- Einführung – Polen und die EU
- EU-Grenzgebiet – Flüchtlingspolitik
Bei ihrem letzten EU-Gipfel versucht Angela Merkel, die Wogen im Bündnis zu glätten. Polen hat sich isoliert und wird hart attackiert. Ein weiteres Thema erhitzt die Gemüter: die hohen Energiepreise, besonders die für Gas.
In den 16 Jahren ihrer Kanzlerschaft hatte Angela Merkel nie viel Zeit zum Durchatmen. Erst die Eurokrise, dann die Flüchtlingskrise und nun die Corona-Pandemie. Deshalb war es bezeichnend, dass auch ihr voraussichtlich letzter EU-Gipfel nicht die erhoffte ruhige Veranstaltung war mit netten Abschiedstoasts beim Dinner mit Pistou-Suppe, Seebarschfillet mit sautiertem Fenchel und zum Dessert Erdbeertorte. Vielmehr stand das europäische Haus wieder einmal in Flammen.
Die polnische Gerichtsentscheidung im Streit über Richterbesetzungen, die nebenbei zentrale Artikel des EU-Vertrages aushebelte, sowie rekordhohe Energiepreise hatten die Gemüter in den vergangenen Wochen erhitzt. Führende EU-Politiker forderten, Geldzahlungen aus dem Corona-Hilfspaket für Warschau zurückzuhalten. Am Tag zuvor waren Kommissionschefin Ursula von der Leyen und Polens Premier Mateusz Morawiecki mit ihren Reden vor dem Europaparlament aufeinandergeprallt. „Die Union wurde niemals so radikal infrage gestellt“, schrieb der durch Krankheit verhinderte europäische Parlamentspräsident David Sassoli in einem Brandbrief an die Regierungschefs.
Angela Merkel machte dann jedoch das, was sie in jenen 16 Jahren stets getan hat: Sie versuchte die Lage abzukühlen und den Laden Europa irgendwie zusammenzuhalten. Ja, Rechtsstaatlichkeit sei ein Kern des Bestands der Europäischen Union sagte die deutsche Kanzlerin zum Beginn des Gipfels. „Auf der anderen Seite müssen wir Wege und Möglichkeiten finden, hier wieder zusammenzukommen, denn eine Kaskade von Rechtsstreitigkeiten vor dem Europäischen Gerichtshof ist noch keine Lösung des Problems, wie Rechtsstaatlichkeit auch gelebt werden kann“, meinte Merkel.
Will heißen: Dieses Problem muss mit einem politischen Kompromiss gelöst werden, nicht mit Ultimaten und „Erpressung“, wie Morawiecki sich zum Beginn des Gipfels beklagte. Der einzige, der Morawiecki öffentlich beisprang war der ebenfalls unter Beobachtung der EU-Kommission stehende ungarische Regierungschef Viktor Orban, der von einer „Hexenjagd“ gegen Polen sprach.
„Was für eine Zukunft seht ihr in Europa?“
[…]
Polen-kritischer Kommentar des Dlf vom 22.10.2021