Meilenstein: Logiklücke – PCR – Tests

Meilenstein zum Sonntag, 7.3.2021: Es gibt linke Gewalt?! – Eine Dokumentation

In Leipzig, Hamburg und Berlin gehen Linksextreme* …

… immer brutaler gegen Vertreter des Staats und politische Gegner vor. Die Extremisten bekommen dabei Unterstützung von denen, die eigentlich den Rechtsstaat verteidigen sollten. Eine Recherche.

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Meilenstein: Markus Wagner (AfD) im Landtag NRW zu …

… Corona und dem Verhalten der anderen Parteien: 

Monatelang wurde versprochen:

Ab einer Inzidenz von unter 50 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner wird gelockert. Jetzt, nur Tage bevor dieses Ziel erreicht wird, werden kurzerhand die Spielregeln geändert! Markus Wagner, Chef der AfD-Fraktion NRW, bringt den ganzen Wahnsinn auf den Punkt: Trotz Zahlen, bei denen längst gelockert werden sollte, wird die Regierung Sanktionen beibehalten, die für eine Inzidenz von 200 eingeführt und fortlaufend verschärft wurden!

Rede gehalten am 11. Februar 2021 im Landtag NRW, TOP 1.

Quelle: Hier klicken

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Meilenstein: Dr. Vincent Martin (AfD) im Landtag NRW zu Pandemie und PCR-Tests

… und harscher Kritik an der Arbeitsweise des Landtags NRW!

Quelle: Hier klicken

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  • Risikoanalyse Pandemie aus dem Jahr 2012: Hier klicken
  • WHO zum PCR-Test: Hier klicken
  • Das Urteil aus Weimar & aus Bayern: Hier klicken
  • Essay – Impfung/Infektiosität/Symptomlos: Hier klicken

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Artikel zum Sonntag, 30.1.2021 – Meilenstein: Reitschuster bei der Bundespressekonferenz 29.1.2021

Boris Reitschuster ist Mitglied der Bundespressekonferenz. 

Dort stellt der Journalist mit seinen Fragen die Protagonisten der Corona-Pandemie vor echte Probleme.

Zunächst die Aussagen von Gesundheitsminister Spahn und RKI-Chef Wieler in kurzen Statementausschnitten:

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Meilenstein: Das Böse, die Lüge & die Wahrheit

Da hat Michael W. Alberts aber einen rausgehauen. Auf der Achse des Guten:

Einen Zweiteiler, …

… der hier komplett – aber natürlich verlinkt – gebracht wird!

Unbedingt in Ruhe lesen. Ein echter Meilenstein!

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Meilenstein zum Sonntag, 10.1.2021: Marc Tully, Hanseatisches OLG, im WELTplus*-Interview zu …

Meinungsfreiheit & Cancel Culture

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Marc Tully, neuer Präsident des Hanseatischen Oberlandesgerichts, sieht die Demokratie durch die „Cancel Culture“ bedroht. Sich widersprechende Meinungen müssten ausgehalten werden. Besonders kritisch sieht er soziale Netzwerke.

Kurz vor dem Jahreswechsel wurde Marc Tully Präsident des Hanseatischen Oberlandesgerichts, er bekleidet somit Hamburgs höchsten Posten in der ordentlichen Gerichtsbarkeit. In seinem ersten Interview im neuen Amt spricht er über ein Phänomen, das als „Cancel Culture“ bekannt wurde und das aus seiner Sicht schädliche Auswüchse angenommen hat, weil ein „kollektives Sofagericht“ den Daumen über Personen und Institutionen und deren Haltungen hebt oder senkt. Sogar Aufrufe zum Lynchmord habe es dabei gegeben.

WELT AM SONNTAG: Herr Tully, laut Artikel 5, Absatz 1 des Grundgesetzes hat „jeder das Recht, seine Meinung frei zu äußern“. Wie füllt die Gesellschaft diesen Artikel derzeit mit Leben?

Marc Tully: Das Bundesverfassungsgericht sagt in ständiger Rechtsprechung, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung für den demokratischen Rechtsstaat schlechthin konstituierend ist. Meinungsfreiheit setzt aber, damit sie funktioniert, einen Dialog voraus. Ich erlebe zunehmend, dass uns das Dialogische abhanden kommt. Dass es immer mehr Menschen gibt, die auf rudimentärer Tatsachenbasis für sich einen Anspruch auf das Entdecken der absoluten Wahrheit reklamieren und dass die so gefundenen Positionen den öffentlichen Dialog vergiften.

WELT AM SONNTAG: Was besorgt Sie dabei konkret?

Tully: Wenn man die Diskussionskultur so sehr verengt, dass andere Meinungen als die eigene nicht mehr als gleichwertiger Beitrag einer Diskussion akzeptiert werden und auch derjenige, der eine abweichende Meinung hat, als Person diskreditiert wird, dann gerät die öffentliche Diskussionskultur in eine Schräglage, die für ein demokratisches Gemeinwesen gefährlich wird. Wir müssen aufpassen, dass wir divergierende Meinungen nicht als Zumutung begreifen und aus einem vermeintlichen Anspruch auf ein zumutungsfreies Leben nicht nur die Meinung des anderen für falsch halten, sondern auch der Person als solche ihren Wert absprechen. Es hat sich eingebürgert, dass wir schnell und aufgeregt eine verfestigte Meinung zu Themen bilden, die zu komplex sind, um vorschnell nach einer vermeintlichen Wahrheit zu greifen.

WELT AM SONNTAG: Das führt so weit, dass Gedichte von Hauswänden, Autoren aus Verlagsprogrammen entfernt werden oder Menschen vor dem Haus des Fleischproduzenten Clemens Tönnies „Hängt ihn auf!“ brüllen. Wann endet die kritische Debatte und beginnt das, was wir Cancel Culture, also in etwa eine Kultur des Abschaltens und Ausgrenzens, nennen?

Tully: Wir kennen aus der Geschichte die unguten Auswüchse der Bilderstürmerei, und wir erleben in vergleichbarer Weise das Bedürfnis von Teilen der öffentlichen Debatte, Personen der Zeitgeschichte zu tilgen, weil Facetten ihres Wirkens mit unserem Wertekanon nicht mehr übereinstimmen. Das verengt den Blick auf diese Personen. Immanuel Kant oder Christoph Kolumbus etwa stehen für herausragende Leistungen in ihrer Zeit und haben trotzdem in ihrem Charakter Facetten, die wir heute nicht teilen. Gleichwohl sollten wir die Kraft aufbringen, sie nicht einseitig durch eine deformierte Brille zu betrachten und nur mit dem, was wir heute nicht akzeptieren, insgesamt zu verdammen. Wir brechen wegen einzelner Bereiche im Wirken einer Person mit zu großer Vehemenz den Stab über die Person als solche, aktuell etwa bei der „New York Times“-Journalistin Bari Weiss oder der Schriftstellerin Monika Maron.

WELT AM SONNTAG: Unter welchen Bedingungen findet das statt, wie ist die Wechselwirkung etwa zwischen dem Internet und dem, was dann real passiert?

Tully: Cancel Culture würde ich versuchen mit dem Bild eines „kollektiven Sofagerichts“ zu erklären, bei dem eine interessierte Öffentlichkeit über soziale Netzwerke in der Lage ist, ein sich entwickelndes Gefühl gegen eine Person mit einem absoluten Verdikt zu versehen und die soziale Existenz der Person infrage zu stellen. Besonders dramatisch wird es anhand des Beispiels von Clemens Tönnies, bei dem wir, ungeachtet der Frage, ob man seine wirtschaftlichen Praktiken gutheißt, erschreckend zur Kenntnis nehmen müssen, dass offenbar zu einer Art Lynchmord aufgerufen worden ist. Das ist eine Eskalationsstufe, die wir in Deutschland lange nicht hatten, die uns wegen unserer Geschichte aber besonders erschüttern sollte. Die letzten Aufrufe zu Lynchmorden oder Brandschatzungen kennen wir aus der Nazidiktatur. Und wenn wir anfangen, den Selbstwert der Person, mit der wir unterschiedlicher Meinung sind, in dieser Form kategorial zu negieren, führt uns das ins Unglück.

WELT AM SONNTAG: Dann bedroht Cancel Culture den Rechtsstaat.

Tully: Der Rechtsstaat tritt seinen Bürgern unterschiedlich entgegen. Auf der wichtigsten Ebene sind es die Entscheidungen der Legislative und der Exekutive. Bei der Covid-19-Krise etwa erleben wir in schneller Abfolge infektionsrechtliche Beschränkungen des öffentlichen Lebens, die wir hinterfragen, weil wir das pandemische Geschehen nur unzureichend verstehen. Ein großer Teil der Bevölkerung akzeptiert die Notwendigkeit der Beschlüsse und hat Vertrauen in den verfassten Staat.

WELT AM SONNTAG: Ein anderer, sehr laut auftretender Teil aber auch nicht.

Tully: Ein kleiner Teil der Bevölkerung tut sich damit schwer, erhebt seine eigene Auffassung, allenfalls aus Wissensfragmenten, zur absoluten Wahrheit und zieht daraus für sich die Legitimation, staatliches Handeln kategorial infrage zu stellen. Das ist gefährlich, weil es die Legitimationsbasis des Staates insgesamt und damit die Legitimationsbasis unserer Gesellschaftsordnung infrage stellt. Wir brauchen die Fähigkeit, zu akzeptieren, dass wir in unserer ersten Einschätzung auch irren können. Deshalb sind kollektive Entscheidungsfindungen der im demokratischen Prozess angelegten Strukturen zwar mühsam, aber häufiger mit einer größeren Richtigkeitsgewähr versehen als die erratisch sprunghafte Überzeugungsbildung des Einzelnen.

WELT AM SONNTAG: Was droht einer Demokratie, wenn das Vertrauen der Bürger in den Rechtsstaat sinkt?

Tully: Wenn die gewählte Gesellschaftsform im Kern eine ist, die in aller Regel richtige Ergebnisse produziert und diese aber infrage gestellt wird, dann sägen wir an dem Ast, auf dem wir als Gesellschaft sitzen. Wir dürfen es nicht zulassen, dass größere Teile der Bevölkerung das gesellschaftliche Gerüst, auf dem die Gesellschaft fußt, und das ist der demokratische Rechtsstaat mit seinen demokratisch legitimierten Strukturen, unentwegt anzweifeln. Diese Strukturen sind dazu verpflichtet, ihr Handeln zu erklären und durch Kommunikation Akzeptanz zu erreichen. Sie müssen aber auch hinreichend wehrhaft sein, um sich dem erratisch Exzessiven entgegenzuwerfen.

WELT AM SONNTAG: Tritt Cancel Culture die Meinungsfreiheit als wesentliches demokratisches Grundrecht und den Rechtsstaat demnach mit Füßen?

Tully: Wenn die Kritik das thematisch Inhaltliche verlässt und sich an der Person des Andersdenkenden abarbeitet, dann hat das mit freier Meinungsäußerung, so wie sie das Grundgesetz versteht, nichts mehr zu tun.

WELT AM SONNTAG: Sind Sie als Richter zuweilen neidisch, weil Sie sich an Gesetze halten müssen, während Teile der Gesellschaft moralisch und ohne ein Gerichtsverfahren verurteilen?

Tully: Es ist eine Errungenschaft der Aufklärung, dass Entscheidungsfindungsprozesse, die mit einem Urteil enden – unabhängig davon, ob es ein Gerichtsurteil oder eines der öffentlichen Meinung ist – in strengen Strukturen ablaufen. Dazu gehörten die Unschuldsvermutung und das Erfordernis, allen Seiten rechtliches Gehör zu gewähren. Wenn ich beseelt von meiner Überzeugung der absoluten Wahrheit urteile, ohne den anderen angehört zu haben, und mein Urteil auf Grundlage einer vermeintlich richtigen Haltung fälle, dann werfe ich die Erkenntnisse von 300 Jahren gesellschaftlicher und staatlicher Evolution über Bord und bin in der Denkweise der Inquisition angelangt.

WELT AM SONNTAG: Ersetzt die Moral das Recht?

Tully: Im Idealfall besteht eine emotionale Identität zwischen Recht und Moral, weil wir das amoralische Recht innerlich ablehnen. Wir müssen aber sehr vorsichtig sein, einen von Zeitläufen geprägten Moralbegriff über das Recht zu stellen. Insbesondere das Gefühl eigener moralischer Überlegenheit sollte niemals Leitmotiv des Handelns des Einzelnen sein, weil es das in einem demokratischen Prozess geschaffene Recht damit aushebelt. Eine offene Gesellschaft erträgt an ihren Rändern sehr viel. Und wir müssen andere Meinungen ertragen, mögen sie uns noch so abwegig erscheinen. Cancel Culture ist darauf angelegt, die soziale Existenz desjenigen, dessen Meinung ich für verfehlt halte, auszulöschen – und das ist brandgefährlich.

WELT AM SONNTAG: Aber ist denn Justiz frei von moralischen Erwägungen?

Tully: Rechtsanwendung operiert immer auf der Grundlage eines wertenden Vorverständnisses. Man kann sich also von Beeinflussungen durch Moralvorstellungen im weitesten Sinne nie vollständig freimachen. Man muss sich in der Rechtsanwendung dieses Einflusses nur bewusst sein. Und man muss sich immer hinterfragen, ob die Auslegung, die man im Recht gefunden hat, eine ist, die dem normativen Willen des Gesetzgebers entspricht.

WELT AM SONNTAG: Greifen die Akteure der Cancel Culture deshalb kommunikativ zu einer Art Selbstjustiz, weil deren Glaube an die Justiz verbraucht ist?

Tully: Ich habe nicht den Eindruck, dass Cancel Culture und Justiz im selben Geschäftsfeld unterwegs sind. Cancel Culture richtet sich an einzelne Personen, die in das Kreuzfeuer von Partikularinteressenvertretern geraten, die mit großer Vehemenz ihre Standpunkte zu bestimmten Themen zu Gehör bringen.

WELT AM SONNTAG: Wie kann die Justiz auf die leidende Debattenkultur reagieren?

Tully: Justiz ist ein auf strukturelle Langsamkeit angelegter Erkenntnisprozess. Es würde der öffentlichen Debatte guttun, wenn sie gelegentlich innehält, den eigenen Standpunkt hinterfragt und bereit wäre, eine Diskussion als dynamischen Prozess zu begreifen, statt eine Diskussion zu führen, bei der das Ergebnis von Anfang an feststeht und nur noch mit Gewalt gegen Widersprüche verteidigt werden soll. Entscheidungsfindung in der Justiz lehrt, dass das ständige Hinterfragen elementarer Teil vernünftiger Erkenntnisgewinnung ist. Zuhören ist das Gegenteil von bewusstem Ausblenden des Gegners. Wir müssen uns Mühe geben, die eingetretene Verengung der Diskussionskultur im öffentlichen Raum wieder zu weiten, respektvoller miteinander umgehen und es aushalten, dass Menschen unterschiedlicher Auffassung sein können.

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Ein weiterer Meilenstein zum Thema: Hier klicken

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*Weil der Artikel außerordentlich wichtig für die Debatte um die  „Meinungsfreiheit“ ist, zitieren wir den Text. Verweise und Kommentare lesen Sie, wenn Sie WELTplus testen/abonnieren.

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Meilenstein: Dr. Gunter Frank – Coronalage 30.12.2020

Bericht zur Coronalage vom 30.12.2020

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Bei der Beantwortung der Frage, ob es sich bei der aktuellen Virus-s Pandemie um eine epidemische Lage nationaler Tragweite handelt, die all die massiven wie gefährlichen Corona-Schutzmaßnahmen rechtfertigt, spielt eine Hauptrolle, ob es im Jahresverlauf zu einer außergewöhnlichen Sterblichkeit im Vergleich zu den Vorjahren gekommen ist. Eine punktuelle Übersterblichkeit ist für die Beantwortung dieser Frage nicht entscheidend. Denn erstens gibt es zu jedem Jahr zu irgendeinem Zeitpunkt eine Übersterblichkeit, so, wie im Laufe der Jahre jeder Sommertag einmal auch der wärmste Tag war. Und zweitens betrifft eine Übersterblichkeit meist sehr alte und kranke Menschen, und deswegen folgt einer solchen Übersterblichkeit in den nächsten Monaten meist dann eine Untersterblichkeit.

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Meilenstein: Prof. Wolfgang Reitzle – Kritik deutscher Politik

Wie angekündigt …

… zitiere ich heute das Interview der WELT mit Wolfgang Reitzle. Es ist ein Meilenstein in Sachen Analyse Deutschlands Politik und Wirtschaft:

[…]

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WELT: Herr Professor Reitzle, wäre Deutschland ein Konzern, würden Sie sagen, er wird gut gemanagt?

Wolfgang Reitzle: Nicht wirklich, wir sind in Deutschland momentan auf wichtigen Gebieten verkehrt unterwegs. Als Ingenieur bin ich es gewohnt, auf Basis von Fakten sachlich auf die Dinge zu blicken, Alternativen gegeneinander abzuwägen und erst dann zu entscheiden. Mich macht es sprachlos, wenn ich sehe, wie im Unterschied dazu lässig und Fakten ignorierend die Politik in Deutschland bei Themen wie der Energiewende Grundsatzentscheidungen trifft. Die gesamtwirtschaftlichen Folgen werden nicht betrachtet.

WELT: Vor allem im Mittelstand wird die Kritik an der GroKo immer lauter. Zu Recht?

Reitzle: In Deutschland ist man dabei, zu vergessen, woher der Wohlstand kommt und wer ihn erarbeitet. Das ist nun einmal vor allem der Mittelstand. Doch diese Zigtausende von Privatunternehmen werden übermäßig besteuert, mit immer mehr Bürokratie belastet und von der Erbschaftsteuer bedroht. Ihre Leistung für die Gesellschaft genießt nicht mehr die Wertschätzung, die sie verdient. Besonders die Hidden Champions, die Weltmarktführer unter den Mittelständlern, sind es doch, die Deutschland stark machen. Natürlich haben unsere Weltkonzerne auch ihren Anteil. Aber den aktiven Kern bildet unser einzigartiger Mittelstand, er trägt das System der sozialen Marktwirtschaft.

WELT: Setzt die Regierung die Prioritäten falsch?

Reitzle: Wir haben bereits den am besten funktionierenden Sozialstaat der Welt. Müssen wir dann ständig nach neuen Gerechtigkeitslücken suchen und die Umverteilung weiter und weiter ausbauen? Die Folge ist, dass die Leistungsträger aus der Mitte der Gesellschaft, also der Polizist, die Krankenschwester bis hin zum Start-up-Unternehmer und eben auch der Mittelständler, sich zunehmend fragen, weshalb gerade sie mit so hohen Steuern und Abgaben belastet werden. Dabei ist es diese Mitte, die den Sozialstaat überhaupt erst in die Lage versetzt, die Schwachen zu unterstützen.

WELT: Ist „made in Germany“ im Ausland noch ein Gütezeichen?

Reitzle: Der Ruf der deutschen Wertarbeit und Ingenieurskunst ist dabei, spürbar zu leiden. Im Ausland wundert man sich zunehmend über uns. Wir sind unfähig, einen Flughafen für unsere Hauptstadt zu bauen. Die Bundeswehr ist seit Abschaffung der Wehrpflicht eine nur bedingt einsatzbereite Truppe geworden, die zwar jährlich rund 43 Milliarden Euro kostet, bei der aber die Panzer nicht fahren, die Gewehre nicht schießen und die Flugzeuge nicht fliegen. Und die Flugbereitschaft der Bundesregierung blamiert uns vor den Augen der ganzen Welt, weil sie es nicht schafft, unsere Politiker rechtzeitig zu internationalen Konferenzen zu bringen und von dort wieder nach Hause. Damit entzaubern wir uns, und der gute Ruf von „made in Germany“ wird zunehmend beschädigt, davon macht sich hierzulande kaum einer eine Vorstellung. Der Nimbus der deutschen Perfektion leidet.

WELT: Wie erklären Sie sich diese Entwicklung?

Reitzle: Das Land hat keinen Anspruch mehr an sich selbst. Das fängt im Bildungssystem an. Natürlich ist es richtig, die Schwachen in der Schule zu fördern, aber Leistungsorientierung und Begabtenförderung sollten auch ihren Stellenwert haben. In einigen Bundesländern wird aus falsch verstandener Gerechtigkeit heraus die Einheitsschule präferiert und die Bildung auf niedrigerem Niveau nivelliert. Wenn dann noch Inklusion dazukommt, sind die meisten Lehrkräfte überfordert. Dabei ist die Bildung zwar ein wichtiger, aber nicht der einzige Grund dafür, dass wir uns im Mittelmaß einpendeln. Deutschland wendet sich zunehmend von einem Leistungsanspruch ab, hat aber gleichzeitig extrem hohe Ansprüche an seinen Wohlstand, das kann so nicht funktionieren.

WELT: Wo läuft es noch schief?

Reitzle: Leider ganz eindeutig bei der Energiewende. Hier wurde unter dem Eindruck eines durch einen Tsunami bewirkten Reaktorschadens in dem 9000 km entfernten Kernkraftwerk Fukushima mal kurz eine epochale Entscheidung getroffen – und zwar ohne jede sachlich saubere Analyse und Abwägung des Gesamtzusammenhangs. In Deutschland waren damals die Geigerzähler ausverkauft, während in der nahe Fukushima liegenden Hauptstadt Tokio kein Anstieg der Radioaktivität gemessen werden konnte. Die Politik hat auf diese hysterische „German Angst“ mit dem überstürzten Atomausstieg überreagiert.

Heute importieren wir tageweise Strom von unseren Nachbarn, und um uns herum stehen Atomkraftwerke mit geringerer Sicherheit als die der abgeschalteten deutschen. Für die Sicherheitslage der Bevölkerung hat der nationale Alleingang praktisch nichts gebracht. Diese Entscheidung hat uns in eine sündteure Sackgasse geführt. 1000 Milliarden Euro werden für die Energiewende aufgewendet, und wir haben dabei die CO2-Bilanz des deutschen Stroms verschlechtert und die Versorgungssicherheit ins Risiko gestellt. Vor allem aber haben wir heute den teuersten Strompreis Europas und den zweitteuersten weltweit. Kein Wunder, dass energieintensive Unternehmen Milliardeninvestitionen nicht mehr in Deutschland, sondern im Ausland tätigen.

WELT: Trotz ungelöster Probleme mit der Energiewende setzt die Bundesregierung jetzt voll auf E-Mobilität.

Reitzle: Genau das ist eigentlich paradox. Denn die Energiewende nimmt der Elektromobilität nahezu komplett ihren Vorteil. Der ungünstige deutsche Strommix mit viel Kohle und Gas führt dazu, dass die CO2-Bilanz eines E-Autos im Fahrbetrieb praktisch keinen wesentlichen Vorteil mehr hat gegenüber einem modernen Dieselfahrzeug. Und dabei ist noch nicht einmal der CO2-Ausstoß bei der Batterieherstellung berücksichtigt. Zudem werden die meisten E-Autos in der Nacht geladen, wenn der Solarstrom nicht zur Verfügung steht. Elektromobilität ist unter Umweltgesichtspunkten nur sinnvoll, wenn man, wie in der Schweiz, Strom laden kann, der aus Wasser- und Atomkraft CO2-frei hergestellt wird.

WELT: Ist denn das E-Auto heute überhaupt schon massentauglich?

Reitzle: Die heute eingesetzte Flüssigbatterie hat mehrere Nachteile, die für eine spätere Massenmotorisierung ungünstig sind. Kobaltabbau, Leistungsgewicht, Herstellungskosten, Lebensdauer, Recycling sind nur einige Aspekte, die noch für längere Zeit einer vollständigen Substitution des Verbrennungsmotors im Wege stehen. Erst die nächste Generation von Batteriezellen-Technologie, die sogenannte Solid State Batterie, hat die Chance, einige dieser Probleme zu lösen, wird aber frühestens in 15 bis 20 Jahren verfügbar sein. Vor allem ist dies dann auch eine Batterie, die anders als heute nicht brennen kann.

WELT: Wie viel politischer Druck steckt hinter dem massiven Ausbau der E-Mobilität?

Reitzle: Neben der Bedeutung des Elektroautos für den chinesischen Markt ist das Problem für die Automobil-Produzenten, dass die EU-Gesetzgebung den erlaubten CO2-Ausstoß der Fahrzeugflotten bis 2030 derart stark reduziert, dass diese niedrigen Zielwerte nur mit einem hohen Anteil von E-Fahrzeugen erreicht werden können. Denn dem E-Auto wird vom Gesetzgeber ein CO2-Wert von null zugeschrieben, auch wenn das wie etwa beim deutschen Strommix gar nicht der Realität entspricht. Das E-Auto wird also unter Ausblendung der Fakten als CO2-frei betrachtet und somit zwangsweise in großen Stückzahlen in den Markt gedrückt, auch wenn es noch nicht wirklich massentauglich ist und im unteren Fahrzeugsegment spürbar teurer sein wird als heutige konventionelle Fahrzeuge.

WELT: Sie finden es riskant, jetzt alles auf den Elektromotor zu setzen?

Reitzle: Im Grunde ja, aber große Hersteller haben bei dieser Gesetzeslage keine Alternative und müssen einen hohen Anteil von E-Autos auf den Markt bringen, um ihren Flottenschnitt zu erreichen und um weiter attraktive, große und ertragsstarke Fahrzeuge anbieten zu können. Grundsätzlich bin ich für Technologieoffenheit, zumal die Batterietechnik auch langfristig für schwere Autos und vor allem für Lkw bei gleichzeitig hoher Reichweite nur begrenzt oder gar nicht tauglich sein wird. Wir brauchen als Ergänzung auch die Brennstoffzelle und sollten hier, wie Japan es vormacht, deutlich mehr Forschungsarbeit leisten. Und weil es ja voraussichtlich noch 20 Jahre dauern wird, bis eine massentaugliche, sichere und kostengünstige Batterietechnologie zur Verfügung stehen wird, brauchen wir noch lange den Verbrennungsmotor und vor allem den Diesel. Der Diesel ist aufgrund seines CO2-Vorteils eigentlich die bestmögliche Brückentechnologie bis zur flächendeckenden Verfügbarkeit der E-Mobilität. Deshalb ist es für mich nicht nachvollziehbar, dass Deutschland seine führende Marktposition in der Automobilindustrie selbst kaputtschießt. Die Autobranche, von der im weiteren Sinne direkt und indirekt rund drei Millionen Arbeitsplätze abhängen, ist doch die mit Abstand wichtigste Säule unseres Wohlstands.

WELT: Ist die Energiewende für Sie Merkels größte Fehlentscheidung gewesen?

Reitzle: Auch in der Migrationspolitik gab es bekanntlich eine fundamentale Fehlentscheidung. Die Kanzlerin hat 2015 erklärt, dass man eine nationale Grenze nicht mehr schützen könne. Der damit einhergehende unkontrollierte Zuzug von Flüchtlingen hat Konsequenzen, die auf lange Sicht noch wesentlich gravierender sein werden als die der Energiewende, denn die Folgen dieser Migration sind nicht mehr korrigierbar. Aus demografischen Gründen brauchen wir Zuwanderung. Doch die sollte über ein Einwanderungsgesetz nach festen Kriterien gesteuert erfolgen. Ein Staat muss doch selbst festlegen, wen er ins Land lässt und wen nicht, ansonsten gibt er seine Souveränität auf.

WELT: Deutschland ist ein wirtschaftlich erfolgreiches Land, trotzdem ist die Marktwirtschaft wenig populär. Jetzt werden sogar Forderungen nach Enteignungen salonfähig. Woher kommt das?

Reitzle: Seit Jahren schon dreht sich in Deutschland fast jede politische Debatte um soziale Gerechtigkeit. Dabei handelt es sich jedoch nicht, wie man das erwarten würde, um Leistungs- oder Chancengerechtigkeit. Nein, der Mainstream der Gesellschaft versteht unter sozialer Gerechtigkeit bevorzugt Gleichheit. In einer zur Nivellierung tendierenden Gesellschaft aber fehlt der aus der Unterschiedlichkeit resultierende Anreiz, sich anzustrengen und viel zu erreichen. Mittelmaß ist dann die Folge. Ein Land ohne Rohstoffe braucht Kreativität, Motivation und Leistungsbereitschaft. Wer etwas Herausragendes für das Land oder ein Unternehmen erreicht, sollte auch entsprechend entlohnt werden dürfen. Doch die Besserverdienenden stehen bei uns inzwischen fast schon unter Generalverdacht. Ein Land, in dem die Erfolgreichen angefeindet werden, wird auf Dauer nicht erfolgreich bleiben. Wenn man Umverteilung als oberstes Ziel etabliert, dann koppelt man sich vom Prozess der Wohlstandsschaffung ab. Und mit dieser Einstellung werden wir im Wettbewerb mit China, Korea oder den USA kaum bestehen können.

WELT: Eine deprimierende Bestandsaufnahme. Haben Sie Ideen, wie man den Standort Deutschland wieder nach vorne bringen könnte?

Reitzle: Durchaus. Der wichtigste Punkt für mich ist die schnelle Korrektur unseres Bildungssystems: weg von Nivellierung und hin zu Leistung, spielerischem Wettbewerb und Kreativität. Idealerweise ist eine gezielte, individuelle Förderung bis hin zur Begabtenförderung nötig – wir brauchen Spitzenleistungen. Mein zweiter Punkt betrifft eine große Steuerreform. Vor allem die kalte Progression ist problematisch. Es kann nicht sein, dass der Staat den größten Teil einer Gehaltserhöhung für sich beansprucht. Außerdem müssen die Unternehmenssteuern gesenkt werden, weil wir ansonsten international nicht mehr wettbewerbsfähig sind. Und der Soli muss komplett weg, wenn der Staat glaubwürdig bleiben will. Drittens ist die Energiewende faktenbasiert und unideologisch neu auszurichten.

WELT: Konkret?

Reitzle: Auch wenn ich damit auf Unverständnis stoße: Die Kernenergie sollte weiter Bestandteil unserer Energiepolitik bleiben, weil nur sie grundlastfähig, billig und CO2-frei ist. Mein vierter Punkt zielt auf eine technologieoffene Mobilitätspolitik, die nicht allein das batteriebetriebene E-Auto im Blick hat. Mein letzter Punkt ist eine völlig neue Idee zur Bundeswehr, die Deutschland als Technologiestandort enorm nach vorne bringen könnte.

WELT: Die Bundeswehr und Technologiefortschritt – wie soll das gehen?

Reitzle: Lassen Sie uns hier mal ganz offen denken: Was wäre, wenn die Wehrpflicht wieder eingeführt werden würde, für Männer und Frauen, dann könnte jeder dem Staat auch etwas zurückgeben und nicht nur immer etwas verlangen. In der Landesverteidigung wird es in Zukunft ganz stark um Cyberattacken, Drohnenangriffe, Raketen- und Flugabwehr gehen. Die Bundeswehr sollte deshalb den jungen Menschen nach einer kompakten Grundausbildung eine anspruchsvolle Ausbildung in modernster Technologie, IT, Big Data und KI bieten. Die israelische Armee macht uns vor, wie eine solche völlig neu definierte Bundeswehr als hocheffiziente Innovationsplattform für unser Land genutzt werden könnte. Das dortige Militär ist zu einer Kaderschmiede für Start-up-Gründer, IT- und KI Spezialisten geworden, die auf vielen Feldern Weltspitze sind. Einen vergleichbaren Innovationsschub durch eine transformierte Bundeswehr könnte Deutschland gut gebrauchen.

Die Gedanken, die Prof. Reitzle in diesem Interview ausführt, sind m. E. für das Weiterbestehen Deutschlands als Handlungsmaxime überlebensnotwendig. Leider steht zu befürchten, dass die verantwortlichen Politiker – wie bereits 2 X im vergangenen Jahrhundert – Deutschland an den Rand des Untergangs bringen.

Die Idee: Ein neues Deutschland bauen, welches irgendwelchen – ich kann es gar nicht benennen, so schwachsinnig kommt es mir vor – tollen Ideen von einer gerechten und gleichen Gesellschaft entspricht, ein Land , in dem Milch und Honig fließen, ohne dass Menschen „schaffe“ müssen. Anders kann ich mir die vollkommen verfehlte Politik auf breiter Front – AfD ausgenommen – nicht erklären.

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Meilenstein: Interview mit Peter Thiel – Kernenergie ist Zukunftsenergie

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… dann wohl Peter Thiel: Sein Meisterstück an den Finanzmärkten war der Einstieg bei Facebook – aus 500.000 Dollar Einsatz wurde rund eine Milliarde Dollar Gewinn. Der 53-jährige macht auch auf dem Feld der Politik Schlagzeilen, seit bekannt wurde, dass er den US-Präsidenten Donald Trump unterstützt. Im Interview spricht er über die drei großen Visionen für die westliche Gesellschaft, die Gefahren, die von China ausgehen und seine weitere persönlichen Ziele.

WELT: Herr Thiel, die USA sind in Aufruhr. Auf den Straßen brodelt es. Gegen die amerikanische Geschichte ist eine Art Kreuzzug im Gang. Journalisten und Professoren verlieren ihre Jobs, sobald sie etwas Falsches sagen. Hat diese Hysterie etwas mit der Pandemie zu tun? Was geht hier vor sich?

Peter Thiel: Lassen Sie mich zuerst etwas darüber sagen, was das Covid-Phänomen bedeutet. Dann können wir über den verrückten sozialen Tumult sprechen. Viele Leute denken heute: „Wann kehren wir zur Normalität zurück? Was ist der Weg zurück zur Normalität?“ Ich sehe das als psychologischen Indikator dafür, dass die Leute tief drin wissen: Es gibt keinen Weg zurück zur alten Normalität, weil die Normalität, die wir hatten, in vielerlei Hinsicht gar nicht zukunftsfähig war.

WELT: Das Virus bringt eine Zäsur?

Thiel: Davon bin ich überzeugt. Man kann das Jahr 2020 als das erste Jahr des 21. Jahrhunderts deuten. An seinem Ende hatte das 20. Jahrhundert zusehends zombieartige Züge. Ende 2019 dachte ich: „Was geht hier eigentlich ab? Was können wir über dieses abgelaufene Jahrzehnt überhaupt sagen?“ Gut, es war das Jahrzehnt der iPhones. Wir hatten „Game of Thrones“, die Legalisierung von Marihuana. Aber es gab kein definierendes Ereignis, nichts Ikonisches. Selbst die Autos sahen 2019 ziemlich genauso aus wie 1999. Das letzte Jahrzehnt war das Jahrzehnt, in dem nichts passierte. Dieser Zombie-Zustand konnte nicht andauern. Ich sehe Covid-19 als Waldbrand, aber es ist ein Waldbrand in einem Wald, der bereits sehr krank war.

WELT: Waren die USA so krank? Vor Corona brummte die Wirtschaft wie nie.

Thiel: Das Jahr 2020 brachte einen Quantensprung der Lächerlichkeit in vielen Bereichen. An den Universitäten zahlt man mittlerweile 50.000 Dollar Semestergebühr für Zoom-Meetings mit den Professoren. Eine der größten Lügen war, dass man den Jungen erzählte, die großen Städte seien die Zukunft. Dabei funktionieren die Großstädte am schlechtesten. Die Immobilien sind überteuert, der Wettbewerb ist so extrem, dass er kontraproduktiv ist.

Die essenzielle Hässlichkeit der Megacitys kommt in der Krise ans Licht. Vorher war alles durch einen sterilen Aktivismus verdeckt. Man spürt jetzt die Überhitzung. Covid-19 bringt eine Verschiebung. Zuvor gab es das Gefühl, die Zukunft werde irgendwie zurückgehalten. Veränderungen, die längst hätten stattfinden müssen, kamen nicht, weil man sich dagegen sträubte. Jetzt wird die Zukunft freigesetzt. Es gibt zwar die Befürchtung, die Veränderung sei bedrohlich und zerstörerisch, aber sie ist meines Erachtens immer noch gesünder als die Fortsetzung dieses Zombie-Zustands, dieses institutionellen Komas.

WELT: Wie deuten Sie die fiebrigen Proteste in den Städten?

Thiel: Es ist immer schwer, etwas zu analysieren, wenn man mittendrin steckt. Ist es ein verrücktes Rückzugsgefecht der extremen Linken? Oder ist es ein Katalysator für noch mehr Wahnsinn? Ich empfinde diese Vorgänge als sehr seltsam. Den ethnischen Minderheiten bringen diese Proteste gar nichts. Man kann argumentieren, es sei superverrückt, Statuen abzureißen, weil man damit die eigene Geschichte abreißt. Andererseits ist es supertrivial. Der Sturz eines Denkmals ist billig und rein symbolisch. Er ändert nichts an den ökonomischen Strukturen.

WELT: Wie gefährlich ist das Ganze?

 

Thiel: Vielleicht wird alles nach den Wahlen verschwinden, weil die Aufstände vor allem auch gegen den Präsidenten gerichtet sind. Es ist ein Aberwitz: Man behauptet, es gehe um ethnische Minderheiten, aber eigentlich geht es darum, Trump durch einen noch älteren, noch weißeren Mann zu ersetzen.

WELT: Hat das Internet die Menschen freier oder unfreier gemacht?

Thiel: Vor 20 Jahren dachte man, das Internet sei eine gewaltige Kraft der Freiheit und der Dezentralisierung. Neue Stimmen konnten sich bemerkbar machen. Inzwischen nimmt die Zentralisierung zu. Ein paar Konzerne kontrollieren die großen Datenserver.

WELT: Muss man davor Angst haben?

Thiel: Es ist immer noch besser als die Alternative, und die Alternative sind die alten Medien. Ihr Meinungsspektrum ist viel enger. Das Silicon Valley ist vielfältiger. Die große Frage ist, ob es so bleibt.

WELT: Die Social-Media-Giganten zensurieren im großen Stil. Wer etwas Falsches sagt, muss damit rechnen, auf Twitter oder Facebook gesperrt zu werden. Verraten die Tech-Konzerne gerade ihr eigenes Versprechen?

Thiel: Im Silicon Valley gab es von Anfang an diese linksliberale Illusion, das Internet werde vor allem linksliberale Ideen verbreiten. Das existenzielle Problem des durchschnittlichen Twitter-Mitarbeiters besteht doch darin, dass er vor vier Jahren Bernie Sanders im Weißen Haus sehen wollte, dann aber merkte, dass Trump die Nummer eins auf Twitter ist. Die Twitter-Leute wollten Bernie, aber eigentlich arbeiteten sie für Trump. Das Silicon Valley wurde von Linksliberalen im Namen der Freiheit gegründet mit der Absicht, das Meinungsspektrum nach links zu verbreitern. Sie verbreiterten es aber unabsichtlich nach rechts. Hegel hätte dies den Trick die List der Geschichte genannt.

 

WELT: Sie waren einer der prominentesten und seltenen Exponenten des Silicon Valley, die sich für Trump ausgesprochen haben. Wie viele enge Freunde haben Sie damals verloren?

Thiel: Ich unterstützte Trump, und ich unterstütze ihn noch immer, weil ich glaube, dass seine Verurteilung der Zustände wahrer ist als die politisch korrekte Lüge des Mitte-links-Establishments. In diesem Punkt ist das Trump-Phänomen authentischer.

WELT: Wie beurteilen Sie Trumps Leistung als Präsident?

 

Thiel: Er ist der Kontrapunkt zu den Etablierten. Er ist die Alternative zu dem, was man vorher unhinterfragt für richtig gehalten hat. Diesen Kontrapunkt setzt er hervorragend. Seine Schwäche? Trump würde mir wohl zustimmen, dass er am Anfang zu viele Leute in die Regierung geholt hat, die zu sehr der alten Konsenssicht verhaftet waren. Für abschließende Urteile ist es noch zu früh. Wird Trump die Haltung des Westens gegenüber China ändern? Oder bekommen wir bald Joe Biden, diesen Marschall Pétain der Demokraten, der die Unterwerfung des Westens unter China vollenden wird? Ich sehe Biden als eine leicht jüngere, senilere Variante von Pétain, aber auch Pétain hatte glücklicherweise nicht das letzte Wort in der Geschichte.

WELT: Seine Kritiker behaupten, Trump sei charakterlich nicht geeignet als Präsident. Sie kennen ihn persönlich. Was ist Ihr Eindruck?

Thiel: In all unseren Interaktionen fand ich ihn unglaublich flüssig. Er hat ein scharfes Verständnis von Leuten, von der Dynamik. Die Art, wie er Dinge beschreibt, ist selbst dann, wenn er leicht danebenliegt, immer noch zutreffender als die politisch korrekte Konvention, die alle nachbeten. Bei einem Abendessen erzählte er mir von einem Treffen mit Präsident Xi, dem Generalsekretär der Kommunistischen Partei Chinas. Er, Trump, habe ihn im Gespräch als „König Chinas“ bezeichnet. Das ist faktisch natürlich falsch, kommunistische Länder haben keinen König, aber es ist eine bessere Beschreibung von Xis Position als all die Titel, die er sich selbst gibt oder die ihm zugewiesen werden. Trump hat die phänomenale Fähigkeit, zum Kern der Dinge vorzustoßen in einer Gesellschaft, der diese Fähigkeit abhanden zukommen scheint.

WELT: Ist der Klimawandel eines der großen Menschheitsprobleme?

Thiel: Ich nehme den Klimawandel als politisches und kulturelles Phänomen sehr ernst. Nehmen wir zuerst Europa. Da haben wir die Frage, wie die Zukunft aussehen soll. Und die Zukunft definiere ich als eine Zeit, die anders aussieht als die Gegenwart. Die Zukunft kann nicht diese niemals enden wollende Gegenwart sein, dieser ewige „Und täglich grüßt das Murmeltier“-Zustand. Nun haben die führenden europäischen Parteien keinerlei Vision für eine Zukunft, die sich von der Gegenwart unterscheiden würde. Es geistern trotzdem Zukunftsvisionen herum. Ich sehe drei. Die erste Vision ist das Scharia-Gesetz, nach dem Frauen eine Burka tragen sollen. Man kann sich streiten, ob das erstrebenswert ist, aber es ist eine Zukunft, die sich von der Gegenwart unterscheidet.

Die zweite Vision ist, dass die künstliche Intelligenz des kommunistischen China alle durchleuchten wird. Ich nenne es das Auge Saurons in der Begrifflichkeit von „Der Herr der Ringe“. Es ist ein totalitärer Staat, der totalitärer ist als alles, was wir im 20. Jahrhundert gesehen haben. Hinter der dritten Tür stehen Greta und die grüne Revolution. In dieser Zukunft werden alle ihren Abfall wiederaufbereiten und mit elektrischen Autos herumfahren. Die grüne Utopie ist – innerhalb des Visionsvakuums der europäischen Politik – relativ gesehen die am wenigsten schlechte aller derzeit kursierenden Zukünfte. Darum hat diese Vision ein solches Charisma entfalten können. Aus Mangel an besseren Alternativen.

WELT: Europa zwischen China, Scharia und Greta: welch trostloser Ausblick. Wie gefährlich ist der Klimawandel an sich?

Thiel: Ich würde mehr an den Klimawandel und an die heutige Klimapolitik glauben, wenn ich das Gefühl hätte, es gäbe die Möglichkeit einer offenen Debatte und einen größeren Spielraum für Diskussionen. Die Art, wie heute Wissenschaft finanziert wird durch diese selbstbezüglichen Komitees von Gleichgläubigen, die anderen Gleichgläubigen Geld geben, hat mich zur Überzeugung kommen lassen, dass selbst dann, wenn wir ein menschengemachtes Klimawandelproblem haben, die Wissenschaft dahinter zwangsläufig falsch sein muss.

WELT: Der Wissenschaft ist nicht mehr zu trauen? Das wäre fürchterlich.

Thiel: Es ist so unglaubwürdig und so korrupt. Vielleicht ist Methan das ernsthaftere Treibhausgas als CO2. Vielleicht ist das Problem, dass wir Steaks essen, und nicht, dass wir Autos benutzen. Was mich am meisten frappiert: Wenn wir die Klimakatastrophe wirklich ernst nehmen wollen, dann müssen wir eine ganz andere Politik fordern. Ich würde zwei große politische Maßnahmen vorschlagen, aber keine davon ist heute auf der Agenda. Das ist der Grund, warum ich glaube, dass diese Klimaleute kein vollständig gutes Motiv haben.

WELT: An welche Maßnahmen denken Sie?

Thiel: Nuklearenergie ist das Wichtigste. Sie ist die saubere Energie der Zukunft. Die Klimalobby müsste ihr weltweit zum ganz großen Durchbruch verhelfen. Der zweite Aspekt ist, dass wir – wenn schon – den Klimawandel als globales Problem ernst nehmen sollten. Aber es grenzt an magisches Denken, wenn jeder in Deutschland oder Kalifornien ein Elektroauto fährt und annimmt, er sei ein weltweites Vorbild und alle würde es ihm nachmachen. Das ist Unsinn. Wenn man weniger Verschmutzung produziert in Deutschland, wird heute die Verschmutzung einfach um den Erdball exportiert nach China, wo die Verschmutzung nach oben geht, weil sie in China Kohle benutzen, was einen größeren Treibhauseffekt erzeugt.

Es sollte massive, einschneidende Zölle und Handelsbeschränkungen gegen China oder Indien und andere Staaten geben. Wir sollten nichts von ihnen importieren. Wir sollten sie wirtschaftlich bestrafen, weil sie den Planeten verschmutzen, denn die Hälfte aller Treibhausgase kommt aus Indien und China, und das weltweite Wachstum ist dort am stärksten. Die Debatte läuft aber nicht in diese Richtung. Sie dreht sich um Menschen in Schweden, die in Zügen herumrollen. Würden wir also die Klimafrage wirklich ernst nehmen, würden wir eine ganz andere Diskussion führen. Deshalb misstraue ich der Klimadebatte zutiefst.

WELT: Ist der Westen im Niedergang?

Thiel: Eindeutig ja. Oswald Spengler (Autor des Bestsellers „Der Untergang des Abendlandes“, Anm. d. Red.) fühlt sich auch nach 100 Jahren trotz aller Fehler und Irrtümer seltsam prophetisch an. Man muss den Niedergang des Westens, wenn man die Frage so direkt stellt, aus meiner Sicht sehr ernst nehmen.

WELT: Mit China bekommt der Westen starke Konkurrenz. Hilft uns China, die eigenen Stärken wiederzuentdecken?

Thiel: Vorsicht. Man muss seine Feinde mit Bedacht auswählen, denn die Gefahr ist, dass man so wird wie sie. Teile unserer Elite finden es vielleicht nicht einmal so unsympathisch, wenn wir wie die Chinesen werden, fügsamer, kontrollierbarer. Viele glauben, China funktioniere besser als der Westen. Ich hingegen bin der Meinung, dass wir eine echte Alternative zu China bilden müssen. Es wäre ein Pyrrhussieg, China zu besiegen, indem wir werden wie China.

WELT: Halten Sie das echt für möglich?

Thiel: Wir haben über Kollektivismus gesprochen, kontrolliertes Denken, Sprechverbote. Das haben wir doch alles schon. Natürlich sind die Strafen nicht so hart wie in China, aber auch in den USA verlieren Leute ihren Job, wenn sie das Falsche sagen. Man wird „deplatformed“. Die Risiken sind nicht untrivial. Wir sind China ungemütlich näher als noch vor vierzig Jahren.

WELT: Was ist an China gefährlich?

Thiel: Es wäre für den Westen besser, wenn China heute eine fundamental andere, nicht westliche Zivilisation wäre, wenn China dieses ureigene Selbstvertrauen noch hätte, wie damals, als die chinesischen Kaiser im 18. Jahrhundert den westlichen Abgesandten sagten, sie hätten keinerlei Interesse an ihren Schmuckstücken und Uhren, China sei bereits großartig. Diese Traditionen aber wurden alle ausgemerzt. China wird nicht in die Ming-Dynastie zurückkehren. Stattdessen gibt es ein kulturelles Vakuum, und China will die USA nachahmen. Das ist die Gefahr. Wenn die Chinesen ihre eigene Identität pflegten, wäre die Auseinandersetzung viel weniger konfrontativ. Beängstigend ist, dass die Chinesen wie die USA sein wollen, die führende Supermacht. Daraus ergibt sich der große Konflikt.

WELT: Ist Russland Gegner oder Partner des Westens?

Thiel: Die große Herausforderung für den Westen ist China, und wir sollten mit Russland gegen China zusammenarbeiten, wie wir in den 1970ern und 1980ern mit China gegen Russland zusammengearbeitet haben. Allerdings frage ich mich, ob Russland nicht bereits ein Satellit Chinas ist. Huawei soll in Russland die ganze Telekommunikationsinfrastruktur aufbauen. Für mich ist Huawei das Spionagesystem des 21. Jahrhunderts.

WELT: Was wollen Sie in der Zukunft noch erreichen?

 

Thiel: Wenn Sie mich so direkt fragen: Ich möchte in den nächsten zehn Jahren etwas machen, was den Niedergang des Westens umkehrt. Aber wie soll man da vorgehen? Die letzten Jahre habe ich es versucht, indem ich erfolgreiche Unternehmen gegründet und investiert habe, aber das ist irgendwo nicht genug. Was darüber hinaus in unserer Gesellschaft etwas bringt, ist schwer zu sagen. Aber darüber denke ich konkret nach: „Was können wir tun in dieser hochgradig gestörten westlichen Zivilisation, in der wir uns befinden und die wir schützen wollen?“ Das scheint mir heute die zentrale Frage zu sein.

Zur Person

Peter Thiel, 53, wurde in Frankfurt am Main geboren. Er studierte Philosophie in Stanford, mit noch unter 30 Jahren startete er seine erste Investmentfirma. Sein Durchbruch war um die Jahrtausendwende der Online-Bezahldienst PayPal, den er mit Freunden und dem späteren Überflieger-Visionär Elon Musk trotz Rückschlägen zu einem Milliardenerfolg machte. Sein Geniestreich war der Einstieg als erster Großinvestor bei Facebook. Aus 500.000 Dollar Einsatz resultierte rund eine Milliarde Gewinn. Politisch aufhorchen ließ er als eloquenter Verfechter libertärer Ideen und als Unterstützer des amerikanischen Präsidenten Donald Trump.

Dieses Interview erschien zuerst in einer längeren Fassung im Schweizer Magazin „Die Weltwoche“. Roger Köppel ist Verleger und Chefredaktor dieser Zeitschrift.

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