Die nüchterne „Erbsenzählerei“ eines Informatikers, der sich einige Corona-Statistiken näher anschaut, erregt großes Interesse und wird schon bald bei YouTube gelöscht. Was es mit Marcel Barz und dem sehr sehenswerten Video “Die Pandemie in Rohdaten” im Detail auf sich hat, lässt sich in diesem auf der “Achse des Guten” erschienenen Text nachlesen. Nun ist sein Video wieder da und hat über 250.000 Abrufe, obwohl YouTube es in den Suchergebnissen unterschlägt.
Quelle grün-kursiver Text
Ein Phänomen, das wir von der #allesdichtmachen-Kampagne bereits kennen. Da eine Kritik am gängigen Corona-Narrativ aktuell nur sehr bedingt gebilligt wird, treten nun die teilweise massiv mit Steuergeldern subventionierten sogenannten “Faktenchecker” auf den Plan. Wenngleich die selbsternannten Wahrheitswächter von der “tagesschau” bis “Correctiv” bereits wegen rechtswidriger Faktenchecks gerichtlich belangt wurden und diese Verbote auch anerkannt haben, lässt ihr Eifer nicht nach. Jetzt schießen sie sich auf den braven Marcel Barz ein.
“Correctiv”, das sich gerade Herrn Barz widmet, teilt auf seiner Website mit: “Wir setzen auf eine transparente Arbeitsweise.” Das ist ganz prima. Und wir machen, was diese Aussage angeht, jetzt selber einen Faktencheck.
Eine der wichtigsten Stützen von “Correctiv” ist zweifellos Sarah Thust. Sie ist seit ein paar Jahren aus Kambodscha zurück und seit Juli letzten Jahres bei den “Faktencheckern”. Daher ist das mit der Transparenz bei ihr vielleicht noch nicht so richtig angekommen. Denn als Marcel Barz Teile ihres an ihn gerichteten Fragenkatalogs auf seinem Telegram-Kanal veröffentlichte, reagierte die Faktencheckerin am 16.09.2021 um 17:12 Uhr unwirsch:
“Lieber Herr Barz,
Ich möchte Sie nochmals darauf hinweisen, dass wir Ihnen keine Freigabe zur Veröffentlichung gegeben haben. Unsere E-Mails sind nicht dazu vorgesehen, dass Sie im Netz landen. Ihre Antworten können Sie gerne veröffentlichen, wenn unser Faktencheck erscheint. Aber bitte nicht vorher und nicht unsere Texte im Wortlaut inkl Signatur.
Herzlichen Dank für das Verständnis!”
Es bedarf einer gewissen Fertigkeit, in vier Sätzen so viel Unsinn und Anmaßung unterzubringen. Misslicherweise hat Herr Barz nun aber partout gar kein Verständnis dafür, dass eine auch mit Steuergeldern unterstützte Organisation glaubt, ihren mutmaßlichen Dienst an unserer Demokratie im Schutze der Dunkelheit betreiben zu können. Und darum dokumentieren wir in der Folge die Fragen von “Correctiv” und die Antworten von Herrn Barz. Ganz im Sinne der Transparenz, die sich unsere Freunde von “Correctiv” ja, gleich neben ihrem Spendenaufruf, auf die Fahnen schreiben. So steht hier eine lückenlose Dokumentation zur Verfügung, bevor die Fakten möglicherweise erneut zurechtgebogen werde. Los geht’s.
Sarah Thusts Passagen sind kursiv fett.
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Am 14.09.21 um 17:45 schrieb Sarah Thust:
Sehr geehrter Herr Barz,
ich arbeite als Journalistin für CORRECTIV.Faktencheck und würde Ihnen gerne einige Fragen stellen. Es geht um das Video, das Sie – falls ich mich nicht täusche – am 11. August erstellt haben (https://vimeo.com/591741693). Es wurde uns von zahlreichen Menschen eingereicht mit der Bitte um einen Faktencheck. Aus redaktionellen Gründen möchte ich Sie bitten, mir die folgenden Fragen bis spätestens Donnerstag zu beantworten. Sollten Sie mehr Zeit benötigen, geben Sie mir bitte Bescheid, dann überlegen wir uns eine Lösung.
Thema Sterblichkeit: Das Statistische Bundesamt betont uns gegenüber, dass die Betrachtung des ganzen Jahres saisonale Entwicklungen nicht darstellt und verschiedene Effekte, zB die milde Grippewelle, mit den Corona-Sterbefällen verrechnet. Vor allem am Ende des Jahres sei die Übersterblichkeit durch die Corona-Fälle stark ausgeprägt gewesen. Das ist auch in der Human Mortality Database für Deutschland sichtbar. Ich möchte Sie dazu fragen:
Marcel Barz:
Dazu möchte ich Sie als Journalistin zunächst auffordern zu prüfen, mit welcher Messmethode diese beiden Faktoren Grippewelle in 2020 und Corona-Sterbefälle in 2020 erfasst wurden und wie aussagekräftig und zuverlässig diese Daten sind (Stichwort: Qualitätskontrolle). Ich würde diese Daten mit Vorsicht verwenden. Wenn Sie möchten, kann ich darauf näher eingehen.
Ich möchte Sie außerdem darum bitten, die Aussage zu belegen, dass wir eine Übersterblichkeit durch Corona-Fälle Ende des Jahres hatten! Sehen Sie oder sieht das Statistische Bundesamt hier einen Kausalzusammenhang? Ich wäre hier als Wissenschaftler sehr viel vorsichtiger.
1. Weshalb beziehen Sie sich bei den Sterbefällen auf das ganze Jahr und nicht auf einen Vergleich auf Wochenbasis?
Marcel Barz:
zu 1. Übersterblichkeit ist ein statistisches Konzept, das abbilden soll, ob in einer Population in einem definierten Zeitraum ein ungewöhnlich hohes Sterbegeschehen stattgefunden hat. Je nach Betrachtungszweck kann einerseits die Population oder andererseits der definierte Zeitraum „passend“ gewählt werden. In Ihrer Frage legen Sie nahe, dass der Betrachtungszeitraum möglichst eng eingeschränkt werden sollte – auf Wochen oder wenige Monate.
Betrachtet man die Sterbezahlen der vergangenen Jahre, so wird allerdings schnell klar, dass eine zeitlich beschränkte Übersterblichkeit in nahezu allen europäischen Ländern regelmäßig zu beobachten ist. In Deutschland lässt sich beispielsweise für das Jahr 2018 eine Phase von ca. 12 Wochen beobachten, in der die täglichen Gesamtsterbezahlen zeitweise sogar höher ausfielen, als während der gesamten Corona-Pandemie. In meinem Vortrag bezeichne ich diese Phasen als „Ausreißer“. Ausreißer gibt es in jedem Jahr und auch in beide Richtungen (Über- und Untersterblichkeit). Die Einschränkung der Betrachtung auf einen (willkürlich) kleinen Zeitraum verfälscht also den Blick auf das Gesamtgeschehen.
Gestorben wird in Wellen entlang der Jahreszeiten. Manchmal beginnen die Wellen etwas früher – manchmal etwas später. Ich halte daher Jahresvergleiche für sehr aussagekräftig. Zudem ist es in der Statistik üblich, Populationsdaten jahresweise zu betrachten.
Die von Ihnen nahegelegte Einschränkung auf einen engeren Zeitraum ist m.E. daher nicht geeignet, um ein „ungewöhnliches Sterbegeschehen“ nachzuweisen. Wir könnten diskutieren, wie das Jahr geschnitten werden sollte. Ich habe in meiner Auswertung von Silvester bis Silvester geschnitten. Ich könnte mir auch eine Auswertung vom 01.07. bis 30.06. vorstellen, so wie es auch die Arbeitsgemeinschaft Influenza macht.
2. Weshalb berücksichtigen Sie die gestiegene Lebenserwartung nicht, wie es zum Beispiel in dieser Studie geschehen ist? https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0255540
Marcel Barz:
zu 2. Die angenommene Lebenserwartung einer Population bzw. der einzelnen Altersgruppen einer Population wird aus Beobachtungsdaten abgeleitet. Bei diesen Beobachtungsdaten handelt es sich um nichts anderes, als die Sterbedaten der Vorjahre, die in den jeweiligen Altersgruppen vorherrschten. Die Lebenserwartung einer Altersgruppe X in einer konkreten Population wird also aus dem beobachteten Sterbegeschehen der Vorjahre in dieser Altersgruppe abgeleitet. Die Forderung, das Sterbegeschehen nicht als absolute Zahl für die Gesamtpopulation, sondern differenziert nach Altersgruppen zu betrachten, wird auch in meinem Vortrag vorgebracht. Ich gehe darauf auch in meinem Vortrag ein (20:16).
Sowohl das Statistische Bundesamt als auch zahlreiche Redaktionen etablierter Medien haben den Fehler begangen, absolute Zahlen der Gesamtbevölkerung als Nachweis für eine vermeintliche Übersterblichkeit zu verwenden, statt relative Zahlen (also Sterberaten) der einzelnen Altersgruppen zu betrachten.
Die im Video vorgebrachte Argumentation ließe sich also ohne Weiteres auf eine Betrachtung der Lebenserwartung übertragen, ohne dass die Ergebnisse sich ändern würden. Tatsächlich kommen auch die Autoren des von Ihnen zitierten Papiers zu demselben Ergebnis. Heißt es doch dort:„In 2020, there was barely any excess mortality in Germany for both approaches.“
Ich möchte Sie noch auf dieses wichtige Diskussionspapier der WHO aufmerksam machen: „age standardization of rates – a new WHO standard“. Hier der Link zum Download. Darin wird die Altersstandardisierung als Rechenverfahren zur Herstellung vergleichbarer epidemiologischer Maßzahlen gefordert. Hier die deutsche Anwendung der WHO-Vorgabe. Sicher erweckt das Ihren journalistische Ehrgeiz herauszufinden, warum das Statistische Bundesamt die Altersstandardisierung dennoch nicht vornimmt und sich somit nicht an die WHO-Vorgabe hält.
3. Weshalb vergleichen Sie Deutschland mit Schweden und nicht beispielsweise mit Spanien?
Marcel Barz:
zu 3. Weil Schweden weniger Maßnahmen hatte als Deutschland. So erkläre ich es auch im Vortrag (26:29). Es ist in der Forschung üblich, die Wirksamkeit von Interventionen durch eine Einteilung in Experimentalgruppe und Kontrollgruppe zu untersuchen. Schweden war eines der wenigen Länder weltweit, welches auf scharfe nichtmedizinische Interventionen (AHA, „Lockdowns“) im Rahmen der Pandemie-Bekämpfung verzichtet hat und eignet sich daher als „Kontrollgruppe“ zur Bewertung dieser Interventionen.
Schweden schloss weder Geschäfte, noch Schulen flächendeckend und führte auch keine Maskenpflicht ein. Für diese Vorgehensweise wurde es von den etablierten Medien gerade auch in Deutschland als Negativbeispiel herangezogen.
Die Betrachtung der schwedischen Gesamtsterblichkeit zeigt allerdings, dass Schweden keineswegs als Negativbeispiel taugt. Im europäischen Vergleich schneidet Schweden vielmehr besser ab, als zahlreiche Staaten, die besonders scharfe nichtmedizinische Interventionen umgesetzt haben und liegt im Vergleich zu Deutschland in 2021 in der Gesamtsterblichkeit seit KW4 permanent unter dem Vorjahresmittel.
Sie erwähnen mit Spanien gerade ein Beispiel, das durch seine besonders schafen Interventionen keinerlei positiven Effekt erreicht hat. Woraus sich für mich die Frage ergibt, ob die Annahme „Härtere Maßnahmen = weniger Tote“ in irgendeiner Weise gerechtfertigt ist. Tatsächlich zeigen zahlreiche Studien inzwischen, dass sich diese Annahme durch Daten nicht belegen lässt.
Wenn Sie sich die Zeit nehmen, um diese beiden Links zu prüfen, werden Sie meine Zweifel nachvollziehen können: Wirksamkeit der Maßnahmen und Wirksamkeit der Lockdowns
4. Weshalb erwähnen Sie in Ihrem Video nicht andere Länder, wie auch die USA, die von der Pandemie stärker getroffen wurden?
Marcel Barz:
Ich beschränke mich in meinem Vortrag auf die Zahlen in Deutschland. Maßnahmen und Einschränkung, die wir in Deutschland erleben, werden ebenfalls mit den in Deutschland erhobenen Zahlen begründet. Das war das Thema meines Vortrags. Sicher kann man auch die USA und weitere Länder untersuchen. Das ist jedoch ein anderes Thema.
Gleichzeitig sehe ich auch, dass sich die Situation in den Vereinigten Staaten nicht so einfach darstellt, wie durch Ihre Frage suggeriert wird. Denn auch dort beobachte ich, dass die Bundesstaaten, die besonders strikte Kontaktbeschränkungen erlassen haben, mit Blick auf die resultierenden Sterbedaten nicht notwendigerweise besser dastehen, als Bundesstaaten, die einen moderateren Kurs umgesetzt haben.
Als Beispiel können Sie Florida mit Kalifornien vergleichen. Zwei große Bundesstaaten mit ähnlichen klimatischen Bedingungen. Kalifornien setzte durchgehend sehr strikte Maßnahmen um. Während Florida einen moderaten Kurs wählte (welcher dem Schwedens ähnelt). Tatsächlich war Florida nicht weniger erfolgreich in der Pandemie-Bekämpfung als Kalifornien. Kalifornien muss sogar höhere Covid-19-Todesfallzahlen je 100.000 Einwohner ausweisen. Die USA als Gesamtheit zu betrachten, ist daher wenig zielführend, da die verschiedenen Bundesstaaten dort sehr unterschiedlich reagiert haben und reagieren.
Thema Intensivbetten: Die Daten aus dem Intensivregister stellen laut Divi nicht die Anzahl aller vorhandenen Intensivbetten dar, sondern den täglich gemeldeten Ist-Zustand der tatsächlich betreibbaren Intensivbetten. Das bedeutet: Die Zahlen können schwanken, wenn viele Angestellte krank sind oder Überstunden ausgleichen. Ich möchte Sie dazu fragen:
5. Warum erwähnen Sie diese Informationen in Ihrem Video nicht?
Marcel Barz:
Zu 5. In Ihrer Frage stellen Sie korrekt fest, dass die Anzahl der tatsächlich betreibbaren Intensivbetten von Tag zu Tag schwanken kann. Solche Schwankungen sind völlig normal. Tagesaktuelle Schwankungen sind jedoch zu unterscheiden von anhaltenden Änderungen der Gesamtzahlen. Es wäre folglich zu erwarten, dass Schwankungen sich sowohl in sinkenden als auch wieder steigenden Meldezahlen dokumentieren, nachdem beispielsweise Krankheitsausfälle in den Dienst zurückkehren. Dies ist nicht zu beobachten, sondern wir beobachten im Melderegister anhaltend sinkende Bettenzahlen. Wenn solche dauerhaften Änderungen in den Größenordnungen der Zahlen zu beobachten sind, so wäre es doch auch Ihre journalistische Pflicht, diese zu publizieren und die Frage zu stellen, wie diese begründet werden können. Hier sind die Fakten:
– Seit Ende April 2020 werden ca. 7.500 Intensivbetten weniger gemeldet.
– Seit Ende August 2020 werden mehr als 5.000 Intensivbetten weniger gemeldet.
– Seit Ende April 2021 werden ca. 1.500 Intensivbetten weniger gemeldet.
Derartige Bewegungen lassen sich m.E. nicht durch Krankenstände (zumal im Sommer) oder abzubauende Überstunden erklären. Zudem wurde aus der Praxis gerade in 2020 von langen Kurzarbeitsphasen bei Ärzten und Pflegepersonal berichtet.
6. Weshalb berücksichtigen Sie andere Faktoren wie den Pflegeschlüssel, Krankenstände bei Personal und Umstellungen der Statistik in Ihren Berechnungen nicht?
Marcel Barz:
Zu 6. Die Zahlen des DIVI-Intensivregisters wurden durch Politik und Medien als wichtiges Steuerinstrument zur Pandemie-Bewältigung kommuniziert. Spätestens seit Herbst 2020 wurden diese Zahlen auch herangezogen, um gegenüber der Öffentlichkeit die Notwendigkeit strikter nichtmedizinischer Interventionen zu rechtfertigen. Soweit sich erinnern lässt, wurde dabei in den Verlautbarungen von Politik und Medien zwar auf die steigenden prozentualen Auslastungen gemäß den Zahlen des Intensivregisters hingewiesen, nicht aber darauf, dass diese Steigerungen auch durch die von Ihnen genannten Faktoren Pflegeschlüssel, Krankenstände bei Personal oder Umstellungen der Statistik verursacht worden sein könnten. Sie werden sicherlich zustimmen, dass grundrechtseinschränkende Maßnahmen nicht auf Faktoren wie der Einführung von Pflegeschlüsseln oder statistischen Methoden basieren sollten.
Insofern Sie also durch Ihre Frage nahelegen möchten, dass diese Faktoren maßgeblich waren für die hohen Auslastungen, ist dieser Möglichkeit keineswegs zu widersprechen. Die Änderung der Pflegeuntergrenzen hat bei den Bettenzahlen keinen Effekt – weder am 01.08.2020 noch am 01.02.2021. Einen Bettenrückgang haben die Wiedereinführung und Verschärfung der Pflegeuntergrenzen nicht erbracht.
7. Es gibt aktuell keine Belege dafür, dass Intensivbetten abgebaut wurden und mit der DIVI-Statistik allein lässt sich das auch nicht belegen. Gleiches gilt für Behauptungen, dass Krankenhäuser von 75 Prozent Auslastung finanziell profitieren würden und deshalb falsche Angaben machen. Dennoch greifen Sie diese Vorwürfe in Ihrem Video auf. Warum?
Marcel Barz:
Zu 7. Es ist zunächst einmal ein statistischer Sachverhalt, dass im DIVI-Intensivregister im Zeitverlauf zunehmend weniger betreibbare Intensivbetten ausgewiesen wurden. Wenn von „abgebauten Intensivbetten“ die Rede ist, dann ist damit schlichtweg dieser Sachverhalt gemeint. Eine konkrete Ursache ist damit nicht benannt. Fakt ist, dass diese Intensivbetten einmal vorhanden und betreibbar waren und auch gemeldet wurden und, dass dies inzwischen nicht mehr der Fall ist – und ohne, dass hierfür konkrete Gründe genannt wurden.
Was die Auslastungsgrenze von 75% angeht, so lassen sich bei sorgfältiger Analyse der vorliegenden Daten über 100 Landkreise ermitteln, die rund um den 18.11.2020 die Anzahl der gemeldeten betreibbaren Intensivbetten signifikant reduziert haben. Der 18.11.2020 markiert den Beschluss des Dritten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite (3. COVIfSGAnpG), mit welchem auch eine entsprechende Anpassung des Krankenhausfinanzierungsgesetzes in Kraft trat. Gemäß dieser Anpassung standen Kliniken erhebliche Ausgleichszahlungen zu, wenn die Auslastungsgrenze von 75% dauerhaft überschritten wurde. Die meisten dieser Landkreise haben durch die beobachtete Reduktion gemeldeter Intensivbetten genau diese 75%-Auslastung überschritten und haben dieses Meldeverhalten auch beibehalten.
Wenn sich derart signifikante Reduktionen der gemeldeten Intensivbetten-Zahlen innerhalb eines so kurzen Zeitraums bei einem Viertel aller meldenden Landkreise ereignen, so muss es hierfür einen plausiblen Grund geben. Dies gilt umso mehr, wenn es sich nicht um einen vorübergehenden Effekt handelt, sondern um eine dauerhafte Änderung des Meldeverhaltens. Ein plausibler Grund wurde jedoch weder vom DIVI-Intensivregister noch vom Bundesministerium für Gesundheit kommuniziert. Auch der von Ihnen angeführte Correctiv-Artikel zur Thematik benennt keinerlei Gründe für diesen Sachverhalt. Außer Dementis und Worthülsen seitens der möglichen Mitverantwortlichen sind diesem Artikel keinerlei Fakten zu entnehmen.
Dagegen wird im Bericht des Bundesrechnungshofes vom 9. Juni 2021 an den Haushaltsausschuss des Bundestages darauf hingewiesen, dass der Bund allein im Jahr 2020 Ausgleichszahlungen, in Höhe von 10,2 Mrd. Euro an die Krankenhäuser leistete. Dies verbindet er mit der Kritik, dass dadurch nicht überwiegend Zahlungen zur Aufrechterhaltung freier Krankenhauskapazitäten für COVID-19-Patientinnen und -Patienten geleistet wurden, sondern vielmehr das betriebswirtschaftliche Risiko einer nicht ausreichenden Belegung der Krankenhäuser mitgetragen wurde (s. Bericht, Seite 8). Mir ist nicht bekannt, dass CORRECTIV in seiner journalistischen Arbeit auf diesen Bericht eingegangen ist und die Datenlage hinterfragt hat. Wäre das nicht Ihre journalistische Pflicht?
Insgesamt ist daher festzuhalten, dass (1) eine signifikante Änderung des Meldeverhaltens rund um den 18.11.2020 für über 100 Landkreise festgestellt werden kann, dass (2) seitens der Verantwortlichen außer Worthülsen keine plausiblen Gründe für dieses Meldeverhalten vorgebracht wurden und dass (3) ein erheblicher finanzieller Anreiz bestand, das Meldeverhalten in der beobachteten Weise anzupassen. Im Übrigen frage ich mich auch, inwieweit dieser Sachverhalt für die betreffenden Krankenhäuser strafrechtlich relevant sein könnte.
Thema Impfstoffe: In ihrem Video erklären Sie den Unterschied zwischen der relativen Wirksamkeit und der absoluten Wirksamkeit eines Impfstoffe und präsentieren die Werte für den Impfstoff von Biontech/Pfizer.
8. Dabei erklären Sie nicht, dass es in klinischen Studien üblich ist, die relative Wirksamkeit von Impfstoffen anzugeben. Wieso nicht?
Marcel Barz:
Die relative Wirksamkeit ist eine wichtige statistische Größe, die allerdings auch stark in die Irre führen kann. Dies mag das folgende Beispiel erläutern: Wird im Rahmen einer Studie unter 100.000 Personen der Experimentalgruppe lediglich 1 Todesfall festgestellt, in der Kontrollgruppe unter 100.000 Personen hingegen 2 Todesfälle, so beläuft sich die relative Risikoreduktion auf 50%. Dieser scheinbar beeindruckende Wert ist jedoch offensichtlich in der Praxis irrelevant, insbesondere dann, wenn die Intervention mit einer relevanten Anzahl von Nebenwirkungen einhergeht. Die absolute Risikoreduktion kann daher eine bessere Kenngröße sein. Details zu dieser Diskussion mit Blick auf die Covid-19-Impfstoffe wurden u. a. auch in diesem Fachartikel in „The Lancet“ veröffentlicht.
Meine Kritik bezieht sich im Speziellen aber auch darauf, dass die Aussage „95% Wirksamkeit“ dazu einlädt, missverstanden zu werden (95 von 100 Geimpften sind geschützt). Das habe ich in meinem Umfeld mehrfach genau so erlebt. Diese Kritik richtet sich auch an die Journalisten, die solche Missverständnisse leicht aufklären könnten – es aber nicht tun. Und zu dieser Kritik stehe ich nach wie vor. Ich bin mir bewusst, dass die Angabe der relativen Wirksamkeit in Fachkreisen ihre volle Berechtigung hat.
9. Im Video sagen Sie, die meisten Menschen hätten von einer Impfung keine Vorteile, sondern „nur die Nebenwirkungen und sonst garnichts”. Weshalb erwähnen Sie an dieser Stelle nicht, dass die Wirksamkeit von Corona-Impfstoffen gegen schwere Krankheitsverläufe und Todesfälle in verschiedenen Studien nachgewiesen wurde?
Marcel Barz:
Ich beziehe mich in meinen Aussagen (1:09:20) auf diese Studie und auf die in dieser Studie dokumentierten Ergebnisse. Mein Satz:
„Man muss also statistisch 141 Menschen impfen, um eine Person vor einer Infektion zu schützen.“ ist eine mathematische Aussage, die sich auf die Zahlen genau aus dieser angeführten Studie bezieht und die m.E. ihre volle Berechtigung hat. Die Wirksamkeit der Corona-Impfstoffe ist Gegenstand der laufenden wissenschaftlichen Diskussion. Bei der Beurteilung dieser Wirksamkeit ist insbesondere das Alter und der Gesundheitszustand des Einzelnen zu berücksichtigen. Das Risiko eines schweren Covid-19-Verlaufs ist für einen gesunden Erwachsenen unterhalb einer gewissen Altersgrenze (und damit für einen Großteil der Bevölkerung) nachweislich sehr gering.
Diesem Risiko steht das reale Risiko einer schweren und möglicherweise tödlichen Impffolge gegenüber. Für alle von der EMA zugelassenen Covid-19-Impfstoffe wurden mittlerweile Rote-Hand-Briefe veröffentlicht. Die Meldezahlen von Impfnebenwirkungen auch im Verhältnis zur Anzahl der Impfdosen sind um ein Vielfaches höher als beispielsweise die entsprechenden Meldezahlen für Grippeimpfstoffe. Sie sind sogar höher als die Gesamtzahl der Verdachtsmeldungen pro Jahr für sämtliche von der EMA zugelassenen Arzneimittel und Impfstoffe, die in den Vorjahren in der EudraVigilance-Datenbank veröffentlicht wurden. Warum dies so ist, kann ich noch nicht beurteilen, da bislang noch keine zufriedenstellenden Antworten veröffentlicht wurden. Vielmehr muss festgestellt werden, dass dieser Sachverhalt in der öffentlichen Diskussion totgeschwiegen wird. Damit stellt sich für Personen, deren Risiko eines schweren Covid-19-Verlaufs nur sehr gering ist, die Frage der Abwägung.
Andererseits ist die gemäß – wie Sie schreiben – „verschiedener Studien nachgewiesene“ Wirksamkeit noch keineswegs so nachgewiesen, wie dies wünschenswert wäre. Der relevante Endpunkt der Impfkampagne ist die Wirksamkeit in der geimpften Bevölkerung in der Zeit erhöhter Anfälligkeit für virale Atemwegsinfektionen, somit also bzgl. Deutschland im bevorstehenden Herbst und Winter. Solche Daten liegen schlichtweg noch nicht vor.
Ob die teilweise bereits viele Monate zurückliegenden Impfungen dann noch den gewünschten Schutzeffekt haben werden, kann schlechterdings heute noch niemand sicher sagen. Umgekehrt gibt es inzwischen Studienergebnisse, die nachweisen, dass die Wirksamkeit der Impfungen mit wachsendem Abstand vom Impfzeitpunkt nachlässt, sei es durch sinkende Antikörperspiegel oder durch die nicht zu verhindernden Mutationen im Bereich des Spike-Proteins. Die vorliegenden Zahlen aus Israel, das die Entwicklung in Deutschland um ca. 2-3 Monate vorwegnimmt, da seine Impfkampagne entsprechend früher begonnen hat, lassen in dieser Hinsicht jedenfalls Zweifel aufkommen – ein Sachverhalt, der ebenfalls in der öffentlichen Diskussion noch weitgehend totgeschwiegen wird. Hier würde ich mir Ihren journalistischen Ehrgeiz sehr wünschen!
Zuletzt noch einige allgemeine Fragen: Warum haben Sie dieses Video produziert?
Marcel Barz:
Hintergrund zur Entstehung des Videos
– Das Ergebnis meiner Recherche hat mich so überrascht, dass ich daraus eine Präsentation erstellte, um den Vortrag vor Familienmitgliedern und Freunden zu halten.
– Ich erlebte, dass Zuhörer mein Vorgehen (durchdeklinieren) und meinen Widerspruch am Ende nachvollziehen konnten. Gleichzeitig konnte mir niemand Denk- oder Rechenfehler aufzeigen.
– Ich hielt den Vortrag öffentlich, um mehr Feedback einzusammeln und, um mögliche „Denkfehler“ zu finden.
– Ich suchte Fachleute auf, und bat darum, den Fehler zu finden – ohne Erfolg.
– Ich versuchte damit an die Presse zu gehen – ohne Erfolg.
– Weil ich es mit Freunden besprechen wollte, die weiter entfernt wohnen, ließ ich meinen Vortrag filmen und schneiden. Vielen Dank an Stefan von filmingforchange.
Hintergrund zur Veröffentlichung des Videos
– Der Vortrag wurde am 11.08.2021 in Jüterbog bei Berlin aufgenommen. Produktionskosten: 2 Mahlzeiten und ein Korb Gemüse für Stefan.
– Ich habe den Film am 27.08.2021 auf YouTube hochgeladen und den Link am 28.08.2021 an Freunde verteilt, mit der Bitte: „Findet den Fehler!“ und „Gefällt es Euch, teilt es!“
– Ich war überrascht und überwältigt von den zahlreichen Aufrufen und wertvollen Kommentaren.
– Es entstanden spannende Diskussionen und ein fachlich fundierter Austausch.
– Am 31.08.2021 hat YouTube das Video bei 145.000 Klicks gelöscht. Begründung: „medizinische Fehlinformationen“. Meine Beschwerde wurde abgewiesen.
– Andere Kanäle hatten selbständig Kopien erstellt und das Video auf ihren Kanälen hochgeladen. Ab jetzt hatte ich keinen Einfluss mehr.
Haben Sie dafür Unterstützung erhalten – falls ja, von wem?
Marcel Barz:
Nein, es gabe keine Unterstützer. Es gab nur mich und Stefan Marks von ffch.net, der mich filmte. Nach meiner Veröffentlichung des Vortrags am 27.08.2021 auf YouTube erlebe ich nun jedoch viel Resonanz und bin im konstruktiven Austausch mit Wissenschaftlern, Ärzten und Unternehmern.
Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie mir diese Fragen bis Donnerstag schriftlich beantworten könnten, Sie können mich bei Rückfragen aber auch gerne anrufen. Erreichbar bin ich unter der 000000000. Einen Überblick über unsere Arbeit bekommen Sie hier: correctiv.org/faktencheck Herzlichen Dank!
Mit freundlichen Grüßen
Sarah Thust
Faktencheckerin
CORRECTIV – Recherchen für die Gesellschaft
Dieser Beitrag erschien zuerst auf Steinhöfel.com hier.