Der Mann legt Finger, die ganze Hand in die klaffende Wunde.
Was bisher mit Abermilliarden zugekleistert wurde, wird bald umso schrecklicher ans Tageslicht kommen.
Aufgeschoben ist nicht aufgehoben.
Hinzu kommt das, was Straubhaar „Robotisierung“ nennt:
MehrWährend Menschen in der Pandemie nur eingeschränkt arbeiten, machen Roboter einfach weiter. Unternehmen aller Branchen werden sich das merken – und immer mehr auf Automaten setzen. Die Politik muss nun trotz Krise gegensteuern und endlich ein kluges Steuersystem schaffen.
Menschen machen Fehler, Roboter nicht. Menschen können erkranken, Roboter nicht. Menschen müssen zu Hause bleiben (in Quarantäne oder aus Vorsichtsgründen), Roboter nicht. Menschen leiden unter Covid-19 und deren Bekämpfung, Roboter nicht.
Im Gegenteil: Roboter sind immer da, agieren rund um die Uhr, werk- wie sonn- oder feiertags problem- und klaglos – Corona und Impfchaos hin oder her. Sie erweisen sich gerade im Lockdown als Fels in der Brandung eines ökonomischen Ausnahmezustands. Sie sind die großen Profiteure der Pandemie und ihrer Folgen.
Unternehmen merken sich die unterschiedlichen Abwesenheitsrisiken von Menschen und Robotern. Noch schneller und weiträumiger, als sie das die nächsten Jahre ohnehin getan hätten, werden sie Arbeitskräfte durch Automaten und Maschinen ersetzen. So können sie sich besser gegen kostspielige Fehlzeiten von Schlüsselpersonen absichern, die mehr oder weniger überraschend und entsprechend unkalkulierbar Menschen treffen, Roboter jedoch nicht.
Gerade wer die momentan alltäglichen Bilder aus Deutschland sieht, wie in menschenleeren Fabrikhallen modernste Abfüllanlagen mit rasender Geschwindigkeit und höchster Präzision millionenfach Ampullen mit jener Flüssigkeit betanken, auf deren Wirksamkeit alle Welt hofft, weiß, dass Industrie auch hierzulande eine erfolgreiche Zukunft hat. Aber es wird eben nicht eine Industrie der Massenbeschäftigung, sondern der Arbeitslosigkeit sein.
Nicht nur in der Industrie werden Roboter voran marschieren. Auch bei Dienstleistungen und im Handel erhalten Automatisierung und menschenlose Produktionsabläufe durch Covid-19, deren Bekämpfung und deren Folgen einen Schub nach vorne. Digitalisierung und Elektronik treten mehr und mehr an die Stelle von Personal.
Exemplarisch zeigt sich beim alltäglichen Einkaufen und Bezahlen, wohin die Reise geht. Zu Bargeldgeschäften gehörte nahezu zwangsläufig der persönliche Kontakt. Ware wechselte in der Bäckerei, im Getränkemarkt oder in der Drogerie gegen Cash von Hand zu Hand.
Je klüger Automaten sind, desto besser für Kunden
Wird nun jedoch, um Infektionsrisiken zu verringern, ohnehin vermehrt mit Karte bezahlt, können die Einkäufe auch gleich kontaktlos an Self-check-out-Kassen selbst gescannt oder bei Tankstellen, Abhol- und Auslieferportalen über Eingabe einer PIN bezahlt werden, ohne jemandem nahekommen zu müssen.
Gleiche Tendenzen der Personaleinsparung durch automatisierte digitale Ersatzangebote zeigen sich bei Auskunftsstellen, Bestell- und Lieferverfahren oder beim Kundendienst – etwa für Klagen und Reparaturen. Was Alexa für den alltäglichen Hausgebrauch leistet, erfüllen elektronische Assistenzsysteme im professionellen Geschäftsverkehr, wenn es um Anfragen und Beratung, Buchungen und Bestellungen, Finanzierung und Versicherung oder komplexe Problemlösungen insgesamt geht. Sie funktionieren (weitgehend) ohne Personal über Zuruf oder digitale Signale.
An immer mehr Stellen und für immer mehr Aktivitäten ersetzen künstliche Intelligenz und durch selbstlernendes maschinelles Lernen besser trainierte und damit noch einmal leistungsfähigere Algorithmen menschliches Denken und Tun. Das ist für Deutschland zunächst einmal eine großartige Entwicklung. Denn auf der einen Seite muss ja die Hardware der Roboter, Automaten und Maschinen fabriziert werden. Und da steht die deutsche Industrie ganz weit vorne.
Wenn es um Qualität und Präzision, Effizienz und Effektivität geht, finden sich hierzulande unverändert viele Firmen des Maschinen- und Anlagenbaus sowie der Automatisierungs-, Antriebs-, Mess-, Steuerungs- und Regelungstechnik an der Weltspitze, wobei – wie beispielsweise bei Kuka, dem europäischen Marktführer aus Augsburg – ausländische Eigentümer (bei Kuka der chinesische Midea-Konzern) zusehends ein größeres Gewicht erhalten. Von der schnell wachsenden Nachfrage nach Robotern dürfte sich somit die hiesige Industrie ein gewaltiges Stück abschneiden können.
Vom Vormarsch der Roboter dürften nicht zuletzt auch die Kunden und damit die Bevölkerung insgesamt profitieren. Denn je intelligenter Algorithmen und je klüger Automaten werden, umso maßgefertigter, passgenauer und in Summe kundenfreundlicher werden Produkte hergestellt, Dienstleistungen abgewickelt und Verbraucher bedient.
Es wird in Zukunft immer weniger gute Gründe geben, nicht präzise Auskünfte, beste Qualität und günstigste Kauf- und Lieferbedingungen angeboten zu erhalten. Erklärungen und Entschuldigungen disqualifizieren sich da mehr und mehr selbst im Vorhinein als faule Ausreden.
KI: Für Arbeitnehmer bleiben zwei harte Realitäten
Aber für den Arbeitsmarkt erwirken Robotisierung und Automatisierung auch dramatische Veränderungen, die es in sich haben. Die Arbeitsproduktivität wird insgesamt steigen. Das heißt konkret in der Praxis, dass die industrielle Wertschöpfung durch immer mehr Roboter mit immer weniger Menschen (die sie im Wesentlichen nur noch kontrollieren) geschaffen wird.
Wer mit den Robotern zusammenarbeitet, darf entsprechend auf höhere Löhne hoffen. Wer jedoch von den Robotern verdrängt und ersetzt wird, verliert zunächst einmal Job und damit Einkommen. Natürlich wird die Robotisierung auch für eine Menge neuer Beschäftigungsmöglichkeiten sorgen. Aber bei allem Optimismus bleiben zwei harte Realitäten gültig.
Erstens wird die Industrie der Zukunft niemals mehr so viele Arbeitskräfte benötigen, wie es in der Vergangenheit der Fall war. Der technologische Fortschritt hat maschinelle Massenproduktion so unwahrscheinlich billig gemacht, dass es mikroökonomisch schlicht keinen Sinn mehr ergibt, Menschen dafür einzusetzen, es sei denn, man blendet alle heutigen Mindestanforderungen an Bezahlung und Behandlung der Beschäftigten aus, was aber aus normativen Gründen niemand auch nur in Betracht ziehen sollte.
Zweitens werden somit die meisten neuen Jobs im Dienstleistungsbereich entstehen. Der aber ist gerade dadurch gekennzeichnet, dass die Arbeitsproduktivität für sehr viele „dienende“ Tätigkeiten bei Weitem nicht so rasch steigen wird, wie es in der Industrie der Fall ist (für jene wenigen, die dort neben den Robotern überhaupt noch gebraucht werden). Das zeigt sich beispielsweise bei Pflegekräften, die es in der Tat in einer alternden Gesellschaft dringend in größerer Anzahl bräuchte.
Hier sind dem technischen Fortschritt natürliche Grenzen gesetzt. Bei einer menschenwürdigen Betreuung Älterer und Pflegebedürftiger wird es schwierig, alltägliche Hilfestellungen bei einfachen Notwendigkeiten, persönliche Anteilnahme, Empathie oder Seelsorge durch Roboter und Maschinen zu erledigen.
Genauso wenig lässt sich die Arbeitsproduktivität in Kindergärten, und Grundschulen steigern. Wie auch? Wohl könnte die Anzahl der zu betreuenden (Klein-)Kinder oder der zu unterrichtenden Jugendlichen pro Lehrkraft erhöht werden. Das würde zwar in den Statistiken als Produktivitätsanstieg verbucht.
In der Realität allerdings dürfte die Qualität von Anteilnahme und Unterricht schlechter und nicht besser werden, wenn anstatt fünfzehn Kindern dreißig oder mehr in derselben Tagesgruppe oder Schulklasse sitzen.
Trotz Corona muss Politik sich gegen Spaltung engagieren
Der Vormarsch der Roboter wird somit die Gesellschaft spalten. Wer die eigene Arbeitskraft durch mehr und besseres Humankapital aufpeppt (sprich: bessere Bildung aufweist, die zu mehr exklusivem Wissen und mehr spezifischem Können führt), kann mithalten. Die Person wird entweder zusammen mit den Robotern oder in deren Vorfeldern (also deren Bau, Programmierung, Weiterentwicklung und -verwendung) besser verdienen.
Oder aber sie profitiert indirekt von den positiven Ergebnissen der Robotisierung – also der höheren Arbeitsproduktivität, die bei den Eigentümern der Roboter zu höheren Erträgen und bei den noch in der Industrie beschäftigten Arbeitskräften zu höheren Einkommen führen.
Steigende Erträge und Einkommen in der Industrie kommen auch jenen Beschäftigten zugute, die höherwertige Dienstleistungen erbringen, für die es eine entsprechend hohe Zahlungsbereitschaft gibt – sei es in der Forschung für Innovation, im Gesundheitswesen für spezielle Behandlungen, im Bildungswesen für attraktive Qualifizierungsangebote, in Kunst, Kultur und Sport für Spitzenleistungen und bei einfacheren persönlichen Dienstleistungen für angemessene Qualität.
Alle anderen fallen zurück. Wer in Dienstleistungsbereichen tätig sein wird, deren Arbeitsproduktivität, wenn überhaupt, so nur im Kriechgang vorankommt, kann nicht mit stark steigenden Löhnen rechnen.
Viele Dienstleistende in Pflege und Gesundheitswesen, in Sozialeinrichtungen, Tagesstätten und Kinderheimen, bei Polizei, Wach- und Notfalldiensten haben dann zwar einen (neuen) Job, arbeiten hart, verdienen vielleicht sogar etwas mehr als früher, werden aber trotzdem abgehängt.
Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik sollten den spaltenden Entwicklungen, die mit klugen Robotern, intelligenten Automaten und selbstlernenden Maschinen zwangsläufig einhergehen, schleunigst Rechnung tragen. Unterlässt man vor lauter Sorgen um Covid-19 und ihre Bekämpfung, Abhilfe zu schaffen, dürfte sich das schneller rächen als erwartet.
Ohne eine stärkere Besteuerung der Eigentümer der Roboter und eine substanzielle Steuer- und Abgabenentlastung geringer Arbeitseinkommen, wird die Gesellschaft auseinanderdriften. Dann jedoch darf sich niemand wundern, dass auch hierzulande Polarisierung des Verhaltens statt Solidarität des Handelns zum neuen Normal des (Nach-) Corona-Zeitalters werden.
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Ob höhere Steuern …
… der Stein der Weisen ist? Und: Ein Drittel der Einkommensbezieher zahlen ohnehin keine Steuer. Da also noch mehr Steuern senken? Bringt das was? Ich weiß es nicht.
Eines aber weiß ich. Die sogenannte Pandemie ist hausgemacht, vernichtet Arbeitsplätze, spaltet die Gesellschaft. Bis in die Familien. (Klein-) Kultur ist praktisch tot. Wir gehen sehr, sehr schweren Zeiten entgegen.
Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.
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