Die sogenannten „Yellowhammer“-Dokumente waren bereits vergangenen Monat an die Presse durchgesickert. Der „Sunday Times“-Journalistin Rosamund Urwin zufolge wurde jedoch der Titel geändert. Ihr waren die Dokumente zugespielt worden. Statt „Grundlegendes Szenario“ heißt es nun „Planungsannahmen für den schlimmsten Fall“. Die Änderung des Titels schien Vermutungen der Opposition zu bestätigen, dass die Regierung die möglichen Folgen eines ungeregelten EU-Austritts herunterspielt. […]
Ich würde gerne mal wissen, wie die worst-case-Szenarien der Bundesregung aussehen!! Beim Eingeständnis des Scheiterns der Energiewende oder bei der offiziellen Erkenntnis, dass der menschengemachte Kimawandel nur Fake war.
Der Showdown im Parlament beginnt heute erst, aber eines ist jetzt schon klar:
„We live in extraordinary, unbelievable times of Westminster“
BBC-Kommentator Norman Smith über die außergewöhnlichen, ja unglaublichen Zeiten, die das Parlament gerade erlebt. Auch langjährige Beobachter zeigen sich erstaunt darüber, was hier aktuell passiert. Labour-Chef Jeremy Corbyn hat noch einmal die Bedeutung der kommenden Tage betont. Er wirbt für den Schulterschluss aller, die gegen einen ungeregelten Brexit sind: „Wir müssen zusammenkommen, um den No-Deal zu verhindern. Diese Woche könnte unsere letzte Chance sein“, so der Labour-Chef.
Und wer hat ihm als erster gratuliert? Donald Trump natürlich. Da fragt man sich doch: Wie kann es nur passieren, dass die Leute in anderen Ländern immer wieder Politiker an die Spitze wählen, mit denen wir Deutschen uns nicht einverstanden erklären können?
Fast drängt sich der Verdacht auf, die tun das, um uns zu ärgern. Sie entscheiden sich gezielt für derart undeutsche Typen, dass wir nur unseren deutschen Kopf schütteln können. Aber so sind sie halt, die anderen, um nicht zu sagen, die Ausländer.
Donald Trump ist natürlich der Schlimmste. Er ist trotz seiner deutschen Vorfahren unmöglich amerikanisch. Dass die Amerikaner im Zweifel einen möglichst amerikanischen Präsidenten wählen und keinen ordentlichen deutschen, liegt vielleicht in der Natur der Sache. Aber muss er gleich derart amerikanisch sein? Man kann alles übertreiben, auch das Amerikanische.
… Großbritanniens auf den 31.10.2019 kann unerwünschte Nebenwirkungen begünstigen:
Den Zerfall der EU:
Der Pole (Donald Tusk) konnte aber nicht verhehlen, dass bei diesem Sonderrat die Einheit der 27 in der Brexit-Saga erstmals deutliche Kratzer abbekommen hat. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron beharrte auf einer harten Linie: nur eine kurze Verlängerung von ein paar Wochen zu gewähren, um den Druck aufrechtzuerhalten. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hingegen wollte ein „vernünftiges Maß an Zeit“. Der Grund: Premier May von der Konservativen Partei hat vergangene Woche endlich begonnen, einen Kompromiss mit der Labour Party auszuloten.
[…]
Macron hatte vor dem Sondertreffen auf laute Töne gesetzt. Die EU werde „sich nicht zur Geisel der britischen Krise machen“, drohte er Richtung London. Französische Verhandlungskreise warfen im Vorfeld des Treffens alle möglichen Sanktionen und Mechanismen in die Debatte, wie die Briten unter Druck gesetzt und sanktioniert werden könnten. „Nun muss man sehen, wie der französische Präsident vom Baum wieder runterklettert“, beschrieb ein EU-Diplomat die Aufgabe vor Beginn des Treffens.
Die divergierende „Brexit-Philosophie“ in Paris und Berlin ist offensichtlich. Macron will mit seiner harten Linie gegenüber London Populisten im eigenen Land vor ähnlichen Anti-EU-Plänen schrecken. Berlin hingegen sieht in fehlender Kompromissbereitschaft einen langfristigen Schaden, der Populisten erst recht auf den Plan rufen könnte.
… in Afghanistan, daher sei es folgerichtig, dass die USA vor ihrem
geplanten Truppenabzug mit ihnen verhandelten, sagte der Nahost-Experte Michael Lüders im Dlf. Ihre Verbündeten, darunter auch Deutschland, stelle dies allerdings vor große Probleme.
[…]
Die Amerikaner werden sich perspektivisch zurückziehen aus Afghanistan und Syrien.
Aber es werden dann Machtvakuen entstehen, die natürlich von anderen Akteuren gefüllt werden. Das bestehende Chaos wird sozusagen gefüllt durch andere Akteure, die dann auf anderer Ebene wiederum Unfrieden stiften. Das große Problem ist, dass die großen Kontrahenten in der Region nicht miteinander ernsthaft kommunizieren. Das betrifft insbesondere die USA und Russland, die natürlich die beiden entscheidenden externen Mächte sind, die auf diese Region Einfluss haben, und auch China.
… das Vertrauen ausgesprochen. Neuwahlen scheuen alle Seiten.
Hören Sie eine Kurzeinschätzung zum Sachstand des Dlf vom 17.1.2019:
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Der Spitzenkandidat der EVP für die Europawahl, Weber, hat sich zurückhaltend zu einer möglichen Verschiebung des Brexit-Termins geäußert.
Eine Diskussion über einen Aufschub ergebe nur dann Sinn, wenn man aus London wisse, wie der Plan aussieht, sagte Weber im Deutschlandfunk. Eine Verschiebung des EU-Austritts, nur um Zeit zu gewinnen, vertage die Probleme nur. Die Briten müssten den übrigen EU-Staaten nun endlich Orientierung geben. Wenn sie sich etwa für ein Norwegen-Modell entschieden, könnte man innerhalb eines Jahres zu einem Abschluss kommen, betonte Weber. „Das Problem ist aber, dass die Briten uns keine Antwort geben.“ Norwegen ist Mitglied des Binnenmarkts, ohne der EU anzugehören.
Im Interview mit dem Dlf, welches Sie ganz unten hören können, musste selbstverständlich auch von Herrn Weber das obligatorische und wie so oft sachlich falsche AfD-Bashing kommen:
Weber: Die politische Dimension, Frau Kaess, ist natürlich zentral und wichtig, dass wir deutlich machen, dass man Populisten nicht folgt. Lassen Sie mich das einfach noch sagen, dass in Deutschland die AfD für mich die deutsche Brexit-Partei ist. Sie hat das beschlossen mit dem Dexit auf ihrem Parteitag. Jeder muss wissen, was hinter dieser Partei steht, nämlich britische Verhältnisse, Unsicherheit für unser Land.
Das ist schlicht gelogen. ZEIT-online schreibt:
Der AfD-Vorsitzende Alexander Gauland hat seine Partei vor Forderungen nach einem deutschen EU-Austritt gewarnt. „Wer auch immer mit dem Gedanken eines Dexit spielt, muss sich fragen lassen, ist das nicht eine Utopie und sollten wir nicht realistisch sein“, sagte Gauland am Sonntag vor den rund 500 Delegierten des Parteitags in Riesa.
Gauland zeigte Verständnis dafür, dass viele seiner Parteikollegen den „totalitären Apparat“ in Brüssel und Straßburg abschaffen wollten. Er mahnte zugleich: „Wir müssen immer in Rechnung stellen, dass die Folgen vielleicht unberechenbar werden.“
Im Anschluss an die Rede Gaulands begann die Debatte über das Wahlprogramm der AfD für die Europawahl am 26. Mai. Der Leitantrag der Programmkommission enthält die Forderung nach einem „Dexit“, sollte sich nicht binnen fünf Jahren die EU nach den Vorstellungen der AfD reformieren lassen.
Dies geht auch dem Spitzenkandidaten für die Europawahl, Co-Parteichef Jörg Meuthen, zu weit. Er will mit einem Änderungsantrag die Formulierung „in angemessener Zeit“ durchsetzen und die Möglichkeit eines Austritts als „letzte Option“ betonen.
So geschah es denn auch. Der Änderungsantrag wurde angenommen.
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Das Interview des Dlf vom 17.1.2019 mit Manfred Weber:
Großbritannien ist am Zug“, so Maas. Die Abgeordneten des Unterhauses hätten nicht klar gemacht, was sie wollen – lediglich, was sie nicht wollen. „Das ist nicht ausreichend“, so der Außenminister. Von Nachverhandlungen des Abkommens hält er nicht viel. „Wir haben einen Kompromiss.“ Beide Seiten seien bereits aufeinander zugegangen. „Wenn man noch mehr hätte anbieten können, hätte man das schon vor Wochen tun müssen.“
Nun müsse erst einmal der Ausgang des Misstrauensvotum gegen Premierministerin Theresa May abgewartet werden sowie ihr neuer Vorschlag für das Parlament. Ein Sturz Mays würde die Lage noch komplizierter machen, so Maas: „Für Verhandlungen brauchen wir eine stabile Regierung.“
Eine Verschiebung des EU-Austritts der Briten hält Maas für schwierig, auch angesichts der anstehenden Europawahlen. Zudem brauche es auch für eine Verschiebung eine klare Linie Londons: „Das macht nur Sinn, wenn es auch einen Weg gibt, der zum Ziel hat, dass es ein Abkommen zwischen der EU und Großbritannien gibt – und das ist im Moment nicht Mehrheitsmeinung im britischen Parlament.“
Wie sich Theresa May engagiert hat, wie sie aufgetreten ist, wie sie die Verhandlungen – auch mit dem unerträglichen Schonklood – geführt hat:
Chapeau – Diese Frau hat Eier!
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Bis tief in die Nacht hat die britische Premierministerin gekämpft und argumentiert. Um vielleicht doch noch ein politisches Wunder zu schaffen: eine parlamentarische Mehrheit für den Ausstiegsvertrag Großbritanniens aus der EU. Was jedoch nahezu alle politischen Beobachter in London für die finale Abstimmung heute für unmöglich halten. Doch schon am Abend hatte Theresa May im Unterhaus leidenschaftlich für den ausgehandelten Deal geworben – es sei eine historische Abstimmung und es gehe um das Wohl des Landes:
„When the history books are written, people will look at the decision of this House tomorrow. And ask: did we deliver on the country’s vote to leave the European Union?“
„Für den Engländer war die EU immer eine Wirtschaftsgemeinschaft.
Für die Deutschen – ich übertreibe etwas im Moment – hat die EU eine metaphysische und fast religiöse Bedeutung.
Und vielleicht die Unfähigkeit zu glauben, dass es in anderen Nationen möglich ist, an die Nation als eine effiziente Einheit zu glauben, um zu regieren.“
Der Brite und Dlf-Hörer Richard Dawson lebt seit Jahrzehnten in Deutschland. Seit dem Brexit-Referendum schreibt er an London-Korrespondent Friedbert Meurer, wenn ihm etwas an der Berichterstattung nicht gefällt. Nun haben sich die beiden getroffen und Dawson erklärt, warum es so schwierig ist, sich mit Deutschen über sein Land zu unterhalten.