… Die Attacken auf den Westen sind für Bruckner der Versuch, eine neue Rangordnung in der Welt durchzusetzen: unten der heterosexuelle weiße Mann, an der Spitze die „schwarze, arabische oder indische Frau, lesbisch oder queer, die neue Königin des Universums … es ist besser, dunkel zu sein als hell, homosexuell oder transgender als heterosexuell, Frau als Mann, Moslem als Jude oder Christ und Afrikaner, Asiate, Indigener als Westler.“
In dieser neuen Rangordnung kommen Neofeminismus und Anti-Rassismus sich oft in die Quere wobei in der Regel letzterer gewinnt, Afrikanerinnen distanzieren sich vom „weißen Feminismus“. Verantwortlich für die „Vergewaltigungskultur“, die im Westen angeblich endemisch geworden ist, ist der „männliche Satan“, aber auch Satan muss nach seiner jeweiligen Hautfarbe beurteilt werden:
„Allein Weiße sind wahrhaft schuldig. Wenn afrikanische Migranten oder Menschen aus dem Nahen Osten Pariserinnen belästigen, sollten sie nicht bestraft, sondern Bürgersteige sollten verbreitert und die Straßenbeleuchtung ausgebaut werden“ – so die nicht parodistische, sondern ernstgemeinte Forderung einer französischen Feministin im Mai 2017.
„Sein Verbrechen besteht in seiner Existenz“
In der „Cancel Culture“ verbinden sich Neofeminismus und Antirassismus: In einer in der „New York Times“ erhobenen Forderung, Herman Melvilles Roman „Moby Dick“ aus der Lektüreliste von Literaturstudenten zu streichen, heißt es: „Es gibt keine einzige Frau in seinem Buch, die Handlung schildert Tierquälerei und die meisten Schwarzen sind ertrunken, bevor man das 28. Kapitel erreicht.“
[…]
Die ideologisch „Guten“ sind einfach nur Dummköpfe, die keine Ahnung von der Realität haben. Sie profitieren von den Gegebenheiten, die im Westen zu 99,9% von weißen Männern erdacht und geschaffen wurden. Frauen besitzen das Privileg, für die Austragung der Menschen zuständig zu sein. Alles andere ist Humbug, Bullshit.
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*Weil das Thema außerordentlich wichtig für die Fragestellung „Wie werden wir in Zukunft leben?“ ist, bringen wir den WELTplus-Text als PDF. Verweise, Grafiken und Kommentare lesen Sie, wenn Sie WELTplus testen/abonnieren. Wir empfehlen WELTplus ausdrücklich: 30 Tage kostenlos testen.
… wird Italiens Tennisspielerin Camilla Giorgi wegen einiger „freizügiger“ Fotos angefeindet. Die junge Dame hat sich in Dessous und Bikini ablichten lassen. Nun, mir persönlich wäre es zwar auch lieber gewesen, sie ohne Dessous und Bikini zu sehen, aber ich weiss nicht, ob das die Kritik der modernen Feministen und Feministinnen hätte verstummen lassen.
Die Frau verdient mit Tennis und ihrem guten Aussehen Geld. Na und?
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Neulich forderte gar eine Psychologin im Interview, ‚frau‘ solle sich darüber beschweren, wenn ihr Komplimente gemacht würden, die nicht ihre Kompetenz beträfen. Sogar das Schenken von Blumen sei sexistisch (leider hat sie keinen Ersatz für die Blumen vorgeschlagen; wäre ein bunter Strauss Kondome okay?).
Ich finde das schade. Denn wenn man Frauen nur noch Komplimente wegen ihrer Kompetenz in beruflichen Dingen machen dürfte, dann würden viele Frauen keinerlei Komplimente mehr hören – nicht alle sind schliesslich berufstätig.
Wie soll das denn auch in der Praxis aussehen?
Etwa so: „Liebe Kollegin, die brillante Art und Weise, wie Sie diese Problemanalyse durchgeführt haben, bringt meine männlichen Hormone zum Kochen. Darf ich Ihnen meine Fachbuch-Sammlung im Wohnzimmer zeigen. Sie müssen sich nicht dick anziehen, es ist sehr warm dort“?
Oder, wenn Sie wieder einmal bei Ihrer schönen Bäckerin einkaufen:
„Liebe Hanna, Ihre schokogefüllten Liebesknochen bringen mich auf hochintellektuelle Gedanken!“
Und wie suchen wir dann unsere Partner aus? Wir schauen als Männer dann nicht mehr auf Beine, Busen und Po, sondern lassen uns von potentiellen Partnerinnen das Abi-Zeugnis zeigen? Ich stelle mir das nicht besonders erotisch vor. Oder soll man die Abi-Zeugnisse jetzt mit Pin-up-Fotos aufmotzen? Was wohl die Lehrer dazu sagen würden?
Wie sehen überhaupt die Erotik-Zeitschriften in der politisch-feministisch durchkorrigierten Zukunft aus? Werden dann auf den grossen Faltblättern in der Mitte von ‚Playboy‘, ‚Hustler‘ (gibt es den noch??), usw. statt lüstern-machender nackter Frauenkörper nur noch Röntgenaufnahmen von nackten Frauengehirnen gezeigt?
Das Schöne an manchen Zukünften ist, dass sie noch nicht da sind.
… und leitende Redakteur des American Conservative, Rod Dreher, beklagt in einem Beitrag für das US-amerikanische Magazin die „Verleumdung“ des neuen ungarischen Gesetzes, mit dem eine Werbung für Homosexualität und Transgenderismus, die sich an Kinder und Jugendliche richtet, untersagt werden soll.
Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, hatte am 23. Juni, dem Tag des Fußballspiels zur Europameisterschaft Ungarn gegen Deutschland, in einem Statement behauptet, dass das neue Gesetz der Europäischen Union zuwiderlaufe, in der es einem freistehe, „der zu sein, der man sein will“ und in der es einem freistehe, „zu lieben, wen man will“.
Doch, so kommentiert Dreher diese Aussage: „Das ungarische Gesetz verbietet nicht Homosexualität oder Transgenderismus! Es beschränkt lediglich die Befürwortung von Homosexualität und Transgenderismus gegenüber Kindern und Minderjährigen“. Dies sei etwas ganz anderes als eine Ächtung von Homosexualität und Transgenderismus. Mit ihrer Stellungnahme, so meint Rod Dreher, setze Ursula von der Leyen den Schutz von Kindern vor einer „Drag Queen Story Hour“ [Kinderveranstaltung in öffentlichen Bibliotheken, bei der Transvestiten, sogenannte „Drag Queens“, ihren kleinen Zuhörern zwischen drei und elf Jahren aus Kinderbüchern vorlesen, um – wie es in dem seit 2015 aufgelegten Programm heißt – „die Vorstellungskraft und das Spiel mit der Genderfluidität der Kindheit zu wecken und den Kindern glanzvolle, positive und ungeniert queere Rollenvorbilder zu vermitteln“] „mit einer gesetzlichen Tolerierung homosexueller Liebe von Erwachsenen gleich“. Denn auch wenn Ungarn keine gleichgeschlechtlichen „Ehen“ kenne, gebe es in dem osteuropäischen Land doch gleichgeschlechtliche „eingetragene Partnerschaften“.
Unwahrheit
Daher sei die Verlautbarung der Präsidentin der Europäischen Kommission eine „Verleumdung“. Denn es sei leichter, „die Leute über die ungarische Regierung wütend zu machen, wenn die EU-Kommission sie davon überzeugt, dass das ungarische Gesetz auf die Unterdrückung aller Homosexuellen und Transgender generell als auf eine an Kinder gerichtete Werbung abzielt“. Von der Leyen sage mit ihrem Statement indirekt aus, dass die Verteidigung von Drag Queen-Vorlesestunden für Kindergartenkinder eine Sache „fundamentaler Menschenrechte“ sei, aber nicht das Elternrecht, ihre Kinder vor dieser Art von Werbung für Homosexualität und Transgenderismus zu schützen.
Keine Lobbygruppen in Kindergärten
Dass die Präsidentin der Europäischen Kommission sich dazu entschieden hat, den Konflikt auf diese Weise zu „framen“, – kommentiert Dreher weiter -, sage alles darüber aus, was man wissen müsse, „wie die EU-Bürokratie die traditionelle Familie und religiöse Glaubensüberzeugungen betrachtet“. Ein ungarischer Regierungssprecher habe in einem Gespräch mit der BBC angeboten: „Wir sind bereit, das Gesetz mit denen zu diskutieren, die sich dagegen ausgesprochen haben“. Das Gesetz beschränke sich „auf den Schutz von Kindern. Es besagt, dass die Sexualerziehung für Minderjährige unter 18 angemessen sein muss. Was wir nicht wollen, ist das Eindringen sogenannter LGBTQ+-Lobbygruppen und Interessengruppen, die in die Kindergärten und Schulen gehen, um Kindern zu erklären, warum es eine tolle Idee ist, Hormonbehandlungen und Operationen zu bekommen, um ihr Geschlecht zu ändern, bevor sie 18 sind. Das sind keine vertretbaren Praktiken“.
… in dem sie für mehr Toleranz wirbt und die Vielfalt der Gesellschaft feiert. …
… Derzeit findet die symbolische Regenbogenfahne der Community viel Aufmerksamkeit, da sie beim EM-Spiel Deutschlands gegen Ungarn auf der Münchener Allianz Arena erstrahlen sollte. In Ungarn wurde im Juni ein Gesetz beschlossen, das Informationen über Homo- und Transsexualität verbietet. Die UEFA untersagte die Beleuchtung jedoch. Viele Fans und Sportler machen sich nun mit dem Symbol der Regenbogenfahne für queere Menschen stark. Ein Überblick über die Bedeutung der Regenbogenfahne.
Die Freiheit zur Gründung von Lehranstalten unter Achtung der demokratischen Grundsätze sowie das Recht der Eltern, die Erziehung und den Unterricht ihrer Kinder entsprechend ihren eigenen religiösen, weltanschaulichen und erzieherischen Überzeugungen sicherzustellen, werden nach den einzelstaatlichen Gesetzen geachtet, welche ihre Ausübung regeln.
Passagen aus dem ungarischen Gesetz zitiert nach WELTplus*:
„Zur Verwirklichung der Ziele dieses Gesetzes und zur Durchsetzung der Rechte des Kindes ist es untersagt, Personen, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht erreicht haben, Inhalte zugänglich zu machen, die pornografisch sind oder die Sexualität in unnötiger Weise darstellen, oder die eine Abweichung von der eigenen Identität, entsprechend dem Geschlecht bei Geburt, Geschlechtsumwandlung oder Homosexualität propagieren oder darstellen.“
[…]
„Es ist untersagt, Personen, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben, Werbung zugänglich zu machen, die Sexualität in unnötiger Weise zeigt, oder die eine Abweichung von der eigenen Identität entsprechend dem Geschlecht bei Geburt, Geschlechtsumwandlung oder Homosexualität propagiert oder darstellt.“
[…]
„In the conduct of activities concerning sexual culture, sex, sexual orientation and sexual development, special attention shall be paid to the provisions of Article XVI (1) of the Fundamental Law. Such activities cannot be aimed at the propagation of divergence from self-identity corresponding to sex at birth, sex change or homosexuality.“
Google-Übersetzung:
„Bei der Durchführung von Tätigkeiten betreffend Sexualkultur, Sex, sexuelle Orientierung und sexuelle Entwicklung ist den Bestimmungen des Artikels XVI (1) des Grundgesetzes [Ungarns, R.St.] besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Solche Aktivitäten können nicht darauf abzielen, eine Abweichung von der Selbstidentität entsprechend dem Geschlecht bei der Geburt, der Geschlechtsumwandlung oder der Homosexualität zu propagieren.“
[…]
„Programmes shall be classified into category V if they are capable of exerting negative influence on the physical, mental or moral development of minors, in particular as a result of having as their central element violence, propagation or portrayal of divergence from self-identity corresponding to sex at birth, sex change or homosexuality or direct, naturalistic or gratuitous depiction of sexuality. These programmes shall be rated as „not appropriate for audiences under the age of eighteen.“
Google-Übersetzung:
„Sendungen sind in Kategorie V einzuordnen, wenn sie geeignet sind, die körperliche, geistige oder sittliche Entwicklung Minderjähriger negativ zu beeinflussen, insbesondere weil ihr zentrales Element Gewalt, Propagierung oder Darstellung von Identitätsabweichungen entspricht“ auf Geschlecht bei der Geburt, Geschlechtsumwandlung oder Homosexualität oder direkte, naturalistische oder unentgeltliche Darstellung von Sexualität. Diese Sendungen sind als „nicht für ein Publikum unter 18 Jahren geeignet“ zu bewerten.
*Weil der Artikel außerordentlich wichtig für die Debatte ist: Hier die PDF. Wie empfehlen WELTplus ausdrücklich: 30 Tage kostenfrei testen
Das Interview des Dlf vom 24.6.2021 zum Thema mit dem Botschafter Ungarns Peter Györkös. Es wurde vom Dlf kein Bericht erstellt. Auch eine Nachricht war das Gespräch nicht wert. Es passt offensichtlich nicht in das LGBT usw. freundlicheWeltbild des Dlf.
Meine Meinung …
… deckt sich weitgehend mit den Kommentaren der Leser des Artikels von WELTplus. Hier ein Auszug.
Ergänzt sei noch, dass es im Prinzip gegen die bürgerliche Normalfamilie – Vater Mutter Kind – geht. Die ist bei den LBGT usw. -Jüngern sehr verhasst.
Zusammenfassung
Menschen, die keine Ahnung haben und/oder ideologisch verblendet sind, bestimmen die Mainstreammeinung. Ein Armutszeugnis.
War aber irgendwie nicht anders zu erwarten. Eine sachliche Debatte ist unerwünscht.
Gehören Leute z. B. mit der Regenbogenfahne oder der Antifafahne zu den Rechtsextremen? Oder wurde staatlicherseits nur mal wieder maßlos übertrieben, weil es ja so schön „gegen rechts“ ging?
Gewiss, es ist hässlich und verschandelt das Schriftbild. Aber das ästhetische Argument wäre genauso naiv wie der Glaube, ein Zeichen allein führe zur Gleichstellung der Geschlechter.
Hinter dem Gendersternchen lauert etwas anderes, viel Fundamentaleres. Sprache ist ein Herrschaftsmittel. Wer bestimmt, was gesagt oder geschrieben werden darf und in welcher Form, hat Macht über die Gesellschaft.
Deshalb streitet auch die SPD mit wüsten persönlichen Attacken über einen Beitrag von Wolfgang Thierse zur Identitätspolitik. Er warnte davor, dass «die Debatten über Rassismus, Postkolonialismus und Gender heftiger und aggressiver» werden. Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken nahm den Text in der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» zum Anlass, sich – ohne ihn beim Namen zu nennen – von ihrem Parteifreund zu distanzieren und ihn für sein «rückwärtsgewandtes Bild» abzukanzeln.
Thierse verteidigt die Werte der Moderne
Thierse stellt die Machtfrage, indem er auf zweierlei beharrt. Für ihn ist erstens der Zusammenhalt einer Nation wichtiger als die Befindlichkeit einzelner gesellschaftlicher Gruppen und Minoritäten. Zweitens sollen in einer Diskussion Qualität und Vernunft eines Arguments den Ausschlag geben, nicht Geschlecht, Hautfarbe oder Religion.
Der frühere stellvertretende SPD-Vorsitzende insistiert auf Werten, welche seit 200 Jahren die europäische Öffentlichkeit definieren: seit der Aufklärung, die sich gegen die feudale Ständegesellschaft durchsetzte, in der jedem Individuum aufgrund seiner Herkunft ein unverrückbarer Platz zugewiesen war.
Was für ein Akt der Emanzipation, als nicht mehr der «Stand» oder, wie es später hiess, die «Klasse» Menschen am Aufstieg hinderten! Die unsichtbare Schranke des Geschlechts blieb allerdings bestehen. Obwohl nicht perfekt, bedeutete das insgesamt doch die Befreiung des Individuums aus den Fesseln des Kollektivs. Wer Gruppenidentitäten förderte wie die Kirchen, bekämpfte die Entwicklung. Lange war es unvorstellbar, dass eine Katholikin einen Protestanten heiratet.
Verteidigt wird dann jemand, nicht weil er richtig gehandelt hat, sondern weil er einer «von uns» ist. Diesen Mechanismus kann man gut an der katholischen Kirche bei ihrem Umgang mit dem Vorwurf des sexuellen Missbrauchs beobachten. Gruppendenken stellt fast automatisch die Zugehörigkeit über die Vernunft.
Der traditionelle Linke Thierse verteidigt die Errungenschaften der Moderne, des Liberalismus und des Individualismus gegen eine Haltung, die sich für noch linker und progressiver hält. In Wirklichkeit aber ist sie antimodern und ziemlich reaktionär.
Die Protagonisten der neuen Identitätspolitik schliessen an uralte Traditionen kollektiver Politik an. So musste die mit Preisen ausgezeichnete Schriftstellerin Marieke Lucas Rijneveld nach Protesten darauf verzichten, ein Gedicht der US-Poetin Amanda Gorman ins Niederländische zu übertragen. Ihr Vergehen nach Ansicht der Kritiker: Sie hat eine helle Hautfarbe und ist damit privilegiert. Gorman hat eine dunkle Hautfarbe. Sie ist folglich benachteiligt und damit das Opfer einer kulturellen Aneignung ähnlich dem Blackfacing, bei dem sich Weisse ihre Gesichter schwarz anmalen.
In diesem Schwarz-Weiss-Denken spielt es auch keine Rolle, dass die Niederländerin (29) und die Amerikanerin (22) fast gleichaltrig sind. Beide Frauen wären damit als Sprecherinnen der jungen Generation für eine Zusammenarbeit prädestiniert. Dagegen steht eine wieder sehr aktuelle ständische Logik: Katholiken heiraten keine Protestanten, Weisse übersetzen keine Werke von Schwarzen. Abkunft und Gene sind in dieser Vorstellungswelt unerbittliche Platzanweiser, die jedem seinen Ort zuteilen: lebenslang.
Es tobt ein neuer Klassenkampf
Der Riss geht durch Parteien des linken wie des rechten Mainstreams. Was für die einen die Schlachten um die korrekte Bezeichnung der Geschlechtszugehörigkeit sind – Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender, Queer, Questioning, Intersex, Asexual, Ally und Pansexual stellen da nur eine unvollkommene Auswahl dar –, sind für die anderen die Konflikte um die Migration. Überall schieben sich Identitäten, sexuelle wie ethnische, vor andere Fragen. Am Ende profitieren davon nur radikale Kräfte wie die AfD, die nichts anderes wollen, als einzelne Gruppen auszugrenzen.
Wie explosiv solche Debatten sein können, mussten vor den deutschen Sozialdemokraten bereits die amerikanischen Demokraten erleben. Die akademischen Eliten in der Partei setzten das Kauderwelsch der Political Correctness durch, denn Sprache ist ein Herrschaftsmittel. Die alte Anhängerschaft, die Arbeiter und die einfachen Angestellten, verstanden nur noch Bahnhof und begriffen die Codes zu Recht als kulturellen Angriff.
«Der neue Klassenkampf», so der linksliberale US-Autor Michael Lind, geht einher mit offener Verachtung eines Teils der Demokraten für alles, was ihrer Meinung nach rückständig und damit rechts und autoritär ist. Diese Grundhaltung brachte Hillary Clinton auf den Punkt, als sie sich über die «Abgehängten» mokierte, die «rassistisch, sexistisch, homophob und ausländerfeindlich» seien. Donald Trump gewann zwei Drittel aller weissen Wähler ohne College-Abschluss. Bei den Wahlen 2020 fiel das Bild genauso klar aus.
Die Demokraten haben, befeuert auch durch ihr neues Puritanertum, ihre traditionelle Basis verprellt. Obwohl Trump nach landläufigen Kriterien ein unwählbarer Kandidat war, gewann Joe Biden nur hauchdünn. Für die Zukunft der Partei verheisst das nichts Gutes.
Wer die Spaltung der Gesellschaft fördert, statt die Gemeinsamkeiten zu betonen, profitiert davon auf Dauer nicht. Das galt für Trumps Republikaner, das gilt für die Demokraten. Es trifft auch auf die linken Parteien in Europa zu. Ob in Frankreich, Italien, Grossbritannien oder eben bei Eskens Sozialdemokraten – sie schwächeln ausnahmslos. Identitätspolitik ist ein ätzendes Gift. Es zieht alle in Mitleidenschaft, die damit hantieren.
Dürfen westdeutsche Journalisten über Ostdeutsche schreiben?
Auch in Deutschland interessiert sich vermutlich die Mehrheit eher weniger dafür, ob Denkmalsockel gründlich von dubiosen Herrschern gesäubert sind oder ob statt des Gendersternchens ein Doppelpunkt das geschlechtliche Sein angemessener repräsentiere. Die akademischen Eliten sehen das anders, vor allem ihre jüngeren Vertreter, die durch besondere Rigorosität im Urteil auffallen. Der neue Klassenkampf ist eigentlich ein Kulturkampf und obendrein ein Generationenkonflikt.
Verschärft wird dieser Kulturkampf durch die ungleichen Chancen, wenn es darum geht, die Hegemonie über die öffentliche Meinung zu gewinnen. Die akademischen Eliten sind gut vernetzt. Sie verfügen über Rückhalt in den Redaktionen der etablierten Medien, und sie sind eloquent und internetaffin. Wolfgang Thierse vermutet, der Shitstorm gegen ihn sei vom Schwulen- und Lesbenverband organisiert.
Die «Abgehängten», wie Clinton ihre einstigen Wähler feinfühlig nannte, können oft nichts anderes aufbieten als ihr Ressentiment. Sie pöbeln dann in den sozialen Netzwerken, was ihnen als weiterer Beweis ihrer Primitivität ausgelegt wird. Oder sie verstummen und ziehen sich zurück. Sie wählen Populisten, oder sie gehen überhaupt nicht mehr wählen. Für die Demokratie ist das auf Dauer noch schlimmer. Wenn grosse Gruppen der Gesellschaft den Glauben an die Demokratie aufgeben, verliert diese ihre Legitimität.
Für Deutschland hält die Identitätspolitik eine gefährliche Pointe bereit. Die hinter Mauern und Stacheldraht Eingesperrten verstanden sich als Deutsche, so etwas wie eine DDR-Identität gab es während der Existenz des Arbeiter- und Bauernstaates nicht. Das änderte sich mit der Wiedervereinigung. Das Bedürfnis nach Vergleich und Abgrenzung wuchs in beiden Landesteilen, die neckischen Vokabeln «Ossi» und «Wessi» legen ein harmloses Zeugnis von dieser Entwicklung ab. Heute zweifelt kaum noch jemand an der ostdeutschen Identität. Selbst junge Menschen ohne jede Erinnerung an die DDR berufen sich auf sie.
Würde man denselben Massstab der kulturellen Aneignung anlegen, der Marieke Lucas Rijneveld verbietet, ein Gedicht von Amanda Gorman zu übersetzen, könnten westdeutsche Journalisten nicht mehr über Ostdeutsche schreiben. Westliche Politiker dürften Ostdeutschen nur zuhören. Überhaupt wäre der Begriff «Deutsche» diskriminierend, weil Ostdeutsche darin nur «mitgemeint» sind.
Westdeutsche sind unzweifelhaft privilegiert. Sie mussten nicht ihre Existenz umkrempeln wie die Ostdeutschen – wenn diese überhaupt noch eine hatten und nicht gleich in den Vorruhestand, in Arbeitsbeschaffungsmassnahmen oder die Sozialhilfe geschickt wurden. Aber soll man daraus die Erbschuld westdeutscher Überlegenheit konstruieren? Oder gibt es eine «strukturelle» Unterlegenheit der Ostdeutschen, der das Individuum nicht entrinnen kann?
… hat der Parteivorsitzenden Saskia Esken seinen Austritt aus der SPD angeboten. Das geht aus einem Schreiben Thierses hervor, aus dem mehrere Medien zitieren. Zuvor war der SPD-Politiker wegen angeblich rückwärtsgewandter und „beschämender“ Äußerungen von Esken und dem stellvertretenden SPD-Vorsitzenden Kevin Kühnert gemaßregelt worden.
Hintergrund des Konflikts sind Äußerungen Thierses gegen eine rechte, aber auch linke „Cancel-Culture“, die er in einem Beitrag für die F.A.Z. erläutert hatte. Thierse hatte unter anderem geäußert: „Menschen, die andere, abweichende Ansichten haben und die eine andere als die verordnete Sprache benutzen, aus dem offenen Diskurs in den Medien oder aus der Universität auszuschließen, das kann ich weder für links noch für demokratische politische Kultur halten.“
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Hintergrund des Skandals: Hier klicken inkl. einer dezidierten Meinung von mir, Rüdiger Stobbe.
Wurde Zugehörigkeit früher über Konfession und später über Ideologie signalisiert, so hat diese Funktion heute der Begriff Identität übernommen. Das ruft zugleich in Erinnerung, dass „Konfession“ und „Ideologie“ in der Vergangenheit immer wieder zu heftigen, gar blutigen Konflikten geführt haben. Sollte sich Geschichte unter anderem Leitbegriff etwa wiederholen? Themen kultureller Zugehörigkeit scheinen jedenfalls unsere westlichen Gesellschaften mittlerweile mehr zu erregen und zu spalten als verteilungspolitische Gerechtigkeitsthemen. Fragen ethnischer, geschlechtlicher und sexueller Identität dominieren, Debatten über Rassismus, Postkolonialismus und Gender werden heftiger und aggressiver. Das sind wohl unausweichliche Auseinandersetzungen in einer pluralistischer werdenden Gesellschaft und Ausdruck sozialer Konflikte, die als Verteilungskonflikte um Sichtbarkeit und um Einfluss, um Aufmerksamkeit und um Anerkennung ausgefochten werden.
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Lesen Sie den kompletten Artikel als PDF:Hier klicken*
*Weil das Interview außerordentlich wichtig für die Debatte Gender, Rassismus etc. ist, bringe ich den Text als PDF.
In einem Interview mit dem Dlf erläutert und verteidigt Wolfgang Thierse seine Gedanken. Auch gegen kritische Nachfragen.
Dass die USA ein zutiefst gespaltenes Land sind, das haben wir in den vergangenen vier Jahren unter Donald Trump deutlich vor Augen geführt bekommen. Aber auch wir hier in Deutschland kennen das Phänomen: Stadt gegen Land, Reich gegen Arm, Jung gegen Alt, Bildungsnah gegen Bildungsfern, Progressiv gegen Strukturkonservativ oder Rechtspopulistisch, Männer gegen Frauen und anders herum. Ein Blick in die sozialen Netzwerke genügt, um zu sehen, wie verroht der Diskurs seit geraumer Zeit geführt wird, wenn sich die Menschen überhaupt noch über ihre eigene Blase hinaus mit anderen Menschen auseinandersetzen. Wenn sich aber eine Gesellschaft schon nicht mehr auf grundsätzliche Dinge verständigen kann, dann kann sie auseinanderfliegen, wie in den USA zu beobachten ist.
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Das Interview des Dlf mit Wolfgang Thierse vom 25.2.2021 hören:
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„Cancel Culture“ ist ein Begriff für die vorauseilende Absage möglicherweise umstrittener Veranstaltungen. Sie ziele nicht auf Wahrheit, sondern auf Zensur, sagt die Tübinger Philosophin Sabine Döring im Dlf. Typisch sei, dass nicht mehr mit einer Person, sondern über diese gesprochen werde.
Das Deutschlandradio, also auch wir hier im Deutschlandfunk, wir widmen uns dem Thema in diesem Jahr aus unterschiedlichsten Blickwinkeln im Rahmen unserer Denkfabrik. Sie hatten sich für das Thema entschieden: „Auf der Suche nach dem Wir“. Auch der ehemalige Bundestagspräsident Wolfgang Thierse hat sich in diesen Tagen Gedanken dazu gemacht und einen Meinungsartikel in der FAZ veröffentlicht.
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Selbstverständlich kommt die Kritik prompt:
Der frühere Bundestagspräsident Wolfang Thierse warnt vor einer Radikalisierung des Diskurses, auch durch identitätspolitische Debatten. Dabei erkenne er das strukturelle Problem nicht an, dass derzeit weiße, heterosexuelle und patriarchal geprägte Menschen den Ton angeben, kommentiert Anna Seibt.
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Der Kommentar des Dlf von Anna Seibt vom 25.2.2021
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Meine Meinung
Ich habe niemanden gebeten nach Deutschland zu kommen, sich hier niederzulassen und z. B. Moscheen zu bauen, in denen auch Terroristen Unterschlupf finden. Die Leute sollen sich anpassen und froh sein, dass sie ein (noch) sicheres Land gefunden haben, das ihnen Schutz, Arbeit, oft sogar Geld und Unterkunft für Nichtstun gibt. Natürlich bin ich ein Rassist, ein Rechtsradikaler und Nazi mit dieser Ansicht. Verschärfend kommt hinzu, dass ich der Ansicht bin, dass Deutschland im Prinzip den weißen, autochtonen Deutschen gehört. Wem denn sonst?
Seit Jahrzehnten sammelten Sternsinger mit einem geblackfacten Mohren (ui, ui!) aus dem Morgenland Geld für Menschen in Afrika und sonstwo. Wo ist da die Verhöhnung? Klar, es wäre schön, wenn echte Negerlein (absichtlich prvokativ!!) bei jedem Trupp „Heilige drei Könige“ mitsammeln würden. Da werden die Kirchen allerdings noch lange warten müssen. So sehen Sternsinger heute aus.Brech!!!
Ebenfalls kotzt es mich an, wie unsere Sprache, wie unsere Kultur, wie unser Zusammenleben verhunzt und zerstört wird. Für eine(n) Zeitgeist*in, die/der anmaßend, arrogant und einfach nur schrecklich realitätsfern ist.
Ich habe als 66 Jahre alter, weißer CIS-Mann zu Recht Privilegien, ich habe das Privileg seit über 45 Jahren Steuern und, und, und … in Deutschland für Deutschland gezahlt zu haben und zu zahlen, habe mich auch beruflich für die Gesellschaft engagiert und lasse mir nicht von gleichheitsgeilen Hanseln*Innen (s.u.) vorschreiben, wie ich mich zu verhalten und zu sprechen habe.
Der Dlf führte am 27.2.2021 ein Interview mit Prof. Andrea Geier, die reden kann, wie ein Buch, in Wirklichkeit eine nichtssagend hochbezahlte Dummschwätzerin ist, die die Gleichheit in der Vielheit sucht undf ür die alle, die sich dem nicht fügen, Rassisten und Rechtsextremisten sind. Da kann ich nur dies bringen: Hier klicken
Das Interview mit Prof. Andrea Geier:
Die Identitätspolitik von rechts führe zu Ausschließung, Hass und Gewalt, hatte Wolfgang Thierse am 25. Februar im Deutschlandfunk gesagt. Zugleich kritisierte der ehemalige Bundestagspräsident eine Cancel Culture in linker Identitätspolitik. „Das heißt, man will sich nicht mehr mit Leuten auseinandersetzen, diskutieren, den Diskurs führen, die Ansichten haben, die einem nicht passen. Das ist ziemlich demokratiefremd und wenn nicht sogar demokratiefeindlich“, so Thierse.
Identitätspolitik von rechts führe zu Ausschließung, Hass und Gewalt, die aktuelle radikale Identitätspolitik von links zu Cancel Culture, sagte der ehemalige Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD).
Dieser Ansicht widerspricht Andrea Geier, Professorin an der Uni Trier für Literaturwissenschaft und Genderforschung. „Diese Art und Weise, über linke Identitätspolitik zu sprechen, die ist sehr alarmistisch geworden und die ist sehr problematisch geworden.“ Tatsächlich wolle linke Identitätspolitik eigentlich das, was Thierse ebenfalls wolle, sagte Geier – „nämlich eine Anerkennung von Vielfalt und Gleichheit“.
Sie beobachte einen zunehmend alarmistischen Ton derer, die linke Identitätspolitik kritisieren und sich „selber zum Opfer machen einer Identitätspolitik anderer, die zum Beispiel rassismuskritisch ist – das müssen wir bearbeiten.“
Kulturelle Anerkennung von Minderheiten gehört zu den Themen linker Politik. Doch es gibt Kritik, auch aus linken Lagern: Die Vertretung der Interessen Einzelner befördere den Aufstieg der Rechten.
Um zu mehr gegenseitigem Verständnis in Diskursen zu gelangen, sei es wichtig, anzuerkennen, dass Erfahrungswelten anderer Menschen durchaus andere sein können als die eigenen, betonte Geier.
„Als weiße Wissenschaftlerin hab’ ich bestimmte Probleme im akademischen Raum definitiv nicht, die schwarze Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen haben. Und wenn ich dann als Weiße angesprochen werde, ist das einfach eine Tatsache. Dafür kann ich nichts, aber dazu muss ich mich verhalten. Und das ist das, was eigentlich wichtig ist, wenn jemand angesprochen wird als weiße Person oder als männliche Person, zu fragen: Was hat das gemacht mit mir, was bedeutet das für meine Positionierung, was gibt mir das möglicherweise auch für Chancen, was hat mir das eröffnet?“
… sind Männer und Frauen soziale Konstrukte, sind im Prinzip also „gleich“. Alles andere sei Biologismus. Sogar das Geschlecht soll man wechseln können, wenn es gerade passt. Hinzu kommen noch die ganzen anderen Konstrukte, die ich mal unter dem Begriff „Queer“ zusammenfassen möchte. Das sind die Menschen, die als ganz kleine Minderheit der Mehrheit erzählen, was normal ist. Dennoch streiten vor allem Damen der Gleichberechtigung um ihr „Auftauchen“ in Sprache und Schrift. Was m. E. vollkommener Unfug ist. Und der Mehrheitsgesellschaft wohl auch so vorkommt: Hier klicken