Unter diesem Motto steht die aktuelle Meinung von …
MehrDon Alphonso***:
Deutschland im spätsozialistischen Merkel-Herbst
Weil die Meinung nicht nur wichtig, sondern m. E. vor allem richtig ist, zitiere ich gerne und umfassend:
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Angeblich, so sagte die SPD-Vorsitzende Nahles, und so bestätigten auch Umfragen, sei der Verbleib von Maaßen im Amt dem Bürger nicht vermittelbar, das Volk sei dagegen, und bei Twitter – das deutsche Politiker mittlerweile wohl oft mit dem Volk verwechseln – wurde tatsächlich beklagt, dass andere wegen eines geklauten Pfandgutscheins entlassen werden, aber Maaßen eben nicht. Nur bei der AfD stünden die Wähler hinter dem Präsidenten des Verfassungsschutzes, wurde berichtet, bei den Anhängern aller anderen Parteien gäbe es eine klare Mehrheit für seine Entlassung, nachdem diverse Medien das vehement gefordert hatten. Demzufolge müsste die AfD nun stagnieren, heftige Zuwüchse sind eigentlich nicht zu erwarten, wenn eine breite Mehrheit für jenes Exempel ist, das an Maaßen statuiert wurde. Trotzdem ist laut Insa – denen im Netz eine gewisse Nähe zum rechten Spektrum vorgeworfen wird – die große Koalition keine mehr, weil die SPD nur noch zur drittgrößten Partei nach der AfD schrumpfte.* Und rechnet man die CSU heraus, mit der die CDU und die SPD hadern, ist die AfD auf dem Weg, die größte Partei im Bund zu werden, wenn nochmal derartig turbulente Wochen mit Führungsstärke und vom Volk gewollten Rauswurf und Stürze von Fraktionschefs folgen.
Gelernte Bürger der DDR mit ostalgischen Anwandlungen haben vermutlich weniger Probleme, mit dieser kognitiven Dissonanz zu leben, in der getan wird, was das Volk will, und zwar mit Führungsstärke, und dann ändern gleichzeitig doch erhebliche Teile des Volkes und sogar der CDU/CSU-Fraktion ihre Meinung, und laufen den führungsstarken Umsetzern davon. Es erinnert an legendär-kämpferische Slogans wie Ulbrichts „Überholen, ohne einzuholen“ oder Honeckers „Den Sozialismus in seinem Lauf halten weder Ochs noch Esel auf“, und ich bin mir sicher, dass auch der Staatsrat der DDR gerne nach kleineren Verwerfungen zur Sacharbeit zurückgekehrt wäre, oder, wie Manuela Schwesig, die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, so schön sagte: Jetzt Alltagsthemen der BürgerInnen wie bezahlbares Wohnen, Kita, Rente & Pflege in den Vordergrund.
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Es sieht nicht so aus, als würden sich die Bürger wirklich mit solchen Alltagsthemen zufrieden geben. Und während die Seite, die weiterhin Seehofer entmachten will, sich über den nächsten Rücktrittsartikel bei der Prantlhausener Zeitung freuen kann, wäre auf der anderen Seite zu fragen, was genau so viele Menschen so erzürnt hat, den Spektakelparteien den Rücken zu kehren. Fünf Prozentpunkte Verlust einer Groko und drei Prozentpunkte Gewinne einer Partei, bei der man sich sicher war, sie würde sich als Chaotentruppe im Bundestag nach ein paar Wochen selbst entzaubern, sind erklärungsbedürftig. Speziell, wenn die anderen Parteien bis in die Opposition hinein, die Medien und Twitter der Auffassung sind, dass Maaßen wirklich weg, Merkel unbedingt im Amt bleiben und die AfD klein gehalten werden müsste.
Ich bin übrigens privat der Meinung, dass Maaßen schon längst wegen seines Verhaltens beim NSA-Skandal und beim Skandal um Netzpolitik.org rücktrittsreif war, aber damals agierte er noch als Stütze der Regierungsparteien. Ich weine ihm keine Träne nach. Sein Nachfolger wird vermutlich genau da weitermachen, wo Maaßen aufhört. So ist das eben mit Behörden und ihrem Eigenleben, und die von vielen Linken gewünschte Auflösung des Amtes wird es auch nicht geben. Aber da ist noch etwas anderes, nämlich die sogenannte Fürsorgepflicht nach §45 BeamStG: „Der Dienstherr hat im Rahmen des Dienst- und Treueverhältnisses für das Wohl der Beamtinnen und Beamten und ihrer Familien, auch für die Zeit nach Beendigung des Beamtenverhältnisses, zu sorgen. Er schützt die Beamtinnen und Beamten bei ihrer amtlichen Tätigkeit und in ihrer Stellung.“ Mächtige haben sich oft nicht darum geschert, wenn Beamte aufgemuckt haben – sei es im hessischen Steuerfahnderskandal oder der Umgang mit Wilhelm Schlötterer in Bayern, und entsprechend geharnischt waren die Reaktionen der gesamten Öffentlichkeit. Das hat damit zu tun, dass die Bürger der Verwaltung oft eher über den Weg trauen als den Politikern, die es mit der Wahrheit nicht genau nehmen, und das im vollen Wissen, dass sie oft genug damit ungestraft davon kommen:
Maaßen wird sein Zweifel an der Echtheit eines Videos vorgeworfen, das ein mutmaßlich von einem rechtsradikalen Facebook-Nutzer erstellt und von einem linksradikalen Account verbreitet wurde – ohne die vorherigen Aussagen der Bundeskanzlerin und des Regierungssprechers wäre dieser Zweifel angesichts der Herkunft ein ganz normaler Vorgang für den Verfassungsschutz gewesen. Es gibt Vermutungen, dass das ursprüngliche Video aus einem Umfeld stammt, das der „Gruppe Freital“ gegenüber nicht unfreundlich gesonnen ist, und die Macher von „Antifa Zeckenbiss“, die mutmaßlich deren Netzaktivitäten überwachten und das Video kürzten, sind klar im Umfeld der militanten Antifa Sachsens anzusiedeln. Kein Verfassungsschützer sollte sich auf derartiges Material blind verlassen, und auch kein Politiker.
Auf dem Weg zu dieser Äußerung, die letztlich zu Maaßens Neuverwendung führte, gab es noch eine ganze Reihe anderer Ereignisse, die darüber etwas in Vergessenheit geraten sind. Da waren ein Totschlag und zwei Schwerverletzte in Chemnitz. Da war ein schon vorher polizeibekannter Verdächtiger, der abgeschoben werden sollte. Da ist ein dritter Verdächtiger, dem man erst zu spät auf die Spur kam, und der bis heute immer noch auf der Flucht ist. Auch da sind Beamte und Behörden am Werk gewesen, die nicht in der Lage waren, die Opfer zu schützen. Es gab ein Konzert mit linksradikalen Gruppen, von denen eine sang, sie ramme das „Messer in die Journalistenfresse“ – veranstaltet von der städtischen Chemnitzer Wirtschaftsförderungs- und Entwicklungsgesellschaft mbH. Die „Tagesschau“ verwendete falsche Szenen bei der Berichterstattung über Chemnitz – aber bislang ist Maaßen der einzige, der neben einer öffentlichen Jagd bis hin zu einem Vergleich mit dem NS-Funktionär Globke persönliche Konsequenzen zu ertragen hat. Auf Maaßen haben sich Medien, Regierung und Opposition und Internet eingeschossen, und Merkel und Nahles fühlten sich stark genug, ihn absetzen zu lassen, statt klugerweise von einem Fehler zu reden, der mal passieren kann, und dann schweigend darüber hinweg zu gehen.
Dass es überhaupt so weit gekommen ist, dass es Verbrechen wie in Chemnitz und Debakel verhinderter Abschiebungen gibt, liegt aber zuerst am Umstand, dass die Massenmigration erlaubt, erwünscht und durch öffentliche Aussagen für gut befunden wurde – durch exakt jene Politiker, die nun Maaßen an den Kragen wollten. Die ganze Situation ähnelt einem Worst Case Szenario einer scheiternden Firma, die ein Großprojekt vor die Wand setzt: Es gibt von ganz oben bis ganz unten viele Beteiligte, die alle ihren Teil dazu beitragen, dass die ursprüngliche Idee in Misskredit gelangt. Wenn sich jetzt in Flensburg schon wieder herausstellt, dass ein mutmaßlicher Täter kein unbegleiteter Minderjähriger ist, sondern als Erwachsener in einem Heim untergekommen ist, müssen irgendwo in den Behörden auch Beamte sein, die hier eine massive Fehleinschätzung vorgenommen haben. Wenn sich zeigt, dass ein mutmaßlicher Täter nur aufgrund seiner Selbstauskunft im schriftlichen Verfahren eine Anerkennung als Asylbewerber bekam, liegt die Vermutung nahe, dass hier mehr als nur ein kleiner Behördenmitarbeiter versagt hat. Das deutsche Asylsystem wurde unter der Behauptung „Wir schaffen das“ offensichtlich massiv überlastet – nicht von den kleinen Beamten im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, und nicht von den Beamten im Landratsamt Miesbach, die Turnhallen umbauen und Betten wegen Krätzegefahr reinigen mussten, und die bis heute nicht wissen, wo der TBC-infizierte Flüchtling abgeblieben ist, der 2015 einfach verschwand. Die Überlastung kam von den politisch Verantwortlichen. Ganz oben: Politiker von CDU und SPD, von Fraktionsleitern wie Kauder, und an der Spitze Angela Merkel.
Es drängt sich im Fall Maaßen der Eindruck auf, dass über ihn exakt jene Gericht sitzen, die für die desolate Lage und das Versagen der überforderten Ämter verantwortlich sind: Spitzenpolitiker, die die Folgen ihres Handelns entweder nicht begreifen konnten, oder die Folgen zusammen mit der Opposition und weiten Teilen der Medien schöngeredet haben. Der versprochene Businessplan der Migration sah Facharbeiter und Wirtschaftsboom vor, friedliches Zusammenleben und Integration, und dass niemandem etwas weggenommen werde. Jetzt stellt sich heraus, dass die Regierung in den nächsten drei Jahren 1,5 Millionen neue Wohnungen braucht, die durch öffentliche Gelder mitfinanziert werden, und Bundestagspräsident Schäuble mahnt an, man sollte keine falschen Hoffnungen schüren, dass die Rückführung vieler Flüchtlinge gelänge. Komischerweise hat genau das bei unserer Bürgerversammlung in Gmund ein bayerischer CSU-Politiker auch schon 2015 gewusst, als die Grenzen auf dem Balkan noch offen waren. Es ist nicht so, dass die Willkommenskultur durch eine unabsehbare Fehlentwicklung zum Desaster wird, mit täglichen Messerstechereien und rechtsextremen Aufmärschen. Maaßen stolperte über ein paar unkluge Sätze. Aber die Verantwortlichen von 2015 sind immer noch an der Macht, und entscheiden mit Hilfe der öffentlichen Empörung über sein Schicksal.
Das ist, einfach gesagt, ein Szenario, das viele aus Firmen und Behörden kennen: Egal ob Ruinen wie der BER oder Milliardenkosten bei Stuttgart 21 oder die Drohne Eurohawk oder die Willkommenskultur, die politische Verantwortung wird nicht gezogen, da gleichen die Merkeljahre durchaus dem erstarrten System der späten Sowjetunion. Abweichende Entscheidungen von Parlamentariern werden als unzulässiger Affront gesehen. Wenn etwas so schief geht, dass man es nicht beschönigen kann, und die Leute auf die Straße gehen, wird lieber ein Schauprozess veranstaltet, und der Unterschied zum alten Ostblock in diesem Fall ist nur, dass Horst Seehofer nicht mitgespielt hat: So wurde aus der beabsichtigen und erhofften öffentlichen Hinrichtung von Maaßen eine irreparable Beschädigung von Nahles und eine Demonstration der Machtlosigkeit von Merkel, möglicherweise mit der Folge, dass in der CDU/CSU-Fraktion die einen Tauwetter verspürten, und die anderen eventuell eine sehr bayerische Hinterrücksabsprache gegen Kauder hatten. Aber die Leute draußen, das Volk, die Arbeitnehmer, die Untergebenen, die kennen solche Machtspiele, die auf ihren Rücken ausgetragen werden. Und ich habe meine Zweifel, ob Arbeitnehmer, Angestellte und Beamte genau den Typus des verantwortungslosen Mobbers und Fehlplaners an der Spitze der Regierung sehen wollen, den sie von der Dieselkrise über die Energiewende bis zur Finanzkrise in der Merkelzeit dauernd erleben mussten. Wer das nicht mehr erträgt, wer da bei der weiteren und erkennbaren Fehlentwicklung nicht mehr mitwirken will, hat bei den Wahlen leider nicht wirklich viele Alternativen.
Völlig normale Twitternutzer, die AfD propagieren, sehen das. Die Umfragen zeigen das. Die Verzweiflung der Sozialdemokraten an den Ständen in Bayern beweist das. Mein CSU-Bürgermeister im Dorf des Oberlandes hat das 2015 genau so vorher gesagt, als in den Medien noch behauptet wurde, es kämen Ärzte und Ingenieure**. Meine Quelle im Landratsamt Eichstätt sagte 2015, dass es nicht zu bewältigen ist, und die sozialen Verwerfungen viele Jahre bleiben werden.
Jeder Zweifel wurde damals weggebügelt, und jetzt lobt Kramp-Karrenbauer wieder Merkels Führungsstärke, während in Italien extrem harte Gesetze gegen Migration erlassen werden, die absehbar die nächste Reisewelle in den Norden auslösen werden, und Macron die Häfen so dicht macht, wie der gescholtene Orban 2015 die Grenzen Ungarns. Nur in Deutschland feuert man jemanden, der Zweifel an Internetvideos hat, und versteht im totalen Zerfall der Nachkriegsverlässlichkeit nicht, warum sich die AfD nicht endlich selbst zerlegt, wo man dem Volk doch so schöne Schauprozesse gegen Beamte liefert, und neue Fraktionsvorsitzende sofort wieder Ergebenheitsadressen formulieren.
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**Mehr dazu von Merkels Geheimberater: Hier klicken
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***Dank an WELTonline, dass der Don noch veröffentlicht wird. Wer in jeder Hinsicht quasi das Gegenteil von Don Alphonso lesen möchte, wird auf WELTonline ebenfalls – aber gratis – fündig: Hier klicken :
Über den Sachverhalt Grote im Landtag zur AfD werde ich noch ausführlich schreiben: Der Artikel erscheint am 30.9.2018 um 11:00 Uhr.
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