Der Bericht der heute vom 8.11.2021
Im Deutschlandfunk wird Gerald Knaus, Migrationsexperte, der den Türkei-Deal ausgearbeitet hat, am 8.11.2021 interviewt:
Angesichts der wachsenden Probleme mit Flüchtlingen aus Belarus sieht der Migrationsforscher Gerald Knaus Versäumnisse bei der Europäischen Union.
Im Deutschlandfunk sagte Knaus, die Situation habe sich bereits seit Monaten abgezeichnet. Inzwischen habe sich die Lage an der Grenze zwischen Belarus und Polen zu einer der größten moralischen und rechtlichen Krisen des europäischen Grenzmanagements entwickelt. Menschen würden an der Grenze erfrieren. Als Reaktion auf den skrupellosen belarussischen Diktator Lukaschenko habe die EU alle Rechtsstandards über Bord geworfen.
Knaus betonte, man müsse Lukaschenko weiterhin klarmachen, dass es keine Chance gebe, die Sanktionen gegen sein Land aufzuheben. Deshalb sollten Nachbarländer Polens wie etwa Litauen von der EU unterstützt werden, Flüchtlinge aufzunehmen.
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Klaus Geiger meint auf WELTonline:
Das sehe ich genau so wie Herr Geiger!
In der polnisch-belarussischen Migrationskrise hält die EU an hehren Grundsätzen fest und kritisiert Polen für seinen harten Kurs. Dabei zeugt die Verteidigung der Grenze von einem Realitätsbewusstsein, an dem es der EU schon seit 2015 mangelt.
In der EU gibt es beim Thema Migration eine ideale Welt – und eine reale. Die ideale Welt besteht aus einem EU-Recht, das weltweit einmalig hehre Prinzipien absolut setzt. Es besagt: Ein Migrant, der seinen Fuß auf den Boden der EU setzt, darf nicht zurückgeschickt werden. Er muss ein Asylgesuch in Europa stellen dürfen. Erst wenn der Antrag abgelehnt wird, kann er zurückgeschickt werden.
In der realen Welt gibt es aber ein Problem: Wer einmal in die EU gelangt ist, tut – und das ist nur menschlich – alles, um dort zu bleiben, auch wenn er gar keine Chance auf Asyl hat. Das EU-Recht hat sich deshalb als Achillesferse erwiesen. Seit Jahren versuchen die europäischen Staaten, dieses Recht mit Behelfskonstruktionen zu umgehen und moralische Grundsätze mit handfesten Lösungen zu flankieren.
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*Weil das Thema außerordentlich wichtig für die Fragestellung „Migration & die EU“ ist, zitieren wir den Text & Kommentare als PDF. Verweise lesen Sie, wenn Sie WELTplus testen/abonnieren. Wir empfehlen WELTplus ausdrücklich: 30 Tage kostenlos testen.