Uns Journalisten wird ja oft vorgeworfen, wir würden uns auf das Negative konzentrieren. Ganz ehrlich: an dem Vorwurf ist was dran. Genauso, wie man Zahnärzten nachsagen kann, dass sie sich eher auf Karies konzentrieren als auf gesunden Zahnschmelz. Umso erfreulicher ist es für mich, dass ich Ihnen heute endlich einmal etwas Positives vermelden kann – noch dazu coronafrei (zumindest hoffentlich, so ganz genau weiß man das ja nicht ohne Test dieser Tage). Endlich ist das passiert, worauf der fortschrittliche Teil der (deutschen) Menschheit sicher schon sehr lange gewartet hat: Die Regierung hat einen „Beauftragten für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt“ ernannt. Kurz: Queer-Beauftragter. Seien wir ehrlich: Dass es so etwas bisher nicht gab, lastete schwer auf unserem Land. Wo sonst werden Menschen wegen „sexueller und geschlechtlicher Vielfalt“ derart diskriminiert wie in Deutschland?
Doch natürlich ist es zu wenig, das eigene Land zu retten. „Deutschland soll zum Vorreiter beim Kampf gegen Diskriminierung werden“, hat der neue oberste Kämpfer für die sexuelle und geschlechtliche Vielfalt – sorry, will sagen, für deren Akzeptanz – Sven Lehmann, angekündigt. Der Grünenpolitiker ist nebenberuflich noch als Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesfamilienministerium tätig und sitzt für den Wahlkreis Köln im Deutschen Bundestag. So kann der Kampf für die Vielfalt an den unterschiedlichsten Fronten gekämpft werden. Man muss schließlich Akzente setzen in diesen Zeiten! Und man muss sich die Frage stellen: Wie schaffte es die Bundesrepublik mehr als 70 Jahre lang ohne Queer-Beauftragten zu existieren?
Doch damit nicht genug. Hatten Sie nicht auch bisher den Eindruck, dass sich in der Regierung alles um Religion dreht und man in Deutschland massiv unter Druck gerät, wenn man nicht stramm religiös ist? Auch dieser Unsitte wird jetzt der Kampf angesagt! Heute wurde ein Beauftragter für „Religions- und Weltanschauungsfreiheit der Bundesregierung“ ernannt. Die Bezeichnung ist so wunderbar zweideutig, dass damit zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden – ein Sprachgenie, wer dies erfunden hat. Endlich wird unsere Regierung „religionsfrei“! Endlich wird der massiven Unfreiheit in Sachen Religion in unserer Gesellschaft der Kampf angesagt. Was dagegen gänzlich unnötig wäre, ist ein Sorgen um „Weltanschauungsfreiheit der Bundesregierung“. Nur böse Rechte könnten auf die Idee kommen, rotgrüngelb habe eine Weltanschauung. Oder gar Ideologie!
Man sieht: Diese neue Regierung weiß genau, wo die Regierten der Schuh drückt. Sie hat ein untrügliches Gespür für die Stimmungen und Nöte der einfachen Menschen!
Was allerdings noch fehlt, ist ein Beauftragter für gendergerechtes Gedöns, für die vegane Zubereitung von Wurstsuppe, und – ganz wichtig – ein geschlechtsneutraler Frisurbeauftragter. Hier können Sie sich die epochale Ankündigung der neuen Beauftragten auf der heutigen Bundespressekonferenz ansehen: