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Die Sicherheit und Verfassungsmäßigkeit dieses Landes ist einer hohen Gefahr ausgesetzt: der Delegitimierung des Staates durch freiwillige Gleichschaltung – und vor allem:
Lächerlichkeit.
In diesen Tagen einen ernsthaften politischen Kommentar zu schreiben, fällt schwer. Entweder man sucht verzweifelt nach rationalen Erklärungen für eine sich lächerlich aufführende Politik. Dann landet man unweigerlich bei dem, was man kürzlich noch als „Verschwörungstheorie“ bezeichnet hätte. Man muss in der Vergangenheitsform sprechen, denn zu viele Verschwörungstheorien haben sich leider bewahrheitet: etwa wenn die Ministerpräsidenten der Bundesländer Hamburg, Sachsen und Bayern frisierte Statistiken heranziehen, um eine „Pandemie der Ungeimpften“ auszurufen.
Das verärgert auch jeden Geimpften, der oder die eines nicht will – betrogen zu werden in einer so ernsthaften Frage, die jeder Bürger und jeder Mensch nur für sich beantworten kann: ein Medikament anwenden oder nicht. Vor Risiken und Nebenwirkungen jeder Darmentleerungskapsel und Kopfschmerztablette werden wir eindringlich und berechtigterweise gewarnt; die Staatsimpfung kennt aber keine solchen per Definition. Sie wird zur Staatsbürgerpflicht immer noch und umso lauter erhoben, je mehr Fragezeichen zu Nutzen und Nebenwirkungen aufpoppen.
Deklamation statt Evidenz
Allheilmittel, eine für alle: die Einheitsspritze ohne Berücksichtigung der individuellen Verträglichkeit, Risiken und Folgerisiken? Die medizinische Evidenz, die Frage nach den Wirkungen und Folgen – die Antwort wird neuerdings von Politikern deklamiert und dekretiert, nicht durch Beobachtung analysiert. Karl Lauterbach als Gesundheitsminister ist eine Lachnummer; wirr, widersprüchlich und fahrig geistert er durch das Parlament wie halt einer der üblichen Einheitsmeiner des öffentlich-rechtlichen Talkshow-Panoptikums. Ein extra staatlich eingerichteter „Ethikrat“ plappert Regierungserklärungen nach; das Schlagwort von „follow the science“ löst nicht mehr Gefolgschaft aus, sondern Kopfschütteln.
Was heute so alles Wissenschaft sein soll, ist doch sehr erstaunlich. Der Ethikrat mit seinem Dahergerede delegitimiert schlicht die Wissenschaft, nachdem schon die „Leopoldina“ sich durch beflissene Staatstreue ausgezeichnet hat – nicht durch Erforschung der Natur, wozu sie früher mal angetreten war. So kommt es eben unvermeidlicherweise, wenn an die Stelle der eigenen Kompetenz und des gründlichen Nachdenkens Ja-Sagerei vor den Thronen der Mächtigen tritt. Denn Natur ist stärker als die Glaubenssätze der Politik; Realität kann verdrängt werden, aber nur vorübergehend.
Es geht nicht um Corona – sondern Gedankenfreiheit
Es geht nicht um Corona. Es geht um das, was man altmodisch Gedankenfreiheit nannte, um Unabhängigkeit, Kritikfähigkeit – kurz: um die freie Gesellschaft. Zu viele Institutionen haben sich vor den Karren der Politiker spannen lassen. Wir erleben jetzt die Folgen einer Politik, die darauf ausgerichtet ist, nicht mehr ihre Bürger zu achten sowie das Wissen und Können unterschiedlicher Berufe, unabhängiger Institutionen und unabhängiger Köpfe und Querdenker. Kein Wunder, dass dieser Begriff von Ehrentitel und Auszeichnung zum Schimpfwort wurde: Denke nicht mehr quer, also selbst und unabhängig, sondern nur noch in vorgegebenen Bahnen. Alle lassen sich „freiwillig gleichschalten“ – ein Vorgang, den vor einem Dutzend Jahren eine süddeutsche Zeitung bei den Medien beobachtet hat und mittlerweile fast alle Institutionen durchzieht.
Die zwangsweise Gleichschaltung der Presse war ein Instrument sozialistischer Medienpolitik. Die freiwillige Gleichschaltung ist subtiler – und daher wirksamer. Gleichschaltung ist, wie wir aus der Geschichte wissen, die Kunst sozialistischer Machtpolitik durch Terror. Die „Einheitsfront“ mag kurzfristig auf dem Schlachtfeld oder im selbsterklärten Klassenkampf helfen – ansonsten lähmt und zerstört sie, reizt zum Widerstand.
Die freiwillige Einheitsfront wurde wiederbelebt im Dienste der Klimapolitik; an die Stelle der sozialistischen Utopie vom Schlaraffenland trat die Indienstnahme für die planetarische Weltrettung, die alle in die Einheitsfront zwingen soll und zwingen muss, weil Utopien zu viele Zweifler hervorrufen. Es hat sogar weitgehend geklappt – zuerst bei den Medien, dann in der Wissenschaft, bei den Kirchen und hinunter bis zum Kegelverein. Mit dem Gender-Stottern bekundet man die Zustimmung wie früher mit dem Parteiabzeichen und der (meist erzwungenen) Demonstration der Kampfkraft der Arbeiterklasse vor dem Marx-Engels-Denkmal.
Neuerdings kennt das Virus Parteien
Heute werden in Hamburg Demonstrationen verboten, die nicht regierungskonform erscheinen – aber Gegendemonstrationen erlaubt. Die stoßen in die Leere; auch das Virus scheint sie zu verschonen. Den Verwaltungs- und Verfassungsgerichten, die dies auch noch legitimieren, fällt beim Beugen der Grundrechte der innere Widerspruch gar nicht mehr auf: Das Virus unterscheidet zwischen verschiedenen Sorten Demonstrationen? Aber das Bundesverfassungsgericht hat ja vorgemacht, wie höchste Richter, politisch wie wirtschaftlich unabhängig bis zum letzten Atemzug, geschützt vor jeder Repression sich beim Abendessen mit der damaligen Kanzlerin ihre Urteile diktieren lassen zwischen Buchstabensuppe und Kassler Rippchen.
Auch der Bundestag hat seine Ehre verloren: Erst wird das Amt eines Bundestagsvizepräsidenten der damals führenden Oppositionspartei versagt. In der darauffolgenden Legislaturperiode werden ihr Ausschussvorsitz gestrichen und Teilnahme an deren Sitzungen verhindert, die Verbannung auf die Tribüne wird bejubelt: Ausgerechnet die Linke Sahra Wagenknecht versucht, die Ehre des Parlaments noch zu retten, indem sie dagegen ihre Stimme einsam erhebt.
In der Vergangenheit war es „rechte“ Parlamentarismuskritik, wenn man die Versammlung als „Schwatzbude“ herabwürdigte. Heute dagegen lassen sie sich bereitwillig auf Linie ausrichten. Die Kraft der Ideen und Innovationen stört den zähen Betrieb der Politik und der von ihr Abhängigen quer durch alle Bereiche. Dass ein einziges Lauterbach-Interview die Zahl der Trotzdem-Zweifler explodieren lässt, erzwingt nicht dessen sofortige Entlassung, sondern führt zur Verschärfung der Tonlage: Jetzt sind es „Staatsfeinde“, dekretiert der Gefälligkeitspräsident des Bundesamts für Verfassungsschutz Haldenwang. Er hat das Bundesamt für Verfassungsschutz für „einen neuen Phänomenbereich ‚Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates‘ eingerichtet. Innerhalb dieses Bereichs wurde ein bundesweites Sammelbeobachtungsobjekt ‚Demokratiefeindliche und/oder sicherheitsgefährdende Delegitimierung des Staates‘ eingerichtet“, schreibt er. Weil sich da kein Kern festmachen lasse, keine Partei, keine Organisation, hat er den Begriff „Staatsfeind“ neu erfunden.
Alle sind Staatsfeinde, die sich nicht boostern oder impfen lassen?
Das geht aber schnell, Herr Präsident
Immerhin sollen es am vergangenen Wochenende 261.400 Staatsfeinde auf 1.309 Demonstrationen gewesen sein, so genau weiß es die Bundespolizei, wenn sie es wissen will: TE hatte die Teilnehmerzahl auf 150.000 hochgerechnet; wir lagen zu niedrig, waren zu vorsichtig. Es waren damit Demonstrationen, die mehr Teilnehmer hatten, als jemals vor einem Kernkraftwerk aufgezogen sind; bei den Demonstrationen gegen Nachrüstung waren es 350.000. Als „Staatsfeinde“ wurden sie damals nicht beschimpft. Aber es ging ja auch um mehr – um Atomraketen auf deutschem Boden, um Krieg oder Frieden. Heute geht es nur um die vergleichsweise kleine Frage, ob man sich impfen lassen muss oder dies für sich selbst entscheiden darf.
Wer da Staatsfeinde ortet, delegitimiert den Staat, indem er ihn der Lächerlichkeit preisgibt.
Aber natürlich ist dies keine Spaltung, die kennen wir nicht, sagt Bundeskanzler Olaf Scholz zu dieser „winzigen Minderheit“. Und wenn sie vielleicht die schweigende Mehrheit vertritt?
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