Die Erinnerung täuscht einen oft. Man neigt dazu, die Vergangenheit durch eine rosa Brille zu betrachten. Deshalb mag es durchaus sein, dass ich mich irre in meiner Erinnerung, dass in der alten Bundesrepublik Demonstrationen mit Zehntausenden Teilnehmern, die für die Regierungspolitik auf die Straße gehen, eher schwer vorstellbar waren. Und man so etwas damals eher mit der DDR und dem Sozialismus assoziierte. Auf jeden Fall ist es für mich bis heute befremdlich, wenn in der neuen Bundesrepublik genau solche Demonstrationen fast schon Alltag sind. Am Samstag in Berlin ist es wieder einmal soweit. Unter dem hinlänglich bekannten Motto „#Unteilbar“ wollen mehrere zehntausend Menschen auf die Straße. Anders als die Gegner der Corona-Maßnahmen, deren Kundgebungen vergangenes Wochenende verboten wurden, sind sie beim Demonstrieren in der Hauptstadt mehr als willkommen.
Die Aktion „#Unteilbar“ steht geradezu symbolisch für das neue Merkel´sche System, in dem vermeintlich private Initiativen Aufgaben übernehmen, die in autoritären Staaten von (quasi-)offiziellen Institutionen übernommen werden. So wie Ex-Stasi-IM Anetta Kahane mit ihrer „Amadeu Antonio Stiftung“ in der Manier bestimmter Dienste in bestimmten Staaten Regimekritiker „zersetzt“ und sogenannte „Faktenchecker“ in der Art und Weise von Wahrheit-Ministerien oder Propaganda-Abteilungen die Reinheit der staatlichen Leere durchsetzen, so agiert „#Unteilbar“ als Transmissionsriemen zwischen Regierung und Bevölkerung bei der Durchsetzung von oben gewünschter Ideologie. Bösartig könnte man der Aktion eine gewisse Ähnlichkeit von oben gesteuerten Gewerkschaften in sozialistischen Staaten und ihren Massendemonstrationen nachsagen.
Werbung, liebe Leser, ist manchmal eine bessere Charakterisierung …
… eines bestimmten Zeitgeistes als jede historische oder soziologische Abhandlung. Erinnert sich einer der älteren unter uns noch an die „klassische“ Sparkassenwerbung im TV – „MEIN Haus, MEIN Auto, MEIN Boot“? Das ist lange her (1995 war das), aber gottseidank auf Youtube noch zu sehen. Das waren andere Zeiten.
Heute müsste man einen entsprechenden Werbespot machen mit
„MEINE Moral, MEINE Ethik, MEINE Haltung“.
Leben wir in „postmaterialistischen“ Zeiten?
Zählen materielle Dinge, angesichts eines sehr viel kleiner gewordenen Teils der armen Bevölkerung, weniger als früher?
Verschafft man sich heute Ansehen, Prestige, Status über andere Dinge, über immaterielle?
Das sogenannte „status seeking“, das Streben nach Ansehen und Prestige, ist eine allgemeinmenschliche Universalie. Jeder will irgendwie glänzen vor dem anderen. Wer sich selbst „klein“ macht, ist meist entweder nicht ehrlich oder psychisch beeinträchtigt*. der den Beginn der postmaterialistischen Entwicklung markierte, wird hier kurz beschrieben.:
Je grösser der soziale Anspruch einer Person, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie intensiv einen hohen Status suchen wird – das ist fast eine soziologische Binsenweisheit. Ein hoher Status, Prestige, Ansehen bauchpinseln nicht nur das Selbstbewusstsein und geben dem Betreffenden ein wohliges Überlegenheitsgefühl über andere, es kann auch mit realem Machtzuwachs verbunden sein.
Wer hat in unserer (relativen) Wohlstandsgesellschaft einen besonders hohen Anspruch?
Da sind zunächst Heranwachsende. Sie sind normalerweise im Bildungssystem, lernen eine Menge (idealiter) und es entsteht oft eine Diskrepanz zwischen ihren Lerninhalten (und den Schlüssen, die sie daraus ziehen) auf der einen, sowie ihrem noch untergeordneten Status als Jugendliche auf der anderen Seite. Manche der Kinder sind heutzutage auch schlicht verwöhnt, das muss man auch sagen. Gerade wenn sie aus reichen Familien kommen.
Greta Thunberg stammt aus einer wohlhabenden Familie, ihre Mutter ist Opernsängerin, ihr Vater Schauspieler und Produzent. Die Chefin der deutschen Fridays-for-Future-Bewegung kommt ebenfalls aus einem vermögenden Hintergrund. Beide Aktivistinnen sind inzwischen Multi-Millionärinnen.
Womit kann man Prestige gewinnen, wenn man jung ist und noch keine beruflichen Meriten hat, und wenn man sich materiell sowieso schon alles leisten kann?
MIT MORAL NATÜRLICH.
Man stellt sich auf den öffentlichen Marktplatz und tönt laut heraus, dass die bösen Klimasünder unter uns in sich gehen und auf den rechten Weg zurückkehren sollten. Auf den Weg, der ihnen natürlich Prophetinnen wie Thunberg und Neubauer in ihrer visionären Weitsicht vorgeben. Die Jungfrau von Orlèans lässt grüßen.
Das Alles hat eine erkennbar religiöse Dimension, es geht wohl über „normalen“ Postmaterialismus hinaus. Weil Religion in unserer modernen Gesellschaft keine zentrale Rolle mehr spielt, springen solche Erweckungsbewegungen in die Bresche und bieten sich nicht nur als sinnstiftende Krücken, sondern eben auch als bequemes Mittel des Prestigegewinns an.
Wer, abgesehen von solchen Halbwüchsigen, ist noch auf den Moral-Zug aufgesprungen?
Unsere lieben Journalisten der Grün-Linksmedien. Halbwüchsig sind die natürlich nicht – wohl aber lässt sich eine deutliche Infantilität bei den meisten von ihnen wohl kaum leugnen.
Journalisten haben im allgemeinen eine ziemlich bescheidene Ausbildung – der Beruf zieht Leute magisch an, die es an der Hochschule zu nichts rechtem!! gebracht haben -, Ihr Ruf in der Gesellschaft ist ebenfalls ziemlich mies.
Die Allensbacher Umfrage von 2013 zum Prestige einzelner Berufsgruppen führt die Journalisten ziemlich weit unten auf der Skala, nur 5 Plätze über den Politikern, die auf dem drittletzten Platz stehen. Jedenfalls sind sie meilenweit von einem vorderen Rang entfernt. Nun haben Journalisten im Lauf der Zeit aber einen gewissen Appetit auf politische Mitwirkung** entwickelt.
Wie regiert man aber mit, wenn man ein relativ niedriges gesellschaftliches Ansehen hat, keine direkte Machtbefugnis, aber Anspruch und Ehrgeiz?
Ganz einfach:Auch hier haut man möglichst laut auf die Moral-Pauke.
Zwar sind Journalisten in ihrem beruflichen Verhalten nicht für sonderlich vorbildliches Verhalten berühmt, aber Frechheit siegt bekanntlich. Was man an Substanz nicht hat, ersetzt man eben durch Lautstärke – und sie sitzen, was das Ausnutzen von Lautstärke angeht, ja nun mal an der Quelle: Sie können ihre Predigten ja täglich in den Medien absetzen.
Wir erleben eine Wiedergeburt des mittelalterlichen Laienpredigertums.
Man kann kaum eine grün-linke Zeitung, die meisten sind grün-links, aufschlagen, ohne Ermahnungen, Handlungsanweisungen, Verurteilungen, Wert-Einschätzungen zu lesen. Diese journalistische Vorgehensweise bietet außer dem Statusgewinn noch den Vorteil, dass sie ohne Mühe ins Werk zu setzen ist.
JEDER HERGELAUFENE IGNORANT KANN SICH ALS MORALIST AUFSPIELEN.
So leben unsere täglichen Moralisten in der für sie besten aller möglichen Welten. Sie können sich durch ihre
Moralisiererei über andere erheben,
Macht und Status gewinnen
Sie sparen auch noch Zeit und Mühe, die sie für gründliches Recherchieren von Informationen aufbringen müssten.
Kein Wunder, dass bei uns an jeder medialen Ecke Bußprediger und Inquisitoren herumlaufen. Wenn man ohne Mühe, nur mit Moralgeschwafel, Macht und Ansehen gewinnen kann, ist das doch feiner, als mit mühevoller Recherche nur ein kleiner Schreiberling zu bleiben, oder?
*Literatur zum ’status seeker‘: ‚Science Daily‘, May 6, 2015, „We all want high social status“ & „Vom Materialismus zum Postmaterialismus“, ‚Zeithistorische Forschungen‘ 3/2006, Ronald Ingleharts Soziologie-Klassiker „The Silent Revolution“,
Bereits im Wahlkampf 2017 erschien Johannes Hilljes, 2014 Wahlkampfmanager der Europäischen Grünen Partei, offensichtlich ein richtig objektiver und wissenschaftlich arbeitender Mann, 2014 erschien also Johannes Hilljes, nach meiner Meinung ein verkappterGrün-Linksradikaler, Buch
12 bis 15 % werden die AfD wählen. Das sind um die 6 Millionen Menschen, die sich nach Meinung von Hillje in einer Spezial-Echokammer vernetzen und nur unter sich ihre rechten Ansichten austauschen.
Bemerkenswert ist, dass Dlf-Moderator Thielko Grieß die Aspekte, die das „Rechtssein„, den Rechtspopulismus, das Verwerfliche der AfD ausmachen, konkret benennt.
Gäbe es „Schlimmeres“, z. B. „Bau von KZ´ s“*, „Vorbereiten eines Dritten Weltkrieges“* und das „Auslöschen von Migranten“* dürfte es kaum geben, denn dann hätte er das „Schlimmere“ genannt. So bleibt es beim:
Austritt aus der EU
Familie als Vater, Mutter, Kind Konstrukt. Das „heterosexuell und weiß“ hat der zur Neutralität verpflichtete Moderator „Münchhausen“ Thielko Grieß einfach dazu gedichtet. Es heißt konkret im Wahlprogramm der AfD auf Seite 104:
Die AfD bekennt sich zur Familie als Keimzelle unserer Gesellschaft. Sie besteht aus Vater, Mutter und Kindern. Familie bedeutet Sicherheit, Obhut, Heimat, Liebe und Glück. Dieses Werte- und Bezugssystem wird von Generation zu Generation weitergegeben.
Weiß ist im Zusammenhang mit „Familie“ im Wahlprogramm der AfD nicht zu finden. Heterosexuell überhaupt nicht.
Gegen die Maskenpflicht
Gegen das Gendern
Für eine deutsche Leitkultur statt Multikulturalismus
Der entsprechende Ausschnitt aus dem Gespräch als Beleg:
Wenn die genannten Aspekte Grund sind, die AfD nachhaltig zu diskreditieren, zu diskriminieren, dann wirft das nicht ein schlechtes Licht auf die AfD, sondern auf die Haltungspolitiker, Haltungsjournalisten und Haltungsbuchautoren, die eine Partei einfach kaputt reden & schreiben wollen, weil ihnen stichhaltige Argumente fehlen.
Selbstverständlich kann man anderer Meinung sein. Was allerdings die Guten, ich sage mal „die guten, links–grünen Ideologen plus CDU-Mitläufer“ seit Jahren in Sachen und gegen die AfD veranstalten, hat mit Demokratie, mit Rechtsstaat oder politischer Kultur im positiven Sinn nichts, aber auch gar nichts zu tun.
*Extreme Fake-Beispiele, die in den Echokammern der Linken und anderen „Guten“ kolportiert werden, um die Gefährlichkeit der „Rechten“ festzuzurren und den „Kampf gegen Rechts“ zu rechtfertigen.
In den letzten 10 Jahren wurde die Aachener Kanalisation flächendeckend saniert! Selbst am tiefsten Punkt der Stadt, am Kaiserplatz, kam es zu keiner Überschwemmung.
Deshalb ist der Einstieg in die Sendung mit Aachen ein Fake und eine Unverschämtheit!
Die Debatte selbst ist vollkommen weltfremd und von Ahnungslosigkeit gekennzeichnet.
Frank Plasberg diskutierte mit seinen Gästen nach der Sommerpause darüber, welche Partei das beste Klimaschutzprogramm hat. Eine „Fridays for Future“-Aktivistin mischte die Runde auf und legte sich mit CSU-Generalsekretär Blume und Umweltministerin Schulze an. …
.. Welche Partei findet die richtigen Antworten auf die Klimakrise? Frank Plasberg hat die zweimonatige Sommerpause genutzt, um seine Redaktion bundesweit Menschen nach ihrer Meinung zu diesem Thema fragen zu lassen. Der erste „Hart aber fair“-ARD-Talk mit Studiopublikum seit Beginn der Corona-Krise fand also unter dem Motto „Klimaschutz im Bürger-Check“ statt.
Den Fragen der Bürger stellten sich im Studio Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD), CSU-Generalsekretär Markus Blume und Grünen-Politiker Cem Özdemir. Vertreter weiterer Parteien fehlten, dafür sorgten die Klimaaktivistin Pauline Brünger und der Wirtschaftswissenschaftler Michael Hüther für reichlich kontroverse Impulse in der Runde.
Den Auftakt machte Schulze, die einer besorgten, jungen Mutter aus Aachen noch unter den Eindrücken der Flutkatastrophe in Nordrhein-Westfalen erklären sollte, ob die Welt für ihre Enkelkinder noch lebenswert sein wird. „Auf was müssen wir künftig verzichten?“, wollte Plasberg wissen.
„Die meisten Parteien sind nicht ehrlich darüber, wie groß diese Krise ist“
„Es geht weniger um Verzicht“, versuchte Schulze zu beschwichtigen. „Wir müssen Dinge anders machen, wir bekommen etwas Neues. Wir haben in über 200 Jahre unsere Industrie auf Kohle und Gas aufgebaut und das werden wir jetzt innerhalb von 25 Jahren verändern. Wir müssen anders mobil sein, anders heizen und die Industrie umstellen, damit sie emissionsfrei produzieren kann.“
Pauline Brünger versuchte Schulzes Absichten direkt als Lippenbekenntnisse zu entlarven. Am besten prüfe man solche Aussagen daran, was die amtierende Umweltministerin in der letzten Legislaturperiode für den Klimaschutz getan habe, schlug die 19-jährige „Fridays for Future“-Sprecherin vor. „Und da ist die ernüchternde Bilanz, dass das ganz schön wenig ist. Die meisten Parteien waren und sind nicht ehrlich darüber, wie groß diese Krise ist, in der wir gerade stecken.“
Die Abwägung Klimaschutz oder Verzicht hielt Brünger genauso wie Özdemir für eine Milchmädchenrechnung. „Jedes Jahr, das wir verpennen, bedeutet, dass wir später mehr machen müssen, um weniger zu bekommen und es kostet mehr. Rate ich als Schwabe nicht dazu“, so der Grünen-Politiker.
Markus Blume versuchte die Herausforderungen beim Klimaschutz recht durchsichtig als Gegenentwurf zum Narrativ der „Grünen-Verbotspartei“ demonstrativ positiv zu verkaufen. Von Verzicht wollte er daher – ähnlich wie Schulze – nichts wissen. „Ich halte es für falsch, den Menschen noch zusätzlich Angst zu machen. Mit Innovationen, neuen Technologien und Fortschritt geht sehr viel. Es wird eine andere Welt sein, aber dass das zwingend mit Askese und Entbehrung einhergeht, sehe ich nicht. Klimaschutz darf doch auch Spaß machen“, forderte er.
Damit nahm die Debatte an Fahrt auf und wurde hitziger, denn das wollte Brünger so nicht stehen lassen. Es gehe längst nicht mehr nur darum, aus dem Klimaschutz einen großen Innovationswettbewerb zu machen. „‘Uns wird bestimmt noch irgendeine Technologie einfallen, damit alles so bleibt wie es ist‘, daraus wird nichts mehr“, winkte Brünger ab. Die Veränderungen würden radikal ausfallen, prognostizierte sie. Da brauche man Ehrlichkeit, etwa beim Wegfall von Inlandsflügen oder der Einschränkung des Individualverkehrs.
„Wir müssen nicht immer radikalisieren, jetzt habe ich gerade zum ersten Mal diesen Begriff gehört…“, fing Blume an, wurde aber direkt von Brünger unterbrochen. „Wenn Sie das radikal nennen, dass ich mich darum sorge, wie ich noch lange gut auf dieser Welt leben kann, dann können Sie das gern tun.“ Das hatte Blume zwar gar nicht gemacht, aber Brünger konnte ihrer Twitter-Community damit immerhin deren Zitat des Abends liefern.
„So wie sie reden, müssten sie ja 80 Prozent Zustimmung bekommen“
Michael Hüther ging das das allgemeine Parteien-Bashing Brüngers schließlich auch zu weit: „Ja, die Mehrheit der Menschen will Klimaschutz. Aber die Menschen wollen es auf vernünftige Weise gemacht haben, mit einer Perspektive, und nicht Kopfüber.“ In einer Demokratie müssten dafür nun einmal Mehrheiten im Parlament geschaffen werden. „Wieso haben Sie denn keine Partei gegründet?“, fragte er Brünger direkt. „ So wie sie reden, müssten sie ja 80 Prozent Zustimmung bekommen.“
Obwohl auch Cem Özdemir sein Fett wegbekommen hatte, versuchte er, auf Kuschelkurs zu gehen. Wohlwissend natürlich, dass er von allen Anwesenden am nächsten am Klientel von „Fridays for Future“ dran ist. „Wir sollten stolz darauf sein, dass wir Jugendliche haben, die sich für ihre Zukunft interessieren. Das ist ja keine Jugend, die die Politik abschaffen will, sondern sie dazu auffordert, ihren Job zu machen“, gab sich Özdemir einsichtig, was im von Plasberg den Vorwurf einbrachte, „altväterlich“ zu klingen.
Für Özdemir kein Vorwurf, schließlich sei seine Tochter tatsächlich bei „Fridays for Future“ aktiv und mit vielen Forderungen sei er auch einverstanden. So etwa beim Streitthema Tempolimit auf Autobahnen. Diese Maßnahme sei kostenlos, sofort umsetzbar und würde die CO2-Emissionen deutlich senken, waren sich Özdemir und Brünger einig. Wo die Aktivistin bei der Bundestagswahl im September ihr Kreuzchen machen will, wisse sie aber trotzdem noch nicht. Sie hoffe immer noch auf eine konsequente Kursänderung einer Partei beim Klimaschutz.
Politische Probleme werden heute nicht mehr politisch, …
… sondern moralisch beurteilt. Das sagt Philosoph und Medienwissenschaftler Prof. Dr. Norbert Bolz und befürchtet, daß dadurch kein notwendiger Diskurs mehr möglich ist. Wer moralisiert, teile die Welt in Gut und Böse ein. Andere Meinungen würden somit dämonisiert, politische Gegner zu Feinden. „Wir sind in einem kulturellen Bürgerkrieg“, so Bolz.
Quelle beider Interviews:Dlf Informationen am Morgen v. 19.8.2021
AfD-Fraktionschef Gauland hat sich für die Aufnahme von Ortskräften aus Afghanistan ausgesprochen.
Deutschland trage Verantwortung für die Personen, die für die Bundeswehr gearbeitet hätten, sagte Gauland im Deutschlandfunk [Audio]. Eine Aufnahme müsse aber auf genau diese Menschen begrenzt sein. Was etwa die Mitarbeiter von Hilfsorganisationen angehe, müsse man abwarten, wie sich die Taliban verhielten. Gauland räumte ein, dass es bei der Aufnahme von Menschen auf Afghanistan keine einheitliche Linie der AfD gebe, man habe dazu keine Beschlüsse gefasst. Er plädierte außerdem dafür, dass Abschiebungen von Straftätern nach Afghanistan bald wieder aufgenommen werden sollten. Das könne geschehen, wenn die Taliban eine Regierung gebildet hätten.
Diese Nachricht wurde am 19.08.2021 im Programm Deutschlandfunk gesendet
… die sich noch nicht gegen das Coronavirus haben impfen lassen, ungemütlich werden. Hintergrund ist ein neues Strategiepapier aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG). …
… In dem Bericht werden verschiedene Maßnahmen zur Vorbereitung auf den Herbst und Winter 2021/2022 erörtert. Das Papier, das das Ministerium von Jens Spahn (CDU) an die Abgeordneten des Bundestags verschickt hat, liegt der „Ärzte Zeitung“ vor.
2G-Regel statt 3G-Regel
Insbesondere für ungeimpfte Personen, heißt es in dem Bericht, könnten abhängig von Impfquote, Inzidenz und COVID-19-Hospitalisierungsrate „ab bestimmten Grenzwerten erneut weitergehende Einschränkungen notwendig werden“. Dazu zählten Kontaktbeschränkungen, aber auch die Begrenzung der Teilnahme oder der Ausschluss von der Teilnahme an Veranstaltungen und in der Gastronomie.
Statt der 3G-Regel („Geimpft, genesen, getestet“) komme dann nur noch das Prinzip 2G zum Tragen: Geimpfte und Genesene könnten und müssten wegen des „deutlich reduzierten Risikos für sich und andere“ generell nicht mehr den gleichen Beschränkungen unterliegen wie nicht-geimpfte Personen, führt das Ministerium zur Begründung aus – und verweist auf bereits geltende Ausnahmen bei Test- und Quarantänepflichten für Geimpfte und Genesene bei der Einreise oder als Kontaktpersonen.
Stopp der „Bürgertests“ ab Mitte Oktober
Druck auf Ungeimpfte könnte auch ein anderer Vorschlag des Gesundheitsministeriums ausüben. So soll das Angebot kostenloser Schnelltests („Bürgertests“) spätestens ab dem 18. Oktober 2021 beendet werden.
Die Tests seien wichtig gewesen, um die dritte Welle zu brechen, heißt es in dem Bericht. Da aber inzwischen allen Bundesbürgern ein Impfangebot gemacht werden könne, sei die „dauerhafte Übernahme der Kosten für alle Tests durch den Bund und damit den Steuerzahler nicht angezeigt“.
… Und wie neutral? Gar nicht, sagt Prof. Dr. Michael Meyen, Autor des Buchs „Die Propaganda Matrix“. Finanzielle Abhängigkeiten, schlechte Ausbildung, Haltungsjournalismus, Nähe zur Politik und das Selbstverständnis, den Bürger in die „richtige“ Richtung zu lenken, führen dazu, daß die meisten TV-Sender und Zeitungen nur noch genehme Informationen vermitteln. „Die Medienrealität bildet nicht die echte Realität ab“, sagt Meyen und macht Vorschläge für eine Reformierung unserer Medienlandschaft.
Mit den „Querdenken“-Protesten geht es bergab. Doch führende Köpfe der Szene finden weiter Wege, Geld zu verdienen. Sie machen Werbung, bitten um Schenkungen und Spenden für Katastrophenopfer. Manch einer könnte so ein beträchtliches Vermögen angehäuft haben.
Zensur in Brüssel, Proteste und Polizeigewalt in Paris, „Globalisten“, die in Wien die Macht übernehmen. So bunt sind die Themen beziehungsweise die kruden Behauptungen am Donnerstagmorgen dieser Woche im Telegram-Kanal von Eva Herman***.
Bis 2007 war Herman „Tagesschau“-Sprecherin, heute ist sie eine Ikone der Verschwörungsszene. Über 180.000 Menschen haben ihren Telegram-Kanal abonniert, lesen mit, wenn Herman Corona-Maßnahmen anzweifelt oder vor einer „Invasion der Migranten“ warnt. In ihrem Kanal auf Telegram taucht noch eine andere Nachricht auf: Pasta Carbonara aus dem Plastikbeutel gebe es zu kaufen. „Survival Food“ für 5,99 Euro pro Portion. Angeblich sei das die perfekte Krisenvorsorge, bestellbar per Mausklick.
Offenbar kaufen Nutzer, wenn Herman Produkte empfiehlt. Der Link zur Pasta Carbonara führt zu einem Shop des Kopp-Verlags, der vor allem für den Vertrieb von Büchern aus dem rechtsextremen und verschwörungstheoretischen Spektrum bekannt ist.
Verschwörungstheorien haben seit dem Beginn der Corona-Pandemie Hochkonjunktur. Der Verfassungsschutz rechnet allein der Bewegung „Querdenken“ rund 100.000 Menschen zu. Diese Menschen folgen Aktivisten wie Michael Ballweg oder dem Arzt Bodo Schiffmann, sie informieren sich bei Bloggern wie Boris Reitschuster und Eva Herman.
Auf die Straße treibt es in Deutschland zwar immer weniger Menschen zum Protest gegen die Corona-Politik. Einige geplante Versammlungen endeten zuletzt mit wenigen Dutzenden Teilnehmern und Demonstranten, die aus Frust über die enttäuschende Resonanz in Tränen ausbrachen. Die führenden Köpfe der Szene bleiben dennoch umtriebig – auf ihre Art im Netz. Sie werben aggressiv um Spenden, verkaufen Fanartikel oder werden zu Werbeträgern.
Die Summen, die sie so verdienen, sind nicht öffentlich einsehbar. Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass einzelne Akteure der Szene ein beträchtliches Vermögen angehäuft haben.
„Als Betreff bitte SCHENKUNG angeben“
Ob und wie viel Provision Herman bei Bestellungen im Kopp-Shop bekommt, ist unklar. Eine Anfrage beantwortete sie nicht. An manchen Tagen verweist sie gleich zehnmal auf den Shop, insgesamt hat sie bereits Tausende solcher Links mit ihren Anhängern geteilt. So viel Begeisterung für Plastiktüten-Pasta und Bio-Vollmilchpulver aus der Dose. Das ist ohne finanziellen Anreiz schwer vorstellbar.
„Querdenken“-Mitgründer Michael Ballweg hat früh gezeigt, welches finanzielle Potenzial in Corona-Verschwörungstheorien steckt. Als im Mai 2020 mehrere Lastwagen seines Technikteams ausbrannten, führte der Vorfall zu einer bemerkenswerten Solidaritätswelle. Innerhalb weniger Tage spendeten Anhänger 225.000 Euro. Die Polizei hatte den Schaden damals auf 70.000 Euro beziffert.
Auf der Internetseite von „Querdenken“ finden sich gleich mehrere Möglichkeiten, die Bewegung zu unterstützen. Und Bewegung bedeutet in diesem Fall: Michael Ballweg. Neben mehreren Bitcoin-Adressen und einem Privatkonto ist auch die Paypal-Adresse des Stuttgarters auf der „Querdenken“-Internetseite angegeben. Dazu heißt es: „Als Betreff bitte SCHENKUNG angeben.“
Anwalt glaubt: Einnahmen sind gewerblich und müssen versteuert werden
Schenkungen sind in der Szene das Mittel der Wahl. Sie gelten laut Gesetz als „freigebige Zuwendungen“. Anders als bei Spenden hat der Geber keinen Einfluss darauf, was mit seinem Geld passiert. Auch einen Anspruch auf Transparenz gibt es nicht. Für Schenkungen gilt aber wohl: Man darf nicht aktiv dafür werben, beschenkt zu werden. „Querdenken“ allerdings hat etwa für den 1. August wieder zu einer großen Demonstration in Berlin aufgerufen. Ein Video, unterlegt mit melancholischer Musik, soll die bisherigen Erfolge der Proteste verdeutlichen. „Erinnerung an ein unglaubliches Gemeinschaftsgefühl“, steht über dem Video. Das unglaubliche Gefühl von Gemeinschaft lässt sich Ballweg erneut bezahlen. „Wir sind sehr dankbar für jede SCHENKUNG“, heißt es unter dem Video. Dazu seine IBAN.
Ob die Einnahmen, die er auf diese Weise generiert, tatsächlich nicht versteuert werden müssen, ist also fraglich. Der Würzburger Anwalt Chan-jo Jun, der sich seit Längerem mit den Querdenkern beschäftigt, erklärt: Wenn Ballweg aktiv um Schenkungen wirbt, lasse sich das mit Geld vergleichen, das Straßenmusiker in den Hut geworfen bekommen – die auch aktiv etwas tun, um das Geld zu bekommen.
Wie geschäftstüchtig Ballweg ist, zeigt auch ein Blick ins Markenregister. Dort hat er sich 19 Marken rund um den Begriff „Querdenken“ gesichert und verdient somit wohl auch an Shirts und Tassen mit dem Logo der Bewegung. Giulia Silberberger, die sich mit ihrem Verein „Der goldene Aluhut“ gegen Verschwörungstheorien engagiert, hat den „Querdenker“ bereits im vergangenen Jahr bei der Steuerfahndung angezeigt. Sie hält „Querdenken“ nicht für eine Bürgerbewegung, sondern für ein kommerzielles Konstrukt. Es sei „viel Geld am Staat vorbeigelaufen“, glaubt sie. Im Falle führender Köpfe der Bewegung könnte es sich nach ihrer Einschätzung um einen niedrigen Millionenbetrag handeln. Was aus dem Vorgang wird, ist offen. Ballweg beteuert, er halte „alle gesetzlichen Vorgaben ein“ und habe „von den Schenkungen keinerlei Einnahmen für sich privat verwendet“.
Reitschusters Blog wird zur wichtigen Quelle der „Querdenker“
Boris Reitschuster, ein Journalist, der nicht immer journalistisch handelt und der als Blogger große Erfolge feiert, gehört zwar nicht zu „Querdenken“. Doch auch ihn haben fragwürdige Thesen zum Pandemiegewinner gemacht. Der Thinktank Initiative Quorum sieht in ihm eine der „wichtigsten Quellen von Verschwörungsnarrativen für die postsowjetischen Corona-Leugner*innen“. Die Reichweite des einst beschaulichen Blogs Reitschuster.de ist in der Pandemie steil nach oben gegangen.
Heute kann die Seite bei den täglichen Aufrufen mit kleineren etablierten Medienmarken konkurrieren. Reitschuster befeuert auf Grundlage wissenschaftlich zweifelhafter Argumente Skepsis am Coronavirus und seiner Gefährlichkeit und warnt vor schweren Nebenwirkungen von Impfungen. Deutschland habe „bereits den Weg der Demokratie verlassen“, schreibt er.
Ehemalige Weggefährten des Journalisten sind ratlos. Reitschuster war einst ein gefragter Russlandexperte. Für den „Focus“ berichtete er rund 15 Jahre lang aus Moskau. Glaubt dieser Mann selbst, was er heute seinen treuen Anhängern erzählt? Oder geht es ihm vor allem ums Geld? Ein Mann, der Reitschuster aus seiner Zeit in Moskau kennt, versucht sich an einer Erklärung: In seinem Inneren habe Reitschuster immer an seine Rolle als Kämpfer für Gerechtigkeit geglaubt. Und er sei empfänglich für Schmeicheleien. So auch für den Zuspruch aus fragwürdiger Richtung. Geld, da ist der ehemalige Weggefährte sicher, sei höchstens ein Teil der Motivation.
Für Reitschuster macht sich seine spezielle Berichterstattung wohl bezahlt. Der Web-Analysedienst „Similarweb“ sieht Reitschuster.de unter den 1000 am besten besuchten Seiten Deutschlands. Finanziert wird das Blog neben Werbung auch durch freiwillige Unterstützer. Sogenannte „Seitenpaten“ zahlen monatlich einen festen Betrag von bis zu 50 Euro. Sie unterstützen Reitschuster gern, auch öffentlich. Als eine Bank Reitschusters Konto kündigt, bittet ein AfD-Politiker bei Twitter um die neuen Kontodaten. Er wolle seinen Dauerauftrag umstellen. Als Reitschuster im Februar live von einem rechten Aufmarsch in Berlin berichtet, steckt ein Demonstrant dem Journalisten Bargeld zu. Abgesehen davon, dass sich ein neutraler Journalist kein Geld zustecken lässt von jemandem, über den er berichtet: Für ein gutes Leben dürften die Zuwendungen reichen. Videos, die Reitschuster für seine Webseite aufnimmt, zeigen ihn auf dem Balkon seiner Wohnung im Berliner Westen, von Maklern als „Luxusneubau“ beworben.
Andere Köpfe der Szene haben sich ins Ausland abgesetzt. „Querdenken“-Pionier Bodo Schiffmann zeigte sich über Wochen hinweg immer wieder in Tansania. Einst war Schiffmann ein angesehener Experte für Schwindelerkrankungen, heute schwadroniert er – nachweislich falsch – von Kindern, die durch das Tragen von Schutzmasken gestorben seien. Laut einer Recherche von „T-Online“ kostet die „Chele Chele Villa“ in Arusha, die in mehreren Videobotschaften des Arztes zu erkennen war, pro Tag mehr als 400 Dollar.
Dass Schiffmann, gegen den laut Medienberichten in Deutschland mehrere Verfahren – unter anderem wegen Volksverhetzung – laufen, nur wenig später öffentlich um Geld bat, um angebliche Ausstände in der Höhe von mehr als 103.000 Euro auf seinem Geschäftskonto auszugleichen, machte seine Anhänger nicht stutzig. Keine zwei Tage später verkündete Schiffmann sichtlich bewegt, dass das Konto nach den eingegangenen Geldgeschenken nun nur noch 5600 Euro im Minus sei.
Am späten Donnerstagabend meldete sich Schiffmann erneut bei Telegram zu Wort. Die Unwetter in Teilen Deutschlands seien schrecklich, es würde lange dauern, bis staatliche Hilfen ankämen. Deshalb habe er selbst angefangen, via Paypal Geld zu sammeln. Wer genau das Geld am Ende bekomme, darüber werde noch abgestimmt. Davon unbeeindruckt zückten Menschen noch in der Nacht ihr Portemonnaie: Bereits in den ersten sieben Stunden kamen fast 20.000 Euro zusammen.
Aktualisierung Montag, 19. Juli, 8:30 Uhr: Mittlerweile hat Bodo Schiffmann bei Paypal 335.763 Euro gesammelt. „Das Geld dieser Sammlung geht zu 100 % an die Hochwasseropfer“, steht unter dem Aufruf. In einem Video erklärte er dann aber: Er habe für 12.000 Euro pro Tag eine Firma für „Aufräumarbeiten“ im Katastrophengebiet beauftragt.
Artikel 2
Nach dem verheerenden Hochwasser in Ahrweiler sind nicht nur Hilfsorganisationen angerückt, sondern auch Corona-Leugner. Manche von ihnen verbreiten gefährliche Falschinformationen. Wie können die Behörden im Chaos unterscheiden zwischen Helfern und Demagogen?
Wer saubere oder zu leichte Schuhe trägt, fällt in diesen Tagen auf in Ahrweiler. Nach dem verheerenden Hochwasser mit mindestens 125 Toten stehen Wasser und Schlamm noch immer zentimeterhoch in vielen Straßen des rheinland-pfälzischen Ortes. Helfer, die Schutt entfernen, tragen Gummistiefel, die tagelangen Aufräumarbeiten haben Spuren auf ihrer Kleidung hinterlassen.
Am Dienstag steht ein Mann mit strahlend weißen Sneakern vor dem Impfbus, den die Landesregierung eilig organisiert hat. Dutzende warten auf ihre Schutzimpfung gegen das Coronavirus. Sorge herrscht, dass die Infektion sich unter den Helfern, die in diesen Zeiten keine Rücksicht auf Abstand nehmen können, rasant verbreitet.
Der Mann in den weißen Sneakern ist offenbar nicht zum Helfen gekommen. Er filmt mit seinem Handy die Menschen, die auf ihre Impfung warten, überträgt das Video ins Internet. „Ich stehe jetzt hier in Ahrweiler und bin sprachlos. (…) Hier stehen Leute, anstatt zu helfen“, sagt er.
Dass es ihnen allein um Hilfe geht, ist fraglich
Der Mann gehört wohl zu einer größer werdenden Gruppe von Menschen aus der Coronaleugner-Szene, die seit Tagen nach Ahrweiler strömen. Einige von ihnen sind bereits seit dem Wochenende da und packen an. Sie behaupten: Der Staat habe versagt. Bundeswehr, THW und Feuerwehr seien kaum präsent, würden die Hilfe der vielen Freiwilligen sogar blockieren. Ohne sie, „Querdenker“, Ex-Soldaten, Landwirte und andere Freiwillige, sei die Versorgung längst zusammengebrochen.
Andere kamen erst unter der Woche nach Ahrweiler. Darunter Neonazis, der als „Volkslehrer“ bekannte Holocaustleugner Nikolai N., Reichsbürger und zahlreiche in der Verschwörungsszene bekannte Blogger und Youtuber, darunter die als „Hutmacherin“ bekannt gewordene Rechtsanwältin Viviane Fischer. Auch Gruppen wie die „Schüler gegen Maskenpflicht“ haben ihr Kommen angekündigt.
Dass es ihnen allein um Hilfe geht, ist fraglich. Die Behörden vor Ort warnen vor Desinformationskampagnen und einer Instrumentalisierung der Katastrophe. Am Mittwochabend fährt ein im Stile eines Polizeiautos lackiertes Fahrzeug mit der Aufschrift „Friedensfahrzeug“ durch Ahrweiler. Ähnliche Gefährte waren im vergangenen Jahr immer wieder bei „Querdenken“-Demonstrationen gesichtet worden.
Per Lautsprecherdurchsage behaupten die Insassen, alle offiziellen Hilfskräfte würden aus der Region abgezogen. Die Bundeswehr sieht sich zu einer Richtigstellung gezwungen: Es handele sich um eine Falschmeldung. Man sei weiter in vollem Umfang vor Ort. Aktionen wie diese werfen Fragen auf. Was planen die „Querdenker“ im Krisengebiet? Welche Rolle spielen sie wirklich bei den Aufräumarbeiten? Und können Behörden und Anwohner im Chaos der Aufräumarbeit überhaupt unterscheiden zwischen Helfern und Demagogen?
„Veteranen“ richten Einsatzzentrale ein
Vor einer Grundschule im Ortskern von Ahrweiler wurde ein Schild angebracht. „Lebensmittelausgabe“ steht darauf. Darunter der Link zu einer Website. Der Link ist zwar falsch. Führen soll er aber wohl zur Seite einer Vereinigung, die sich „Veteranen Pool“ nennt und sich nach eigenen Angaben aus „gedienten Soldaten der Bundeswehr sowie der ehemaligen NVA“ zusammensetzt, die „für das Recht und die Freiheit des Deutschen Volkes einstehen“.
Diese mutmaßlichen Veteranen haben die Grundschule seit mehreren Tagen „beschlagnahmt“, wie sie es nennen, und hier ein „Kommandozentrum“ errichtet. Geführt wird die Zentrale offenbar von einem Mann namens Maximilian E. Er war früher Oberstleutnant beim Kommando Spezialkräfte (KSK) und ist mittlerweile in Pension. Seine Uniform trägt er immer noch, auch wenn er das streng genommen nicht mehr darf, sagt er selbst.
Der Ex-Soldat ist in der Vergangenheit bei „Querdenken“-Demonstrationen aufgetreten. Jetzt organisiert er in Ahrweiler Hilfseinsätze und die Annahme und Ausgabe von Spenden. Eine Erlaubnis der Stadt, die Schule dafür zu nutzen, hat er nicht. Der „Veteranen Pool“ beruft sich auf die Ausnahmesituation. Das tut die Gruppierung seit Monaten. „Wir sind im Krieg“, verlautete ein Administrator der Berliner Telegram-Gruppe der Veteranen einmal. Der Verband der Reservisten der Deutschen Bundeswehr distanzierte sich deutlich von den Ansichten der Gruppierung. Sie richtete sich gegen alle Werte, „die wir gemeinsam vertreten“.
Am Mittwoch gegen 14 Uhr meldet sich ein weiteres Mitglied in einem von den „Veteranen“ im Hochwassergebiet erstellten Telegramchat zu Wort. In einer Sprachnachricht behauptet der Mann, der sich Axel nennt: „Die Polizei behindert die Querdenker.“ Hilfeleistungen würden blockiert, Frauen würden weinen, Polizisten hätten das Schulgebäude, das mühsam wieder freigeschaufelt worden sei, wieder verdreckt. Sie hätten „nichts Besseres zu tun, als die Maskenpflicht zu kontrollieren“. „Leute, beschützt die ‚Querdenker‘“, appelliert er an seine Kameraden.
Es ist ein Narrativ, das sich hartnäckig hält – auch in anderen Chatgruppen und Telegramkanälen mit Bezug zur Verschwörungsszene. Während Querdenker Hilfe leisteten, würden die offiziellen Stellen diese zu verhindern versuchen.
Mit der Realität vor Ort hat das wenig zu tun. Hier erlebt man ein Miteinander verschiedenster Organisationen und Menschen. Bundeswehrsoldaten, THW, Polizisten, Einheimische und Helfer aus dem Umland schaufeln zusammen Schlamm und Unrat aus den von der Flut beschädigten Häusern. Freiwillige verteilen Wasser und Nahrungsmittel. Nach den politischen Ansichten jedes Einzelnen fragt niemand.
„Dann könnte ein Bürgerkrieg enstehen“
Auch die Polizei Koblenz widerspricht gegenüber WELT den Behauptungen, die Beamten würden freiwillige Helfer in ihrer Arbeit behindern. „Wir können das nicht bestätigen. Wir raten lediglich davon ab, mit dem privaten Pkw in das Katastrophengebiet anzureisen“, sagt eine Sprecherin. Es sei immer wieder vorgekommen, dass Straßen zugeparkt worden seien, die für Rettungskräfte benötigt würden. Die Rettungs- und Sucheinsätze hätten Vorrang. Private Helfer sollten ihre Autos daher außerhalb abstellen.
Das Verhältnis zwischen der selbsternannten „Einsatzleitung“ vor Ort und der Polizei ist dennoch angespannt. Anfang der Woche macht in Kreisen des „Veteranen Pool“ die Nachricht die Runde, die Polizei plane eine Auflösung des „Kommandozentrums“ in der Grundschule. In der Telegram-Gruppe der Koordinatoren wird die Stimmung nun offen feindselig.
„Spinnen die jetzt komplett?“, fragt ein Nutzer, der sich „Wickinger Walhalla“ nennt, in die Runde. Auf einem seiner Profilbilder bei Telegram ist das von Rechtsextremisten benutzte Symbol der schwarzen Sonne zu sehen, dazu die Worte „Frontkämpfer Germania“. „Sollten die das versuchen, dann könnte ein Bürgerkrieg entstehen“, droht die Person.
Auch der Arzt und Corona-Leugner Bodo Schiffmann behauptet in einem Video, die Polizei sei mit einer „Hundertschaft“ an der Grundschule aufgetaucht, da dort Querdenker vor Ort seien. Die Polizei Koblenz dementiert dies. Konkrete Pläne zur Räumung der Schule gebe es nicht. „Aber wir haben die Situation natürlich genau im Auge.“
Bodo Schiffmann und das Geld
Schiffmann ist eine zentrale Figur der „Querdenken“-Szene. Auch zur Hochwasserkatastrophe in Ahrweiler meldet er sich immer wieder in Videos zu Wort. Schiffmann hat in der vergangenen Woche beim Bezahldienst Paypal einen sogenannten „Money Pool“ eröffnet, eine Spendensammlung für die Betroffenen. Der Link kursiert in zahlreichen Telegramgruppen und anderen sozialen Netzwerken.
Das Bundesinnenministerium erklärt auf WELT-Anfrage, die Behauptungen und die damit verbundenen Aufrufe seien bekannt. Diese zielten darauf ab, das Vertrauen in die staatlichen Maßnahmen und Strukturen zu beschädigen. Es werde dazu geraten, „sich ausschließlich an Spendenaktionen zu beteiligen, die von offiziellen Hilfsorganisationen organisiert werden“.
Denn was mit dem von Schiffmann gesammelten Geld tatsächlich passiert, ist völlig offen. „Jede Rechnung wird in unserem Kanal offengelegt und ihr werdet genau sehen, wer was bekommt“, behauptet Schiffmann. Passiert ist das bislang nicht. Auch konnte der Arzt bis zu diesem Zeitpunkt nicht schlüssig erklären, wie genau er die großen Summen verwendet.
Die anfängliche Behauptung, er zahle der Firma „Zintel Bau“ pro Tag 12.000 Euro, um Schutt von den Straßen zu beseitigen und diese wieder befahrbar zu machen, weist deren Geschäftsführer Marcus Zintel in einem Video zumindest zurück. Er bedanke sich für das Angebot, lehne es aber „dankend ab“. Zunächst habe er „umsonst“ gearbeitet, sagt Zintel. Am Sonntag habe er vom Landesbetrieb Mobilität einen Auftrag für Instandsetzungsarbeiten bekommen. Der Landesbetrieb bestätigt auf Anfrage, Zintel habe den Auftrag erhalten, die Befahrbarkeit von Teilen der B267 für den Katastrophenschutz wiederherzustellen.
Auch Versuche Schiffmanns, Dixiklos in die Region zu liefern, scheiterten zwischenzeitlich. In einem Video erklärte er, ein Anbieter habe sein Angebot zur Bereitstellung zurückgezogen, da er die Toiletten nur an offizielle Stellen liefere. Tatsächlich befinden sich vor Ort bereits jetzt Hunderte Dixiklos. Unter anderem zur Verfügung gestellt von der Herstellerfirma. TOI TOI & DIXI habe eine Task Force gegründet, „die in enger Abstimmung mit zentralen Koordinationsstellen wie Feuerwehr oder THW in den von der Flutkatastrophe betroffenen Orten steht“, heißt es auf der Unternehmensseite.
Menschen sind dankbar für jede Hilfe
Vor Ort bekommen die meisten Menschen von Schiffmanns Treiben nichts mit. Für sie geht es noch immer nur um eines: das Nötigste zu retten. Auf „Querdenken“ angesprochen, wiegeln Anwohner ab. „Die spielen nun wirklich keine Rolle“, sagt eine Frau. Den Namen Bodo Schiffmann habe sie noch nie gehört.
Ohnehin ist für die Menschen in Ahrweiler in diesen Tagen egal, wer hilft. Die Hauptsache ist, dass etwas passiert. Hunderte Freiwillige tun ihren Teil. Und so fällt es auch nicht weiter ins Gewicht, dass vor Ort auch die umstrittene islamische Ahmadiyya-Jugend aktiv ist und die rechtsextreme türkische Atib-Gemeinde kostenloses Essen, Fladenbrot, Fleisch und Reis an die Helfer verteilt.
Vor der Grundschule, der „Einsatzzentrale“ des „Veteranen Pool“, kommen am Mittwochnachmittag weitere Helfer an. Zwei junge Männer warten auf ihre Einweisung. Sie würden zu einer Art „Männerbund“ gehören, hätten über Telegram Kontakt zu den „Veteranen“ vor Ort aufgenommen, erzählen sie. Wie die Menschen hier mit anpackten, beeindrucke sie. „Und keiner trägt eine Maske“, sagt einer der beiden, ein Tischler, der sich extra eine Woche frei genommen habe, um zu helfen.
„Wir halten nicht viel von der Pandemie“, sagt er. Sein Freund korrigiert ihn: „,Plandemie‘, sagen wir. Denn das war alles von oben geplant.“
Auch der Deutschlandfunk stößt in das gleiche Anti-Querdenker-Horn. Wobei ich gerne mal wüsste, woran man die Querdenker so erkennt. Und weshalb Querdenker das THW beschimpfen sollten?
Das Technische Hilfswerk beklagt, dass seine Helferinnen und Helfer in den Hochwassergebieten mit Beleidigungen und Angriffen zu kämpfen haben. Dahinter stünden vor allem Menschen aus der sogenannten Querdenker-Szene.
THW-Vizepräsidentin Lackner sagte dem Sender RTL, es gehe so weit, dass Helferinnen und Helfer beschimpft würden. Wenn die Mitarbeiter mit Einsatzfahrzeugen unterwegs seien, würden sie mit Müll beworfen. Hinter den Übergriffen stünden Menschen aus der sogenannten Querdenker-Szene, die sich als Betroffene der Katastrophe ausgäben, aber auch einige frustrierte Flutopfer. Es seien noch keine Einsätze wegen der Vorfälle abgebrochen worden, doch die Situation sei für die ehrenamtlichen Helfer psychisch belastend, erklärte Lackner.
Die Einsatzkräfte seien bei ihrer Arbeit teils auch gefilmt worden – von Personen, die sich nicht als Pressevertreter erkenntlich gemacht hätten. Das THW habe zum Schutz veranlasst, dass die Kollegen ihr Namensschild von der Kleidung abnehmen durften.
In den vergangenen Tagen hatte es immer wieder Berichte über Aktivitäten von Querdenkern in den Hochwassergebieten gegeben. [Pfahler geht medial viral] In Ahrweiler wurde ein sogenanntes Familienzentrum vom Jugendamt geschlossen.
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