Den Kommentar von Jürgen König im Dlf von 2.1.2021 lesen:
„Erleben muss man’s!“ – das sagte meine Oma Lilo immer, wenn jemand wieder einmal vollmundige Ankündigungen gemacht hatte. An derlei hat es auch beim gestrigen „Impfgipfel“ nicht gemangelt, dass sie nicht ganz so üppig ausfielen wie früher, muss man als Fortschritt ansehen.
Was war nicht alles in großem Stil versprochen worden – von flächendeckenden Corona-Schnelltests bis zur zügigen Impfkampagne. Dass etliches, etwa die Impfzentren, tatsächlich innerhalb relativ kurzer Zeit realisiert wurde, ging in der öffentlichen Wahrnehmung zuletzt fast unter: angesichts eines hühnerhaufenartigen Getöses zwischen Bund und Ländern, zwischen der EU und einzelnen Pharma-Unternehmen.
Fakten auf dem Tisch
Vor dem Hintergrund dieses Getöses brachte der „Impfgipfel“ auf jeden Fall eine heilsame Beruhigung der Szene. Fakten kamen auf den Tisch: Die Pharma-Unternehmen konnten darlegen – oder besser daran erinnern, dass die Impfstoffproduktion eine komplexe Angelegenheit ist, was nun „gelernt“ zu haben selbst Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller zugeben musste. […]
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Man sieht und hört es:
Die unfrisierten Haare stehen mir zu Berge
Das Interview mit Ugur Sahin in den Tagesthemen vom 1.2.2021:
… in der Corona-Krise? Der Pandemie-Veteran profilierte sich schon bei den vorangegangenen Virus-Alarmen als PCR-Retter, zusammen mit anderen Protagonisten, die auch 2020 wieder auftauchen. Der Autor und Investigativ-Journalist Dr. Walter van Rossum hat in seinem Buch „Meine Pandemie mit Prof. Drosten – vom Tod der Aufklärung unter Laborbedingungen“ am roten Faden Drosten die Corona-Ereignisse minutiös und weltweit zusammen- und Verbindungen hergestellt. Ein Gespräch über ehrgeizige Wissenschaftler, globale Hintergründe, katastrophale Kollateralschäden und das seltsame Verhalten der klassischen Medien.
… zum Verbot von Allem, was Spaß macht, ist die späte Rache der Zukurzgekommenen, an der die Stubenhocker mit WHO, BigPharma und BigData seit Jahren arbeiten. Noch gibt Christian Drosten unbeeindruckt den Scharfmacher. Aber die Luft könnte bald dünner werden. Warnhinweis: Dieser Text ist unausgewogen, ungerecht, aufbrausend und enthält Spuren von Gereiztheit.
Normale Menschen waren schon im März 2020 irritiert. Ein brandgefährliches Erkältungsvirus sollte im Anmarsch sein, mit dem Potenzial, schwere Lungenentzündungen hervorzurufen. Gesundheitspolitische Experten wurden gesucht, und schnell war die Regierung überzeugt, dass solche, die sich mit pharmazeutischen Maßnahmen (Impfstoffe, PCR-Tests, Virustatika) auskennen, genau die richtigen seien für eine Schaden-Nutzen-Abwägung dezidiert nicht-pharmazeutischer Maßnahmen (Lockdown, Ausgangssperre, Maskenpflicht). Damit konnte der die oberste Seuchenbekämpfungsbehörde der Nation (RKI) leitende Tierarzt Lothar Wieler von vornherein natürlich nur überfordert sein. Dasselbe gilt für Christian Drosten, der den Deutschen eine Lichtgestalt ist, weil er den vermeintlich ersten Corona-PCR-Test konstruierte, was für einen Studenten im zweiten Semester der Mikrobiologie ungefähr so anspruchsvoll ist wie für einen Hausmeister, eine Glühbirne zu wechseln.
Geschäftstüchtige Apokalyptiker auf dem Zoonose-Trip
Der Irrsinn der Corona-Politik spiegelt sich in den Karrieren von Drosten und Wieler. Was sie miteinander verbindet, ist der Glaube an die Relevanz eines modernisierten und ins Religiös-Apokalyptische gewendeten uralten „Theorems“, das so schlicht ist, dass man es auf der Rückseite einer Briefmarke zusammenfassen könnte: das der Zoonose, derzufolge Viren von Tieren auf Menschen überspringen und sich dann von Mensch zu Mensch verbreiten können.
Als modernes Element kommt der Faktor der Massentierhaltung hinzu, die tatsächlich dazu geführt haben mag, dass die Verbreitung von Erkältungsviren unter derart gehaltenen Tieren an Bedeutung gewinnt, schließlich muss es ihnen schwerfallen, sich unter den ihnen auferlegten Bedingungen an die AHA-Regeln zu halten. Insofern ist das regelmäßige Durchimpfen von Nutztieren vor allem auch gegen Corona-Viren ein wichtiger Bestandteil derjenigen Industrie geworden, die gesundes und bezahlbares Fleisch auf den Esstisch bringen soll. Da weiß Wieler, der sich 1996 für das Fach „Infektionskrankheiten und Hygiene der Tiere“ habilitierte, bestens Bescheid.
Das zweite moderne Element ist die Erfindung von Flugzeugen bzw. die Globalisierung. Denn jetzt hat der Zoonose-Sprung eines Virus von einem Schwein, Vogel oder Rind auf einen Viehzüchter, Fleischarbeiter oder impfenden Tierarzt (oder gar einer der durch die „Klimakatastrophe“ vermehrten Kontakte zwischen Menschen und Wildtieren) Pandemiepotenzial, weil die Betroffenen oder von ihnen verseuchte Waren ja an jeden Ort der Welt fliegen und das Virus so auch dort verbreiten könnten. Zumal die Leute (böses Bevölkerungswachstum!) als Massenmenschen ja auch immer mehr aufeinander hocken. Für eine Prise Exotik bzw. Fremdenangst ist auch gesorgt, denn meistens stehen am Anfang des ersehnten Weltuntergangs entweder ein Chinese, der in eine Fledermaus gebissen hat (SARS), oder ein Araber, der von einem Kamel bespuckt wurde (MERS), oder ein von einer Mücke gestochener Afrikaner (Zika-Virus).
Den entscheidenden apokalyptischen Dreh bildet die Annahme, dass der Mensch auf neue, ihm bis dahin fremde Tierviren noch keine Immunantwort parat hat und der Menschheit deshalb im Grunde jeden Tag aus den Eingeweiden der Moderne heraus das Armageddon droht, das zu verhindern der lockige Weißkittel von der Berliner Charité da emsig vor sich hin werkelt. Mit Vorträgen (sogenannten Sonntagsvorlesungen) solchen Inhalts tingelte Drosten, von Pharmakonzernen gefördert, deren feuchte Träume er bedient, seit Jahren durch die Republik. Im O-Ton aus dem November 2018 klingt das so:
Prof. Drosten erklärt, wie Zoonosen durch ein schnelles Wachsen der Bevölkerung, die zunehmende Mobilität sowie Massentierhaltung und klimatische Veränderungen immer mehr an Bedeutung gewinnen und häufig scheinbar aus dem Nichts auftauchen. Der Virologe zeigt zudem an Beispielen wie Ebola, Vogelgrippe und MERS auf, wie gefährlich zoonotische Infektionskrankheiten für den Menschen sind. Zudem informiert er, wie es ihm und seinem Team gelingt, relevante Bedrohungen durch Seuchen für die Gesellschaft zu identifizieren. Darüber hinaus spricht Prof. Drosten über „Global Health“ und wie wichtig die Verbesserung der Gesundheit aller Menschen weltweit für die Prävention von Pandemien ist.
Lange Zeit nahm eine größere Öffentlichkeit von diesem Humbug kaum Notiz. Überhaupt ist das medizinische Forscherleben Drostens in der Sache eher trostlos gewesen. Seine Talente liegen mehr in den Bereichen Wichtigtuerei, Drittmittelbeschaffung und Marketing für Geschäftsfelder, die gesellschaftlich und therapeutisch zwar ertraglos sind, seinen Freunden und Partnern aber pekuniäre Gewinne und ihm selbst mindestens Preise und bescheidenen Ruhm versprechen. Das lief bis 2020 schon ziemlich gut, aber dennoch lediglich in einem Umfang, der für andere wenigstens keinen großen Schaden anrichtete.
Der dritte Ausschnitt aus dem Reitschuster Video (24:02 Min) bringt seine Einschätzung des Leiters des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI), Klaus Cichutek, zu den gemeldeten 69 Personen, die – an oder mit – jedenfalls nach einer Corona-Impfung verstorben sind:
Wurden die 69 Personen alle obduziert?
Oder ist es der bloße Augenschein, welcher Herrn Cichutek zu der Aussage veranlasst, es seien Alter und Vorerkrankungen gewesen, die die Menschen dahingerafft hätten. Wenn dem so wäre, wird mit zweierlei Maß gemessen.
Bei Coronatoten ohne Impfung ist die allein die Tatsache, dass ein positiver PCR-Test vorliegt , ausreichend für die Klassifikation „Corona-Toter“. Genau dagegen aber richtet sich seit Monaten die massive Kritik der „Corona-Leugner“. Ein 95 Jahre alter Mensch mit diversen Vorerkrankungen, bei dem die tatsächlich vorhandene Corona- Infektion in Form einer Lungenentzündung der letzte Tropfen ist, der das Lebensfass zum Überlaufen bringt, ist im Grunde an seinen Vorerkrankungen verstorben. Das Immunsystem hat wegen dieser Belastungen, die Lungenentzündung nicht mehr bewältigen können. Der Mensch stirbt.
Es wäre seriös, nein unabdingbar, eine eindeutige Kategorisierung der Todesursache einzuführen. Es kann doch nicht sein, dass ein Mensch, der im Frühjahr Corona-positiv getestet wurde und im Herbst von einem Auto überfahren wird, als Corona-Toter in die Statistik eingeht. Dass im Bereich „Nach einer Impfung Verstorbene“, die Impfung als Ursache quasi katgorisch ausgeschlossen wird, passt gut ins Konzept der Hygienediktatoren, die alles wollen, nur keine Impfnebenwirkung: Tod nach der Impfung.
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Boris Reitschuster fragt Prof. Wieler nochmals nach der Verfahrensweise in Sachen PCR-Test unter dem Aspekt der aktuellen WHO-Empfehlung:
Der Chef des RKI eiert wieder um eine eindeutige Antwort herum. Dabei wird natürlich ins Blaue hineingetestet. Natürlich gibt es viele falsch-positive Ergebnisse und selbstverständlich werden zahlreiche symptomlos positiv Getestete ihrer Freiheit beraubt, weil sie in häuslichen Gewahrsam, in Quarantäne geschickt werden.
Dahinter steckt die m. E. vollkommen unsinnige Idee, dass auch Infizierte ohne Symptome infektiös sein können. Dieses Narrativ ist ein Kind der angeblichen Pandemie ab 2020. Vorher, z. B. bei Influenzaviren, galt die Tröpcheninfektion als Standard. Tröpfchen scheidet der Kranke aber praktisch nur mit der akuten Symptomatik Husten, Niesen, Prusten usw. aus.
Dass virenlastige Aerosole neuerdings infektiös sind, ist eingedenk der geringen Virenlast unwahrscheinlich. Aber: Wenn sich zwei Menschen in einem kleinen, ungelüfteten Raum eine Viertelstunde mit 50 cm Abstand unterhalten ohne sich zu bewegen, mögen Aerosole die Infektion beim Gesunden auslösen. Im Freien an der frischen Luft, in Räumen, in denen permanent Bewegung ist, ist eine Ansteckung sehr unwahrscheinlich. Wäre das nicht so, könnten wir niemals mehr freien Umgang miteinander haben. Das Gegenüber könnte ja infektiös sein. Ein Albtraum, an den gleichwohl ganz viele Menschen glauben, weil die Hygienediktatoren diese Angst permanent schüren. Mit unsinnigen Maskenvorgaben*, mit medialer Dauerpropaganda und dem einpaukenden Vermitteln von absoluten Zahlen ohne jede Einordung.
*Der Unterschied zwischen Tröpfchen und Aerosolen liegt in der Größe. Tröpfchen sind keine Aerosole, weil sie > 5 Mikrometer (µm) lang sind. Aerosole hingegen bewegen sich im Nanometer-Bereich (nm). 5 Mikrometer (µm) sind 5 Tausendstel Millimeter. 5 Nanometer (nm) wären 5 Millionstel Millimeter. Viren haben eine Größe von 16 bis 300 nm = 0,016 bis 0,3 µm. Teilchen dieser Größe sind Bestandteil der Luft. Auch der Luft, die Menschen ausatmen. Ob diese Luft Viren von symptomlosen Menschen enthält, die infektiös wirken können, ist denkbar. Aber: Solch´ kleine Teilchen werden auch von FFP2-Masken nicht aus der Atemluft gefiltert, die Masken sind daher Unfug. Man sollte sich mal entscheiden. Entweder sind die virenlastigen Aerosole so klein, dass Masken nichts nutzen, oder die Viren werden über Partikel übertragen, die nur mittels Niesen, Husten, also einer Symptomatik ausgeschieden werden. Dann sind Masken für alle ebenfalls Unfug. Denn: Wer keine Symptome hat braucht keine Maske um andere zu schützen. Die Menschen mit Symptomen sollten zu Hause bleiben. Sowas ist für unsere Hygienediktatoren und Konsorten (s.u.) allerdings zu hoch bzw. passt nicht ins Konzept der Drangsalierung der Bevölkerung.
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Ein echt unverschämter Knaller der Böswilligkeit und/oder des Unwissens ist dieser Ausschnitt:
Der Pressesprecher des BMG, Hanno Kautz, Technokrat pur, behauptet mit einer kaum zu überbietenden Dreistigkeit, es gäbe durch die Lockdowns keine psychisch-psychiatrischen Auswirkungen in der Bevölkerung. Dabei liegen die Probleme der Menschen auf der Hand, sie sind überall sicht- und hörbar. Dass es eine Menge Menschen gibt, die alleine zu Hause vereinsamen, die den Lebensmut verlieren, die sich umbringen, ist vielleicht noch nicht durch eine Studie, ein Projekt technokratisch aufgearbeitet und erforscht. Es ist gleichwohl Realität.
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Zum Schluss fragt Boris Reitschuster wegen der Pflicht nunmehr FFP2-Masken tragen zu müssen nach. Einigermaßen „angepisst“ wird Herr Reitschuster zunächst von Herrn Kautz belehrt, um dann doch keine vernünftige Antwort zu bekommen. Solche ´Spitzenbeamte`gehören in den sofortigen Ruhestand, ohne Bezüge versteht sich. Meine Meinung.
In der Schule habe ich vor 50 Jahren gelernt, dass
Viren keine Lebewesen sind
Viren sich ständig verändern
Viren verändern sich auch heute noch. Immer! Das ist ihr ´Überlebens`programm, obwohl es keine Lebewesen sind. Deshalb habe ich bereits vor Monaten von den Veränderungen geschrieben (Hier klicken, Hier klicken) und auf die sich daraus ergebenden Folgen hingewiesen.
Heute heißen die veränderten Viren – welch Unfug – Mutanten. Korrekt wäre der Begriff Mutationen. Wie auch immer, der folgende Bericht der FAZ gibt einen Überblick:
Die französische Staatsführung stimmt die Bevölkerung auf einen dritten Lockdown ein. Der Präsident des wissenschaftlichen Beirats, Jean-François Delfraissy, vergleicht das Infektionsgeschehen durch die Mutanten aus Großbritannien und Südafrika mit einer „zweiten Pandemie“. „Das Virus ist diabolisch und viel intelligenter, als wir annahmen“, sagte Delfraissy am Sonntagabend im Fernsehsender BFM TV. Er plädierte für ein hartes Durchgreifen, bevor das Infektionsgeschehen wie im März 2020 außer Kontrolle gerate. Die Zahl der täglichen Neuinfektionen in Frankreich hat sich auf hohem Niveau, bei 20.000 im Wochendurchschnitt, eingependelt. In den Krankenhäusern hat sich die Lage etwas entspannt. Seit dem 16. Januar gilt eine strikte Ausgangssperre von 18 Uhr abends bis sechs Uhr morgens. Von Montag an wird jedes positive Covid-19-Testergebnis einer zweiten Laboruntersuchung (PCR-Technik) unterzogen, um sich ein zuverlässiges Bild über die Verbreitung der Mutanten zu verschaffen. Frankreich hat nur geringe Kapazitäten, die Gensequenzen zu untersuchen. Die PCR-Technik verspricht zudem schnellere Ergebnisse. Premierminister Jean Castex hat am Samstag verkündet, dass die symbolische Grenze von einer Million Geimpften überschritten wurde. Nach einem schleppenden Beginn werden nun täglich mehr Menschen geimpft als in Deutschland.
Von Michaela Wiegel
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Schweiz
Zuletzt hat sich die Zahl der Ansteckungen, die auf die britische Mutation zurückgehen, in der Schweiz von Woche zu Woche verdoppelt. Auch die südafrikanische Variante breitet sich aus, bisher allerdings in wesentlich geringerem Ausmaß. Wegen der erhöhten Ansteckungsgefahr haben die Regierung in Bern und die Kantone, die im Herbst noch eine vergleichsweise lockere Gangart im Kampf gegen Corona an den Tag gelegt hatten und so einen rasanten Anstieg der Infektionen und Todesfälle zuließen, die Zügel angezogen. Restaurants und Geschäfte (außer Lebensmittel- und Blumenläden sowie Baumärkte) sind bis Ende Februar geschlossen. Für Arbeitnehmer besteht eine Homeoffice-Pflicht, sofern die Art der Tätigkeit dies zulässt. Schulen und Skigebiete sind weiterhin offen. Am Mittwoch dürfte die Regierung über ein härteres Grenzregime beraten. Wie dieses aussehen könnte, haben die Präsidenten der sechs größten Parteien in einem gemeinsamen Papier beschrieben: Wer in die Schweiz einreist, soll einen negativen PCR-Test vorweisen und hernach für fünf Tage in Quarantäne.
Von Johannes Ritter
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Belgien
Der angesehene Biostatistiker Geert Molenberghs von der Katholischen Universität Löwen schätzt, dass schon ein Viertel aller Corona-Neuinfektionen in Belgien auf die britische Mutante zurückgehen. Bei den sequenzierten Stichproben lag der Anteil zuletzt bei 17 Prozent. Auch die südafrikanische Variante wurde nun nachgewiesen, in Ostende gab es mehrere Fälle. Die Gesundheitsbehörden vermuten, dass Urlaubsrückkehrer die Mutanten während der Weihnachtsferien im ganzen Land eingeschleppt haben. Dafür spricht die große genetische Varianz, die bei Laboruntersuchungen zutage tritt – das könne unmöglich in so kurzer Zeit in Belgien entstanden sein, sagen Fachleute. In der Gemeinde Etterbeek, in der das Europaviertel liegt, wurde ein Gymnasium geschlossen, nachdem mehrere Fälle nachgewiesen worden waren. In Etterbeek hatte es die meisten Weihnachtsurlauber in ganz Belgien gegeben. All diese Hinweise veranlassten die Regierung und die Regionen, Reisen zur Erholung und zu touristischen Zwecken bis 1. März komplett zu verbieten: ins Ausland wie nach Belgien. „Eingeschlossen in Belgien“ titelte die Zeitung „Le Soir“ am Wochenende.
Von Thomas Gutschker
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Spanien
In Spanien steigen die Zahlen weiter an. Am Donnerstag war mit mehr als 44.000 Neuinfektionen ein neuer Höchststand erreicht. Am Freitag kamen mehr als 3000 Covid-19-Patienten in die überforderten Krankenhäuser – rund ein Drittel mehr als auf dem Höhepunkt der zweiten Welle im Herbst. Auch in Spanien ist die britische Virusvariante auf dem Vormarsch. In einigen Regionen macht sie schon rund 20 Prozent der Neuinfektionen aus. Wenn sich die Mutation ähnlich wie auf den britischen Inseln ausbreite, könnte sie in Spanien Mitte März mit bis zu 50 Prozent die dominante Variante sein, warnt der staatliche Notfallkoordinator Fernando Simón. Zahlreiche Regionen verschärften deshalb noch einmal ihre Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen. Die Balearen-Inseln Ibiza und Formentera sind mindestens bis zum Monatsende praktisch von der Außenwelt abgeschottet. Nur aus triftigem Grund darf man noch dorthin. Zehn Regionen verlangten von der Zentralregierung, die nächtliche Ausgangssperre, die im ganzen Land gilt, noch weiter vorzuziehen. In Madrid gilt sie von 22 Uhr an. In der Hauptstadtregion wurden zuletzt fast 500 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in einer Woche registriert, womit der spanische Durchschnitt von 410 noch übertroffen wurde. Deutschland hatte 113.
Von Hans-Christian Rößler
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Portugal
Während Millionen Wähler am Sonntag bei der Präsidentenwahl ihre Stimme abgaben, zählte Portugal 275 Corona-Tote – so viele wie an keinem Tag zuvor. Am Samstag wurde die Marke von insgesamt 10.000 Todesfällen überschritten und mit mehr als 15.000 neuen Fällen innerhalb von 24 Stunden ein neuer Höchststand erreicht, der das Gesundheitssystem an seine Grenzen bringt: 742 der rund 1000 Intensivbetten sind mit Covid-19-Patienten belegt. Laut einer Übersicht der Johns-Hopkins-Universität weist Portugal weltweit die höchste Sieben-Tage-Inzidenz auf. Das nationale Statistikamt registrierte zuletzt 826 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner, das sind fast doppelt so viele Fälle wie im benachbarten Spanien. Zugleich breitet sich die in Großbritannien entdeckte Sars-CoV-2-Variante immer schneller aus. Ihr Anteil lag in der vergangenen Woche bei rund 20 Prozent aller neuen Fälle. Man befürchtet, dass er in der ersten Februarwoche 60 Prozent betragen könnte. Wissenschaftler sprechen von einer wöchentlichen Wachstumsrate von bis zu 70 Prozent. Die deutsche Regierung stuft Portugal ab Mittwoch als Risikogebiet mit besonders gefährlichen Virusmutationen ein.
Von Hans-Christian Rößler
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Österreich
Seit Montag gelten in Österreich nochmals verschärfte Bedingungen. Wo bisher eine Mund-Nasen-Schutz-Pflicht herrschte, etwa in Bahnen und Geschäften, muss es nun eine FFP2-Maske sein. Der Mindestabstand zu haushaltsfremden Personen, bislang ein „Babyelefant“, wurde auf zwei Meter verdoppelt. Bis mindestens zum 8. Februar bleibt alles bis auf den Handel mit Lebensnotwendigem geschlossen. Die Ansteckungszahlen zeigen eine gute Tendenz nach unten, sind aber mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von zuletzt 118 noch weit vom selbstgesteckten Ziel 50 entfernt. Die neuen Mutanten sind schon in einigen Dutzend Fällen aufgetreten, wobei mit einer Dunkelziffer gerechnet wird. Bis Ende Februar hofft der Gesundheitsminister, mit 1,2 Millionen Dosen alle willigen Personen in Alten- und Pflegeheimen geimpft zu haben. Ärger gab es, weil auch einige Bürgermeister und andere Würdenträger sich schon eine Impfung verschafft haben.
Von Stephan Löwenstein
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Polen
Polens Regierung hebt gerne hervor, das Land sei bisher relativ gut durch die Pandemie gekommen. Bei der Zahl der bisher verabreichten Impfungen pro 100 Einwohner liegt Polen in der EU bei 1,85 und damit auf Platz 14, also im Mittelfeld, direkt hinter Deutschland und Österreich. Warschau teilte mit, bis Ende März seien insgesamt drei Millionen Impftermine in 5000 Impfstellen vergeben worden. Jetzt gebe es keine freien Termine mehr wegen der Verzögerungen bei den Lieferungen. Die britische Mutante ist bisher nur bei einem Patienten entdeckt worden. Die Corona-Neuinfektionen sind am Montag auf den tiefsten Stand seit Anfang Oktober gesunken, und der seit Ende Dezember geltende Lockdown mit überwiegendem Fernunterricht an den Schulen könnte zum 1. Februar etwas gelockert werden. Allerdings deutet die hohe Positivrate unter den getesteten Personen von Anfang an auf eine hohe Dunkelziffer; auch die hohe Übersterblichkeit im Jahr 2020 verwies darauf, dass viele Infizierte nicht erfasst wurden und dass außerdem viele andere Krankheiten nicht behandelt wurden. So legte die Pandemie auch die Mängel des unterfinanzierten staatlichen Gesundheitswesens offen: Viele Polen zogen es vor, das Virus ohne Test zu Hause auszuheilen, zugleich ist die Zahl sämtlicher Arzttermine während der ersten Welle um etwa ein Fünftel zurückgegangen.
Von Gerhard Gnauck
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Italien
In Italien lässt sich eine Art Seitwärtsbewegung bei der Entwicklung der Pandemie beobachten. Zwar sank am Sonntag die Zahl der bestätigten Neuinfektionen gegenüber dem Vortag um rund 1700 auf 11630 Fälle, und die Todesfälle erreichten mit 299 einen so niedrigen Stand wie seit Ende Dezember nicht. Doch bei der Zahl der in Kliniken behandelten Covid-19-Kranken sowie vor allem der Intensivpatienten ist kein nachhaltiger Rückgang festzustellen. Die am stärksten betroffenen Regionen sind nach wie vor die Lombardei und die Emilia-Romagna, es folgen Kampanien und die Hauptstadtregion Latium. Gemäß der „Risikoampel“ der Regierung in Rom galten zu Wochenbeginn 14 der 20 Regionen des Landes als „orangefarbene Zonen“ mit erhöhtem Infektionsrisiko und moderaten Einschränkungen. Die Insel Sizilien und die norditalienische Provinz Südtirol wurden von Rom nach wie vor als „rote Zonen“ eingestuft und mit umfassenden Beschränkungen belegt. In Bozen aber hielt die Provinzregierung an den seit 7. Januar gewährten Lockerungen wie der Öffnung von Einzelhandelsgeschäften und Schulen fest. Im ganzen Land gilt nach wie vor die Ausgangssperre zwischen 22Uhr abends und fünf Uhr morgens. Die neuen Virusvarianten aus Großbritannien und Südafrika haben in Italien noch zu keinen nennenswerten Infektionsherden geführt.
Von Matthias Rüb
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Schweden
Schweden hat es in der Corona-Krise lange mit nur wenigen Einschränkungen und Schließungen versucht. Mit Blick auf die Mutation des Coronavirus jedoch reagiert auch das Königreich schnell und strikt. In der Nacht zu Montag wurde die Grenze zu Norwegen geschlossen, nachdem in der Region um die norwegische Hauptstadt Oslo Infektionsfälle mit der britischen Virusvariante bekanntgeworden waren. Zuvor waren bereits solche Verbote für Einreisen aus Großbritannien und Dänemark erlassen worden, die nun ebenfalls verlängert worden sind. Aber auch unabhängig von den Einreiseverboten behält Schweden die strengeren Vorgaben der vergangenen Wochen bei, Ministerpräsident Stefan Löfven sprach davon, dass die Situation noch immer ernst sei. Nach Angaben der europäischen Gesundheitsbehörde ECDC liegt die Sieben-Tage-Inzidenz auf 100.000 Einwohner bei gut 283. Kneipen und Restaurants dürfen nach 20 Uhr keinen Alkohol mehr verkaufen, es wird dazu geraten, zu Hause zu arbeiten, und im öffentlichen Nahverkehr wird nun sogar das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes empfohlen – lange Zeit hatte die Gesundheitsbehörde Zweifel am Sinn des Maskentragens geäußert.
Von Matthias Wyssuwa
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Dänemark
Schon einmal hat Dänemark wegen einer Mutation versucht rasant zu handeln – und das hat die Regierung ordentlich ins Wanken gebracht. Als im Herbst die Furcht wuchs, dass in Nerzen mutierte Coronaviren womöglich den Impfschutz gefährden könnten, mussten alle Nerze im Land gekeult werden, obwohl die Regierung zunächst gar nicht die rechtliche Grundlage dafür hatte. Heute spielt die Mutation scheinbar auch keine größere Rolle mehr. Trotzdem reagiert die dänische Regierung auch auf die britische Mutation wieder schnell und hart und scheint damit auf dem richtigen Weg zu sein. Weil in Dänemark mehr Viren sequenziert werden als in anderen Ländern, konnten schon vor dem Jahreswechsel mehrere Dutzend Fälle im Land nachgewiesen werden. Die Regierung zeigte sich alarmiert, gleich Anfang Januar beschloss sie, den Lockdown noch weiter zu verschärfen. Das zuständige Statens Serum Institut äußerte die Befürchtung, dass die Mutation bis Mitte Februar die dominierende Variante des Coronavirus im Land werden könnte. Nun sollen sich nur noch maximal fünf Personen treffen dürfen statt bisher zehn. Viele Geschäfte und Dienstleister hatten zuvor bereits ihre Türen schließen müssen, die Schulen sind auch zu und die Firmen angehalten, ihre Mitarbeiter von zu Hause arbeiten zu lassen. Ministerpräsidentin Mette Frederiksen rief die Dänen dazu auf, zu Hause zu bleiben und niemanden außerhalb des eigenen Haushalts zu treffen. Sie deutete im Parlament zudem an, dass die Maßnahmen womöglich noch länger als bislang vorgesehen in Kraft bleiben könnten. Immerhin impft Dänemark schneller als jedes andere Land in der EU – nur durch die Lieferengpässe bedingt fürchtet Kopenhagen nun Verzögerungen. Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt bei 123.
Von Matthias Wyssuwa
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Tschechische Republik
An den tschechischen Grenzen zu Deutschland ist es am Montag zu stundenlangen Wartezeiten gekommen. Grund sind die verschärften deutschen Bestimmungen zur Einreise aus Hochrisikogebieten: Auch Tagespendler müssen einen negativen Corona-Test vorlegen, der nicht älter als 48 Stunden ist, oder ihn an der Grenze anfertigen lassen. Das betrifft je nach Schätzungen regelmäßig bis zu 60.000 Pendler. Dass die Tschechische Republik auf dem Index steht, liegt an den dauerhaft hohen Infektionszahlen, die trotz einer dritten Schließungsrunde nur zögerlich sinken. Erklärt wird das mit einer zwischen Härte und frühzeitigen Öffnungen ständig schwankenden Politik. Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt bei rund 450. Das Gesundheitswesen ist insgesamt nicht mehr an der Belastungsgrenze, doch aus manchen Regionen, etwa im Westen an der Grenze zu Bayern, müssen immer noch Patienten in Krankenhäuser im Landesinneren verlegt werden. Auch in der Tschechischen Republik ist die britische Mutante nachgewiesen worden. Jetzt wird erwogen, FFP2-Schutzmasken obligatorisch zu machen, doch will die Regierung erst abwarten, wie sich entsprechende Vorschriften in Deutschland und Österreich auswirken. Auch die Impfungen stagnieren, wofür Ministerpräsident Andrej Babiš mit scharfen Worten die Europäische Kommission verantwortlich macht.
Von Stephan Löwenstein
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Irland
Die Hälfte aller Neuinfektionen wird in Irland mittlerweile auf die „britische Variante“ zurückgeführt. Laut Regierung wurden die mutierten Viren vor allem vor den Weihnachtsfeiertagen eingeschleppt – überwiegend von Reisenden aus Großbritannien. Zuletzt steckten sich 1378 Iren mit dem Virus an, bei einer Bevölkerung von etwa fünf Millionen. Damit liegt die Pro-Kopf-Infektionsrate nicht mehr, wie noch vor wenigen Wochen, im Spitzenfeld. Fast 2000 Menschen werden in Krankenhäusern wegen Corona-Beschwerden behandelt. Erst gut 120.000 Iren wurden bis zum Wochenende geimpft.
Von Jochen Buchsteiner
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Großbritannien
Während die Zahl der Neuinfektionen in Großbritannien trotz der verbreiteten Virusvariante B.1.1.7 sinkt, blickt die Regierung besorgt auf die Mutationen, die zuerst in Südafrika und Brasilien entdeckt worden sind. Gesundheitsminister Matt Hancock teilte mit, dass die südafrikanische Variante bislang in 77 Fällen festgestellt worden sei, die brasilianische in neun. Der Flugverkehr nach Südafrika und in mehrere Länder Südamerikas sowie dem Drehkreuz Portugal ist weitgehend gekappt. Diskutiert wird die Zwangseinweisung aller Einreisenden in Quarantäne-Hotels – auf eigene Kosten. Zuletzt wurden an einem Tag 30.004 Menschen infiziert und 4125 Patienten in Krankenhäuser eingeliefert. Beide Zahlen sinken. Weiterhin stieg dagegen die Zahl der wöchentlichen Todesfälle. Sie lag für die Woche vor dem 23. Januar bei 8678; das sind im Durchschnitt fast 1240 Tote am Tag. Die Zahl der (mit einer ersten Dosis) Geimpften ist schon über die Grenze von sechs Millionen gerutscht. Damit hat mittlerweile fast jeder zehnte Einwohner einen Schutz – fast 80 Prozent der über Achtzigjährigen.
Von Jochen Buchsteiner
Quelle grün-kursiver Text ist ein FAZ+ Artikel: Hier klicken
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*Weil der Artikel außerordentlich wichtig für die Debatte um Corona ist, zitieren wir den Text. Verweise und Kommentare lesen Sie, wenn Sie FAZ+ testen/abonnieren.
Immer wieder – ich habe den Eindruck, immer öfter – …
… gibt es Berichte und Meinungen, die sich kritisch mit der Corona-´Strategie` (ein Lockdown nach dem anderen verbunden mit Angst- und Panikmache) auseinandersetzen. War es bisher Andreas Rosenfelder, der kritische Anmerkungen darlegte, ist es nun Thomas Vitzhum, der sich mit einem klugen WELTplus-Artikel* hervortut.
Politiker und Forscher überbieten einander mit düsteren Szenarien für die nächsten Monate. Begründet wird das mit der Sorge vor der Verbreitung der wenig erforschten Coronavirus-Mutanten. Dieser Kurs birgt das Risiko, dass das Vertrauen der Bürger weiter sinkt.
Keine Schule bis Ostern. Kein Einkaufen, kein Haareschneiden, kein Restaurant, kein Kino, kein Konzert mindestens bis weit in den April. 100.000 Ansteckungen mit dem Coronavirus – jeden Tag. Kein saisonaler Effekt durch steigende Temperaturen. Dazu Ausgangsbeschränkungen, Einschränkungen des Aktionsradius. Grenzkontrollen? Exportverbot für wichtiges Material? Alles möglich.
Diese Nachrichten aus einer dystopischen Welt könnten aus dem Jahr 2020 stammen. Aus den Monaten Januar bis März. Als sich die Corona-Nachrichten überschlugen. Damals hatten die Bürger das Gefühl, der Boden unter ihren Füßen würde schwanken, das Leben, das sie kannten, sich auflösen.
Doch es sind keine Forderungen, Prophezeiungen, Prognosen von vor einem Jahr. Es sind mögliche Zustandsbeschreibungen der Welt des Jahres 2021. Glaubt man Politik und Wissenschaftlern, ist das die Realität der kommenden Monate. Dass die Schulen bis Ostern nicht öffnen sollen, stellte Thüringens Kultusminister Helmut Holter (Linke) in Aussicht. Auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hält ein Öffnungsszenario nicht einmal für diskutierbar.
Von bis zu 100.000 Ansteckungen pro Tag sprach der Virologe Christian Drosten von der Berliner Charité mit Blick auf das mutierte Coronavirus B1.1.7. Dass sich das Virus in dieser vermutlich aggressiveren Form durchsetzen wird, davon ist Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) überzeugt. Der Virologe Adam Grundhoff ist sicher, dass die Inzidenz, also die Zahl der Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen, dann nach drei Monaten bei dem 5000-Fachen der heutigen liegen werde.
Von Grenzkontrollen zu Nachbarn, die das Virus nicht in den Griff bekommen, geht Kanzlerin Angela Merkel (CDU) aus. Und ein Exportverbot von Corona-Impfstoffen aus der Europäischen Union überprüft Bundesgesundheitsminister Jens Spahn.
Die wenigen, die eine Diskussion über mehr Freiheiten für Geimpfte anfangen, werden von der Mehrheit niedergezischt. Argument: Noch seien es viel zu wenige, die geimpft sind. Die Debatte erweckt den Eindruck, als teilte keiner die Hoffnung, dass sich an diesem Zustand mittelfristig etwas ändern werde. „Der Sommer wird uns nicht retten“, sagte am Montag der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach im Ton der Apokalypse.
An diesem Montag trat der neue verschärfte Lockdown in Kraft, der bis zum 14. Februar gilt. Doch in der Mühsal der Gegenwart hält sich offensichtlich keiner mehr lange auf. Die Entscheider und ihre Berater blicken weit über dieses Datum hinaus, so als seien die nächsten drei Wochen läppisch, als müssten sie gar nicht mehr ertragen, erduldet, hingenommen werden.
Dabei sind die Infektionszahlen so niedrig wie zuletzt vor ungefähr drei Monaten. Tendenz sinkend. Hielte der Trend, würde die berühmte 50er-Inzidenz in der zweiten Februarwoche tatsächlich erreicht.
Ebenfalls am Montag teilte der Impfstoffhersteller Moderna mit, dass sein Vakzin auch gegen die mutierten Viren wirke. Am Freitag soll zudem in der EU der dritte Impfstoff zugelassen werden, der der Firma AstraZeneca.
Es gibt also auch gute Nachrichten. Und dennoch, so hoffnungslos, so aussichtslos und perspektivlos, so pessimistisch war die politische Debatte über den Fortgang der Krise seit Langem nicht. Mut machen wenige.
Ein schleichender Vertrauensverlust
Der CSU-Gesundheitspolitiker Georg Nüßlein forderte ein Lockdown-Ende Mitte Februar. Die Sorge vor etwas, „das vielleicht eintreten könnte“, sei keine ausreichende Begründung für den Lockdown. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) will die Wiederöffnung von Schulen und Friseuren. Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, verlangte Perspektiven von der Politik.
Nun soll keiner sagen, dass es keine Perspektiven gibt. Horrorszenarien sind schließlich auch Perspektiven. Allein, wohin führen sie? Schaffen düstere Prognosen Vertrauen? So wie das vor einem Jahr der Fall war?
CDU-Präsidiumsmitglied Norbert Röttgen fasste im WELT-Interview zum Jahresende zusammen, was damals geschah: „Das positive Moment ist, dass die Politik durch ihr entschlossenes, rationales und ehrliches Verhalten in der ersten Welle der Pandemie bei vielen Menschen einen enormen Vertrauensgewinn erzielt hat. Statt die Situation schönzureden, wurde wissenschaftlicher Sachverstand in dieser Phase der Unkenntnis hinzugezogen. Es galten die Kriterien rationaler Geeignetheit – und nicht das, was politisch opportun war.“
Politiker und Forscher haben damals eingestanden, nicht zu wissen, womit sie es zu tun haben. Vertrauen entstand, weil sie damals ihr Nicht-Wissen erklärten. Das Klischee, wonach Politiker stets mehr wissen, als sie zugeben, galt anscheinend nicht mehr. Die ehrliche Zurschaustellung der eigenen Unkenntnis schuf die Basis für die Akzeptanz der Corona-Maßnahmen. Das wirkt noch heute nach.
Aber das Vertrauen erodiert. Die Zustimmung zu den Maßnahmen sinkt. Nicht nur aus Ermüdung, wie landläufig behauptet.
Der schleichende Vertrauensverlust ist auch Resultat der politischen Kommunikation. Es gab in den vergangenen zehn Monaten unzählige Beteuerungen, dass man über das Virus inzwischen deutlich besser informiert sei als noch zu Beginn der Pandemie. Lange wurde so getan, als resultierte das Handeln aus neuen Erkenntnissen. Dazu kamen Ende des Jahres noch die Erfolge bei der Impfstoffentwicklung. Wissen ist Macht – das Sprichwort schien wieder zu gelten.
Und jetzt? Nun wird der Beweis angetreten, dass Unwissen offenbar noch mehr Macht bedeutet; Macht nämlich für jene, die auf Basis von Unsicherheit erneut weitestreichende Entscheidungen für das Leben der Bürger treffen. Das aktuelle Tun wird mit Unwissen über die Virusmutante begründet. Aus der Sorge vor seiner Verbreitung resultiert die aktuelle Lockdown-Politik.
Darüber aber, was diese Mutante auslöst, wie sie wirkt, wie ansteckend sie ist, welche Gruppen sie vor allem betrifft, darüber gibt es noch immer intensive Auseinandersetzungen und Forschung. Letzte Sicherheiten gibt es wenige. Der Aussage etwa, dass die Variante mehr Todesfälle bedeutet, folgte kurz darauf das Dementi, dass man es so genau doch nicht wisse. Vieles ist also unsicher.
Der desillusionierende Satz des Kanzleramtsministers
Dennoch werden mit Selbstsicherheit neue Negativszenarien entworfen. Kanzleramtsminister Braun gab sich am Sonntag bei „Anne Will“ sogar absolut überzeugt, dass sich die Virusmutante hierzulande durchsetzen werde: „Wir sehen ja momentan, dass wir jetzt in mehreren Krankenhäusern auch schon mit der Mutante zu tun haben. Das heißt, das ist bei uns im Land angekommen, und deshalb wird sie irgendwann so wie in anderen Ländern auch dann die Führung übernehmen und wird Probleme machen.“
Gibt es dafür Zahlen? Evidenz? Studien? Die wissenschaftlichen Berater des Kanzleramts stellen häufig Modellierungen auf; doch bei den Präsentationen bleibt die Öffentlichkeit außen vor. „Wir wollen sie so lange wie möglich aus dem Land raushalten und da, wo sie schon ist, eben sehr niedrig halten“, fügte Braun mit Blick auf die Mutante hinzu und schob trotzdem den völlig desillusionierenden Satz nach: „Das wird man auf Dauer nicht schaffen.“
Die Situation mutet also kurios an: Da paart sich derzeit totale Unsicherheit über die Virusmutation mit letztgültiger Sicherheit. Das hat Folgen. So erodiert Vertrauen.
Hinzu kommt das offensichtlich schlechte Management in vielen Bereichen. Etwa bei den Impfungen, die mit ständigen Versäumnissen von Behörden und Politik einhergehen. Oder beim Schutz der Alten- und Pflegeheime, in denen sich immer noch massenhaft Corona-Ansteckungen ereignen.
Die Gesundheitsämter sind noch immer nicht in der Lage, mit einer funktionierenden einheitlichen Software zu arbeiten, und noch immer können nicht mehr Kontakte gleichzeitig nachvollzogen werden als zu Beginn der Pandemie. Zudem werden häufig Daten nicht oder nicht vollständig übermittelt; vier Wochen lang, zwischen Weihnachten und Mitte Januar, war keiner Corona-Statistik zu trauen.
„Ich kann nur sagen: Ohne Perspektive hält so was niemand lange durch. Mit Perspektive deutlich länger. Deshalb würde ich mir wünschen, die Bundeskanzlerin würde noch einmal eine Ansprache halten, in der ein solcher Optimismus zum Ausdruck kommt. Ich glaube, dass das den Menschen sehr guttäte“, sagte der Psychiater und Stressforscher Mazda Adli, Chefarzt der Fliedner Klinik in Berlin in einem Interview.
Das war im März 2020. Es gilt wohl mehr denn je.
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*Weil der Artikel außerordentlich wichtig für die Debatte um die „Meinungsfreiheit“ ist, zitieren wir den Text. Verweise und Kommentare lesen Sie, wenn Sie WELTplus testen/abonnieren.
… des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs und dessen Interpretation.
Es geht um dieEinlassung der WHO zum PCR-Test. Diese hat ungeheure Brisanz. Wenn denn festgestellt wird, dass die Tests und Testauswertungen nicht sachgerecht durchgeführt wurden, bricht das ganze Pandemie-Kartenhaus in sich zusammen.
Der Hinweis auf die bei steigende Zahl falsch-positiver Ergebnisse bei fallender Prävalenz und die steigende Zahl positiver Ergebnisse trotz geringer Virenlast, weil viel zu viele, ich nenne es mal Auswertungsläufe durchgeführt werden, sind die Hauptkritikpunkte.
Nicht alles, was ein Amtsrichter in Weimar in ein Urteil schreibt, muss richtig sein. Aber auch nicht alles, was der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in einen Beschluss schreibt, ist zutreffend. Auch Richter sind bekanntlich Menschen. Menschen können irren. Das macht sie liebenswert und sympathisch. Zu einem guten Diskurs gehört, einander respektvoll auf derartige Irrtümer aufmerksam zu machen, denen wir Menschen aufsitzen. So – und nur so – kommen wir gemeinsam am Ende zu den richtigen Entscheidungen. Und das ist es ja, was wir wollen. Hier einige Anmerkungen zur besseren juristischen Methodik.
Was fällt auf an der Entscheidung der Münchner Verwaltungsrichter vom 24. Januar 2021? In der Entscheidung BayVGH 10 CS 21.249 heißt es:
„Auch der Hinweis des Antragstellers auf die Mitteilung der WHO vom 20. Januar 2021 zum Gebrauch von PCR-Tests stellt die Gefahrenprognose nicht in Zweifel. Diese Mitteilung betont lediglich die Notwendigkeit einer sachgemäßen Durchführung von PCR-Tests zur Feststellung einer Infektion und adressiert Anwender auf der ganzen Welt. Für die Annahme, dass PCR-Tests in Deutschland nicht ordnungsgemäß durchgeführt würden, nennt der Antragsteller jedoch keinerlei Beleg. Das weitergehende sinngemäße Argument des Antragstellers, dass mittels PCR-Tests keine aktuelle Infektiosität der Testperson nachgewiesen werden könne und deshalb die Voraussetzungen des IfSG für Schutzmaßnahmen nach den §§ 28 und 28a IfSG nicht durch den Verweis auf das mittels PCR-Tests ermittelte Infektionsgeschehen nachgewiesen werden könnten, beruht auf einer unzutreffenden Interpretation der gesetzlichen Grundlagen und ist deshalb irrelevant (im Ergebnis ebenso BayVGH, B.v. 8.12.2020 – 20 CE 20.2875 – juris Rn. 9; OVG NW – B.v. 30.11.2020 – 13 B 1658/20.NE – juris Rn. 32 f.). § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG und daran anknüpfend § 28a Abs. 1 Nr. 10 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 IfSG verlangen als Voraussetzung für eine Schutzmaßnahme nicht, dass infektiöse Personen festgestellt werden. Erforderlich ist nach dem ausdrücklichen Wortlaut, dass Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt werden. Allein die Anzahl der hospitalisierten Covid-19-Patienten einschließlich der entsprechenden Belegung von Intensivbetten auch in Bayern (Zahlenmaterial bei https://www.intensivregister.de/#/aktuelle-lage/kartenansichten) genügt ohne Weiteres für die Feststellung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG und daran anknüpfend § 28a Abs. 1 Nr. 10 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 IfSG.“
Das ist leider methodisch verfehlt.
Wenn – nach der Klarstellung der WHO vom 20.01.2021 – ein bloß positiver PCR-Test keine Infektion nachweist, kommt auch nicht in Betracht, einen dergestalt positiv Getesteten als „Kranken, Krankheitsverdächtigen, Ansteckungsverdächtigen oder Ausscheider“ zu klassifizieren. Denn wer nicht infiziert ist (und bei wem nicht einmal eine Kontamination unzweifelhaft festgestellt ist), der fällt per definitionem in keine dieser vier Gruppen. Weiß man nicht, ob Hans in ein Kalkfaß gefallen ist, dann kann man nicht sagen, ob er eingestaubt oder möglicherweise eingestaubt ist. Man kann folglich auch nicht wissen, ob er andere einstauben könnte oder gar beim Gehen Kalk verliert.
Ebenfalls denkgesetzlich unstatthaft ist, von der Anzahl „hospitalisierter Covid-19-Patienten“ auf eine kritische Anzahl „Kranker, Krankheitsverdächtiger, Ansteckungsverdächtiger oder Ausscheider“ außerhalb des hospitalisierten Bereiches rückzuschließen. Denn aus dem Umstand, daß z.B. 7 Prozent aller Patienten in einem Krankenhaus ein gebrochenes Bein haben, läßt sich nicht drauf schließen, daß auch 7 Prozent der Gesamtbevölkerung außerhalb des Krankenhauses gebrochene Beine hätten.
Wenn man einen Tirolerhut für eine Ente hält
Mehr noch: Auch der Verweis des BayVGH auf seine eigene Entscheidung vom 8.12.2020 zu 20 CE 20.2875 verfängt tatsächlich nicht. Dort hat der BayVGH wörtlich ausgeführt:
„Das Beschwerdevorbringen, PCR-Tests könnten keine Infektionen nachweisen, greift nicht durch. PCR-Tests sind grundsätzlich nicht ungeeignet, um die Infektionsgefahr von SARS-CoV-2 abzubilden. Solange keine zuverlässigere Testmethode vorhanden und anerkannt ist, stellt der PCR-Test ein geeignetes Instrument zur Einschätzung der Übertragungsgefahr von SARS-CoV-2 dar (BayVGH, B.v. 8.9.2020 – 20 NE 20.2001 – juris Rn. 28; OVG NW – B.v. 30.11.2020 – 13 B 1658/20.NE – juris Rn. 32 f.).“
Diese Darstellung ist als Argumentation rein verfassungsrechtlich schon im Ansatz schwierig. Denn nicht alles, was „grundsätzlich nicht ungeeignet“ ist, ist auch im Sinne einer Verhältnismäßigkeitsprüfung schon hinlänglich geeignet. Das Tasten nach einer Feder ist nicht grundsätzlich ungeeignet, wenn man nach einer Ente sucht. Man darf sich dann aber auch nicht wundern, wenn man einen Tirolerhut für eine Ente hält.
Die weitere Begründung des BayVGH zeigt aber auch, daß der Senat augenscheinlich in der Vorstellung lebt, es gäbe ‚den‘ PCR-Test. Das ist aber rein tatsächlich unzutreffend. In Wahrheit gibt es eine unabsehbare Vielzahl von PCR-Tests, die – und das ist entscheidend – mit unterschiedlichen Replikationszyklen arbeiten. Ein PCR-Test mit 25 Zyklen (25Ct) liefert wesentlich andere Testergebnisse als ein Test mit 30, 35 oder gar – wie der „Drosten-Test“ – 45 Zyklen (in den Worten der WHO Information Nr. 2020/05: „The cycle threshold (Ct) needed to detect virus is inversely proportional to the patient’s viral load.“). Ein PCR-Testergebnis kann daher allenfalls dann ein „geeignetes Instrument zur Einschätzung der Übertragungsgefahr von SARS-CoV-2“ sein, wenn der Ct-Wert zu statistischen Vergleichs- und Erkenntniszwecken generell und lückenlos offengelegt wird. Eine derartige verbindliche „Eichung“ ist auch aus Rechtsgründen zweifellos einforderbar. Maße, Gewichte und Zeitbestimmungen unterliegen von Verfassungs wegen mit guten Gründen der Rechtsklarheit ebenfalls der bundesgesetzlichen Normierung: Art. 73 Nr. 3 GG.
In der vergangenen Woche berichtete Achgut.com über einen „Vorbildlichen Akt richterlicher Souveränität“. Ein aktuell veröffentlichtes Urteil des Amtsgerichtes Weimar (noch nicht rechtskräftig) vom 11. Januar 2021 bestätigt in beeindruckender Argumentationstiefe die Vermutung, dass die „Lockdowns“, die unser aller Leben seit Monaten einfrieren, mit unserem Grundgesetz nicht in Einklang zu bringen sind. Kernsatz des Urteiles: „Es gab keine ‚epidemische Lage von nationaler Tragweite‘, wenngleich dies der Bundestag mit Wirkung ab dem 28.03.2020 festgestellt hat.“
Der Fall entwickelt sich wie eigentlich nicht anders zu erwarten weiter. Die Staatsanwaltschaft Erfurt hat am vergangenen Freitag beim Amtsgericht den Antrag auf Zulassung einer Rechtsbeschwerde eingereicht, sagte der Sprecher der Behörde, Hannes Grünseisen, am Freitag in Erfurt der Deutschen Presse-Agentur. Die Sache solle zu einer neuen Verhandlung und Entscheidung an einen anderen Richter zurückverwiesen werden.
Das erinnerte den einen oder anderen Kommentator an die Rückgängigmachung der thüringischen Ministerpräsidentenwahl im vergangenen Jahr. Der Fall liegt jedoch anders. Im Gegensatz zum Rückgängigmachen einer Landesministerpräsidentenwahl auf südafrikanischen Unerträglichkeitszuruf der Kanzlerin hin handelt es sich bei einer Rechtsbeschwerde um ein von dem Gesetz formgerecht vorgesehenes Rechtsmittel.
Als Staatsanwalt in der Lage des dort Zuständigen hätte ich wahrscheinlich haargenauso gehandelt. Denn ein erstinstanzliches Urteil ist eben „nur“ ein erstinstanzliches Urteil in einer Einzelfallentscheidung.
Eine ganze Armada an Argumenten geliefert
Sehr viel spannender wird es, wenn nun ein Obergericht die Sache bearbeitet und entscheidet. Und exakt das ist der „Clou“ an einer bußgeldrechtlichen Rechtsbeschwerde. Die geht nicht erst noch zu einem Landgericht, sondern sie „hüpft“ gleich in die OLG-Ebene.
Das war natürlich auch dem Amtsrichter bekannt, der sein Urteil formuliert hat. Deswegen hat er keine kurze und knappe Entscheidung abgesetzt, sondern eine ganze Armada an Argumenten geliefert, das jedes für sich (!) die Sanktionierung des „Abstandsverstoßes“ ordnungsrechtlich unmöglich macht.
Die Richter des OLG sind dadurch nun in die Lage manövriert, jeden einzelnen dieser Gesichtspunkte detailliert widerlegen zu müssen, um noch zu einer Verurteilung des „Täters“ zu kommen. Das geht auch nicht simpel durch Zurückverweisung an das AG, wo dann (wie in solchen Fällen nicht unüblich) ein anderer Richter erneut entscheiden muss. Denn das OLG ist eine reine Rechtsprüfungsinstanz. Es werden keine Tatsachen mehr überprüft. Ein OLG erhebt in der Rechtsbeschwerde keinen Beweis. Das ist hier auch nicht erforderlich, denn die „Tat“ steht ja fest. Es geht „nur“ um die reine Rechtsfrage. Die kann und muss das OLG selbstständig entscheiden.
Von daher ist alles andere als vergnüglich, nun der OLG-Senat zu sein, bei dem die Sache jetzt gelandet ist. Die Richter dort müssen nämlich – wollten sie die landesrechtliche Verordnung „retten“ – jedes einzelne Argument des Amtsrichters entkräften. Das ist m.E. schwierig bis unmöglich. Darauf bezog sich die Formulierung in meiner Urteilsbesprechung von der „argumentativen Gewalt“ des amtsgerichtlichen Urteils.
Das OLG kann das ihm von dem AG gelieferte harte Brett aber auch nicht auf billigem Wege mit einem einzigen Killer-Argument aus dem Weg bohren (Nach dem Formulierungstopos: „Es kann dahinstehen, ob x, y, z, … denn schon a, … deswegen folgt …“). Denn das ginge nur mit einer Freispruchbestätigung, die dann wiederum spiegelbildlich die landesrechtliche Verordnung aushebelt.
Rechtsstaatlich sehr robuste und resiliente Rechtsschutzstruktur
Es ist eine komplexer Vorgang, der von Carlos Gebauer vorbildlich aufbereitet wird. Es ist nicht leicht, sich in die juristischen Gedankengänge hineinzuversetzen, sie nachzuvollziehen.
Dennoch: Setzen Sie sich mit den insgesamt 3 Texten und dem Urteil des AG Weimar intensiv auseinander. Sie absolvieren dabei einen anspruchsvollen
Ein soeben veröffentlichtes Urteil des Amtsgerichtes Weimar vom 11. Januar 2021 bestätigt in beeindruckender Argumentationstiefe die Vermutung, dass die „Lockdowns“, die unser aller Leben seit Monaten einfrieren, mit unserem Grundgesetz schlechterdings nicht in Einklang zu bringen sind.
Bei dieser Entscheidung handelt es sich auch nicht „nur“ um ein unbedeutendes amtsgerichtliches Urteil. Die gerichtliche Verteidigung eines Menschen, der wegen „Corona-Verstößen“ mit einem Bußgeld bedacht wird, beginnt nämlich stets just dort: vor Amtsgerichten. Jeder, der einen Bußgeldbescheid wegen Verstoßes gegen Corona-Auflagen zugestellt erhält, ist gut beraten, sich mit diesem Urteil aus Weimar auseinanderzusetzen (6 OWi-523 Js 202518/20).
Dem Urteil war eine Geburtstagsfeier vorangegangen, zu der sich 8 Menschen aus 7 Haushalten am 24. April 2020 in einem Hinterhof versammelt hatten. Die Polizei sah in diesem Fest einen Verstoß gegen die „Thüringer Verordnung über erforderliche Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des Corona-Virus SARS-CoV-2“. Minutiös legt das Amtsgericht Weimar nicht nur der örtlichen Polizei nun dar, warum der Betroffene dieses Bußgeldverfahrens freizusprechen war: Die Landesverordnung ist verfassungswidrig und nichtig.
Vernichtende Kritik an der gesetzgeberischen Leistung
Das Gericht stützt seine gleichsam vernichtende Kritik an der gesetzgeberischen Leistung gleich auf mehrere einschneidende Gesichtspunkte. In formeller Hinsicht genügt die Verordnung nicht den Ermächtigungsvoraussetzungen des Grundgesetzes. Im Einzelnen wird erläutert, warum der Gesetzgeber selbst (und nicht der Verordnungsgeber) über die allgemeinen Kontaktverbote hätte entscheiden müssen. Der Gesetzgeber hat darüber hinaus auch nicht beschrieben, mit welchen genauen Maßnahmen welches Ziel erreicht werden sollte, und er hat sich keine zureichenden Gedanken darüber gemacht, was ein Verordnungsgeber mit der ihm erteilten Ermächtigung künftig alles anstellen werde. Da der Gesetzgeber die exzessiven Eingriffe in bürgerliche Grundrechte zudem nicht einmal hinreichend beschrieben hat, steht das allgemeine Kontaktverbot schon formal auf keiner belastbaren Rechtsgrundlage.
Zusätzlich erfreulich an dem Urteil des Amtsgerichtes Weimar ist, dass die Unzulänglichkeit der ursprünglichen Ermächtigung aus § 28 des Infektionsschutzgesetzes vom 27. März 2020 mit vielerlei Rechtsprechungsnachweisen plausibilisiert wird. Der Kenner sieht daran: Die Auffassung des Gerichtes steht mitnichten alleine, auch andere Gerichte sahen und sehen es ebenso. Das Urteil bleibt bei dieser rechtlichen Darstellung per 24. April 2020 indes nicht stehen. Es erläutert darüber hinaus, dass auch die nachgeschobene weitere Ermächtigungsgrundlage im späteren § 28a des Infektionsschutzgesetzes ein allgemeines Kontaktverbot gar nicht legitimieren kann. Dieser Begründungsteil des Urteiles ist für jedermann von Bedeutung, der mit Bußgeldern auf Basis der rechtlichen Regelung nach dem 18. November 2020 belegt worden ist. Anders gesagt: Das Urteil weist argumentativ vorsorglich auch tragfähig in die Zukunft.
Im Weiteren erläutert das Gericht überzeugend, warum es allen deutschen Gesetzgebern tatsächlich schon am 28. März 2020 unmöglich war, ihre Aktivitäten auf eine unübersichtliche Faktenlage oder gar auf „unvorhergesehene Entwicklungen“ zu stützen. Es beeindruckt besonders ein Kernsatz des Urteiles:
„Es gab keine ‚epidemische Lage von nationaler Tragweite‘, wenngleich dies der Bundestag mit Wirkung ab dem 28.03.2020 festgestellt hat.“
Zur Begründung dieses vorbildlichen Aktes richterlicher Souveränität zur verfassungsrechtlich gewünschten Kontrollfunktion der Dritten Gewalt erläutert die Entscheidung in tatsächlicher Hinsicht, wie sich die Entwicklung der Neuerkrankungen bereits ab dem 18. März 2020 statistisch dokumentiert dargestellt hatte. Zugleich wird in dem Urteil mit Belegstellen aus Veröffentlichungen des Robert-Koch-Institutes erklärt, dass die Reproduktionszahl R schon am 21. März 2020 unter den Wert von 1 gefallen war. Dem Amtsgericht zugänglich waren auch (wie jedermann, der über einen Internetanschluss verfügt) die Abrechnungsdaten der Initiative Qualitätsmedizin sowie die Sterbestatistik des Statistischen Bundesamtes. Mit anderen Worten: Aus allgemein zugänglichen Quellen war bereits zum Zeitpunkt der parlamentarischen Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite zum 28.03.2020 erkennbar, dass eine solche Lage tatsächlich überhaupt nicht bestand.
Verstoß gegen die grundgesetzlich garantierte Menschenwürde
[…]
Allgemeines Kontaktverbot: Verfassungswidrig und nichtig