„Linke beleidigen mich als schwarzer Nazi und dummer Affe“: Die aus Nigeria stammende Catherine Schmiedel berichtet im Rahmen unserer Interviewreihe „Mit Migrationshintergrund für Deutschland“ über ihre Erlebnisse als AfD-Mitglied, warum sie sich in der Alternative für Deutschland engagiert und wieso man dem Verein „Mit Migrationshintergrund für Deutschland“ beitreten sollte.
Berlin/Hamburg – Trotz aller Beschleunigungsversuche kommt der Offshore-Windkraftausbau kaum voran. Eine Verbändeallianz aus der Branche fordert deshalb neue staatliche Finanzierungs- und Bürgschaftsprogramme. Ein Positionspapier dazu liegt energate vorab vor…
Die Journalisten Henning Rosenbusch (frei), Ralf Schuler („Nius“), und Heimo Schwilk (ehem. „Welt am Sonntag“) diskutieren mit Burkhard Müller-Ullrich über die rechtswidrigen Äußerungen des deutschen Verfassungsschutzpräsidenten, über die Maßnahmen der Regierung, mit denen die Polizei politisch an die Kandare genommen werden soll, über den eleganten Slalom der EU-Kommissions-Präsidentin von der Leyen zwischen Korruptionsverdacht und Karrierechance sowie über die fabelhafte Einhelligkeit der öffentlich-rechtlichen Medien bei der ganz zufällig regierungskonformen Berichterstattung über alle politischen Großthemen von Migration über Klima und Corona bis Ukraine-Krieg.
„Rupert Scholz: ´Wenn die Bundesregierung keine Konsequenzen aus dem Verhalten dieses hohen Beamten zieht, lässt sie selbst Zweifeln an ihrem Demokratieverständnis aufkommen.`“
Eine bemerkenswerte, aber für Altdemokraten keine neue Erkenntnis. Der Deutschlandtanker wendet Richtung DDR 2.0. Meine Meinung.
Das Tabu ist Geschichte. Cannabis-Konsum in Deutschland ist entkriminalisiert. Auch der Anbau und der Erwerb stehen nicht mehr unter Strafe. Damit endet ein jahrzehntelanger Konflikt zwischen Konsumenten und Strafverfolgern. Doch die neuen Regeln sind kompliziert. Außerdem fürchten Suchtexperten eine größere Gefährdung von Jugendlichen. Darüber sprechen wir mit dem klinischen Psychologen Prof. Michael Klein.
Frank Wahlig beschäftigt sich in seinem Kommentar mit der Frage, ob der plötzlich erwachte Patriotismus von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck nicht viel mehr Angst ist, die ihn umtreibt.
Am Karfreitag blicken wir auf die Situation der Kirche und auf den Glauben. Wie entsteht Glauben in uns? Warum verlieren die großen Kirchen rasant an Mitgliedern? Was kann der Glaube uns geben? Das fragen wir Pfarrer Jürgen Fliege. Mit dem Historiker Dr. Pascal Lottaz von der Universität Kyoto sprechen wir über die japanische Geschichte und den Umgang der Japaner mit ihrer Geschichte. Und im Gespräch mit Oliver Hannemann von „München steht auf“ geht es um den Ostermarsch am Samstag in der bayerischen Landeshauptstadt.
Der deutsche Verfassungsschutz passt nicht zu einer liberalen Demokratie
Extremisten haben die Bundesrepublik Deutschland immer wieder herausgefordert und sie beispielsweise in den siebziger Jahren bis ins Mark erschüttert. Existenziell bedroht war der deutsche Staat nach dem Krieg von innen freilich nie, linksextreme RAF hin, rechtsextremer NSU her. Zu keinem Zeitpunkt waren die zugrunde liegenden Geisteshaltungen in der Bevölkerung zudem auch nur ansatzweise mehrheitsfähig. Das ist heute nicht anders. Deutschland ist eine zwar zunehmend nervöse, aber doch gefestigte Demokratie.
Dennoch traut der deutsche Staat seinen Bürgern nicht über den Weg und sieht sich ständig bedroht. Dieser aus dem Versagen der Weimarer Republik abgeleitete permanente Ausnahmezustand aus Prinzip wurde vom Bundesverfassungsgericht «wehrhafte Demokratie» genannt. Je nach gefühlter Bedrohungslage produziert er illiberale Exzesse. Wie derzeit.
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Wir empfehlen die NZZ ausdrücklich
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In immer engerer Taktung präsentiert die deutsche Regierung Massnahmen, die dem Schutz des Staates und der Demokratie dienen sollen, beide tatsächlich aber beschädigen. Für besondere Empörung sorgte kürzlich zu Recht, dass die Familienministerin Lisa Paus gegen Meinungsäusserungen im Netz auch dann vorgehen will, wenn diese unter der Grenze der Strafbarkeit liegen. «Viele Feinde der Demokratie wissen ganz genau, was auf den Social-Media-Plattformen gerade noch so unter Meinungsfreiheit fällt», so die Grüne.
Das Grundgesetz ist keine klassisch liberale Verfassung
Die Innenministerin Nancy Faeser stiess ins selbe Horn und stellte ein gegen Rechtsextremisten gerichtetes Massnahmenbündel vor. «Diejenigen, die den Staat verhöhnen, müssen es mit einem starken Staat zu tun bekommen», erklärte die Sozialdemokratin. Ganz abgesehen davon, dass es sich bei «Verhöhnung» um einen schwammigen Begriff handelt: Auch hier geht es laut Thomas Haldenwang, dem Chef des Bundesverfassungsschutzes, um «staatswohlgefährdendes Verhalten» unterhalb der Grenze zur Strafbarkeit.
Haldenwang weiss, wovon er spricht. Der deutsche Verfassungsschutz in Bund und Ländern handelt schliesslich genau nach diesem Prinzip. «Der Staat behält sich vor, nicht erst dann zu reagieren, wenn Extremisten konkret gegen gesetzliche Bestimmungen verstossen, sondern bereits im Vorfeld der eigentlichen Strafbarkeit», so brachte es Haldenwangs Behörde 2020 auf den Punkt.
Der Verfassungsstaat wird so zum Verfassungsschutzstaat. Vor diesem Hintergrund erscheint das Handeln von Paus, Faeser und Co. nicht erratisch, sondern konsequent. Von «Staatsverfolgung ohne Straftat und auf mehr oder weniger begründeten Verdacht hin» spricht in seinem jetzt erschienenen Buch «Gesinnungspolizei im Rechtsstaat?» der Publizist und ehemalige SPD-Politiker Mathias Brodkorb.
Die Planung und Durchführung von politisch motivierten Straftaten verfolgen natürlich auch andere Länder. Aber kein liberaler Rechtsstaat geht den deutschen Sonderweg des präventiven Staatsschutzes. Der Berliner Verfassungsrechtler Christoph Möllers macht in diesem Zusammenhang darauf aufmerksam, dass das Grundgesetz eben keine klassisch liberale Verfassung sei wie beispielsweise die amerikanische oder die französische. Geist und Buchstabe des Grundgesetzes folgten nicht der Logik, dass alles erlaubt sei, was nicht verboten ist.
Der deutsche Inlandgeheimdienst wird von daher ganz im Sinne des Grundgesetzes auch und gerade dann aktiv, wenn Personen oder Gruppen gegen keinen einzigen Paragrafen des Strafgesetzbuches verstossen haben. Es reicht, wenn aufgrund ihrer Einstellungen Grund zur Annahme besteht, dass sie die freiheitlich-demokratische Grundordnung ganz oder teilweise beseitigen wollen.
Staatlich gewollte Stigmatisierung
Dabei geht der Inlandgeheimdienst in mehreren Schritten vor. Sie reichen vom blossen Prüf- über den Verdachts- bis hin zum Beobachtungsfall als höchster Stufe. Die nachrichtendienstliche Beobachtung einer «gesichert extremistischen Bestrebung» durch den Verfassungsschutz berührt naturgemäss zahlreiche als Abwehrrechte gegen den Staat konzipierte Grundrechte. Die Unschuldsvermutung kommt, anders als im Strafrecht, nicht zum Tragen.
Aber schon einen Schritt vor der Beobachtung, beim blossen Verdachtsfall, drohen den Betroffenen schwere soziale Sanktionen, da der Verfassungsschutz diese Einstufung veröffentlichen darf. Die daraus folgende gesellschaftliche Stigmatisierung ist also staatlich gewollt und nicht einfach ein Kollateralschaden. Man kann das als Anhänger des demokratischen Verfassungsstaates auch dann für gefährlich halten, wenn man keinerlei Sympathien für rechten, linken oder islamistischen Extremismus hegt.
Zwar kann gegen die verschiedenen Einstufungen geklagt werden. Doch dauert es, wie derzeit der Fall der AfD zeigt, oft Jahre und setzt erhebliche finanzielle und personelle Ressourcen voraus – über die der Staat stets, der Kläger in vielen Fällen aber nicht verfügt.
Kritik am Verfassungsschutz kam in Deutschland lange vor allem von links. Noch 2012 forderte die Bundestagsfraktion der Grünen die Abschaffung der Behörde in ihrer bestehenden Form. Da war gerade bekanntgeworden, wie sehr der Dienst mit Blick auf den rechtsextrem motivierten Terror des NSU versagt hatte. Neonazis zogen mordend durchs Land – und der Verfassungsschutz, das selbsterklärte Frühwarnsystem der Republik, wollte davon trotz Informanten im Umfeld der Terrorgruppe nichts mitbekommen haben. Jahrelang beobachtete der Inlandgeheimdienst zudem den heutigen linken Thüringer Ministerpräsidenten Bodo Ramelow – zu Unrecht, wie das Bundesverfassungsgericht 2013 feststellte.
Heute kommt die Kritik vor allem von rechts. So sieht sich die AfD im politischen Wettbewerb vom Verfassungsschutz benachteiligt. An den Haaren herbeigezogen ist das nicht. Es sei nicht Aufgabe nur seiner Behörde, die Umfragewerte der Rechtsaussenpartei zu senken, liess der Verfassungsschutzchef Haldenwang im Sommer 2023 schliesslich wissen.
Nun könnte man einwenden, dass all dies beklagenswerte Auswüchse seien, aber eben nur Auswüchse, die sich korrigieren liessen. Der unter Haldenwang unübersehbaren Tendenz, politischen Erwartungen zu entsprechen, könne man etwa durch eine veränderte Berufungspraxis des Behördenleiters begegnen.
Derzeit ist der Amtschef ein sogenannter politischer Beamter, der vom vorgesetzten Innenminister berufen wird, aber auch jederzeit in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden kann, willfahrt er dessen Wünschen nicht. Um diese Abhängigkeit zu verringern, ist deshalb schon vorgeschlagen worden, den Verfassungsschutzchef vom Parlament wählen und danach unabhängig agieren zu lassen. In anderen hohen Staatsämtern funktioniert das auch, etwa beim Datenschutzbeauftragten oder beim Präsidenten des Bundesrechnungshofes.
Der mögliche Nachteil: Die Behörde könnte ein noch stärkeres Eigenleben entwickeln. Schon jetzt kann das nach Proporz besetzte Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestages die Dienste kaum effektiv kontrollieren. Entfiele die Fachaufsicht durch das vorgesetzte Ministerium, wäre noch mehr Wildwuchs denkbar. Und dass unter Haldenwang 2021 ein verfassungsschutzrelevantes Gummiphänomen wie die «Delegitimierung des Staates» eingeführt wurde, wäre dadurch nicht verhindert worden. Seither können sich besonders renitente Kritiker staatlichen Handelns etwa während der Corona-Pandemie verdächtig machen.
Der Fehler liegt also nicht im Detail, sondern im System des Verfassungsschutzes an sich. Dieses hat sich nicht nur zu oft als ineffizient und missbrauchsanfällig erwiesen. Es ist vor allem, wenn auch in bester Absicht, prinzipiell illiberal und setzt den Staat fortwährend autoritären Versuchungen aus.
Die eigentlichen Verfassungsschützer versagen
Es wäre für die deutsche Demokratie deshalb besser, sie reihte ihr Tun ein in die Praxis aller anderen liberalen Rechtsstaaten und würde den Verfassungsschutz in seiner jetzigen Form abschaffen. Dessen analytische Kompetenzen könnten problemlos den Staatsschutzabteilungen der Polizei zugeordnet werden, die schon jetzt politisch motivierte Straftaten bekämpfen. Was bliebe, wäre ein entschlackter Inlandgeheimdienst, der sich um klassische Kernaufgaben wie Spionage- und Sabotageabwehr kümmert.
Politische Frühwarnungen hingegen wären dann gar keine staatliche Aufgabe mehr, sondern würden dort stattfinden, wo sie hingehören: in die Gesellschaft. Diese hat sich aber daran gewöhnt, die Auseinandersetzung mit problematischen Strömungen an die Behörden zu delegieren.
Selbst Journalisten sehen sich als verlängerten Arm des Staates und fordern, unbesehen dessen Wertungen zu übernehmen. So rief der Deutsche Journalisten-Verband kürzlich dazu auf, die Warnhinweise des Verfassungsschutzes denen auf Zigarettenschachteln gleich zu verbreiten.
Vor allem machen es sich die etablierten Parteien zu leicht, wenn sie etwa mit Blick auf die AfD oder früher die Linkspartei reflexartig nach dem Verfassungsschutz rufen. Sie nähren damit den lange von links, heute vor allem von rechts erhobenen Vorwurf, es gehe ihnen nicht um den Schutz der Verfassung, sondern der eigenen Pfründe. Gerade so aber geht das Vertrauen in die Demokratie, die man zu beschützen vorgibt, verloren.