Ein Gedanke zu „Peter Scholl-Latour zu Afghanistan – Vorlesung im Jahr 2009“

  1. Ich habe diese Vorlesung früher einmal gehört. Scholl-Latour gehörte zu meinen persönlichen Helden. Wie Thomas Luckmann, Raymond Aron, Sebastian Haffner, Wolfgang Leonhard. Brillante Leute, von denen es heute, im Zeitalter der Haltungs- und Gefälligkeitswissenschaften, nur noch sehr wenige gibt. Ich erinnere mich, dass Scholl-L. die Vergeblichkeit der westlichen Bemühungen darlegte, und den Wandel, der sich in Afghanistan und anderen Ländern vollzogen hatte seit den 60iger Jahren.
    Heutige Menschen können sich das kaum mehr vorstellen, aber in Afghanistan war es einmal völlig normal, dass Frauen mit unbedecktem Kopf in der Öffentlichkeit herumliefen. In moderner westlicher Kleidung (modern für die 60iger Jahre).
    Heute findet eine Mehrheit der Afghanen (s. ‚Survey of the Afghan People‘, Asia Foundation), dass die Burka die angemessene Kleidung für Frauen in der Öffentlichkeit sei. Nur ein einziges Prozent unter den für diese Survey Befragten fand, dass es in Ordnung sei, wenn Frauen ohne Kopfbedeckung öffentlich herumlaufen. Ein einziges Prozent!

    UND VON DIESEM VOLK HAT MAN ERWARTET, DASS ES SICH GEGEN DIE TALIBAN VERTEIDIGT !

    Scholl-L. machte die Abkehr vom Westen am israelischen Sechs-Tage-Krieg fest. Ich glaube nicht, dass man ein einzelnes Ereignis wie dieses für die Rückbesinnung auf das muslimische Mittelalter verantwortlich machen kann. Wohl eher war es eine Fülle von Ohnmachts- und Abgehängtseins-Empfindungen, die kumulativ für den vermeintlichen Weg zurück zu alter muslimischer Grösse verantwortlich waren. Spätestens mit den Ereignissen im Iran unter Khomeini hätte man Bescheid wissen müssen.
    Aber man steckte im Westen den Kopf in den Sand.
    Wie üblich. Naivismus über alles, über alles in der Welt!
    Man huldigte – und huldigt bis heute – dem Glauben, alle Kulturen seien im innersten irgendwie ähnlich, sowieso gleichwertig, und miteinander kompatibel. Dieser infantil-dümmliche Irrglaube steckt auch hinter der deutschen Willkommenseuphorie für Migranten und hinter der Wegblendung aller Fakten, die Migration problematisch erscheinen lassen.
    Scholl-Latour ist tot. Er hat Glück. Er muss unser Elend, den Ruin der westlichen Kultur durch eigene Schuld, nicht mehr mitansehen.

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