Mit der Demokratie ist es ein bisschen so wie mit der Freiheit:
Sie ist eine Zumutung. Sie fordert nicht nur den Einzelnen, sondern auch sein jeweiliges Gegenüber, das ist der – durchaus angemessene – Preis, den Eigenverantwortung und Mündigkeit verlangen. Klingt anstrengend, ist es auch, doch noch ist niemand auf eine bessere Idee gekommen – zumindest nicht, dass ich wüsste.
Nun ist es so, dass die AfD nach und nach zum Umfragenkönig wird – da sind sie, die demokratischen Schmerzen, denen man auf durchaus unterschiedliche Weise begegnen kann.
Laut der jüngsten Insa-Umfrage liegt die AfD also bundesweit bei 17 Prozent, deutlich vor den Grünen mit 14 Prozent. Im Osten erreicht sie laut Umfragen inzwischen rund ein Viertel der Wähler. Dazu kommt, dass der Prozentsatz wahlberechtigter Bürger, für die es grundsätzlich nicht infrage kommt, die AfD zu wählen, weiter gefallen ist. Bis Mitte Mai sank der Anteil, der im vergangenen Dezember noch bei 60 Prozent lag, auf knapp 54 Prozent, wie Insa ermittelte.
Im gleichen Zeitraum stieg demnach das Potenzial möglicher weiterer AfD-Wähler von 6,8 auf 8,4 Prozent. Wie das sein kann, fragt man sich, und wird zunächst beim „Spiegel“ fündig. Acht Autoren erklären in einem sehr langen Text, woran es liegen mag, dass mit der AfD zusehends weniger gefremdelt wird.
„Wie Union und FDP der AfD helfen“, liest man da im Titel. „Die AfD steht so gut da wie seit Langem nicht. Nach zehn Jahren hat sie sich etablieren können und den Diskurs nach rechts verschoben – auch dank Union und der Liberalen“ – und staunt nicht schlecht.
Wer kennt sie nicht, die (zu) rechte CDU, die sich seit Angela Merkels Regierungszeit noch immer nicht von ihrer eigenen Sozialdemokratisierung erholt hat, die höhere Steuern fordert und deren Vorsitzender inzwischen kein Problem mehr mit Frauenquoten hat; oder die (zu) rechte FDP, die gerade für ein Selbstbestimmungsgesetz und erleichterte Einbürgerungen Seite an Seite mit ihren Koalitionären in der Ampel kämpft.
Dass die Leichtigkeit, mit der die AfD momentan Stimmen bei von konservativen und liberalen Kräften enttäuschten Wählern einsammelt, daher kommen könnte, dass es nebst linken Positionen kaum oder meist nur zaghafte Alternativen gibt, kommt den Autoren offenbar nicht in den Sinn.
„All das erzeugt Verunsicherung“
Nur kurz flackert Erkenntnis auf. „Die AfD, die als rechtsextremer Verdachtsfall vom Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet wird, ist nicht nur in fast allen Parlamenten der Republik vertreten, sondern in Umfragen so stark wie seit fast fünf Jahren nicht. Dazu trägt die allgemeine Verunsicherung bei, ein weiterer Grund könnte sein, dass die Zahl der Geflüchteten wieder deutlich gestiegen, das Thema sehr präsent ist. Doch reicht das als Erklärung aus?“, liest man an anderer Stelle.
Und: „Zudem profitiert die Rechtsaußen-Partei von den ständigen Krisen, von schlechter Kommunikation der Regierung. Erst Corona, dann der Ukrainekrieg, dazu Energiekrise und Inflation, nun die Heizungsdebatte und steigende Migrationszahlen. All das erzeugt bei vielen Verunsicherung.“
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Quelle Zitat & Ausschnitt und kompletter Artikel plus PDF* plus PDF*-Leserkommentare
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Diesen Mailtext habe ich an Frau Schneider geschrieben:
Sehr geehrte Frau Schneider,
Sie zitieren „„Die AfD, die als rechtsextremer Verdachtsfall vom Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet wird, …“ . Wo ist die AfD als Gesamtpartei Ihrer Meinung nach rechtsextrem? Dient der „Verdachtsfall“ nicht lediglich der Diffamierung einer Partei, die, wenn sie genauso behandelt würde, wie jede andere im Bundestag vertretene Partei, weit über 30% der Stimmen erhalten und die CDU weit hinter sich lassen würde?
Liebe Grüße aus Aachen
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Umfrageergebnisse 28.5.2023
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*Weil das Thema außerordentlich wichtig für die Fragestellung „AfD, Grüne, Wahlen, Deutschland“ ist, zitieren wir den Text und einen Kommentarauszug als PDF. Verweise und alle Kommentare der Leserschaft lesen Sie, wenn Sie WELTplus testen/abonnieren. Wir empfehlen WELTplus ausdrücklich: 30 Tage für 1 € testen. Achtung: Die Schnupperangebote können sich ändern!
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