Strom & Energie & Kernkraft aktuell: Auch mit 110% Erneuerbaren wird das nichts!

Ähnlich sieht es der Kommentator der FAZ. Er bringt Belege:
Quelle Ausschnitt, Text & kompletter Artikel*

Eine der bekanntesten Hymnen der Friedensbewegung ist Bob Dylans „Blowin‘ in the Wind“ von 1963. Mit etwas Phantasie kann man dieses Lied auch auf den Klimawandel beziehen, etwa den steigenden Meeresspiegel. „Wie viele Jahre muss ein Berg existieren, bevor er in die See gespült wird?“, heißt es im Original. In der deutschen Version fragte Marlene Dietrich: „Wie großes Unheil muss erst noch geschehen, damit sich die Menschheit besinnt?“ Dann folgte der eingängige, zum Sprichwort gewordene Refrain: „Die Antwort, mein Freund, die weiß allein der Wind.“

Auch die Antwort für den Klimaschutz ist im Wind zu finden. Jedenfalls wenn es nach den deutschen Plänen zur Energiewende geht. Keine andere erneuerbare Quelle ist hierzulande auch nur ansatzweise so bedeutsam wie die Windkraft. 2022 stammten fast 18 Prozent der Bruttostromproduktion aus Anlagen an Land (Onshore) und weitere 3 Prozent aus jenen im Meer (Offshore). Zusammen waren On- und Offshore so bedeutsam, dass die Windkraft sogar den wichtigsten fossilen Träger hinter sich ließ, die Braunkohle. Und das trotz des Wiederanfahrens einiger Kraftwerke in der Energiekrise.

Kohle in der Stromerzeugung bestimmend

Zählt man Braun- und Steinkohle zusammen, bleibt die Kohle mit mehr als 31 Prozent der Stromerzeugung freilich bestimmend. Sie zu ersetzen wird nicht einfach: In sieben Jahren gehen in Westdeutschland die letzten Kohlekraftwerke vom Netz. Spätestens 2038 gilt das auch für Ostdeutschland. Die Kernenergie ist im ganzen Land schon abgeschaltet, sie steuerte 2022 immerhin 6 Prozent bei. Weniger rosig sieht es für die Windkraft aus, wenn man sich den gesamten Energieverbrauch anschaut, also auch für den Verkehr, das Heizen, die Industrie. Im Primärenergieverbrauch führte 2022 mit mehr als 35 Prozent das Mineralöl die Tabelle an, gefolgt vom Erdgas und der Kohle. Alle Erneuerbaren zusammen schafften nur 17,2 Prozent, nicht einmal die Hälfte des Öls. …

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Einschub MEDIAGNOSE

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… Diese Betrachtungsweise ist entscheidend, denn darauf bezieht sich die Energiewende mit den einzelnen „Sektoren“, nicht auf den Strom allein. In der Gesamtschau sind die fossilen Quellen nach wie vor viereinhalbmal wichtiger als die regenerativen. Mit der Elektrifizierung des Verkehrs und der Gebäudewärme wächst der Stellenwert des Stroms allerdings stark. Zwar benötigen Teile der Mobilität und der Industrie auch künftig Moleküle, dann bevorzugt in Form von Wasserstoff. Aber auch dieser soll vor allem über die Elektrolyse gewonnen werden. Insofern ist es nicht falsch zu sagen, dass die Dekarbonisierung mit der für 2045 angestrebten Treibhausgasneutralität vom Ausbau der Windkraft abhängt.

Aus der Nordsee ein „großes grünes Windkraftwerk“ formen

Um diesen war es lange nicht gut bestellt. An Land ging es nur langsam voran, auf dem Meer fast gar nicht. Gern wird diese Verzögerung der alten Bundesregierung in die Schuhe geschoben, obgleich sie in ihrem sozialdemokratischen Teil mit der heutigen identisch war. Auch heißt es, die unionsgeführten Länder, vor allem Bayern, seien schuld, etwa wegen der Abstandsregeln von Windrädern.

Dabei lief der Ausbau in Baden-Württemberg, dem einzigen von einem grünen Ministerpräsidenten geführten Bundesland, auch nicht viel besser. Was ebenfalls gern vergessen wird: Selbst wenn ausreichend Flächen ausgewiesen wurden, fanden sich nicht genügend Investoren. Die steigenden Preise für Rohstoffe ließen sich am Markt nicht wieder einspielen, viele Ausschreibungen blieben unterzeichnet, Anlagenbauer verschwanden oder bauten Personal ab. Das geschah, obgleich der Bedarf in allen Projektionen fast unermesslich war und ist.

Wenn das Bild nicht so schief wäre, könnte man sagen: Jetzt gibt der Bund kräftig Gas bei der Windkraft. Die Netzagentur hat die Höchstwerte für Onshore-Ausschreibungen um ein Viertel erhöht, sodass die Teilnahme für Investoren wieder interessanter wird. Genehmigungen und Planungen werden erleichtert, weil die Erneuerbaren Priorität genießen, die Länder müssen 2 Prozent ihrer Flächen für Wind ausweisen. Auch auf dem Meer geht es voran: Am Montag haben die Anrainer ihren Beschluss vom vergangenen Jahr noch ausgeweitet, aus der Nordsee ein „großes grünes Windkraftwerk“ zu formen. Es ist unverkennbar, dass Vertrauen und Zuversicht zurückkehren.

Doch ob der riesige Ausbau tatsächlich gelingt, steht in den Sternen. Allein an Land müssen theoretisch fünf neue Anlagen am Tag entstehen. Sogar Herkules käme bei dieser Aufgabe ins Schwitzen. Klar ist außerdem: Selbst wenn die Kapazitäten erreicht werden, braucht es für Zeiten der Flaute fossile Kraftwerke im Hintergrund. In diesem Februar zum Beispiel ist die deutsche Windstromerzeugung stark gesunken: um sage und schreibe 41 Prozent.

Christian Geinitz , Wirtschaftskorrespondent in Berlin

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*Weil das Thema außerordentlich wichtig für die Fragestellung „Strom, Energie &Klimawandel“  ist, zitieren wir den Text . Verweise und Kommentare der Leserschaft lesen Sie, wenn Sie FAZplus testen/abonnieren.  Wir empfehlen FAZplus ausdrücklich: 30 % sparen & nur knapp 100€ im ersten Jahr zahlen.

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