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Mehr… und hören wir täglich Zahlen. Diese werden immer höher, da sie nie wieder auf „Null“ gesetzt, sondern seit März 2020 stetig fortgeschrieben werden. Zudem werden immer noch viele Daten nicht erhoben, wie dies regelhaft von Statistikern und Epidemiologen, manchmal sogar in den Medien, kritisiert wird, zum Beispiel hier. Verlieren wir, zumal als Laien, dadurch die Fähigkeit, diese Zahlen richtig einzuordnen? Dieser Frage möchte ich am Beispiel des Landkreises Göttingen einmal nachgehen.
Göttingen – die Stadt, die Wissen schafft?
Im Lagebericht vom 05.01.2022, 15.55 Uhr der Stadt Göttingen, ist zu lesen: „Aktuell sind bei 986 Menschen in Stadt und Landkreis Göttingen Infektionen mit dem SARS-CoV-2-Virus bestätigt … die Gesamtzahl der seit Pandemiebeginn bestätigten COVID-19 Fälle im Landkreis Göttingen beträgt 15.361. Davon gelten 14.048 Personen als wieder von der Infektion genesen, 327 Menschen sind in Verbindung mit COVID-19 gestorben.“
Zunächst muss ich an dieser Stelle leider erschüttert feststellen, dass auch fast zwei Jahre nach Beginn dieser Pandemie die Verantwortlichen der Universitätsstadt Göttingen (Eigenslogan: „Eine Stadt, die Wissen schafft“) noch immer nicht willens oder in der Lage sind, die grundlegenden Begriffe sauber zu unterscheiden. „Die Gesamtzahl der seit Pandemiebeginn bestätigten Covid-19 Fälle…“ ist falsch. Die Stadt meint die Gesamtzahl der positiv auf SARS-CoV-2 getesteten Fälle. So heißt nämlich das Virus. COVID-19 (wird auch mit allen Buchstaben „groß“ geschrieben, da es sich um eine Abkürzung handelt) ist die Erkrankung, die aus der Infektion hervorgehen kann, aber nicht muss, und es bekanntlich auch in den überwiegenden Fällen nicht tut. Die Stadt mag also Wissen schaffen, aber nicht unbedingt bei den eigenen Mitarbeitern. Leider somit aber auch nicht bei den Bürgern, die sich hier ein objektives Bild von der Lage zu verschaffen versuchen.
Nun aber wirklich zu den Zahlen. Der Landkreis Göttingen hat 323.900 gemeldete Einwohner (ca. 338.000 inkl. ungemeldeter Studenten) und ist 1.755 km2 groß. Es ist damit ein recht großer Landkreis, der neben der kreisfreien Stadt Göttingen die Altkreise Duderstadt, Hannoversch Münden und Osterode/Harz umfasst.
Wie wir oben gelesen haben, wurden in den vergangenen 22 Monaten von den ca. 338.000 Einwohnern 15.362 Einwohner positiv getestet. Dies sind 4,5 Prozent, also jeder 22. Bürger. Gestorben sind im gleichen Zeitraum laut offiziellen Zahlen 327, also 0,096 Prozent der Einwohner oder jeder tausendste Bürger, „an oder mit“ SARS-CoV-2. Denn auch „die Stadt, die Wissen schafft“ sah bisher offenbar keinen Anlass oder konnte keine Transparenz herstellen, welcher Bürger „an“ COVID-19 gestorben ist, und welcher „mit“ SARS-CoV-2 (- positivem Test). Nach meinen Informationen hat das allerdings auch keine andere deutsche Stadt bisher geschafft. Dabei wäre es eine wichtige Information, um die Gefahr und auch das persönliche Risiko realistisch einschätzen zu können, wie wir gleich sehen werden.
Dazu bemühen wir das „COVID-19-Dashboard“ des RKI. Interessant auch hier, dass noch nicht einmal das RKI sich die Mühe macht, zwischen infiziert (=Erregernachweis SARS-CoV-2) und erkrankt (COVID-19) zu unterscheiden. Immerhin sehen wir hier aber eine nähere Aufschlüsselung der Todesfälle. In der Altersgruppe 0-14 Jahre (kumuliert) starb im Landkreis seit März 2020 niemand „an oder mit“ Corona. In der Altersgruppe 15-34 Jahren starben zwei Landkreisbürger, in der Altersgruppe 35-59 Jahren waren es sieben Menschen, in der Altersgruppe 60-79 waren es 85 Menschen. In der Gruppe der Hochbetagten über 80 Jahre starben 229, dies ist also der größte Anteil. Ich sage das nicht, um die Tragik des Einzelfalls kleinzureden, aber es ist eine statistische Auffälligkeit, wenn in den vergangenen fast zwei Jahren nur 92 der im Zusammenhang mit COVID-19 gemeldeten Verstorbenen unter 80 Jahre alt waren, aber 229 über 80 Jahre. Damit waren 71 Prozent der Menschen, die im Landkreis Göttingen „an oder mit“ Corona starben, zum Zeitpunkt des Todes also positiv getestet waren, hochbetagt. Die durchschnittliche Lebenserwartung in Göttingen liegt für Männer bei 78,82 Jahren und für Frauen bei 83,25 Jahren.
In dieser am stärksten betroffenen Altersgruppe sind etwa zehn Todesfälle pro Monat als zuvor „positiv getestet“ gemeldet und daher in die Statistik der sogenannten „COVID-19-Toten“ aufgenommen worden. Über das besondere Risiko in Verbindung mit dem Virus sagt das dennoch wenig bis nichts. Da wir vermutlich alle Menschen nahestehen, die älter als 80 Jahre alt sind, kann diese Zahl dennoch Sorge machen. Umso mehr, wenn diese Zahlen täglich in Radio und Fernsehen vermeldet werden. Aber ist diese Angst auch „statistisch“ begründet – oder ist sie eventuell sogar mehr in den statistischen Ungenauigkeiten begründet? Wäre den einzelnen Bürgern eventuell sogar mehr geholfen, würden sie die Relationen und Ungenauigkeiten dieser Zahlen kennen? – Ich denke, wir können das inzwischen sagen, zumindest jedoch für den Landkreis Göttingen. Wäre ich über 80 Jahre alt, ich würde mir angesichts solcher Zahlen über die Gefahren von rutschigen Gehwegen mehr Sorgen machen, als über einen tödlichen Verlauf von COVID-19. Vor allem aber, wenn und so lang sich die staatlichen Stellen und ihre Hochleistungsmedizin auch nach fast zwei Jahren noch nicht einmal die Mühe machen, zu eruieren, ob – und wenn ja, was – das Virus mit diesen Todesfällen Hochbetagter zu tun hatte.
Jünger als 60 Jahre waren im Landkreis Göttingen nur 2 Prozent der Verstorbenen, die positiv getestet waren. Auch das ist eigentlich eine gute Nachricht, die es sich zu verbreiten lohnen würde, gerade in diesem Landkreis, der einer der „jüngsten“ des Landes ist. Hier gilt nämlich das Gesagte umso mehr: Gemeldet sind 9 (neun) Menschen in den vergangenen 22 Monaten, die „im Zusammenhang mit COVID-19“, also nach einem positiven Test, verstorben sind. Also etwa fünf Todesfälle pro Jahr in diesem Landkreis. Und auch hier wissen wir nichts darüber, in welchem Maße die nachgewiesene Infektion, die zur Aufnahme in die Statistik führte, diesen Tod (mit-) verursacht hat, oder ob überhaupt. Eine Recherche der BILD-Zeitung bei den Landesgesundheitsämtern hat jüngst ergeben, dass zwischen 32 und 71 Prozent der von den Krankenhäusern gemeldeten „COVID-Patienten“ nicht wegen der Krankheit COVID-19 behandelt wurden (Reitschuster berichtete). Sie waren so genannte „asymptomatische“ Fälle. Wenn wir diese Information in unsere Überlegung einbeziehen wollen, sprechen wir für die Altersgruppe unter 60 Jahren über „maximal“ 9 Todesfälle seit Pandemiebeginn. Es ist natürlich nicht seriös, zu spekulieren, aber vielleicht waren es im Landkreis Göttingen pro bisherigem Pandemiejahr sogar, sagen wir: sechs? – oder vier? – Menschen, die aufgrund der COVID-19 Erkrankung starben? Genauso unseriös ist es allerdings, diese wichtigen Zahlen nicht zu erheben, nicht zu veröffentlichen und nicht wissenschaftlich aufzubereiten.
Wir müssen aber auch diese Zahlen dringend einordnen in die aktuelle politische Situation, schließlich werden von den Regierungen anhand dieser Zahlen die Maßnahmen getroffen, für die es in der gesamten westlichen Welt keinen historischen Vergleich gibt. Weil „diese Seuche“, wie sie ein naher Verwandter von mir nennt, ja schließlich in den Griff zu bekommen sein muss. Aber ist es denn wirklich eine Seuche, wenn in den vergangenen 22 Monaten 0,027 Prozent der Einwohner im Landkreis Göttingen, die noch unter der durchschnittlichen Lebenserwartung, also unter 80 Jahre alt sind, „an oder mit“ dieser Seuche verstarben? Im Jahr also 0,015 Prozent der Bevölkerung, damit jeder 66.000ste? Und muss es nicht zusätzlich skeptisch machen, wenn in einer hochdekorierten Universitätsstadt, die sogar eine der höchsten „Nobelpreisträgerdichten“ Deutschlands aufweist und darauf sehr stolz ist, nach 2 Jahren niemand willens oder in der Lage ist, zu diagnostizieren und auszuweisen, ob dieser „Eine“ von 66.000 Menschen „an“ COVID-19 gestorben ist oder „mit“?
2 Prozent der Todesfälle in Niedersachsen 2020 SARS-CoV-2 positiv
Es handelt sich aber um Zahlen, die mysteriöserweise nirgends in Deutschland, an keiner Universität und in keinem Krankenhaus erhoben werden. Dabei wären sie zweifellos ungeheuer hilfreich, auch um die Angemessenheit und Verhältnismäßigkeit der ergriffenen „Maßnahmen“ einzuschätzen. Falls daran Interesse besteht. Zur weiteren Einordnung schauen wir deshalb jetzt auf die publizierten Statistiken der Todesursachen, wenngleich sie aufgrund der unzureichenden Datengrundlage ebenfalls ein unklares Bild ergeben.
Da wir 323 Todesfälle haben, kann man sagen, dass ungefähr jeder tausendste Einwohner dieses großen Landkreises in diesen 22 Monaten an/mit SARS-CoV-2 starb. Dies bedeutet, dass an den 660 Tagen der Pandemie täglich 0,49 Menschen daran gestorben sind, also jeden 2. Tag einer. Diese Zahl klingt natürlich recht hoch – „oh Gott, jeden zweiten Tag ein Coronatoter in meinem Landkreis“? Auf der anderen Seite waren 2020 in ganz Niedersachsen nur 2 Prozent der Todesfälle „an und mit“ dem Virus gestorben – und 98 Prozent „ohne“. (Interessanterweise konnte das Landesamt für Statistik Niedersachsen sogar eine deutlichere Differenzierung zwischen „an und mit“ vornehmen, die das RKI aber traditionell nicht abbildet.) Schon das Anbieten einer schlichten Relation aber lässt die Zahlen in einem anderen Licht erscheinen.
Fünf Richtige im Lotto „wahrscheinlicher“ als ein tödlicher Verlauf von „Corona“
Man könnte zum Beispiel auch sagen: Die Wahrscheinlichkeit pro Woche, in Göttingen „an oder mit“ Corona zu sterben, betrug für alle Altersgruppen etwa 1:100.000. Die Chance auf „5 Richtige“ im Lotto – das Beispiel ist nicht Zynismus, sondern sei der Allgemeinverständlichkeit halber gestattet – beträgt übrigens 1:54.201. Sie haben also in Göttingen ein viel größeres „Risiko“, 5 Richtige im Lotto zu haben, als an oder mit Corona zu sterben. Für die Menschen im Landkreis, die das 80. Lebensjahr noch nicht erreicht haben, lag das wöchentliche Risiko, an/mit Corona zu versterben sogar bei 1:172.000.
Und die Krankenhäuser…?
Nun könnte man sagen, dass diese erfreulich geringe Wahrscheinlichkeit auch mit der Göttinger Hochleistungsmedizin zu tun hat, die selbst in Zeiten überlasteter Krankenstationen noch fast jedes Leben retten konnte. Aber wie viele Menschen waren eigentlich im Landkreis „wegen oder mit“ Corona im Krankenhaus?
Im Landkreis Göttingen befinden sich zahlreiche Kliniken, die größte ist die Göttinger Universitätsmedizin mit (inklusive der Kinderklinik) 110 Intensivbetten. Vor einem Jahr waren es noch 20 Betten mehr; wegen Personalmangels mussten aber 15 Prozent der Betten abgebaut werden. Nach eigener Aussage versorgte die Universitätsklinik mehr als 90 Prozent der COVID-19 Fälle der Region. Leider weist die Stadt, wie die meisten deutschen Städte, nicht täglich aus, wie viele Bürger aktuell auf der Intensivstation oder im Krankenhaus liegen. Aber wieso schafft Göttingen denn nicht Wissen, indem es klar und transparent die Zahlen nennt (das gilt natürlich für die meisten anderen Städte in Deutschland gleichermaßen). Damit könnte man die Belastung nämlich viel eindeutiger erkennen. Wie viele Menschen sind denn in Göttingen hospitalisiert „an und mit“ Corona?
Versuchen wir deshalb einmal, die Zahlen von Deutschland auf diesen Landkreis herunterzubrechen. Die sogenannte „Hospitalisierungsquote“ in Niedersachsen betrug gestern 1,75 „Fälle“ pro 100.000 Einwohner. Das wären dann – in Ermangelung der tatsächlichen Zahlen gezwungenermaßen heruntergerechnet – für die vergangene Woche für den Landkreis Göttingen 6 stationäre Aufnahmen mit einem positiven Test, davon 5 stationäre Aufnahmen für die Uniklinik Göttingen. Bei einer durchschnittlichen Verweildauer von 15 Tagen im Krankenhaus (so die Analyse der Krankenkasse DEBEKA) wären also rechnerisch aktuell ca. 15 Patienten in stationärer Behandlung – im gesamten Landkreis Göttingen, davon rechnerisch 12 bis 13 an der Uniklinik.
Weiß man zusätzlich, zum Beispiel aus dem Ärzteblatt, dass Patienten, falls sie erst im Landkreis im Krankenhaus aufgenommen und dann – zum Beispiel wegen des positiven Tests – an die Universitätsklinik verlegt wurden, zweimal gezählt werden, dann ahnt man – spätestens! –, dass ein „Flatten the Curve“ für die Krankenhäuser im Landkreis Göttingen nicht angezeigt zu sein scheint. Warum wird dennoch der Eindruck von kollabierenden Krankenstationen geweckt? Angesichts von rechnerisch maximal (!) 15 Patienten („wegen“ und „mit“) ist die Sorge – jedenfalls in diesem Landkreis – unbegründet. Aber zum Glück sind auch all die Prophezeiungen der Göttinger Physikerin Prof. Dr. Viola Priesemann vom November 2021 nicht eingetreten, als sie wieder einmal die Grenzen ihres Fachgebietes übertrat und den Politikern vorschreiben wollte, welche Gesetze diese ändern sollten und was noch politisch durchzusetzen sei. Auch der Pessimismus, den sie verbreitete, war wohl eher von Lauterbach inspiriert, als durch die Lektüre aktueller wissenschaftlicher Beiträge aus Südafrika.
In anderen Städten nicht viel anders
Nun, werden manche sagen, „dies ist dann bestimmt nur in Göttingen so. In anderen Städten ist es aber viel dramatischer“. Also möchte ich als Ergänzungsbeispiel, jetzt aber in kurzer Form, die Daten der Großstadt Essen nennen. Als Heimat vieler (ehemaliger) Großkonzerne wie Krupp, Karstadt, Evonik uns allen ein Begriff. Essen hat 582.000 Einwohner, 665 Bewohner der Stadt starben dort seit März 2020 „an oder mit Corona“, es wurde also etwa jeden Tag ein Todesfall gemeldet. Die Krankenhausbelegung kann auch hier über die „Hospitalisierungsquote“ wieder nur mathematisch hergeleitet werden (s.o., DEBEKA) und liegt für Essen bei 30 Patienten. 15 von ihnen befinden sich aktuell (5.1.2022) auf einer Intensivstation.
Die Universitätsklinik Essen hat 180 Intensivbetten, die übrigen Krankenhäuser der Stadt kommen auf insgesamt etwa hundert weitere Intensivbetten. Die Stadt Essen hatte also eine Belegung der Intensivstation von knapp 5 Prozent, wiederum „an und mit“ Corona. Sieht so eine Überlastung aus? Aber dennoch sehen wir, dass in Essen mehr „positiv getestete“ Menschen gestorben sind als in Göttingen. Woran liegt das? Ist der Durchschnitt der Menschen älter – oder jünger? Unterscheiden sich die Behandlungsschemata…? Auch dafür wären Zahlen wichtig. Wenn sie denn erhoben werden.
Preisfrage: Wie viele Menschen starben „an“ Influenza?
Zurück zu Göttingen. In der Grippewelle 2017/18 starben in Deutschland laut Göttinger Tageblatt circa 20.000 Menschen, laut Statistischem Bundesamt circa. 27.000 Menschen. Man kann aber keine genauen Zahlen finden, wie viele Menschen „an“ der Grippe im Landkreis Göttingen verstarben. Eine interessante Begründung dafür findet sich aber im Netz: „Wie viele Menschen im Landkreis Göttingen an der Grippe gestorben sind, sei schwer zu beziffern, so der Oberarzt (Prof. Dr. Eiffert) am Institut für Medizinische Mikrobiologie. Denn: Die Patienten, die mit intensivmedizinisch behandelt werden müssen, haben zumeist Vorerkrankungen. Wenn das Herz-Kreislaufsystem versagt, sei es schwer festzustellen, ob die Grippe allein dafür verantwortlich war.“ Es konnte also selbst bei zweijährlich wiederkehrenden Grippewellen das Influenzavirus nie insoweit als Todesursache ausgemacht werden, dass Sterbefälle eindeutig der Grippe hätten zugerechnet werden können. Wie es aber bei SARS-CoV-2 aktuell passiert. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Wenn wir nun diese Zahlen sehen, müssen wir uns aber aus meiner Sicht durchaus auch fragen dürfen, sind die Regelungen, die von der Regierung „aus Infektionsschutzgründen“ getroffen werden, mit dieser Begründung gerechtfertigt? Für die 30.000 Studenten des Landkreises fanden in erheblichem Umfang keine Vorlesungen statt. Die Mensen geschlossen, die Unibibliothek auch. Kneipen dicht, Erstsemester-Studenten fristeten ihr Dasein in der kleinen Bude, lernten keine Konsemester kennen. Wie viele Studenten starben an oder mit Corona in den vergangenen zwei Jahren in Göttingen? – Nach den offiziellen Zahlen keiner (wenn man davon ausgeht, dass die Mehrheit der Studenten vor Eintritt ins Greisenalter ihr Studium beenden). Verzeichnen wir eine Steigerung von psychischen Problemen von Studenten in Göttingen? Keine Datenlage hierfür.
Bürger „dürfen“ im ganzen Land nur noch mit Maske durch die Stadt gehen. Zeitweise durften Ehepaare zwar in einem Bett schlafen, aber nicht zusammen Tennis spielen. Museen waren geschlossen (heute 2G), obwohl diese ohnehin überwiegend leer sind, bei ALDI darf man aber getrost an der Kasse in der Schlange stehen. Über die (gesundheitlichen!) Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche möchte ich hier gar nicht reden, sie sind von den Regierungsmaßnahmen stärker betroffen als von dem Virus. Eine aktuelle Studie zeigt, dass die Suizidrate (schon der Versuch) in dieser Altersgruppe während der vergangenen Monate um ein Vielfaches angestiegen ist.
Ehrenpreis der Unstatistik des Monats für Prof. Dr. Lauterbach
Und obwohl dies jeden aufgeklärten und um Augenmaß bemühten Bürger aufrütteln müsste, gilt gleichzeitig in weiten Teilen des Landes immer noch als „Nazi“ und „schwurbelnd“, wer beim Einkaufen zufällig auf der Straße einen alten Bekannten trifft und einige Minuten über genau diese Zusammenhänge redet. Und die Polizei könnte es als – verbotene – „Versammlung“ einstufen. Restriktionen, Verdrehungen, Unschärfen: Dabei müssten uns nicht zuletzt diese Zahlen und Unschärfen, wenn wir sie einordnen in die Länge dieser Pandemie und die Gesamtzahl der Bürger, zu denken geben. Auch, dass Politiker die Zahlen jeweils ganz nach eigenem Gusto verwenden. Bundesepidemiologe Prof. Dr. Lauterbach hat im September 2021 dafür sogar den Ehrenpreis der „Unstatistik des Monats“ erhalten, nachdem er auf Facebook veröffentlichte:
„Die Wirkung der 3. BioNTech Impfung fällt deutlich stärker aus als von vielen Experten erwartet. Mehr als 10-facher Schutz gegen Infektion oder schwere Krankheit“.
In Wahrheit erhöht sich der Schutz durch eine Boosterung gegen eine schwere Erkrankung an COVID-19 um 0,2 Prozentpunkte (nachzulesen mit genauer Darstellung der Berechnung hier, auf der RWI-Homepage(!)).
Die WELT schrieb zu dem Problem mit dem Zahlensalat heute: „Im Kampf gegen Corona versagt der Staat in der Kommunikation. Statistiken werden unverständlich aufbereitet oder gar zurückgehalten. Das geschieht offenbar bewusst: Die Bürger sollen die Fakten gar nicht kennen, um nicht eigene Rückschlüsse zu ziehen“ (hinter der Bezahlschranke). Dem ist wenig hinzuzufügen. Außer: Wann werden viel mehr Bürger wach und erkennen, dass die Entscheidungen, die von vielen Politikern in den letzten Monaten getroffen wurden, den Weg der Verhältnismäßigkeit verloren haben?