Die aktuellen Prognosen von Banken, Zentralbanken und anderen Institutionen deuten darauf hin, dass die Inflation in absehbarer Zeit kein Problem darstellen wird. Von Axel A. Weber
23.02.2021 | 12:15 Uhr
MehrDer Internationale Währungsfonds zum Beispiel erwartet, dass die globale Inflation bis zum Ende seines Prognosehorizonts im Jahr 2025 tief bleiben wird. Doch wer sich zu sehr auf die niedrigen Inflationsprognosen verlässt, könnte böse erwachen.
Prognosemodelle haben schon lange Schwierigkeiten, die Inflationsraten vorherzusagen und liegen notorisch falsch. Die Pandemie hat das Handwerk der Konjunkturprognostiker zusätzlich erschwert. Prognosemodelle werden mit Daten der letzten 50 Jahre kalibriert. Das Wirtschaftsgeschehen seit dem Ausbruch der Pandemie ist jedoch in den letzten 50 Jahren beispiellos. Die heutigen niedrigen Inflationsprognosen sind also keineswegs ein Garant dafür, dass die Inflation tatsächlich tief bleibt.
Auch ohne zusätzlichen Teuerungsdruck werden die Inflationsraten in den ersten fünf Monaten des Jahres 2021 deutlich ansteigen. So erwartet UBS bis Mai einen Anstieg der Jahresteuerungsraten auf über 3% in den USA und gegen 2% in der Eurozone. Dieser Anstieg ist jedoch zu einem grossen Teil auf die niedrige Basis aufgrund der pandemiebedingten Lockdowns in der ersten Jahreshälfte 2020 zurückzuführen und deutet noch nicht auf steigenden Inflationsdruck hin. Erst ein darüber hinaus gehender Anstieg wäre ein Warnzeichen.
Es wird zumeist argumentiert, dass die COVID-19-Krise deflationär sei, weil die Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung die gesamtwirtschaftliche Nachfrage stärker beeinträchtigt haben als das gesamtwirtschaftliche Angebot. In den ersten Monaten der Pandemie war dies auch mehrheitlich der Fall: Im April 2020 fiel der Ölpreis beispielsweise gegen oder sogar unter null.
Betrachtet man jedoch Angebot und Nachfrage im Detail, ergibt sich ein differenzierteres Bild. So hat die Pandemie die Nachfrage von Dienstleistungen zu Waren verlagert, die aufgrund von Produktions- und Transportengpässen teilweise teurer geworden sind.
Bei der Berechnung der Verbraucherpreise werden zwar steigende Warenpreise teilweise durch sinkende Preise für Dienstleistungen, wie Flugreisen, kompensiert. In der Realität haben aber pandemiebedingte Einschränkungen dazu geführt, dass der Konsum vieler Dienstleistungen stark zurückgegangen ist, so fliegen beispielsweise deutlich weniger Menschen. Für viele ist der tatsächliche Warenkorb also teurer geworden als der Korb, den die Statistikbehörden zur Berechnung der Inflation verwendet. Folglich sind die tatsächlichen Inflationsraten derzeit oft höher als die ausgewiesenen Inflationsraten, wie von Studien auch bestätigt wird.
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