WELTonline interviewte Dr. Curio …
… nach den Mordtaten von Halle durch Stephan Balliet.
Das Interview liegt leider hinter der Bezahlschranke. Deshalb zitiere ich umfassend. Das ist der Zeitgeschichte & der politisch-historischen Wissenschaft geschuldet. Aus gleichem Grund zitiere ich aus dem Kommentar, welcher von Mathias Döpfner ebenfalls auf WELTonline und ebenfalls hinter der Bezahlschranke geschrieben wurde.
MehrDr. Curio erwähnt im Interview die Zahlen des Generalbundesanwaltes zum politischen Terrorismus.
Hier vorab der Beleg für die von ihm erwähnten Zahlen:
Der Generalbundesanwalt hat im laufenden Jahr bislang 231 neue Ermittlungsverfahren mit Bezug zum islamistischen Terrorismus eingeleitet. Solche Verfahren beschäftigen die Behörde mit Sitz in Karlsruhe damit deutlich häufiger als rechtsextremistische Taten (15 Verfahren) oder Linksextremismus (fünf Verfahren). Das geht aus der Antwort des Bundesjustizministeriums auf eine Kleine Anfrage mehrerer AfD-Abgeordneter im Bundestag hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Die Zahlen spiegeln den Stand vom 10. Juli wider.
Damit setzt sich ein Trend der Vorjahre fort. Während es zwischen 2014 und 2016 jeweils weniger als hundert neue Verfahren zum islamistischen Terrorismus gab, stieg die Zahl 2017 sprunghaft auf 1048 und sank 2018 auf 884. Im gleichen Zeitraum gab es zum Rechts- oder Linksextremismus jeweils nie mehr als 15 neue Verfahren pro Jahr. […]
Es ist zu unterscheiden zwischen terroristischen Taten und anderen Taten, die zwar in extremistischen Motiven ihren Ursprung haben, politisch motivierte Kriminalität (PMK), aber eben kein Terrorismus sind. Die Taten werden in der polizeilichen Kriminalsstatistik zusammengefasst und analysiert. Der hohe Anteil der „rechten“ Kriminalität ist dem massiven Vorkommen der ´Propagandadelikte`geschuldet, deren Urheber allermeistens nicht dingfest gemacht werden können: Die am häufigsten verwirklichten Straftaten (mit 39,1 %) sind Propagandadelikte (bspw.
Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, §§ 86, 86a StGB). Im Bereich PMK -rechts- machen sie sogar mehr als die Hälfte aller Straftaten aus (61,6 %). Quelle: Hier klicken
Von so etwas wie einer „Welle des Rechtsterrorismus“ oder ähnlichem zu sprechen, ist reißerisch und falsch. Terrorismus in Deutschland ist in erster Linie islamischer Terrorismus. Was die Taten von Rechts- und Linksterroristen keines falls verharmlosen soll.
Jeder Terrorakt ist einer zuviel.
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Das Interview mit Dr. Curio, AfD:
Der AfD-Innenpolitiker Gottfried Curio sieht bei seiner Partei keine
Verantwortung für rechtsextreme Tendenzen. Die eigentlichen Gründe für Antisemitismus liegen seiner Ansicht nach woanders.
WELT: Herr Curio, welche politischen Forderungen ergeben sich für die AfD aus den rechtsextremistisch motivierten Morden an Walter Lübke sowie jetzt in Halle?
Gottfried Curio: Nach dem Terroranschlag in Halle ist eine antisemitische Straftat mit mehreren Toten zu beklagen. Dass dieser Anschlag glücklicherweise nicht in dem vom Täter geplanten Umfang möglich war, ist den Sicherheitsmaßnahmen an der Synagoge zu verdanken. Aber: Die Synagoge war – noch dazu an dem hohen jüdischen Feiertag Jom Kippur – nicht eigens polizeilich gesichert. Folglich ist die Prävention zum Schutz besonders gefährdeter Einrichtungen definitiv verbesserungsfähig.
WELT: Sie sprachen von einer antisemitischen Straftat, aber die Frage bezog sich auf Rechtsextremismus, was in diesem Fall angebracht ist. Denn bei dem mutmaßlichen Mörder von Halle ist der Antisemitismus offensichtlich Teil eines geschlossen rechtsextremistischen Weltbildes. Sein Hass richtet sich auch gegen Feministinnen und Muslime, er schoss in einen Döner-Laden und tötete dort einen Menschen. Daher also aus aktuellem Anlass noch einmal die Frage, welche Maßnahmen gegen rechtsextremistische Gewalttäter nötig sind.
Curio: Sie haben völlig Recht. Antisemitismus kann es rechts, links und islamistisch geben, in diesem Fall handelt es sich nach allem, was bisher bekannt ist, um einen rechtsextremistisch motivierten Täter. Über ihn erfahren wir nun, dass er im Netz vor der Tat ein Pamphlet veröffentlichte, in dem er seine gewaltbereite rechtsextremistische Gesinnung kundtat. Daraus folgt: Es ist sehr wichtig, dass der Verfassungsschutz in Zusammenarbeit mit der Polizei bei den ersten erkennbaren Anzeichen für Extremismus bei einem offensichtlichen Einzeltäter, der seine Gesinnung eventuell vorlaufend im Netz outet, ein besonderes Augenmerk auf ihn richtet.
[…]
WELT: Die AfD thematisiert immer wieder, dass nach ihrer Auffassung linke Parteien Sympathien für linksradikale und linksextreme Gruppierungen äußern und damit dort Gewaltbereitschaft fördern würden. Gemäß dieser Logik Ihrer Partei stellt sich die Frage, wie es die AfD verhindern kann, durch Sympathiebekundungen für rechtsradikale und rechtsextreme Gruppierungen eine Gewaltbereitschaft im rechten Milieu zu fördern.
Curio: Die Voraussetzung Ihrer Frage ist nicht gegeben, weil es keine Sympathiebekundungen der AfD für Rechtsradikale oder Rechtsextremisten gibt. Vielmehr ist die Rückkehr zur Rechtsstaatlichkeit eine Kernforderung der AfD. Und dies auch, um der möglichen Verbreiterung extremistischer Tendenzen entgegenzuwirken, wie sie vor allem dort befördert wird, wo massenhaft struktureller Judenhass ins Land gelassen wird, und zwar unnötigerweise. Unnötigerweise – aufgrund des sogenannten Selbsteintritts Deutschlands bei den Dublin-Regeln zum Umgang mit der Migration; gemeint ist die Abkehr vom Prinzip der Zuständigkeit des Erstzutrittstaats. Da werden Personen ins Land gelassen, zu denen Hochrisikogruppen des islamistischen Antisemitismus gehören. Hier würde eine neue politische Weichenstellung jüdisches Leben in Deutschland wieder wesentlich sicherer machen.
In Berlin finden alljährlich antijüdische Demonstrationen statt, die aus dem islamistischen und linksradikalen Bereich angefeuert werden. Bei diesem Antisemitismus besteht sehr großer Handlungsbedarf. Das zeigen auch Zahlen: 2018 hat der Generalbundesanwalt 855 Ermittlungsverfahren zum islamistischen Terrorismus eingeleitet, aber beim Rechts- und auch Linksterrorismus war die entsprechende Zahl einstellig. Das Problem des islamistischen Terrorismus ist also um den Faktor 100 größer. Das heißt: So schrecklich Taten wie die gestrige sind, so groß sind angesichts des Islamismus die Defizite bei der Reaktion auf den gewaltbereiten Antisemitismus. Wer die Sicherheitslage von Juden in Deutschland verbessern will, muss sich auch an einem Tag wie diesem fragen, ob er die größte Gefahr erkennt und zu den nötigen Weichenstellungen bereit ist.
Curio: Ich spreche über Extremismus und zitierte die tatsächlichen Zahlen der Verfahren des Generalbundesanwalts. Sie sagten, dass die AfD linken Parteien vorwirft, auf dem linksextremistischen Auge blind zu sein. Dafür gibt es Belege. Ich selber kenne hier in Berlin einen Fall, wo ein Mitglied der Linken-Fraktion im Abgeordnetenhaus sich mit einer größeren Antifa-Gruppe ganz offen an Nötigungshandlungen beteiligt hat. Daraufhin haben Sie dann eine entsprechende Beziehung zwischen der AfD und Rechtsextremen ableiten wollen, und ich habe darauf hingewiesen, dass es diese Beziehung nicht gibt.
WELT: Ich habe vorhin lediglich eine Frage in den Raum gestellt. Die hat ihren Grund unter anderem darin, dass bei der Demonstration führender AfD-Politiker in Chemnitz zahlreiche rechtsextremistische und teilweise gewaltbereite Personen anwesend waren. Daraus folgte meine Frage: Muss die AfD, wenn sie Gewaltförderung durch Sympathiebekundungen bei Linken für möglich erachtet, nicht selbstkritisch prüfen, ob sie beispielsweise durch die Ermöglichung gemeinsamer Demonstrationen mit Rechtsextremisten gewaltfördernd wirkt?
Curio: Die Kritik an den Beziehungen zwischen linken Parteien und der Antifa ist dadurch gedeckt, dass linksextremistische Gruppen durch jene Parteien tatsächlich unterstützt werden. In Chemnitz hingegen gab es eine breite Bewegung von Bürgern im Protest gegen einen Mord durch einen abgelehnten Asylbewerber, der nicht im Abschiebegewahrsam war. Die Demonstration also richtete sich gegen eine Politik, die die Voraussetzung dafür schafft, dass eine Gewalttat wie in Chemnitz überhaupt möglich wurde. Dass sich so einer Demonstration Personen anschließen, deren Weltbild man selbst nicht teilt, das lässt sich beklagen, aber nicht verhindern. Es heißt schon gar nicht, dass die AfD das Weltbild dieser Personen unterstützt, und kann deshalb erst recht nicht dafür genutzt werden, das legitime politische Ziel der AfD zu diskreditieren.
WELT: Nach Ihrer Ansicht also muss sich die AfD auch nach Halle und auch nach dem Lübke-Mord nicht fragen, ob sie unter anderem durch solche Demonstrationen eine rechte Radikalisierung fördert.
Curio: Wenn wir eine angemeldete Demonstration mit klar definierten Zielen durchführen, fördern wir nicht die Radikalisierung von Extremisten, die etwas völlig Anderes wollen als die AfD.
WELT: Der rechtsextreme Attentäter von Halle hängt offenbar dem gedanklichen Grundmuster an, dass Juden im Verborgenen die gesamte Weltpolitik zum Schaden der Völker und ihrer Freiheit steuern würden. Das Grundprinzip dieses Denkmusters einer Steuerung der Weltpolitik durch eine kleine Gruppe zum Schaden der Völker und ihrer Freiheit findet sich auch bei dem Thüringer AfD-Landesvorsitzenden Björn Höcke. Gewiss: Höcke ruft nicht zur Gewalt auf. Muss man sich aber nicht in der AfD fragen, ob solche Denkmuster, die in radikalisierten Kreisen auf große Resonanz stoßen, in der AfD ihren Ort haben können?
Curio: Bei dem Attentäter gibt es offenbar Weltverschwörungsfantasien, die nicht nur absurd sind, sondern als klar antisemitisch auch entschieden bekämpft werden müssen. Bei Björn Höcke nun soll es nach Ihrer Darstellung Äußerungen geben, zu denen ich Ihnen nur sagen kann: Wenn Sie dazu Fragen haben, dann wenden Sie sich doch an ihn.
WELT: Höckes diesbezügliche Äußerungen können Sie in einem Sonderheft des „Compact“-Verlags mit Reden von und Interviews mit Höcke lesen: Nach seiner Ansicht gibt es „eine kleine Geldmachtelite“. Die trachte „ihre Interessen auf Kosten aller Völker der Welt durchzusetzen“. Am Werke seien „wenige Dunkelmänner im Hintergrund“, nämlich „der internationale Geldmachtkomplex mit seiner krakenhaften Machtstruktur“. Sogar das Bundesamt für Verfassungsschutz sei, so Höcke, „spätestens mit dem Rauswurf von Hans-Georg Maaßen zum reinen Exekutivorgan für den völkerauflösenden und als pervers zu bezeichnenden Geist eines George Soros geworden“. Letztlich gehe es jener „Geldmachtelite“ um die „Auflösung aller Dinge“. Wie werden solche Äußerungen bewertet vom innenpolitischen AfD-Fraktionssprecher, der sich auch mit Radikalisierungsgefahren in der Gesellschaft zu befassen hat?
Curio: Diese Äußerungen von Herrn Höcke am Tag nach der Gewalttat von Halle hier einzuspeisen, scheint mir nicht der richtige Weg für den Umgang mit extremistischen Tendenzen in Deutschland zu sein. Für die konkrete Bewertung der Zitate und ihrer Zusammenhänge empfehle ich Ihnen das Gespräch mit Björn Höcke. Ich als Bundestagsabgeordneter habe nicht die Aufgabe, Exeget eines AfD-Landesvorsitzenden zu sein. Ich habe stattdessen über die strukturellen Probleme und Gründe für Extremismus in Deutschland nachzudenken, und hierzu habe ich Ihnen ja schon die Zahlen des Generalbundesanwalts genannt, aus denen klar hervorgeht, wo sich die politische Stellschraube zur Verbesserung der Sicherheitslage in Deutschland befindet, besonders für die jüdischen Mitbürger. Diese Stellschraube ist nicht die Exegese von Höcke-Texten, sondern die Korrektur einer äußerst leichtsinnigen Migrationspolitik.
WELT: Sie halten es für unangemessen, wenn ich am Tag nach Halle auf Denkmuster von Björn Höcke verweise. Ich finde es unangemessen, wenn Sie am Tag nach Halle auf Islamisten verweisen.
Curio: Nein, das ist nicht unangemessen. Ich habe zu Beginn auf die notwendige Beobachtung von rechtsextremistischen Bekenntnissen im Netz hingewiesen. In Halle allerdings wurde eine Synagoge angegriffen, und wir alle wissen um die strukturellen Gefahren, denen jüdisches Leben in Deutschland ausgesetzt ist. Die bei weitem größte Rolle spielt hierbei der Islamismus, dessen Präsenz durch die Migrationspolitik der Bundesregierung massiv verstärkt wurde.
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Der Kommentar von Martin Döpfner ist dergestalt realistisch und zutreffend, dass, wenn er denn von einem AfD-Politiker, womöglich Björn Höcke, geschrieben worden wäre, er garantiert nicht in der WELT, auf WELonline Plus veröffentlicht worden wäre. Nur das vollkommen die AfD ist da eine gruselige Alternative hätte sich Herr Döpfner verkneifen können:
Drastische Wortwahl ist der CDU-Parteivorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer wahrlich nicht vorzuwerfen. Der Anschlag von Halle sei ein „Alarmzeichen“. Alarm gibt es bei Weckern. Ist da jemand aus dem Schlaf gerissen worden?
In Halle ereignete sich eine ziemlich exakte Kopie des Attentats von Christchurch. Ein rechtsradikaler Mann filmt live, wie er sein Auto verlässt, um in einer religiösen Einrichtung (dort zwei Moscheen, hier eine Synagoge) Menschen mit einem Schnellfeuergewehr wahllos zu erschießen – wie in einem Computer-Ballerspiel.
In Halle sagt der 27-jährige Stephan Balliet, bevor er am höchsten jüdischen Feiertag, dem Jom Kippur, mit dem Morden beginnt: „Hi, mein Name ist Anon, und ich denke, der Holocaust ist nie passiert.“ Und: „Die Wurzel von all diesen Problemen ist der Jude.“ Es gelingt Balliet nicht, in das Gotteshaus einzudringen. Stattdessen erschießt er auf der Straße eine zufällig vorbeikommende Passantin und später in einer Dönerbude einen Mann. Zwei weitere Menschen werden schwer verletzt.
Und die Verteidigungsministerin spricht von einem „Alarmzeichen“. Ein Zeichen war es vielleicht, dass wenige Tage zuvor, am 4. Oktober in Berlin, ein Syrer die Absperrung einer Synagoge überwindet, „Fuck Israel“ und „Allahu Akbar“ ruft und daraufhin ein Kampfmesser zieht. Er wird festgenommen und am Tag darauf wieder freigelassen. Neben Hausfriedensbruch bestehe kein weiterer Tatverdacht. Solche Zeichen werden verstanden. Als Einladung.
Die verbale Entgleisung von AKK steht symbolisch für eine politische Kultur der Euphemismen. Immer weniger wird noch benannt, wie es ist. Es wird verschwiegen oder beschwichtigend verharmlost. Und wenn einige wenige Medien die Fakten doch nennen oder grausame Bilder trotzdem zeigen, dann werden vielfach nicht die Tatsachen beklagt, sondern wird derjenige beschimpft oder gar der Aufwiegelung bezichtigt, der die Realität beschreibt. Deutschlands Politik- und Medieneliten schlafen den Schlaf der Selbstgerechten und träumen den Wunschtraum der Political Correctness. Möchten sie nicht, dass diese Ruhe gestört wird?
Wenn in Limburg ein zuvor gestohlener Laster acht Autos rammt, dabei neun Menschen verletzt, danach der zuvor mehrfach straffällige Täter aussteigt und nach Zeugenberichten „Allah“ gerufen haben soll, dann sprechen Politiker von einem „verwirrten Einzeltäter“, ARD und ZDF berichten über den Fall zunächst fast gar nicht und sprechen dann von einem „Lkw-Vorfall“.
Wenn der HSV-Spieler Bakery Jatta eigentlich Bakary Daffeh heißt und zwei Jahre älter ist, als er angibt, dann ziehen sich die Ermittlungen der Polizei länger als vier Jahre hin, und Journalisten schauen systematisch weg. Stattdessen kritisieren einige, dass darüber berichtet wird. Das schüre Ausländerfeindlichkeit.
Wenn ein mehrfach straffälliger Mann mit einem Samurai-Schwert auf offener Straße einen Menschen in einem Stuttgarter Wohngebiet zu Tode hackt (LINK von MEDIAGNOSE gesetzt), dann entscheidet sich der Deutschlandfunk gegen eine Berichterstattung. Der Fall sei nicht relevant für ganz Deutschland oder die bundesdeutsche Gesellschaft.
Wenn in der traurig-berühmten Kölner Silvesternacht von 2015, nach der Angela Merkel eine „harte Antwort des Rechtsstaates“ verlangte, 661 weibliche Opfer von sexuellen Übergriffen identifiziert werden, 1304 Anzeigen erstattet und 52 Angeklagte beschuldigt sind, werden am Ende drei Männer wegen Sexualdelikten verurteilt.
[…]
Rapper verherrlichen Terroristen
Am 25. September war eine sogenannte Palästina-Demonstration am Brandenburger Tor geplant. Dabei sollten auch die Rapper Shadi Al-Bourini und Shadi Al-Najjar auftreten, die in ihren Texten und in sozialen Netzwerken Terroristen verherrlichen, sich über die Bewaffnung kleiner Kinder gegen Israel freuen und dazu aufrufen, die Stadt Tel Aviv zu bombardieren, niederzubrennen und die Bewohner zu vertreiben.
Juden rufen sie zu: „Ich will euch unter meinen Füßen zertreten.“ Die Rapper sollten auftreten am bekanntesten Symbol der deutschen Hauptstadt, in der vor sieben Jahrzehnten die „Endlösung der Judenfrage“, der Holocaust, die Ermordung von sechs Millionen Menschen organisiert wurde. Nur weil sie Juden waren.
Die Demonstration war und blieb genehmigt und fand statt. Lediglich der Auftritt der Terrorismusverherrlicher wurde auf massiven öffentlichen Druck hin in letzter Minute untersagt. Als bei der Demonstration ein Passant eine israelische Flagge ausrollte, wurde ihm diese von der Polizei entrissen.
Das sind keine Alarmzeichen. Das ist Systemversagen der offenen Gesellschaft. Ein Land, in dem der Bundespräsident traditionell Glückwunschbriefe an die Mullahs im Iran verschickt, in dem die Bundesregierung sich weigert, die Terrororganisation Hisbollah zu verbieten, in dem eine parlamentarische Entscheidung gegen die BDS (Aktivisten für den Boykott israelischer Produkte) von einem deutschen Leitmedium als Ergebnis finsteren jüdischen Lobbyismus kritisiert wird und in dem ein anderes Leitmedium raunend jüdischen Einfluss auf die Medien kritisiert und dann das Wort Antisemitismus in Anführungszeichen setzt – ein solches Land muss sich nicht wundern, wenn Judenhass langsam wieder gesellschaftsfähig wird und viele Juden sich ernsthaft die Frage stellen, ob Deutschland noch ihre sichere Heimat sein kann.
Rassismus und Fremdenfeindlichkeit sind in Deutschland wieder vital. Existiert haben sie immer. Entscheidend ist, wie die Mehrheit der Bevölkerung und ihre demokratisch gewählte Führung damit umgehen. Unser Umgang wirkt derzeit wie ein Brandbeschleuniger. Die Hauptursachen dafür sind:
Erstens. Eine rechtsstaatlich sehr zweifelhafte Flüchtlingspolitik, die kaum unterscheidet zwischen Kriegsflüchtlingen und Wirtschaftsflüchtlingen, also Menschen in existenzieller Not, denen wir helfen müssen, und Menschen in prekären wirtschaftlichen Verhältnissen, denen wir nicht wahllos helfen können.
Zweitens.Eine viel zu schwach besetzte und schlecht ausgestattete Polizei, die bei Prävention und Verfolgung von Straftaten und dem Schutz des öffentlichen Raumes immer öfter erkennbar kapituliert und dabei den Menschen das Gefühl vermittelt, mit ihren Problemen alleingelassen zu werden.
Drittens. Eine überforderte und teilweise wohl auch handlungsunwillige Verwaltung und Justiz, die Kriminelle und kriminelle Einwanderer nicht schnell genug identifiziert, gegebenenfalls zügig abschiebt und insgesamt den geltenden Rechtsrahmen bei der Strafverfolgung nicht annähernd ausschöpft.
Viertens. Eine politische Elite, die die Realitäten verdrängt oder ihnen entrückt ist, die redet statt handelt und oft weit mehr verspricht, als sie hält. Und die die liberale Grundordnung und unsere Verfassung nicht leidenschaftlich gegen importierte oder immanente Intoleranz verteidigt, sondern Toleranz gegenüber der Intoleranz lebt.
Fünftens. Eine mediale Elite, die Dinge zu oft eher beschwört und beschreibt, wie sie sein sollten, als zu beschreiben, wie die Lage ist. Die Haltung oft über Fakten stellt. Und so aus Rücksicht auf die gute Absicht ihre wichtigsten Wirkungsgrundlagen schwächt: Glaubwürdigkeit und Vertrauen.
Das Verschweigen von Ausländerkriminalität erzeugt Misstrauen, Verschwörungstheorien und am Ende Ausländerhass. Das einseitige Verständnis für antisemitische Grundhaltungen mancher muslimischer Einwanderer verstärkt rechts- und linksradikalen Antisemitismus. Menschen hören nicht mehr zu, wenn sie das Gefühl haben, dass Journalisten und Politiker nicht mehr sehen und sagen wollen, was ist. Dabei meinen es doch alle gut. Seit Monaten überbieten sich unsere Politiker aller Parteien (oder fast aller – die AfD ist da eine gruselige Alternative) in Sonntagsreden mit der gleichen Melodie: „Nie wieder Antisemitismus!“
Nach Halle braucht es keine einzige Demonstration, Solidaritätskundgebung oder Lichterkette mehr im Land. Wir wollen auch nie wieder „Nie wieder Antisemitismus“-Reden hören. Denn der Antisemitismus ist längst da. Jeden Tag. Allein 1800 gezählte antisemitische Straftaten im Jahr 2018 in Deutschland. Und die meisten sehen weg. Wir brauchen keine Gedenkveranstaltungen und Politikerreden.
Wir brauchen die Durchsetzung des Rechtsstaates, die Anwendung geltender Gesetze. Und eine selbstbewusste souveräne Verteidigung unserer liberalen Werte. Wir brauchen eine wirklich wehrhafte Demokratie. Wenn Deutschland die Herausforderung eines alten, nun aber neu aufflammenden islamistischen, linken und rechten Antisemitismus nicht meistert, hat es seine geschichtliche Bewährungsprobe verspielt. Die Welt schaut auf uns und will wissen, wie freiheitsfähig und wie menschlich wir nach 1945 geworden sind.
In Deutschland verschieben sich die Koordinaten. Und es braucht dringend geistige Führung, um alte Feindbilder, neues Sektierertum und irrlichternde Heißblütigkeit und Kaltherzigkeit mit klarem Kompass zu kalibrieren. Hoffnung gibt die ganz junge Generation, die sich politisch engagiert wie lange nicht mehr.
Vor allem 15- bis 30-Jährige sind es, die beispielsweise in dem so wichtigen Kampf gegen eine verantwortungslose Klimapolitik aktiv werden und Verantwortung übernehmen. Eine schöne Geste wäre es da gewesen, wenn am Tag von Halle die Demonstranten der Extinction-Rebellion-Bewegung, als es um wirkliche Extinction ging, ihre Zelte am Potsdamer Platz abgebaut hätten und geschlossen zur Mahnwache vor der Synagoge in der Oranienburger Straße gelaufen wären. Ich hoffe, es war nur eine durch Zufall verpasste Chance.
Ich jedenfalls möchte nicht in einem Land leben, in dem Menschen ihre Nachbarn wegen mangelnder Mülltrennung maßregeln, aber wegsehen, wenn Mitbürger umgebracht werden. Nur weil sie eine dunkle Hautfarbe haben. Oder Juden sind. Und ich glaube oder hoffe: Den meisten Deutschen geht das auch so.
Hinweis: In einer früheren Version wurde Annegret Kramp-Karrenbauer als CDU-Kanzlerkandidatin bezeichnet.
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Zum Schluss ein genereller Kommentar aus Österreich, der von einem Leser empfohlen wurde:
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Mehr ist zu Halle etc. nicht zu sagen, oder?
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