WELT: Frau Coetzee, in welchem Stadium der Pandemie befinden wir uns gerade?
Angelique Coetzee: Wenn ich auf die vorherigen Wellen schaue, bewegen wir uns in Südafrika auf ein Ende zu. Aber gegenwärtig können wir noch nicht von einem Übergang in ein endemisches Stadium sprechen. Es gibt ein klares Muster, denn zwischen jeder Welle hatten wir eine Schonzeit von etwa drei Monaten mit einer sehr geringen Infektionsrate. Aus dieser Erfahrung heraus können wir sagen, dass uns die fünfte Welle etwa im Mai oder Juni erwartet. Nehmen wir an, sie kommt: Dann entspräche das dem bekannten Muster. Wenn wir jedoch bis Ende des Jahres keine fünfte Welle haben, dann ist der Zeitpunkt gekommen, um zu sagen: Nun sind wir in der Endemie.
WELT: Haben die Regierungen bei Omikron angesichts der niedrigeren Krankheitslast überreagiert?
Coetzee: Ich denke ja – sie haben definitiv überreagiert. Als wir darzulegen versuchten, dass es eine milde Erkrankung sei, sagten aufgrund der Anzahl von Mutationen alle, das stimme nicht. Die Leute wollten nicht glauben, dass es mild verlaufen kann. Man muss auf die Wissenschaft hören, aber man muss dabei das Krankheitsbild berücksichtigen, das die Ärzte beschreiben – das, was sie sehen, denn sie sind die erste Anlaufstelle. Und dann muss beides in Einklang gebracht werden. Sie müssen immer die Balance zwischen dem klinischen Bild und der Wissenschaft halten – das ist hier nicht passiert.
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