Windkraft viel Strom verspricht, aber wenig bringt.
Visuellen Karte und Quelle des folgenden Textes:
Was ist mit dem Begriff Auslastung gemeint?
Die Auslastung bezeichnet den sogenannten Kapazitätsfaktor. Dieser ergibt sich aus der jährlich produzierten Strommenge in Kilowattstunden (kWh) geteilt durch das Produkt aus Nennleistung der Anlage in Kilowatt (kW) und den 8760 Stunden eines Jahres.
Wann ist eine Anlage wirtschaftlich?
Die Auslastung ist ein Faktor, der dabei eine Rolle spielt. Es gibt aber noch weitere: etwa die Art und Höhe der staatlichen Förderung sowie deren Zusammenspiel mit den Preisen am Strommarkt. Denn Deutschland fördert mit dem sogenannten Referenzertragsmodell den Ausbau auch an schlechten Standorten. Laut einer Berechnung des Deutschen Windenergie-Instituts aus dem Jahr 2003 beginnt die Wirtschaftlichkeit grosser Anlagen in Deutschland ab einer Auslastung von 23%. Damals erhielten die Betreiber allerdings eine sehr hohe feste Einspeisevergütung vom Staat. Mit dem heutigen Marktprämienmodell hält der Leiter des Stuttgarter Lehrstuhls für Windenergie, Po Wen Cheng, einen Richtwert von etwa 30% für realistisch. Projektentwickler von Windparks wollten sich dazu auf NZZ-Anfrage nicht äussern. (Anm. d. Red, 8. 11. 2022: In einer früheren Version des Artikels war der Zusammenhang zwischen Auslastung und Wirtschaftlichkeit missverständlich formuliert.)
Wie wurde die Auslastung der Anlagen berechnet?
Zunächst hat die NZZ die über einen Zeitraum von zehn Jahren stündlich produzierte Strommenge von 18 000 Onshore-Turbinen mithilfe der Programmierschnittstelle des Online-Tools Renewables.ninja simuliert. Anschliessend wurde der Kapazitätsfaktor anhand der Nennleistung der Turbinen berechnet. Renewables.ninja basiert auf einem Modell von Stefan Pfenninger von der TU Delft und Iain Staffell vom Imperial College London. Grundlage der Simulation der durchschnittlich produzierten Strommenge sind Wetterdaten der Nasa aus den Jahren 2011 bis einschliesslich 2020.
Wie präzise ist die von der NZZ berechnete Auslastung?
Die mittlere Abweichung (RMSE) der modellierten Auslastung von der tatsächlichen Auslastung liegt im Zehn-Jahres-Mittel bei drei Prozentpunkten. In der Regel überschätzt das Modell die Auslastung leicht, sprich: Real ist die Auslastung der meisten Windräder noch schlechter. Das ist insofern plausibel, als in der Simulation Abschaltungen und Drosselungen wegen Vereisungen, Schattenwurfs oder Lärm- und Umweltschutzauflagen nicht berücksichtigt werden; diese wirken sich negativ auf die reale Auslastung aus. Für den Vergleich hat die NZZ die jährlich produzierten Strommengen angefragt von insgesamt zehn unterschiedlich grossen und in ganz Deutschland verteilten Windparks, bei denen der kommunale Betreiber auskunftspflichtig war. Unterschätzt wurden im Modell Standorte, an denen einzelne Windräder auf einem Hügel in einer sonst flachen Landschaft stehen, etwa vor Stuttgart oder in München. Diese Windräder wurden aus dem Datensatz entfernt.
Warum werden auf der Karte nicht alle Windräder angezeigt?
Die NZZ-Berechnung beruht auf einem Datensatz der Bundesnetzagentur. Demnach gibt es in Deutschland derzeit rund 28 000 Windkraftanlagen an Land mit einer Nennleistung ab 100 kW. Der Datensatz wurde allerdings häufig fehlerhaft befüllt: zum Beispiel mit inkorrekten geografischen Koordinaten, unpräzisen Angaben zum Turbinentyp oder mit Rotordurchmessern, die nicht zum angegebenen Turbinentyp passen. Hinzu kommt, dass in dem von der NZZ verwendeten Modell technische Daten für einige Turbinentypen fehlen. Das alles führte dazu, dass nach der Datenbereinigung noch 18 000 der insgesamt 28 000 Anlagen übrig blieben. Demnach sind zwei Drittel der grösseren Onshore-Anlagen im Datensatz enthalten.
Warum ist im Text von einzelnen Turbinen die Rede und nicht von Windparks?
Der NZZ-Algorithmus berücksichtigt keine Windparks, sondern bekannte Turbinentypen: mit der gleichen Turmhöhe und dem gleichen Rotordurchmesser an einem ähnlichen Standort – unabhängig vom Windparkbetreiber. Daher kann in der Regel keine Aussage über Windparks getroffen werden, da diese häufig aus unterschiedlichen Turbinentypen bestehen, deren technische Daten unter Umständen nicht im Modell hinterlegt sind.
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