Seit Jahr und Tag wird dem Bürger suggeriert, dass …
Coronafälle im Krankenhaus
immer wegen Corona eingewiesene Patienten sind.
Das ist falsch:
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Ausschnitt aus Dlf-Interview mit OB Bovenschulte aus Bremen vom 31.1.2022
Der statistische Corona-Vorrang wird damit bestätigt.
Personen, die positiv getestet werden, waren und sind immer „Corona-Fälle“ sind. Auch dann, wenn sie wegen einer vollkommen anderen Erkrankung behandelt werden. Ein schwer verunglückter Mann mit zahlreichen Brüchen und inneren Verletzungen plus positivem Corona Test aber ohne Corona-Symptome liegt immer in einem „Corona-Intensivbett“.
Corona hat Statistik – Vorrang!
Was bedeutet, dass der positive Abstrich den Corona-Fall ausmacht. Nicht entscheidend sind irgendwelche Corona-Symptome. Was nichts anderes bedeutet, dass viele Menschen als Corona-Fälle gezählt und medial kommuniziert werden, obwohl diese Menschen überhaupt nicht krank sind. Sie zählen trotzdem als „Corona-Fall“ und sind damit „offiziell“ Corona-krank. Was absurd ist, denn wenn ein Mensch keine Symptome einer Atemwegserkrankung – egal, ob Corona, Influenza oder anderes – aufweist, hat er bis zu Beginn der sogenannten Corona-Pandemie als gesund gegolten. Warum dieser Paradigmenwechsel erfolgt ist, soll hier nicht erörtert werden.
WELTplus* berichtet am 2.2.2022 ausführlich:
Quelle grün-kursiver Text & alle Verweise/Kommentare
Zufällig auf Covid getestet – oder wirklich an Corona erkrankt und deswegen im Krankenhaus? Es ist eine Frage, auf die in Deutschland nie so recht eine Antwort gesucht wurde – die aber im Angesicht der explosionsartigen Ausbreitung von Omikron und der Kopplung von Grundrechten an die Hospitalisierungsinzidenz immer wichtiger wird. Diese bildet ab, wie viele Corona-Kranke neu in die Kliniken aufgenommen werden müssen. Die Hospitalisierungsinzidenz in Deutschland ist laut Infektionsschutzgesetz das Leitkriterium, wenn es darum geht, Regeln zu verschärfen oder auch zu lockern, wenn Ausgangssperren für Ungeimpfte oder FFP2-Maskenpflicht verhängt werden.
Doch wie aussagekräftig sind diese Krankenhauszahlen, um die Einschränkungen für die Bevölkerung zu rechtfertigen? WELT fragte alle Gesundheitsministerien der Bundesländer an: Welche Zahlen werden erhoben, um die Hospitalisierungsinzidenz im jeweiligen Bundesland zu errechnen? Unterscheiden die Länder dabei, wer tatsächlich wegen und wer mit Covid-19 Infektion in die Klinik kommt?
Die Antworten aus den Bundesländern sind bemerkenswert, denn sie zeigen: Alle Krankenhauspatienten, die bei Neuaufnahme positiv auf das Coronavirus getestet wurden, ohne dass sie notwendigerweise symptomatisch an Covid-19 erkrankt wären, fließen mit in diese Berechnung ein. Ob ein Patient wegen oder mit Covid-19 hospitalisiert wird, ist unerheblich für die Hospitalisierungsinzidenz. Das bedeutet: Zufällig positiv Getestete verzerren die Statistik in fast allen Bundesländern. Die einzige Ausnahme bildet Mecklenburg-Vorpommern. Dort werden nur die wegen Covid Hospitalisierten eingerechnet.
Die Folgen für die Bürger am Beispiel Bremen: Hier lag die Hospitalisierungsinzidenz am 31. Januar bei 15,53. Damit galt innerhalb des vom Land festgelegten Warnsystems die höchste Warnstufe 4. Die Folgen: 2G Plus für den Zutritt zu geschlossenen Räumen wie der Gastronomie, den Besuch von Kultur- und Sporteinrichtungen sowie Krankenhäusern. Würde man allerdings nur die Zahl derjenigen einberechnen, die aufgrund einer Covid-Infektion ins Krankenhaus kommen, läge die Hospitalisierungsinzidenz bei 4,94. Bei einer Inzidenz von 4,94 würde dann nur noch die Warnstufe 2 greifen, statt 2G-Plus derzeit etwa 2G gelten.
Diesen Unterschied weist die Landesregierung sogar selbst auf der Homepage aus. Warum aber bemisst die Landesregierung ihre Corona-Politik an der deutlich höheren Gesamtzahl? Die Pressestelle des Gesundheitssenats erklärte dies auf Nachfrage von WELT mit dem Mehraufwand, der in den Kliniken entstünde, da alle Patienten isoliert behandelt werden müssten. Ähnlich argumentiert der Berliner Gesundheitssenat. In der Charité werde etwa die Hälfte der Covid-Fälle „wegen Corona“ behandelt, für die Hospitalisierungsinzidenz aber fließen alle mit ein. Die Erklärung: „Entscheidender Indikator für das Pandemiemanagement ist die Auslastung der Krankenhäuser. Schließlich haben die Maßnahmen gegen das Coronavirus das Ziel, eine Überlastung unseres Gesundheitssystems zu verhindern, und damit Menschenleben zu schützen.“
Gegen Probleme bei der Hospitalisierungsinzidenz wird nichts getan
Zur Zielsetzung der Hospitalisierungsinzidenz, an der die Bundesländer seit September 2021 ihre Corona-Politik ausrichten, passt das nicht. Mit den Krankenhauszahlen sollte „die Krankheitsschwere von Covid-19“ für die Bevölkerung abgebildet werden. Nun fließen aber alle Infizierte in die Berechnung ein. Und die Rohdaten aus den Kliniken zeigen: Durch Omikron schrumpfte das Verhältnis zwischen den „wegen“ und „mit“ Covid-19 hospitalisierten Personen. Neben Bremen teilten diese aufgeschlüsselten Zahlen seit dem 1. Dezember 2021 auf Anfrage von WELT die Länder Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen mit.
In Baden-Württemberg etwa wurden noch vor der Omikron-Welle, am 7. Dezember, 197 positiv getestete Personen wegen Covid-19 in die baden-württembergischen Kliniken aufgenommen, 15 wegen einer anderen Ursache, bei 58 Fällen war der Hospitalisierungsgrund unbekannt oder wurde nicht erhoben. Am 25. Januar waren es 55 positiv Getestete, die wegen Covid-19 hospitalisiert wurden, 20 wegen einer anderen Ursache, bei 32 Infizierten lagen keine Angaben zum Grund vor.
WELT AM SONNTAG berichtete sowohl im September als auch im Dezember über die angesichts der fehlenden Differenzierung bei den Hospitalisierten verzerrte Hospitalisierungsinzidenz – weder die alte noch die neue Bundesregierung haben etwas unternommen, um das Problem zu lösen. Die Maßnahmen in den Bundesländern werden mit den unsicheren Daten immer weiter durchgesetzt.
„Die heutigen Corona-Patienten der Normalstationen sind nicht mehr die Intensivpatienten von morgen“
Die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) etwa hält die Ausweisung der Hospitalisierungsrate für ungeeignet, um die Belastung der Gesundheitssysteme zu beurteilen: „Der Zusammenhang zwischen der Hospitalisierungsrate von Sars-Covid-2 Infektionen und der tatsächlichen Erkrankung geht zunehmend auseinander“, sagte Peter Walger, Vorstandsmitglied der DGKH, im Gespräch mit WELT. Der Maßstab zeige „kein realistisches Bild der Zahl der Corona-Erkrankten“ in den Kliniken: „Omikron ist kein Grund, um von einer Überlastung des medizinischen Systems zu sprechen.“
Nach Schätzungen der DGKH kämen inzwischen mindestens die Hälfte der Covid-infizierten Menschen nicht wegen, sondern mit einer Corona-Erkrankung ins Krankenhaus. Die positiven Folgen dieses Rückgangs an schweren Verläufen mache sich auch auf den Intensivstationen bemerkbar. Dort gebe es praktisch keine Omikron-Pneumonien mehr: „Die heutigen Corona-Patienten der Normalstationen sind nicht mehr die Intensivpatienten von morgen.“
Durch die steigende Zahl an Infektionen und somit Covid-Zufallsbefunden in den Kliniken bei milden Verläufen vergrößere sich nicht der medizinische Aufwand, sondern der organisatorische: „Der Hygiene-Aufwand ist immens, wenn man jeden Infizierten nach strengen Vorschriften isoliert. Das bedeutet eine extreme Belastung für Ärzte und Personal.“ Werden Maßnahmen also nicht aufgrund einer vermeintlich schweren Krankheitslast beschlossen – sondern aufgrund eines Mehraufwands in Sachen Hygiene?
Fakt sei, so Walger: „Wir brauchen endlich eine Statistik, wie viele Menschen mit schweren Covid-Verläufen im Krankenhaus liegen.“
Kubicki: „Wir brauchen einen verlässlichen Indikator“
Verzerrung hin oder her – die Hospitalisierungsinzidenz hat auch für die Justiz eine große Bedeutung. Dies zeigt das Beispiel Baden-Württemberg: Dort hatte die Regierung des Grünen-Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann aus Sorge vor Omikron kurzerhand die höchste Alarmstufe 2 „eingefroren“, obwohl die Hospitalisierungsrate darunter gesunken war. Man wolle in Hinblick auf Omikron vorsichtig sein. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg gab zwei Eilanträgen gegen dieses Vorgehen statt. Er verwies auf das Bundesinfektionsschutzgesetz. Seit September 2021 steht dort festgeschrieben: „Wesentlicher Maßstab für die weitergehenden Schutzmaßnahmen ist insbesondere die Anzahl der in Bezug auf die Coronavirus-Krankheit-2019 (Covid-19) in ein Krankenhaus aufgenommenen Personen je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen.“ Eine Regelung, die sich erklärtermaßen von der Entwicklung der Hospitalisierungsinzidenz abkoppelt, ist demnach nicht mehr gesetzlich gedeckt.
Dass nicht die Corona-Kranken in den Kliniken zählen, sondern die Zahl der Infizierten unter den Neupatienten, widerspricht der Ausrichtung der Hospitalisierungsinzidenz. Diese ist angelegt, um schwere Corona-Erkrankungen zu erfassen. Dazu heißt es auf der Homepage des RKI: „Die Hospitalisierungsinzidenz ermöglicht die Bewertung des Auftretens schwerer Covid-19-Erkrankungen.“ Was bedeutet diese medizinische Definition für die Corona-Politik? Noch im September teilte das RKI WELT AM SONNTAG auf diese Frage mit: Nur jene neuen Patienten sollen gemeldet werden, die wegen ihrer Erkrankung mit dem Virus eingeliefert wurden. Darüber wurden die Kliniken informiert. Auch das Bundesgesundheitsministerium verwies auf dieses Schreiben. Der damalige Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte im Juni sogar per Verordnung die Kliniken zu einer differenzierten Meldung verpflichtet.
Im Oktober änderte man jedoch seine Auffassung, was unter „in Bezug auf Covid-19 hospitalisiert“ zu verstehen ist: Das RKI stellte in einem Infobrief vom 12. Oktober 2021 an die Länder klar, dass jede Hospitalisierung in Bezug auf Covid-19 meldepflichtig sei. Die bloße Meldung dieser Fälle sagt jedoch noch nichts über ihre Krankheitsschwere aus. Gerade diese soll die Hospitalisierungsinzidenz abbilden, wie das Bundesgesundheitsministerium auf seiner Webseite schreibt. Auf WELT-Anfrage rechtfertigt es die jetzige Erhebung. Die Gesundheitsämter seien angesichts der hohen Fallzahlen „derzeit sehr stark belastet“, heißt es: „Die Daten können daher nur unvollständig erhoben und übermittelt werden. Aus diesem Grund differenziert das RKI in den Statistiken nicht nach dem Grund der Hospitalisierung.“
Wolfgang Kubicki, FDP-Vize, will eine sofortige Veränderung: „Wir brauchen einen verlässlichen Indikator, wie sehr das Virus unser Gesundheitssystem belastet. Mit Fortschreiten der Omikron-Welle wird diese Unterscheidung noch wichtiger“, sagte Kubicki WELT. Und weiter: „Da die Krankenhäuser natürlich sehr genau wissen, weswegen sie behandeln, sollte die Meldung der Unterscheidung auch kein Problem sein.“
*Weil das Thema außerordentlich wichtig für die Fragestellung „Corona“ ist, zitieren wir den Text. Verweise und Kommentare der Leserschaft lesen Sie, wenn Sie WELTplus testen/abonnieren. Wir empfehlen WELTplus ausdrücklich: 30 Tage kostenlos testen.