschaft entsprungen ist.
Der Fokus geht somit auf den ersten Quadranten: Sie können nicht direkt am System arbeiten oder an einer Kultur. Das ist prinzipiell unmöglich. Eine Lektion, die zum Beispiel auch viele Manager lernen müssen, wenn ihr „Change Management” mal wieder versagt.
Sie können stattdessen nur an Ihren Ideen, Meinungen, Positionen, Thesen arbeiten und sich dementsprechend verhalten. Der Startpunkt ist der erste Quadrant: Individuum innen. Hier wird es radikal im ursprünglichen Wortsinne: Hier geht es an die Wurzeln. Die Konsequenz daraus liegt im zweiten Quadranten. Wenn Ihr Denken und Handeln anschlussfähig ist, erst dann können Sie mit anderen ein Kollektiv formen. Die Kultur bildet sich dann von selbst, wie ein Schatten. Und die Systeme und Institutionen sind auf dem dynamischen Pfad nur Symptome, nicht Ursache der Entwicklung des sozialen Systems.
Die dritte Antwort lautet: Wenn Sie also etwas tun wollen, was dazu beiträgt, dass Freiheit, Wohlstand, Bildung, Sicherheit und Anstand wieder größer und stärker werden, dann können Sie sich mit den Wurzeln einer künftigen Kultur auseinandersetzen: Welche Ideen, Grundwerte, Prinzipien, Meinungen, Standpunkte und Emotionen bilden das Substrat, in dem eine neue Pflanze austreiben könnte? Wofür lohnt es sich zu streiten? Was ist grundlegend? Was davon stammt aus dem Nachlass des Alten oder womöglich noch viel Älteren? Welche neue Geschichte wollen Sie damit erzählen?
Wenn Sie Gleichgesinnte finden, kann daraus etwas sprießen – sobald die Geschichte einen Spalt für Sie öffnet …
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Der grüne Finanzminister Baden-Württembergs [Dr. Daniel Bayaz]spricht im Interview über Kulturkämpfe, die Nöte seiner Partei und Habecks Rolle. Die CDU warnt er davor, in den Grünen den Hauptfeind zu sehen. Damit legitimiere sie die AfD. …
Herr Minister, Friedrich Merz hat nach der Wahl eines AfD-Politikers zum Landrat von Sonneberg in Thüringen die Grünen zum Hauptgegner der Union erklärt. Beunruhigt Sie das?
Als Demokrat beunruhigt mich das. Was in Thüringen passiert ist, ist eine Zäsur. Dort war die AfD, also eine vom Verfassungsschutz als rechtsextrem und verfassungsfeindlich eingestufte Partei, bei einer Landratswahl erfolgreich. Nicht mal 24 Stunden später lautet die Analyse von Herrn Merz dann: Weil die AfD gewählt wurde, sind die Grünen der Hauptfeind. Mit der Aussage kommt man vielleicht über den nächsten Tag, weitsichtig ist sie nicht. Nach einem solchen Ergebnis muss jeder Demokrat – das gilt auch für meine Partei – in sich gehen und nicht die nächste Runde eines Kulturkampfs einläuten. Für Demokraten bleibt die AfD der Hauptfeind. Grüne und Schwarze sollen im politischen Wettbewerb hart konkurrieren, sie sollten aber nicht an Feindbildern basteln.
Besteht die Not der CDU nicht darin, dass die AfD die radikale Opposition spielt, sie selbst Opposition auf Bundesebene aber erst noch einüben muss?
Wenn die CDU in uns den Hauptfeind sieht, dann legitimiert sie ja letztlich die Haltung der AfD und macht sich selbst überflüssig. Denn für die AfD sind die Grünen ja tatsächlich der Hauptfeind. Die CDU ist die einzige verbliebene, politisch vitale Mitte-Rechts-Partei in Europa. Ich stamme mütterlicherseits aus einer CDU-Familie. Wir haben der CDU viel zu verdanken, weil sie in der Geschichte der Bundesrepublik immer den Wandel gestaltet und die Menschen von notwendigen Veränderungen überzeugt und mitgenommen hat. Das sollte auch weiterhin die Aufgabe der CDU sein, macht sie in einem Kulturkampf die sogenannte Wokeness zur entscheidenden politischen Währung, kann sie diese Rolle nicht mehr ausfüllen. Die letzten Monate der Bundesregierung waren kein Glanzstück. Das ist kritikwürdig, und dafür braucht es eine starke Opposition. Wenn man aber die Auseinandersetzung mit der Ampelregierung darauf konzentriert, sie wolle die Bevölkerung umerziehen, dann liefert man Rechtsaußen nur Futter und stärkt die AfD.
Sie verwenden das Wort Kulturkampf. Dabei beklagt Friedrich Merz doch nur die mangelnde Professionalität, die Überbürokratisierung und Überregulierung der Ampelkoalition.
Es gehört zur normalen politischen Auseinandersetzung, einer Regierung vorzuwerfen, sie schaffe unnötige Bürokratie und reguliere zu stark. Beim Gebäudeenergiegesetz kam aber noch etwas anderes dazu: Da war die Rede von „Heizungs-Stasi“ und „Heizverbot“. Das hat ja mit Fakten nichts mehr zu tun. Das ist der Weg, den die US-Republikaner eingeschlagen haben. Heute wird in den USA diskutiert, ob zwei plus zwei noch vier ergeben. Wollen wir das wirklich?
Wenn es um das Gendern geht, führt Ihre Partei ja durchaus auch kulturkämpferische Debatten. Müssen die Grünen vor der eigenen Tür kehren?
Ich halte Kulturkämpfe von rechts, etwa pauschal gegen Einwanderung, für gefährlicher für die Demokratie als die von links. Aber natürlich: Identitätspolitische oder sprachliche Übertreibungen von links können auch spalten und polarisieren. Oder nehmen sie die Asyl-Debatte. Wenn der Flüchtlingsrat oder Grüne Jugend meinem Ministerpräsidenten „rechte Narrative“ oder „Menschenverachtung“ vorwerfen, dann sind da Maßstäbe ordentlich verrutscht.
*Weil das Thema außerordentlich wichtig für die Fragestellung „Parteien, CDU, AfD, Grüne, Macht & Demokratie in Deutschland“ ist, zitieren wir den Text als PDF. Verweise und Kommentare der Leserschaft lesen Sie, wenn Sie FAZplus testen/abonnieren. Wir empfehlen FAZplus ausdrücklich: 30 % sparen & nur knapp 100€ im ersten Jahr zahlen.
Das ´überarbeitete` Heizungsgesetz geht nicht als ausformulierter Gesetzestext in die Beratung und die 2./3. Lesung im Bundestag. Es ist ein ALT – NEU-Papier, welches jedem seriösen Gesetzgebungsverfahren Hohn spricht. Den Experten steht für die Anhörung vom 3.7.2023 Beginn 13:30 Uhr immer noch lediglich der alte Gesetzentwurf vom 17.5. 2023 plus Alt – NEU-Papier, zur Verfügung.
Das ist ein Skandal, dasist ein Treppenwitz der Parlamentsgeschichte
Warum die AfD verboten werden könnte“ – so lautet der Titel eines juristischen Gutachtens, das Anfang Juni erschienen ist. Die Untersuchung sorgt für neuen Wind in der Debatte um die Frage nach einem möglichen AfD-Verbot. Welche Argumente werden dabei genannt? Und was würde passieren, wenn die AfD tatsächlich verboten wird? Darum geht es in diesem Video.
In diesem spannenden Video erleben Sie Weidels explosive Rede, in der sie die alarmierenden Zeichen einer drohenden Zensur und einer potenziellen Bedrohung für die AfD aufdeckt. Sie wirft ein helles Licht auf die finsteren Machenschaften, die unsere demokratischen Werte bedrohen und zeigt auf, wie weit die etablierten Parteien bereit sind zu gehen, um ihre Macht zu sichern. 💣💣💣 Dieses Video ist ein Muss für jeden, der die Wahrheit über die Bedrohung der Meinungsfreiheit in Deutschland kennenlernen will. Teilen Sie dieses Video, um Weidels warnenden Standpunkt zu verbreiten und die Debatte über die Zensur und das mögliche Verbot der AfD zu erweitern.
In der heutigen Sendung spricht Andreas Peter mit RechtsanwaltAlexander Christ [ab Min. 2:29] vom Verein „Anwälte für Aufklärung e.V.“ über einen internationalen Kongress, der sich am Wochenende in Köln dem geplanten WHO-Pandemie-Vertrag widmete. Der SPD-Politiker Michael Müller [ab Min. 17:16], ehemaliger Staatssekretär im Bundesumweltministerium und einer der Sprecher der Initiative „Abrüsten statt Aufrüsten“ wird seine Sichtweise über den Zustand der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa – OSZE darlegen. Wir reden mit Oliver Benz, Präsident der Schweizer Vereinigung „Team Freiheit“ [ab Min. 30:31], in der sich Jungpolitiker der FDP und der SVP zusammengetan haben, um Freiheit und Grundrechte in der Schweiz zu verteidigen. Und der Jurist Thomas Michael Seibert [ab Min. 43:15] kommentiert das Urteil gegen den Arzt Heinrich Habig.
Der Fußballvizeweltmeister von 1986 und Weltmeister von 1990 spielte von 1985 bis 1994 in 62 Spielen, drei Weltmeisterschaften und einer Europameisterschaft für die deutsche Nationalmannschaft. Geboren 1964 in Hanau, begann er seine Bundesliga-Karriere 1982 bei Eintracht Frankfurt und kickte bis 2001 unter anderem für Bayern München, den AS Rom und den VfB Stuttgart, mit dem er 1997 den DFB-Pokal gewann.
Wie kommt unsere Nationalmannschaft aus der Krise? Ex-Nationalspieler und Weltmeister Thomas Berthold fordert im JF-Interview eine Rückkehr zu Nationalstolz, deutschen Fußballtugenden und der Leidenschaft für das Spiel!
Herr Berthold, „Fußball ist ein einfaches Spiel: 22 Mann jagen 90 Minuten einem Ball nach – und am Ende gewinnen immer die Deutschen.“
Thomas Berthold: Sagte bekanntlich die englische Fußballegende Gary Lineker.
Warum ist das heute nicht mehr so?
Berthold: Die Zeiten haben sich nun mal geändert. Das galt in den achtziger, vielleicht bis Anfang der neunziger Jahre, als Deutschland nacheinander zweimal Vize- und einmal Weltmeister wurde.
Warum war das damals so?
Berthold: Weil wir damals noch Spielerpersönlichkeiten hatten.
„Spielerpersönlichkeiten“?
Berthold: Spieler, die an sich geglaubt haben. Die, egal in welcher Lage, nicht bereit waren, aufzugeben. Damals wollte niemand gern gegen uns spielen, weil alle wußten, die Deutschen hören nicht auf zu kämpfen – notfalls 120 Minuten lang!
Wo ist das hin?
Berthold: Tja, alle Fußballnationen durchleben Höhen und Tiefen.
Sind die Spieler überbezahlt und „satt“, haben sie deshalb keinen „Hunger“ mehr nach dem Erfolg?
Berthold: Das müßte sich dann doch ebenso bei den Nationen bemerkbar machen, die heute an der Spitze stehen. Denn deren Spieler verdienen ebenso gut – und trotzdem sind sie erfolgreich.
Berthold: „Die deutsche Fußballwelt ist nicht mehr in Ordnung“
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