Der Bundestag hat am Freitag, 7. Mai 2021, …
… zwei Anträge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel „Klimaschutz ist jetzt“ (19/ 29294) und „Klimaneutrale Wissenschaft und Forschung“ (19/28364) sowie einen Gesetzentwurf der Grünen „zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes“ (EEG-Sofortmaßnahmegesetz 2021, 19/29288) beraten. …
MehrRede von Annalena Baerbock (Grüne)
Analyse Dr. Curio: Annalena Baerbock bei Anne Will
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… Den ersten Antrag überwies das Parlament zur weiteren Beratung an den federführenden Umweltausschuss. Die Grünen wollten ihn direkt abstimmen lassen, wurden darin aber nur von der Linksfraktion unterstützt. Die Linke stimmte auch mit den Grünen für den zweiten Antrag, der mit der Mehrheit der übrigen Fraktionen abgelehnt wurde. Den Gesetzentwurf überwies der Bundestag zur weiteren Beratung in den federführenden Wirtschaftsausschuss.
Grüne: Wir müssen hier und heute handeln
„Das Bundesverfassungsgericht hat uns eine klare Botschaft auf den Weg gegeben: Wer das Klima schützt, schützt auch unsere Freiheit“, sagte Annalena Baerbock für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Es gehe jetzt darum, als Gesellschaft gemeinsam auf den im Pariser Klimaabkommen vereinbarten 1,5-Grad-Pfad zu kommen.
Die Koalition formuliere zwar neue Ziele, nenne aber den Weg zur Erreichung dieser Ziele nicht, kritisierte die Kanzlerkandidatin. Sie forderte „eine Politik, die Klimaschutz zum Kern jedes politischen Handels macht“, und betonte: „Wir müssen hier und heute handeln.“
CDU/CSU: Erhöhung des Minderungsziels auf 65 Prozent
Das Bundesverfassungsgericht habe der Politik einen klaren Auftrag gegeben, und diesen Auftrag nehme die Koalition ernst, sagte Stephan Stracke für die CDU/CSU. Deshalb werde das Klimaschutzgesetz „in Rekordtempo“ überarbeitet. Konkret werde das CO2-Minderungsziel bis 2030 auf 65 Prozent erhöht und Klimaneutralität bis 2045 angestrebt, erklärte Stracke.
Damit trage Deutschland als starker Staat mehr zum Erreichen des von der EU ausgerufenen Minderungsziels von 55 Prozent bei als andere Länder. Wichtig sei aber, bei den Maßnahmen „,mit dem richtigen Kompass“ vorzugehen und auf Kosteneffizienz zu achten.
AfD attackiert Bundesverfassungsgericht
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Rede Karsten Hilse (AfD)
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Scharfe Kritik am Beschluss des Bundesverfassungsgerichts übte Karsten Hilse für die AfD. Das oberste Gericht sei in der Hand derjenigen, die zuließen, dass Deutschland zu einem totalitären Staat umgebaut werden, erklärte Hilse. Der Gerichtsbeschluss sei ein Freibrief für alle Klimaschutzmaßnahmen, die grundgesetzlich gesicherte Freiheitsrechte aushebelten.
In einer nachträglichen Erklärung nach Paragraf 30 der Geschäftsordnung stellte Hilse klar, er achte das Bundesverfassungsgericht als Institution, stelle aber infrage, dass es ein gutes Urteil gefällt habe.
SPD kritisiert grün regiertes Baden-Württemberg
Die AfD habe das oberste Gericht des Landes diskreditiert, sagte Dr. Matthias Miersch für die SPD. Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass die AfD vom Verfassungsschutz beobachtet werden müsse, so sei das die Rede Hilses gewesen.
An die Adresse der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erklärte Miersch, er hätte sich etwas mehr Lob für die Bundesregierung gewünscht, die das Klimaschutzgesetz verabschiedet habe. Ein „Armutszeugnis“ sei es hingegen, was das grün regierte Baden-Württemberg beim Ausbau der erneuerbaren Energien leiste. Im Übrigen könne man nicht einfach so über Nacht den Konsens über die CO2-Bepreisung und den Kohlekompromiss aufkündigen.
FDP schlägt CO2-Limit vor
Für die FDP hob Dr. Lukas Köhler hervor, dass das Bundesverfassungsgericht die Verantwortung für kommende Generationen und damit einen „urliberalen“ Ansatz betont habe. Es habe aber auch die Technologieneutralität unterstrichen und die Politik dazu aufgerufen, eine Agenda aufzusetzen, die die wirtschaftliche Entwicklung vorantreibe.
Am Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen kritisierte Köhler, er erhalte einen „Wust“ von Maßnahmen, ohne klar aufzuzeigen, was diese Maßnahmen brächten. Dem stelle die FDP ihr Modell eines CO2-Limits entgegen, das auf das 1,5-Grad-Ziel angepasst werde.
Linke fordert soziale Gerechtigkeit
Freiheit bedeute, die Lebensgrundlagen künftiger Generationen zu erhalten, betonte Lorenz Gösta Beutin für die Fraktion Die Linke. Das beinhalte eine Absage an das neoliberale Prinzip und gehe nur mit sozialer Gerechtigkeit. Die Linke wolle die Gesellschaft sozial und ökologisch umgestalten und den Kapitalismus überwinden, statt ihn grün anzustreichen.
Die Energiewende dürfe nicht dazu führen, dass Millionen Haushalte wegen der Stromrechnung in Zahlungsschwierigkeiten gerieten. Beutin kritisierte, die Koalition wolle große Unternehmen beim CO2-Preises entlasten, während auf der anderen Seite Wohnungsmieter den CO2-Preis bezahlen müssten.
Ministerin: Klimaschutz für alle finanzierbar
„Klimaschutz muss für alle machbar und finanzierbar sein“, sagte auch Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD). Deshalb müsse der CO2-Preis fair zwischen Mietern und Vermietern aufgeteilt werden.
Schulze betonte, das Bundesverfassungsgericht habe den Mechanismus des von ihr gegen Widerstände durchgesetzten Klimaschutzgesetzes eindeutig bestätigt. Jetzt gebe es „einen Wettbewerb der Ideen“ – und das sei gut so.
Gesetzentwurf der Grünen
Um den 1,5 Grad-Pfad des Pariser Klimaabkommens noch erreichen und den schlimmsten Auswirkungen der Klimakrise noch Einhalt gebieten zu können, müssten die deutschen Anstrengungen im Klimaschutz schnellstmöglich intensiviert werden, schreiben die Grünen in ihrem Gesetzentwurf (19/29288). Der Ausbau der erneuerbaren Energien sei dabei eine zentrale Maßnahme, um die Klimaziele zu erreichen. Doch die aktuellen Ausbaumengen reichten dafür nicht aus, so die Abgeordneten, die deshalb einen schnelleren und größeren Ausbau fordern.
Um diese Beschleunigung des Ausbaus kurzfristig zu erreichen, sollen nach Ansicht der Grünen die Ausbaumengen für die nächsten zwei Jahre erhöht werden. Dies biete zum einen Planungssicherheit für den weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien und mache deutlich, in welchem Umfang der Ausbau in den nächsten Jahren mindestens stattfinden muss, heißt es. Zum anderen böten diese zwei Jahre ausreichend Zeit, um eine vollständige Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes vorzulegen.
Überwiesener Antrag der Grünen
Die Grünen fordern in ihrem ersten, überwiesenen Antrag (19/29294) die Bundesregierung auf, noch in dieser Legislaturperiode zur Umsetzung des Urteils des Verfassungsgerichts in einem ersten Schritt eine Reform des Klimaschutzgesetzes vorzulegen, in der ein ambitionierteres Klimaschutzziel für das Jahr 2030 von minus 70 Prozent festgelegt wird. Außerdem soll der Ausbau der erneuerbaren Energien ab sofort deutlich beschleunigt werden. Umsetzungshürden beim Ausbau der erneuerbaren Energien sollen abgebaut werden, indem Planungs- und Genehmigungsverfahren durch vereinfachte Verfahren, mehr Personal und einheitliche Bewertungsmaßstäbe beschleunigt werden und darüber hinaus Repowering erleichtert wird, sodass alte Windenergieanlagen am gleichen Standort zügig durch leistungsstärkere ersetzt werden können.
Außerdem soll der Kohleausstieg auf das Jahr 2030 vorgezogen werden, indem möglichst in Abstimmung mit den umliegenden europäischen Nachbarländern ein nationaler CO2-Mindestpreis von mindestens 40 Euro eingeführt wird.
Abgelehnter Antrag der Grünen
Der Bund sollte gemeinsam mit den Ländern ein mehrjähriges Förderprogramm „Klimaneutrale Wissenschaft und Forschung“ erarbeiten, forderte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in ihrem zweiten, abgelehnten Antrag (19/28364). Danach sollten Hochschulen und Universitätskliniken unterstützt werden, bereits vor 2040 klimaneutral zu sein und als Reallabore des Wandels neue Lösungen für klima- und ressourcenschonende Lebens-, Arbeits- und Wirtschaftsweisen zu entwickeln. Das Programm sollte in ein begleitendes Monitoring eingebettet werden, um frühzeitig Schlussfolgerungen zur Weiterentwicklung des Programms ziehen zu können. Ferner sollte eine ergänzende Förderlinie für Klimaschutzinitiativen und Einzelpersonen an Hochschulen und Forschungseinrichtungen geschaffen werden, um „bottom-up-getriebene“ Veränderungsprozesse von der Basis bereits in frühen Phasen wirkungsvoll unterstützen zu können.
Zudem sollte ein Programm für die nachhaltige, klima- und ressourcenschonende Modernisierung der Infrastrukturen des Wissens sowie der energetischen, an den Prinzipien einer Kreislaufwirtschaft ausgerichteten Sanierung von Forschungsbauten, Hochschulbauten sowie den Gebäuden der Studentenwerke gemeinsam mit den Ländern entwickelt werden. Da, wo regulatorische Hürden die Orientierung am niedrigsten Preis statt Nachhaltigkeit, Klimaschutz und der Betrachtung des kompletten Lebenszyklus‘ öffentlicher Bauten vorschreiben, sollte auf eine Reform hingewirkt werden.
Ebenso sollte die Weiterbildung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Fragen zu klimaneutralem, nachhaltigem Planen und Bauen gefördert werden. Die Digitalisierung an Hochschulen sollte über eine Digitalisierungspauschale mit einem Fokus auf Nachhaltigkeit und Klimaneutralität neue Dynamik verliehen werden, die IT-Infrastruktur an Hochschulen gestärkt und die Entwicklung einer klimaneutralen Datenstrategie vorangetrieben werden. (chb/rol/eis/ste/07.05.2021)