[…] Der 22-Jährige ist seit zwei Monaten in der Türkei.
Er stammt ursprünglich aus Homs, das vom Assad-Regime kontrolliert wird. „Ich wollte nicht zum Militär und musste deshalb verschwinden“, erklärt Suleiman. Er musste einen Offizier der syrischen Armee mit 1500 Dollar bestechen, um in die Rebellenhochburg von Idlib zu gelangen. Der Preis für den Schmuggler, der ihn dann von dort in die Türkei brachte, war im Vergleich billig. „Das hat mich noch einmal 400 Dollar gekostet“, sagt Suleiman fast lapidar. Dabei musste sein Vater einige Felder verkaufen, um die Flucht seines Sohnes zu finanzieren. Trotz seiner schlechten Erfahrung mit den griechischen Soldaten, will es Suleiman noch einmal wagen. „Morgen soll es klappen, das sagen alle Leute. Wir gehen über die Grenze und niemand kann uns aufhalten.“
An der Meritsch Brücke ist auch ein junger Marokkaner namens Samir, der aus dem bekannten Ferienort Agadir an der Atlantikküste kommt. Der ebenfalls erst 22-Jährige hat schon einen Fluchtversuch über die Grenze hinter sich. Er wurde dabei von einer Kugel eines griechischen Grenzschützers getroffen. Er zeigt den blutverschmierten Verband und sein Krankenhausarmband. Im Hospital sah er einige syrische Flüchtlinge, wie er sagt, die ebenfalls Schussverletzungen hatten. Am Mittwoch sollen griechische Soldaten einen Flüchtling erschossen haben, auch türkische Medien berichteten davon. Ein griechischer Regierungssprecher dementierte das am Mittwoch entschieden und sprach von „fake news“. „Mir bleibt keine andere Wahl“, sagt Samir. „Ich bin so weit gekommen und muss es noch einmal versuchen, wo doch Morgen der große Tag sein soll.“
Nicht weit von ihm steht David, einer der wenigen Afrikaner an der Tunca Brücke. Der großgewachsene 29-Jährige mit Dreadlocks und schwarzer Kapuzenjacke stammt aus Nigeria. Er ist Maurer und Fliesenleger in einer Person. „Ich will nach Europa. Einfach in ein Land“, sagt er mit bescheiden klingendem Unterton, „in dem ich unterstützt werde, in dem ich in Frieden arbeiten und leben kann“. David glaubt an die Macht Erdogans, die Grenze ins gelobte Europa für ihn und alle anderen weit aufzustoßen. „Ich habe gehört, dass Erdogan morgen eine wichtiges Treffen hat und er kann bekanntlich gut reden“, sagt David überzeugt. „Dann werden sich unsere Probleme schon lösen.“ […]