… interviewt Ulrike Schielke-Ziesing (AfD).
Der Haushalt 2024 wurde vom Bundestag verabschiedet und vom Bundesrat durchgewunken.
Im folgenden ein Interview, das in der nächsten Ausgabe der Wochenzeitung „Das Parlament“ (Erscheinungstag: 3. Februar 2024) veröffentlicht wird.
AfD-Bundestagsabgeordnete Schielke-Ziesing meint:
„2026 droht der Rentenversicherung die Zahlungsunfähigkeit“
[…]
Nach den Kürzungen der staatlichen Zahlungen durch die Ampel-Koalition könnte der Rentenversicherung bereits in zwei Jahren die Zahlungsunfähigkeit drohen. Diese Ansicht vertritt die AfD-Haushalts- und Sozialpolitikerin Ulrike Schielke-Ziesing in einem Interview mit der Wochenzeitung „Das Parlament“ (3. Februar 2024).
Nach Angaben der Abgeordneten hätte der Staat neben den Beiträgen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern eine Finanzierung der Rentenversicherung in Höhe von einem Drittel zu leisten. Durch die Kürzungen der Ampelkoalition und den Verzicht auf eine ursprünglich geplante zusätzliche Zahlung summieren sich die Einnahmeausfälle für die Rentenversicherung auf 6,8 Milliarden Euro für die nächsten vier Jahre. Damit werde es für die Rentenversicherung schwierig, die Renten weiterhin wie gewohnt auszuzahlen. „Wenn diese enormen Kürzungen beibehalten werden, wird die Rentenversicherung im Jahr 2026 fast zahlungsunfähig sein, weil die Nachhaltigkeitsreserve dann aufgebraucht sein wird. Die Kürzung der Zuschüsse durch die Ampelkoalition ist unverantwortlich“, kritisiert die Abgeordnete.
Schielke-Ziesing hält den Bundeshaushalt 2024 insgesamt für verfassungswidrig. Die Schuldenbremse werde nicht eingehalten. Die Neuverschuldung betrage tatsächlich 77 Milliarden Euro. Außerdem sollten für die Aktienrente noch zwölf Milliarden Euro Kredite aufgenommen werden, die die Bundesregierung als nicht schuldenbremsenrelevant ansehe. „Ob das beim Bundesverfassungsgericht auf Beifall stoßen würde, ist sehr fraglich. Die Union könnte klagen. Wir sind alle sehr gespannt, ob sie das tun wird“, erklärte Schielke-Ziesing.
Das Interview im Wortlaut:
Das Parlament: Der Bundeshaushalt 2024 ist nach Ansicht des Finanzministers ein Haushalt mit Rückkehr in die finanzpolitische Stabilität. Investitionen steigen, die Schuldenbremse wird eingehalten. Bringt dieser Etat das Land voran?
Ulrike Schielke-Ziesing: Ein klares Nein. Die gesamten Beratungen zum Haushalt waren ziemlich irre. Schon vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zeigte sich die Koalition stark zerstritten. Und von dem Urteil schien die Koalition völlig überrascht zu sein. Das Verfahren war total konfus. Eigentlich müsste die Regierung sparen, aber Sparen findet nicht statt. Stattdessen werden Steuern erhöht, und es wird in die Kasse der Rentenversicherung gegriffen.
Das Parlament: Steuererhöhungen waren laut Koalitionsvertrag aber ausgeschlossen. Was sagen Sie vor diesem Hintergrund zum Haushaltsfinanzierungsgesetz, das massive Mehrbelastungen vor allem für Landwirte vorsieht?
Ulrike Schielke-Ziesing: Es geht den Bürgern und den Firmen nicht gut. In einer Phase der Rezession und steigender Zinsen die Steuern zu erhöhen, kann doch nichts bringen. Das ist nicht gut für unser Land. Einige Belastungen für die Landwirte wurden zurückgenommen. Dafür geht die Regierung jetzt den Fischern ans Geld, die sich nicht so gut wehren können wie die Bauern. Dabei brauchen wir eine funktionierende Landwirtschaft und müssen in der Lage sein, uns selbst verpflegen zu können ohne Importe.
Das Parlament: Angesichts der Nutzung von Schattenhaushalten ist die Neuverschuldung weit höher als von der Bundesregierung angegeben. Halten Sie den Haushalt nach dem Urteil für verfassungsfest?
Ulrike Schielke-Ziesing: Die AfD-Fraktion würde zwar beim Bundesverfassungsgericht klagen, erreicht aber alleine nicht das erforderliche Quorum von 25 Prozent. In unseren Entschließungsanträgen haben wir darauf hingewiesen, dass die Schuldenbremse nicht eingehalten wird. Die Neuverschuldung beträgt tatsächlich 77 Milliarden. Außerdem sollen für die Aktienrente noch zwölf Milliarden Euro Kredite aufgenommen werden, die nach Ansicht der Regierung nicht schuldenbremsenrelevant sind. Hier wird sehr viel herum- und uminterpretiert. Ob das beim Bundesverfassungsgericht auf Beifall stoßen würde, ist sehr fraglich. Die Union könnte klagen. Wir sind alle sehr gespannt, ob sie das tun wird.
Das Parlament: Die Rentenversicherung muss mit Milliardenbeträgen aus der Staatskasse gestützt werden. Trotzdem sinkt das Rentenniveau immer weiter. Zudem sind Renten auch noch steuerpflichtig. Was kann getan werden, um die Rente zu stabilisieren?
Ulrike Schielke-Ziesing: Neben den Beiträgen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern hätte eigentlich auch der Staat eine Finanzierung der Rentenversicherung von einem Drittel zu leisten. Wenn der Staat tatsächlich seinen Anteil von einem Drittel übernehmen würde, dann hätte die Rentenversicherung kein Problem. Aber jetzt kürzen Sozialminister Hubertus Heil und die Ampelkoalition den Zuschuss. Vor dem Urteil des Verfassungsgerichts sollten 600 Millionen Euro pro Jahr weniger an die Rentenversicherung fließen. Da nach dem Urteil noch mehr Geld fehlte, wurde der Zuschuss um weitere 600 Millionen Euro abgesenkt. Da früher zudem noch eine zusätzliche Zahlung von 500 Millionen Euro in Aussicht gestellt worden war, summieren sich die Einnahmeausfälle für die Rentenversicherung auf 6,8 Milliarden Euro für die nächsten vier Jahre.
Das Parlament: Was bedeutet das?
Ulrike Schielke-Ziesing: Damit wird es für die Rentenversicherung schwierig, die Renten weiterhin wie gewohnt auszuzahlen. Wenn diese enormen Kürzungen beibehalten werden, wird die Rentenversicherung im Jahr 2026 fast zahlungsunfähig sein, weil die Nachhaltigkeitsreserve dann aufgebraucht sein wird. Die Kürzung der Zuschüsse durch die Ampelkoalition ist unverantwortlich.
Das Parlament: Die Koalition rühmt sich für die Einführung des Bürgergelds und hat es zum Jahresbeginn stark erhöht. Es gibt 5,5 Millionen Bezieher. Ist das noch bezahlbar?
Ulrike Schielke-Ziesing: Die Erhöhung um zwölf Prozent zum Jahresbeginn ist nicht vermittelbar. Das Bürgergeld wird jetzt mit Kosten von 46 Milliarden Euro im Jahr veranschlagt. Das dürfte jedoch nicht ausreichen, weil die Erhöhung noch nicht berücksichtigt worden ist. Schon 2023 waren die Kosten zu gering angesetzt, und es musste während des Jahres drei Mal Geld nachgeschossen werden. Das wird dieses Jahr wieder passieren. Das Bürgergeld ist viel zu hoch. Das Lohnabstandsgebot wird nicht eingehalten.
Das Parlament: Maßnahmen wie gegen sogenannte Totalverweigerer sollen das System entlasten. Bringt das was?
Ulrike Schielke-Ziesing: Der Begriff Totalverweigerer ist schwammig. Es gibt keine klare Definition. Bei einer Anhörung im Haushaltsausschuss waren sich die Experten nicht einig, ob eine Kürzung um 100 Prozent überhaupt möglich wäre. Die Menschen müssen schließlich von irgendwas leben. Und wie sieht es aus, wenn Kinder betroffen sind und Angehörige? Bei Hartz 4 gab es stufenweise Kürzungen. Aber ob eine Kürzung um 100 Prozent möglich ist, bezweifle ich.
Das Parlament: Wie stehen Sie dazu, dass Flüchtlinge aus der Ukraine sofort nach ihrer Ankunft in das Bürgergeld-System aufgenommen werden?
Ulrike Schielke-Ziesing: Wenn ein Vergleich gezogen wird, wie vielen der ukrainischen Flüchtlinge in den europäischen Aufnahmestaaten arbeiten, werden große Unterschiede deutlich. In Deutschland beziehen die Ukrainer eher Bürgergeld. Diese Menschen sind recht motiviert nach Deutschland gekommen. Doch dann haben sie das deutsche Sozialsystem kennengelernt. Wenn es dann heißt, warum arbeiten, wenn es auch Bürgergeld gibt, kann man diese Ukrainer verstehen. Das Bürgergeld hat eine zu große Anreizwirkung. Aber ich habe Zweifel, dass die in der Koalition diskutierten Maßnahmen zur Reduzierung dieser Anreizwirkung Erfolg haben werden.
Das Parlament: Ein weiteres Kapital ist die sogenannte Kindergrundsicherung mit der Schaffung einer neuen Behörde mit 5.000 Stellen. Sie lehnen das ab. Warum?
Ulrike Schielke-Ziesing: Es gibt mit den Kindergeldkassen bereits funktionierende Strukturen. Warum muss jetzt eine neue Behörde mit 5.000 Stellen geschaffen werden, um das zu machen, was bisher die Kindergeldkassen machen? Das ist widersinnig. Überall ist von Fachkräftemangel die Rede, auch in den Verwaltungen. Daher verstehe ich nicht, dass jetzt 5.000 Stellen für ein Amt für die Kindergrundsicherung geschaffen werden sollen. Die Regierung ist personell ohnehin schon viel zu stark aufgebläht worden. Es entstehen immer neue Behörden, und es werden immer mehr Mitarbeiter gebraucht.
Das Parlament: Und was kann dagegen getan werden?
Ulrike Schielke-Ziesing: Notwendig ist die Schaffung strafferer Strukturen. Durch mehr Digitalisierung kann man mit weniger Personal auskommen. Doch auf die Idee ist in der Regierung noch niemand gekommen.
Das Parlament: Sie haben scharfe Kritik am Einzelplan des Familienministeriums geübt, weil zu wenig für Familien getan werde. Was kritisieren Sie besonders?
Ulrike Schielke-Ziesing: Ich kritisiere die Kürzung des Elterngeldes. Im Einzelplan musste sicherlich gekürzt werden. Aber das ist nach unserer Auffassung an der falschen Stelle geschehen. An anderer Stelle wird hingegen viel Geld für Vereine und Institutionen ausgeben, deren Förderung im Etat des Familienministeriums nichts zu suchen hat. Das Elterngeld hat den Sinn, dass Eltern sich um ihre Kinder kümmern können, völlig unabhängig davon, was die Eltern verdienen. Das gilt besonders für die gemeinsamen Partnermonate von Müttern und Vätern. Dadurch wachsen Familien zusammen. Das war auch die Begründung für die Einführung. Dass die Abschaffung dieser Partnermonate jetzt von der Koalition gefeiert wird, ist vermessen.
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