Deutschland, der Geisterfahrer
Mehr[Alle Hervorhebungen in diesem Beitrag vom Übersetzer (außer den Überschriften). Man sollte hierzulande Einiges aus diesem Beitrag beherzigen! A. d. Übers.]
In der ersten Oktoberwoche 2021 versuchten sowohl Indien als auch China verzweifelt, die in den chinesischen Hafenlagern gestrandeten australischen Kohletransporte zu kaufen.
Die Kohletransporte, die ursprünglich nach China eingeführt werden sollten, blieben im Hafen liegen, nachdem China im vergangenen Jahr die Einfuhr australischer Kohle verboten hatte.
Trotz dieses Verbots hat China aufgrund der beispiellosen Nachfrage nach Kohle und Strom im Land nun einige der Lieferungen entladen. Auch die indische Industrie hat sich beeilt, sich einige dieser gestrandeten Lieferungen zu sichern, da in Indien eine schwere Kohleknappheit herrscht.
Was lehrt uns also dieser verrückte Ansturm auf die Kohle?
Energie-Nachfrage und Kohle-Verknappung auf beispiellosem Niveau
China leidet seit einem Monat unter schwerem Strommangel, während Indien kurz davor steht, keine Kohle mehr für seine Kraftwerke zu haben.
China hat bereits seine Industrien in einigen Provinzen aufgefordert, wegen des Strommangels die Produktion einzustellen, und die Einwohner gebeten, so viel natürliches Licht wie möglich zu nutzen. Die Energiekrise in China hat sich inzwischen zu einem globalen Problem für die Lieferkette entwickelt, da die verarbeitende Industrie des Landes, die Produkte in die ganze Welt liefert, gestört ist und es Monate dauern könnte, bis sie sich wieder erholt.
Indiens Kohlekraftwerke hatten letzte Woche nur noch Kohle für vier Tage in ihren Vorräten, und die Situation wird sich in den kommenden Wochen noch verschärfen. Ein Minister der Regierung wurde gefragt, ob für die 1,3 Milliarden Einwohner des Landes Stromausfälle zu befürchten seien.
Infolgedessen ist die Nachfrage nach Kohle in Asien so hoch wie nie zuvor.
Kohle ist immer noch König
Kohle ist immer noch der König des Energiesektors. China, das ursprünglich die Einfuhr australischer Kohle verboten hatte, hat sie jetzt wieder zugelassen. Indische Unternehmen haben rund 2 Millionen Tonnen gestrandeter australischer Kraftwerkskohle aus den chinesischen Lagerhäusern aufgekauft.
Ein Großteil des derzeitigen Energiechaos in Asien hätte vermieden werden können, wenn China und Indien ihre heimischen Energieinteressen gegen die Klimapolitik des Westens geschützt hätten. Beide Länder sind Teil des Pariser Klimaabkommens und haben einige der weltweit größten Solarstromprojekte im Wert von Milliarden von Dollar in Angriff genommen.
Anstatt ihre wertvollen Ressourcen in erneuerbare Technologien zu investieren, hätten Peking und Neu-Delhi diese Mittel für den Ausbau ihrer fossilen Brennstoffflotte verwenden können. Schlimmer noch: China hatte zeitweise Beschränkungen für die Kohlenutzung erlassen, bevor die schwere Energiekrise im Winter das Land dazu zwang, das Verbot zurückzunehmen.
In beiden Ländern wird bereits der Großteil des Strombedarfs durch Kohle gedeckt (über 60 % in China und über 70 % in Indien). Wenn diese beiden Länder eine Wiederholung des Jahres 2021 vermeiden wollen, müssen sie auf die Vergangenheit zurückblicken und kompromisslos stark in den Kohlesektor investieren.
Der Grund dafür ist, dass sowohl Solar- als auch Windenergie unzuverlässige Energiequellen sind, die teurer sind und keine überschüssige Elektrizität liefern, wenn sie am meisten gebraucht wird. Die derzeitigen Backup-Lösungen wie Batteriespeicher sind nicht in der Lage, den riesigen Strombedarf von Städten oder Industrien zu decken. Wenn also der Wind nicht mehr weht und die Sonne nicht mehr scheint, muss das Leben buchstäblich zum Stillstand kommen – mit Auswirkungen auf das tägliche Leben und einem unmittelbaren Rückschlag für die Wirtschaft.
Worauf warten sie also? Warum müssen sie das Wohlergehen ihrer eigenen Bürger einem globalen Klimapakt – wie dem Pariser Abkommen – opfern, der sich nur selten um den Zugang zu erschwinglicher Energie in armen Ländern kümmert?
Wenn es einen positiven Aspekt der anhaltenden Energiekrise in Asien gibt, dann diesen: Das Jahr 2021 war eine gute Lektion, wie man Energiepolitik nicht gestalten sollte.
Kohle – die erschwinglichste, reichhaltigste und zuverlässigste Energiequelle – muss im Interesse von 3 Milliarden Menschen in Asien und der übrigen Welt genutzt werden. Sowohl Indien als auch China haben das Recht, sich von der Klimakorrektheit zu verabschieden und die Abhängigkeit von der Kohle zu erhöhen.
Autor: Vijay Raj Jayaraj (M.Sc., Environmental Science, University of East Anglia, England), is an Environmental Researcher based in New Delhi, India. He served as a Graduate Research Assistant at the University of British Columbia, Canada and has worked in the fields of Conservation, Climate change and Energy.
Link: https://www.cfact.org/2021/10/14/a-mad-rush-for-coal-as-china-and-india-suspend-climate-correctness/
Übersetzt von Christian Freuer für das EIKE
Die Angaben des Autors stimmen – bis auf eine Kleinigkeit: China hat seine Kohleverstromung nicht aufgrund von Klimaabkommen eingeschränkt. Die verpflichten China nämlich erst in einigen Jahren zu solchen Massnahmen. Eigentlich sind die Chinesen – im Moment noch zu gar nichts verpflichtet. Sonst hätten sie auch nicht zugestimmt (siehe dazu den aufschlussreichen Artikel von Hendrik Ankenbrand, „5 Gründe, warum China am Klimaabkommen festhält“, ‚FAZ‘, 2.6.17).
Das Einsparen von Kohle geschah aus lokalen Umweltschutzgründen, und aus freiwilliger Selbstverpflichtung, die Emissionen zu senken. Aber das ist alles nicht verbindlich. Schon im Sommer wurde bekannt, dass China den Bau von 43 neuen Kohlekraftwerken plant (s. Amy Gunia, „China is planning…“, in: ‚Time‘, Aug 20, 2021).
DIE PFEIFEN ALSO IM ZWEIFEL AUF DIE WESTLICHE KLIMAPOLITIK.
Dies geschieht AUCH vor dem Hintergrund der chinesischen Klimaforschung, über die hier im Westen NIEMALS berichtet wird, die man aber mit ein bisschen Recherche durchaus finden kann.
Der Grund, warum hier darüber nie berichtet wird, scheint ziemlich klar: Die chinesischen Forscher kommen nämlich zwar zu teils divergierenden Ergebnissen, aber UNTER DEM STRICH zu weit weniger alarmistischen Vorhersagen als das, was hier im Westen öffentlich präsentiert wird. Einige Forscher weisen sogar auf FÜR CHINA POSITIVE AUSWIRKUNGEN DES KLIMAWANDELS HIN.
Nun werden einige darauf verweisen, dass in China keine akademische Freiheit herrscht. Aber ich bezweifle erstens, dass die Chinesen mit stark negativen Klimafolgen leben wollen, und zweitens, dass sich die Freiheit der Forschung in diesem Punkt substantiell vom Gros unserer westlichen unterscheidet; bei uns sind offensichtlich viele Forscher vom Wissenschaftler zum Aktivisten mutiert und schränken damit selbst ihre geistige Freiheit ein (das Negativbeispiel des berüchtigten Potsdam-Instituts, bei dem offenbar weniger das Klima, dafür aber umso mehr der Antikapitalismus auf der Agenda steht, springt ins Auge).
Wer sich über chinesische Klimaforschung informieren will, kann hier anfangen zu suchen:
Eine allgemeine Literaturliste zum Thema, mit Studien chinesischer Wissenschaftler, finden Sie im Lexikonartikel von Jie Fei, ‚Oxford Research Encycopedias, Climate Science, Meteorological History and Historical Climate of China‘).
Dort sind auch Arbeiten des bekanntesten chinesischen Klimaexperten, Jiacheng Zhang, aufgelistet.
Zhang zeigte in seinen Arbeiten u.a., dass es die mittelalterliche Warmzeit und die kleine Eiszeit, mit Abwandlungen, auch in China gegeben hat. In seiner Studie „Historical Climate Records in China and Reconstruction of Past Climates“, in: ‚Journal of Climate‘, 8/1989) präsentiert er das historische Klima in China der letzten 1000 Jahre.
Sein Chart auf Seite 843 (der Aufsatz ist über JStore lesbar) zeigt eine abfallende Temperatur zwischen 1000 und 1200 und eine unter Windungen ansteigende für die Gegenwart, ohne die alten Hochs zu erreichen. Zhang bemerkt dazu, dass die von den chinesischen Bauern besonders gefürchteten Trockenperioden besonders in der Kleinen Eiszeit vorkamen, also gerade in kälteren Perioden.
Tsui Jung Liu* fasst die Ergebnisse mehrerer chinesischer Studien so zusammen:
„Analyses using different scales confirmed that during the past 2000 years, the 20th century climate warming was not unique; the degree and speed of warming had not exceeded the highest level ever occurred… the temperature anomaly of the warmest 30 years in the 20th century was 0.9 C, close to the 1.0 C [Celsius] of the medieval warm period.“
Guoli Tang findet einen relativ moderaten Temperaturanstieg für den Zeitraum 1906 bis 2005 von 0.78 Grad Celsius (plusminus 0.27), s. „Comparative Analysis of China Surface Air Temperature Series for the Past 100 Years“, in: ‚Advances in Climate Change Research‘, 1/2010. –
„A research team headed by Pingzhong Zhang examining the period from c. 960 to 1340 not only has established strong correlations between increased solar radiation, warmer Chinese climate, glacier retreat, and more powerful Asian summer monsoons, but has argued that warmer, wetter conditions substantially underlay the rapid agrarian and demographic expansion characteristic of the Song [dynasty]. Conversely, periods of cooling and reduced monsoon flows, in the late Tang, late Yuan, and late Ming, tended to be periods of economic stress and popular unrest (s. Victor Lieberman, „Strange Parallels…“, 2009, Seite 555).
Xiu Qi Fang et al. fanden Korrelationen zwischen kühleren Perioden und schlechteren Getreideernten in China, häufigeren Hungersnöten und Aufständen.
„There was a higher proportion of bumper or normal harvests… more moderate and mild famines,… and a lower proportion of peasant uprisings… in the 30-year warm units“ („Transmission of Climate Change Impacts from Temperature Change to Grain Harvests…“, in: ‚Science China. Earth Sciences‘, 8/2015, S. 1427).
Quansheng Ge et al. fassen zusammen:
„Historical climate impact research has so far drawn three principal conclusions:
1. Historically, climate change impacts tended to be negative in cold periods and positive in warm ones…
25 of the 30 most prosperous periods in imperial China during the past 2000 years occurred during periods of warmth…
2. Long-term cooling trends often coincide with social and economic decline…
3. Throughout Chinese history, both the rulers and the ruled adopted strategies… to cope with climate change…“
(„China: 2000 Years of Climate Reconstruction“, in:
S. White, „The Palgrave Handbook of Climate History“, 2018, S. 199).
Eine neue Arbeit von Wu Jing** stellt eine längerfristige Erwärmung in Nordchina lange vor der Industrialisierung fest. Sie hat keine Anzeichen für menschliches Zutun finden können und führt dies auf die Sonnenaktivität zurück.
Professorin Wu befürchtet für die nähere Zukunft eine Abkühlung mit unangenehmen Folgen
(eine Zusammenfassung findet sich in der ‚South China Morning Post‘ vom 11.8.2019).
[- Anmerkungen:
*in: „Nature, Environment, and Culture in East Asia…“, ed. Carmen Meinert und Claus Leggewie, 2013 [Seitenzahl für das Zitat habe ich im Moment verschlampt, kann ich Ihnen aber nachliefern]
**Professorin Wu hat eine Homepage auf der Webseite der chinesischen Akademie der Wissenschaften (engl. Version) -]
Fazit.
Die Chinesen halten unsere westliche Furcht vor dem Ende der Welt für völlig übertrieben. Dies ist auch nicht mit Zensur oder gelenkter Wissenschaft in China zu erklären: die wollen dort schliesslich auch überleben. Sie können aufgrund der historischen Daten sogar einer Erwärmung durchaus positive Aspekte abgewinnen.
Und sie können seelenruhig zusehen, wie der Westen in seiner Panik seine eigene industrielle Basis ruiniert, was China den Weg an die Weltspitze weiter erleichtert.
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Davon unabhängiger Literaturtipp von heute: der Gast-Artikel des Präsidenten des deutschen Bundesrechnungshofs, Kay Scheller über die Energiewende, im ‚Cicero‘, „Teuer und unsicher“.