Als Hundstage werden die heißesten Tage …
… in der Zeit vom 23. Juli bis zum 23. August bezeichnet. Dann steht die Sonne in der Nähe des Sirius, dem Hundestern, dessen Aufgang den Beginn dieser Zeitspanne bestimmt. Wie wir aus langjährigen Erfahrungen heraus wissen, trifft es zu, dass wir dann die heißesten Tage des Jahres haben. Wir sind dann nicht „auf den Hund“ gekommen, sondern erfreuen uns der Sommertage, die zumeist auch in die Schulferien fallen. Auf in die Sommerferien: Das ist der Beginn der Zeit, die gerade den Kindern alle Sorgen um die Schule, den Geschwistern und jenen Zeitgenossen mit sich bringt, denen man nur zu gerne aus dem Wege geht.
Der Wunsch, nach dem Schulstress schöne Ferientage zu verbringen, ist nahezu übermächtig, denn Schule ist besonders an heißen Frühlings-/Sommertagen mit Strapazen verbunden, die schier unmenschlich sind. Was könnte man bei diesem Wetter alles in der freien Natur oder im Schwimmbad anstellen. Hier werden Kinder auf die Probe gestellt, bei Mathematik, den für mich nervigen Sprachen oder anderem schulischen ´Blödsinn`, den man nie wieder im Leben brauchen wird; oder etwa doch?
Die Sommerferien sind der Kinder Traum, denn die nie enden wollenden 6 Wochen sind ja eine Ewigkeit, bevor man wieder erneut in der Schule traumatisiert wird. Egal was kommt, alle Chancen werden genutzt, diesen Wichtigtuern von Lehrerschaft, Eltern und anderen Möchtegernen den Rücken zu kehren, um die Freiheit zu genießen, die man von allein wieder aufgibt, wenn der Schultrott anfängt.
Schon mit Beginn der Ferien ging es Ende der 50iger Jahre mit der Jungschar und den Pfadfindern in die Rhön ins Zeltlager, in der Nähe von Hilders. Gesponsert wurde das Lager von der Diözese Fulda. Von Nordhessen mit der Bahn nach Fulda, vornedran mit einer rauchenden, riesigen Lok. Wir rissen die Fenster auf und versuchten alle einen Blick auf die rauchende Lok zu erhaschen, wenn sie in eine Kurve fuhr. Einfach genial. Weniger genial war es, als wir durch einen Tunnel fuhren und wir, die am am offenen Fenster hingen, danach wie die Schornsteinfeger aussahen.
Mit dem Schienenbus fuhren wir weiter nach Hilders. Begeistert waren wir von den Bergen, denen unsere ganze Liebe galt. Vom Bahnhof ging es dann per pedes ins Zeltlager hunderte Meter höher gelegen. Irgendwann kamen wir am Ziel an. Aus großen Kesseln gab´s Tee, Wasser und dazu Brote, die uns schnell die Anstrengung vergessen ließen. Dann kam die Einteilung wer, wo, mit wem, in welchem Zelt unterkam. Klar gab das Streit, denn es gab klare Vorlieben, mit wem man zusammen sein wollte. Irgendwann war auch das gelöst und wir durften uns einrichten. Das war allerdings mehr eine Schlacht, die mit Einrichten wahrlich nichts zu tun hatte.
Als dann die Lagerglocke ertönte, kam das gemeinsame Mahl. Es waren ca. 200 Kinder im Lager. Es kam, was kommen musste: Das ganz große Chaos. In Reihen standen wir vor den Köstlichkeiten, die es so im Lager gab. Brot, Brot und nochmals Brot. Dazu gab es natürlich Margarine, aufgeschnittene Wurst und Käse, Marmelade ==> was man Kindern eben so vorsetzt.
Nach dem Essen gab es dann Wettbewerbe, was man so alles um das Zelt herum Vernünftiges und/oder Schönes gestalten kann. Verrückte Ideen standen dabei im Vordergrund. Allmählich zog die Dämmerung auf. Mit Schlafen war da noch lange nix, denn nun kam das, was man wohl unter Strategie einordnen muss. Wir erhielten Aufgaben für die anstehende Nachtwanderung. Ich konnte es nicht fassen, nicht ins Bett, sondern schön nach Plan eine Nachtwanderung. Es wurde selbstredend von Stunde zu Stunde immer dunkler. Zwei Ziele hatten wir schon gefunden, hatten aber noch zwei weitere vor uns. Nun in der Dunkelheit wurde alles aber wirklich auch alles nicht nur zwielichtig sondern unheimlich. Jeder Baumstumpf oder herunterragende Ast konnte ein Feind sein, mit dem wir irgendwie fertig werden mussten. So gegen 2:00 Uhr nachts kamen wir wieder im Lager an, glücklich wie gestandene Krieger und fielen geradezu um.
Wecken fiel aus. Die Nachtwanderung ließ uns pennen und nochmals pennen. Irgendwann am Morgen schlug jemand den Zelteingang auf, und wir stürmten aus dem Zelt zu einem Platz, den man irgendwie als Waschplatz verorten konnte. Die folgenden 10 Tage waren Genuss pur! Freiheit, Spaß, Anstrengungen und gemeinsames Erleben sorgten für einen unvergessenen Kindertraum.
Hundstage interessierten uns nicht, …
… sie konnten gar nicht heiß genug sein! Wir nahmen an, was uns geboten wurde und auch einiges mehr, was wir allerdings nicht rumerzählten.
Diese Gedanken an vergangene Jahre einer zufriedenen Kinderzeit überkommen mich, wenn ich die ständige Unkerei wegen Klima, Klimanotstand und die Angst vor Sommerwetter/Hitzewellen höre. Hinzu kommen Gedanken an die heutigen Kinder, die mit verängstigten Eltern und/oder Betreuern auf Tour gehen. Seinerzeit hatten wir wenig, Konsum war ein Fremdwort, doch unsere Begeisterung und unser Herz waren übervoll. Gerne würde ich einiges davon weiterleiten, doch wie wir alle wissen, hat jede Zeit ihre Gegebenheiten und ich kann nur für nachkommende Generation hoffen, dass sie ihr inneres Gleichgewicht finden.
25.Juli 2022 Manfred Thöne