Werbung, liebe Leser, ist manchmal eine bessere Charakterisierung …
… eines bestimmten Zeitgeistes als jede historische oder soziologische Abhandlung. Erinnert sich einer der älteren unter uns noch an die „klassische“ Sparkassenwerbung im TV – „MEIN Haus, MEIN Auto, MEIN Boot“? Das ist lange her (1995 war das), aber gottseidank auf Youtube noch zu sehen. Das waren andere Zeiten.
MehrHeute müsste man einen entsprechenden Werbespot machen mit
„MEINE Moral, MEINE Ethik, MEINE Haltung“.
- Leben wir in „postmaterialistischen“ Zeiten?
- Zählen materielle Dinge, angesichts eines sehr viel kleiner gewordenen Teils der armen Bevölkerung, weniger als früher?
- Verschafft man sich heute Ansehen, Prestige, Status über andere Dinge, über immaterielle?
Das sogenannte „status seeking“, das Streben nach Ansehen und Prestige, ist eine allgemeinmenschliche Universalie. Jeder will irgendwie glänzen vor dem anderen. Wer sich selbst „klein“ macht, ist meist entweder nicht ehrlich oder psychisch beeinträchtigt*. der den Beginn der postmaterialistischen Entwicklung markierte, wird hier kurz beschrieben.:
Je grösser der soziale Anspruch einer Person, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie intensiv einen hohen Status suchen wird – das ist fast eine soziologische Binsenweisheit. Ein hoher Status, Prestige, Ansehen bauchpinseln nicht nur das Selbstbewusstsein und geben dem Betreffenden ein wohliges Überlegenheitsgefühl über andere, es kann auch mit realem Machtzuwachs verbunden sein.
Wer hat in unserer (relativen) Wohlstandsgesellschaft einen besonders hohen Anspruch?
Da sind zunächst Heranwachsende. Sie sind normalerweise im Bildungssystem, lernen eine Menge (idealiter) und es entsteht oft eine Diskrepanz zwischen ihren Lerninhalten (und den Schlüssen, die sie daraus ziehen) auf der einen, sowie ihrem noch untergeordneten Status als Jugendliche auf der anderen Seite. Manche der Kinder sind heutzutage auch schlicht verwöhnt, das muss man auch sagen. Gerade wenn sie aus reichen Familien kommen.
Greta Thunberg stammt aus einer wohlhabenden Familie, ihre Mutter ist Opernsängerin, ihr Vater Schauspieler und Produzent. Die Chefin der deutschen Fridays-for-Future-Bewegung kommt ebenfalls aus einem vermögenden Hintergrund. Beide Aktivistinnen sind inzwischen Multi-Millionärinnen.
Womit kann man Prestige gewinnen, wenn man jung ist und noch keine beruflichen Meriten hat, und wenn man sich materiell sowieso schon alles leisten kann?
MIT MORAL NATÜRLICH.
Man stellt sich auf den öffentlichen Marktplatz und tönt laut heraus, dass die bösen Klimasünder unter uns in sich gehen und auf den rechten Weg zurückkehren sollten. Auf den Weg, der ihnen natürlich Prophetinnen wie Thunberg und Neubauer in ihrer visionären Weitsicht vorgeben. Die Jungfrau von Orlèans lässt grüßen.
Das Alles hat eine erkennbar religiöse Dimension, es geht wohl über „normalen“ Postmaterialismus hinaus. Weil Religion in unserer modernen Gesellschaft keine zentrale Rolle mehr spielt, springen solche Erweckungsbewegungen in die Bresche und bieten sich nicht nur als sinnstiftende Krücken, sondern eben auch als bequemes Mittel des Prestigegewinns an.
Wer, abgesehen von solchen Halbwüchsigen, ist noch auf den Moral-Zug aufgesprungen?
Unsere lieben Journalisten der Grün-Linksmedien. Halbwüchsig sind die natürlich nicht – wohl aber lässt sich eine deutliche Infantilität bei den meisten von ihnen wohl kaum leugnen.
Journalisten haben im allgemeinen eine ziemlich bescheidene Ausbildung – der Beruf zieht Leute magisch an, die es an der Hochschule zu nichts rechtem!! gebracht haben -, Ihr Ruf in der Gesellschaft ist ebenfalls ziemlich mies.
Die Allensbacher Umfrage von 2013 zum Prestige einzelner Berufsgruppen führt die Journalisten ziemlich weit unten auf der Skala, nur 5 Plätze über den Politikern, die auf dem drittletzten Platz stehen. Jedenfalls sind sie meilenweit von einem vorderen Rang entfernt. Nun haben Journalisten im Lauf der Zeit aber einen gewissen Appetit auf politische Mitwirkung** entwickelt.
Wie regiert man aber mit, wenn man ein relativ niedriges gesellschaftliches Ansehen hat, keine direkte Machtbefugnis, aber Anspruch und Ehrgeiz?
Ganz einfach: Auch hier haut man möglichst laut auf die Moral-Pauke.
Zwar sind Journalisten in ihrem beruflichen Verhalten nicht für sonderlich vorbildliches Verhalten berühmt, aber Frechheit siegt bekanntlich. Was man an Substanz nicht hat, ersetzt man eben durch Lautstärke – und sie sitzen, was das Ausnutzen von Lautstärke angeht, ja nun mal an der Quelle: Sie können ihre Predigten ja täglich in den Medien absetzen.
Wir erleben eine Wiedergeburt des mittelalterlichen Laienpredigertums.
Man kann kaum eine grün-linke Zeitung, die meisten sind grün-links, aufschlagen, ohne Ermahnungen, Handlungsanweisungen, Verurteilungen, Wert-Einschätzungen zu lesen. Diese journalistische Vorgehensweise bietet außer dem Statusgewinn noch den Vorteil, dass sie ohne Mühe ins Werk zu setzen ist.
JEDER HERGELAUFENE IGNORANT KANN SICH ALS MORALIST AUFSPIELEN.
So leben unsere täglichen Moralisten in der für sie besten aller möglichen Welten. Sie können sich durch ihre
- Moralisiererei über andere erheben,
- Macht und Status gewinnen
- Sie sparen auch noch Zeit und Mühe, die sie für gründliches Recherchieren von Informationen aufbringen müssten.
Kein Wunder, dass bei uns an jeder medialen Ecke Bußprediger und Inquisitoren herumlaufen. Wenn man ohne Mühe, nur mit Moralgeschwafel, Macht und Ansehen gewinnen kann, ist das doch feiner, als mit mühevoller Recherche nur ein kleiner Schreiberling zu bleiben, oder?
*Literatur zum ’status seeker‘: ‚Science Daily‘, May 6, 2015, „We all want high social status“ & „Vom Materialismus zum Postmaterialismus“, ‚Zeithistorische Forschungen‘ 3/2006, Ronald Ingleharts Soziologie-Klassiker „The Silent Revolution“,
** Thomas Meyer, „Die Unbelangbaren: Wie politische Journalisten mitregieren“, 2015
Lesen Sie auch diesen Essay von Werner Bläser
Disclaimer: Jede Ähnlichkeit mit lebenden Personen, etwa mit the likes of Claus Kleber und Konsorten, wäre rein zufällig und unbeabsichtigt.