Wer im Fall Till Lindemann von „Schutzräumen für Frauen“ redet, darf vom Elefanten im Raum nicht schweigen: dem erodierenden Sicherheitsgefühl von Mädchen und Frauen im öffentlichen Raum. Denn das hat eine ganz konkrete Ursache, für die die Politik verantwortlich ist.
Es gibt Momente, wo es auch einem hart gesottenen Beobachter der Verhältnisse dieser Tage die Sprache verschlägt. Wie etwa, als bei „Hart aber fair“ am Montag – es ging mal wieder um den Fall Rammstein – die CDU-Kommunalpolitikerin Lisa Schäfer von unschönen eigenen Erfahrungen berichtete. So sei sie zwar im öffentlichen Raum noch nicht körperlich belästigt worden, aber sie müsse sich oft Sprüche und Zurufe von fremden Männern gefallen lassen, meist in einer Sprache, die sie nicht einmal verstehe, sagt sie diplomatisch, um die heikle Angelegenheit wissend. Da greift Moderator Louis Klamroth ein und fragt die Frau allen Ernstes: „Sprechen Sie kein Englisch?“
Wir stellen uns hier nicht so dumm wie der nassforsche Louis, und wir sprechen hier auch kein Englisch, sondern Klartext. Tacheles. Über ein Problem und seine Verursacher. Vorsicht, es wird unangenehm!
Wir leben in einem seltsamen Land. Wenn ein FDP-Politiker in fortgeschrittenem Alter einer jungen Journalistin bescheinigt, sie könne „ein Dirndl auch ausfüllen“ und ihr seine Tanzkarte (!) anbietet, woraufhin die derart Belästigte „me too!“ heulsust, oder wenn, wie eben aktuell, ein Musiker sich mit Groupies in einer „Suck Box“ unter der Bühne zur schnellen Triebabfuhr trifft, kriegt sich das Kommentariat vor Empörung über diesen schlimmen Sexismus monatelang nicht ein. Gleichzeitig fühlen sich Mädchen und Frauen im öffentlichen Raum seit einigen Jahren zunehmend unsicher, was zuletzt die Ex-Eisschnellläuferin und Bundespolizistin Claudia Pechstein beim CDU-Grundsatzkonvent ansprach:
„Allein die öffentlich-rechtlichen Verkehrsmittel nutzen zu können, ohne ängstliche Blicke nach links und rechts werfen zu müssen, gehört zu den Alltagsproblemen, die viele, besonders ältere Menschen und Frauen, belasten.“
Nicht dieser beklagenswerte Zustand allerdings ist es, der die allgemeine Empörung des Juste Milieus befeuert, sondern der Umstand, dass Frau Pechstein in Uniform auftrat. Denn so reagiert man hierzulande, wenn man vom eigentlichen Problem ablenken will; die Tatsache selbst ist irrelevant, denn Linke, die jetzt die Neutralität der Beamten anmahnen, beschweren sich auch nicht, wenn Polizisten die Black-Lives-Matter-Kniebeuge machen oder ihren Streifenwagen in Regenbogenfarben bemalen.
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