Die Meldung, eine Million Menschen sei durch die Covid-Impfung gerettet worden, machte vergangene Woche große Karriere, schaffte es in die Leitmedien und sogar in die Bundestagsdebatte. Dort wurde sie genutzt, um einen Covid-Untersuchungsausschuss zu verhindern. Wer der Quelle dieser Meldung und ihrer Substanz nachforscht, endet freilich im Nichts.
Fangen wir ganz harmlos an. Generationen wurden mit dem vom Kindergaumen ungeliebten Spinat malträtiert, weil er angeblich besonders gesund und eisenreich sei. Das Ganze schien so zweifelsfrei wissenschaftlich erwiesen, dass sich keiner traute, es mal nachzuprüfen. Irgendwann hat es doch einer getan, und heraus kam, dass frischer Spinat zu 90 Prozent aus Wasser besteht und daher nur 3,5 Milligramm Eisen auf 100 Gramm enthält. Das ist nicht schlecht, aber keineswegs ein Grund, den Nachwuchs mit dem Grünzeug zwangszubefüttern. Weizenkleie bringt es auf 16 Milligramm, Zuckerrübensirup sogar auf 23 Milligramm und – für den nachwachsenden Karnivoren – Blutwurst immerhin auf 30 Milligramm.
In die gleiche Kategorie von Gerüchten, diesmal um Erwachsene zu erschrecken, fällt die beliebte Meldung, es vollziehe sich derzeit ein aberwitziges Artensterben („Das größte Massensterben seit 66 Millionen Jahren“), stets garniert mit anschaulichen Formulierungen wie etwa im Deutschlandfunk: „Heute sterben jeden Tag etwa 150 Arten – Tiere und Pflanzen – auf dieser Welt aus, kehren nie wieder zurück“.
Dabei ist zunächst die schwankende Quantität der Todesstrecke ein Zeichen für unsicheres Terrain: Stirbt eine Art pro Jahr aus, wie das Worldwatch Institute 1978 feststellte? 130 pro Tag, wie Angela Merkel einst als Umweltministerin mahnte? Acht pro Minute, wie die UN-Umweltorganisation UNEP 1996 warnte? Oder gar fast die gesamte Flora und Fauna des Planeten, wie ein Vertreter des Naturschutzbundes (NABU) vermutete („1,5 Millionen Arten bis 2020“)? Egal welche Zahl da in einer Diskussion bemüht wird, empfehle ich, mit folgender Aufforderung zu erwidern: „Nennen Sie mir bitte eine davon“. Danach herrscht meist Schweigen im Walde.
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