In Deutschland haben nur knapp 30 Prozent …
Mehr… der Corona-Patienten, die mit künstlicher Lunge beatmet wurden, überlebt. In anderen Ländern lief es deutlich besser. Hierzulande fehlt es vielerorts an Expertise beim Personal. Welche Rolle spielen finanzielle Interessen?Von allem das Beste. Und vom Allerbesten das meiste. Kein Land auf der Welt ging mit einem derart luxuriösen Bestand an Beatmungsgeräten in die Pandemie wie Deutschland. Ein Gerätepark, international beneidet, dazu eine Ärzteschaft, zahlreich und bestens ausgebildet. Und doch: Ernüchterung. …
Jetzt, da das große Wettrennen um Leben und Tod in den Krankenhäusern allmählich ausläuft, stehen die Deutschen betreten vor einer brisanten Bilanz. Es stellt sich heraus, dass die Bundesregierung zwar finanziell und technisch geklotzt hat. Dennoch stehen schwächer ausgerüstete Länder wie Frankreich oder Großbritannien bei den Behandlungserfolgen besser da als Deutschland – wenn es um die Intensivpatienten geht, die maschinell künstlich beatmet wurden.
Nur knapp 30 Prozent der Corona-Patienten haben in Deutschland während der ersten beiden Wellen den Einsatz der künstlichen Lunge überlebt, 73 Prozent haben es nicht geschafft. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die unter anderen der deutsche Intensivmediziner Christian Karagiannidis verfasst hat. In Ländern wie Großbritannien oder Frankreich lag die durchschnittliche Sterblichkeit bei lediglich 37 Prozent.
Bis zu 200.000 Euro. Pro Patient
Die maschinelle Beatmung per künstlicher Lunge gilt als letztes Mittel. Sie kommt erst dann ins Spiel, wenn alle anderen intensivmedizinischen Methoden ausgeschöpft sind. Die Maschine, kaum größer als ein Werkzeugkoffer, funktioniert als Lungenersatz, das Blut wird außerhalb des Körpers maschinell mit Sauerstoff angereichert. Durch Schläuche in den Leisten fließt das Blut in die Maschine und wieder zurück. Das Verfahren ist noch jung, etwa zehn bis 15 Jahre alt, und es birgt Risiken.
Weil viele kleine Krankenhäuser die „extrakorporale Membranoxygenierung“, kurz Ecmo, nicht komplett beherrschen, galt vor der Corona-Pandemie die Leitlinie, dass Kliniken mindestens auf Erfahrungen mit 20 Ecmo-Patienten im Jahr kommen müssen, um diese Therapie anbieten zu dürfen. Doch damit scheint man es während der Pandemie nicht so besonders genau genommen zu haben.
Die hohe Sterblichkeit ist deprimierend“, sagt Karagiannidis, Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin und Leiter des Ecmo-Zentrums der Universitätsklinik in Köln. Gemeinsam mit Kollegen hat Karagiannidis mehr als 700 Ecmo-Behandlungen aus den Patientendaten der AOK in den ersten beiden Wellen der Pandemie analysiert. Die Studie ist im „American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine“ publiziert, eine detailliertere Auswertung aller Covid-Intensivpatienten in Deutschland ist in Vorbereitung.
Sind deutsche Ärzte schlechter als ihre Kollegen in anderen Ländern? Schon eine Untersuchung 2016 war zu ähnlich deprimierenden Ergebnissen gekommen.
„2016 hatten wir den Eindruck, dass ein Teil der Behandlungen ökonomisch getrieben sein könnte“, sagt Karagiannidis, „in einigen Krankenhäusern hat das sicherlich eine Rolle gespielt.“ Immerhin seien pro Patient schnell zwischen 50.000 und 200.000 Euro fällig. An finanzielle Interessen während der Pandemie glaubt er allerdings nicht.
Artikel von Elke Bodderas bei MEDIAGNOSE & WELTonline
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