Kohleausstieg: Nur mit CO2-Preis hilft er wirklich dem Klima
Mehr04.06.2019 – Der Plan für den deutschen Kohleausstieg bis 2038 bietet keine Sicherheit, dass der Ausstoß des Treibhausgases CO2 unter dem Strich wirklich sinkt. Im Gegenteil könnte der Ausstieg die Emissionen durch die komplizierten Mechanismen im Europäischen Emissionshandel sogar noch steigen lassen, wie ein Team von Forschern in einer neuen Analyse zeigt. Damit der Kohleausstieg wirklich etwas bringt für die Stabilisierung unseres Klimas, muss er kombiniert werden mit einem Mindestpreis auf CO2 oder der Löschung von Emissionszertifikaten. […]
Der Spiegel meint u. a.:
Die von zahlreichen Instituten und Ökonomen geforderte zusätzliche Steuer auf Kohlendioxid wird in der Union jedoch weiterhin skeptisch gesehen.
Befürworter einer CO2-Bepreisung bekommen nun Rückenwind durch die neue Studie aus Potsdam. Diese rechnet vor, dass der Kohleausstieg allein nicht den erhofften Effekt für den Klimaschutz bringen und die Emissionen sogar ansteigen lassen könnte.
[…]
Wie ist das möglich? Die Forscher um Michael Pahle machen dafür die Marktmechanismen des Europäischen Emissionshandels verantwortlich. In ihrem Szenario erklären sie den Effekt so:
Werden Braunkohlekraftwerke nach und nach abgeschaltet, sinkt das Stromangebot auf dem Markt. In der Folge steigt der Strompreis. Nun könnten nicht ausgelastete Steinkohlekraftwerke die Stromproduktion hochfahren – und damit auch die CO2-Emissionen wachsen lassen. Die in der Stromproduktion besonders günstigen Braunkohlekraftwerke drücken derzeit den Preis, Steinkohlekraftwerke sind oft nicht konkurrenzfähig und bleiben vom Netz – dies würde sich beim sukzessiven Abschalten der Braunkohlemeiler ändern.
Hinzu komme, dass der Strombedarf ohnehin ansteige, was wiederum die Preise treibe, so die Forscher. Der zu erwartende größere Anteil an Elektroautos befeuere diese Entwicklung.
Zum Problem könnte auch der Handel mit Emissionen werden. Er funktioniert grundsätzlich nach einem einfachen Prinzip: Seit einigen Jahren müssen mehr als 10.000 Unternehmen und Stromproduzenten in der EU für jede von ihnen ausgestoßene Tonne CO2 ein Zertifikat vorweisen. Das klimaschädliche Gas wird so zum Kostenfaktor – was die Unternehmen dazu bewegen soll, ihren CO2-Ausstoß zu senken.
Aber durch den Kohleausstieg in Deutschland sinkt die Nachfrage nach Emissionszertifikaten im Europäischen Emissionshandel, weil schlicht weniger Zertifikate benötigt werden, wenn weniger Kraftwerke am Netz sind. Nach den Marktgesetzen werden die Emissionsrechte dadurch günstiger. Das könnte dazu führen, dass Kraftwerksbetreiber im europäischen Ausland weniger Anreize haben, auf regenerative Energien umzustellen und stattdessen fossile Kraftwerke stärker zur Stromproduktion heranziehen, was den CO2-Ausstoß im Ausland ansteigen ließe.
______________
So, so, der Stromverbraucher in Deutschland, der bereits die höchsten Strompreise in Europa stemmt, muss also doppelt und dreifach zahlen.
Weil der Markt ausgehebelt wird.
Mal schauen, wie lange sich die Menschen das gefallen lassen.
_____________________________________