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Ich habe es gelegentlich schon angedeutet, aber es schält sich für mich immer klarer heraus, wie dieses allgegenwärtige Schein-Moralisieren in Politik und Medien zustande gekommen ist.
Lassen Sie mich ein scheinbar nebensächliches Beispiel erwähnen, das aber typisch ist.
Ich meine ein Beispiel der Sendereihe ‚Terra X‘, nämlich die Sendung „Tatort Eulau – das Rätsel der 13 Skelette“ (auch auf Youtube), die von einem Mehrfachmord vor ca. 4500 Jahren handelt, also in etwa in der frühen Bronzezeit.
Kurz: Da handelt es sich um einen Angriff eines Nachbarvolks auf ein Dorf. Die Sendungsmacher haben die Angreifer – und hier liegt der Hase im Pfeffer – als berittene Krieger dargestellt. Wie kann man das machen? Solche Sendungen pflegen doch wissenschaftliche Berater zu haben, oder wenigstens haben die Macher selbst meist ein entsprechendes Studium.
Wie kann man denn berittene Krieger in einem Konflikt vor ca. 4500 Jahren in Mitteleuropa zeigen? Es gehört zur Allgemeinbildung – zu den absoluten ‚basics‘ – jedes Historikers oder Archäologen, zu wissen, wann die wichtigsten Haustiere domestiziert wurden und ab wann sie welchem Gebrauch zugeführt wurden.
Das Pferd wurde um die Zeit, um die es hier geht, allenfalls vom Volk der Botai in Kasachstan als Reittier genutzt – und auch das gründet sich nur auf Zahnspuren, die von Trensen herrühren müssten. Das blieb lange eine Ausnahme, denn die Pferde jener Zeit waren noch zu klein, um als Reittiere effektiv genutzt zu werden (erst später gelang die Zucht grösserer Tiere).
Warum wohl kannte man noch lange danach bei den grossen Kulturen des Mittelmeers nur die Nutzung des Pferdes am Streitwagen?
Das Beispiel ist leider typisch geworden für wissenschaftliche Sendungen im TV, soweit sie über Wissenschaften gehen, von denen ich etwas Ahnung habe. Historische oder ethnologische Sendungen taugen mittlerweile meistens nur noch zum Kitzeln der Lachmuskeln – wenn man sich nicht eher ärgert.
Vor kurzem lief eine ganze Sendereihe über das Amerika vor Kolumbus. Da wurden die Indianervölker durch die Bank als kulturell hochstehend (das waren sie nur zum Teil) und als friedliche Ökologen dargestellt.
Das ist lächerlich!
Wie archäologische Daten und geschichtliche Quellen eindeutig beweisen, war ein Grossteil der Stämme absolut primitiv, und man bekriegte sich mit grausamsten Methoden, bis zum Kannibalismus* (Schnittspuren an Knochenfunden legen das nahe).
Die Anasazi im trockenen Südwesten vernichteten durch übermässiges Bäumefällen ihre Umgebung zweimal und zerstreuten sich dann in alle Winde.
Vor längerer Zeit: eine Sendung über die Erstürmung der Bastille. Man sollte denken, eine Aufgabe für einen TV-Macher, wie sie einfacher kaum mehr geht; das zur Verfügung stehende geschichtliche Quellenmaterial ist riesig und meist übersichtlich geordnet. Man müsste nur in ein paar gute Bücher hineinschauen. Was brachte der arme Tropf von Sendungsmacher? Ein absolutes Zerrbild der Ereignisse.
Ich könnte die Aufzählung ad nauseam fortsetzen.
Was sich klar herausschält: Unsere Medienmacher sind heute im allgemeinen dermassen ungebildet, dass sie nicht einmal mehr dazu taugen, einfachste Dinge darzustellen. Ein Grossteil von denen hat ein Bildungsniveau „knapp über Kaulquappe“, um es mal bösartig zu sagen.
Bei vielen von ihnen führt wohl die mangelnde Kompetenz in puncto Fakten dazu, dass sie einfach den „einfachen“ Weg gehen und lieber moralisieren, anstatt sich mühsam Kompetenz anzulesen.
Die Medien sind heute -Ausnahmen bestätigen die Regel – ein Biotop für bildungsallergische Idioten geworden.
UND DIESE LEUTE WOLLEN UNS DANN ÜBER KOMPLIZIERTE DINGE WIE CORONA ODER KLIMAWANDEL BELEHREN!
Die älteste bekannte Darstellung des Reitens ist eine bronzezeitliche Felszeichnung im ukrainischen Kammmnaja Moggila. Die Ukraine und Südrussland waren damals Lebensraum der Steinstreitaxt-Leute, denen wohl als erstes gelang, sich das Pferd gefügig zu machen. Die Domestikation durch den Menschen dauerte Jahrhunderte. Erste Pferdehaltung findet man um 4000 vor Chr. in der Ukraine wo das Pferd heimisch war. Vermutlich trieb man diese kleinen Tiere mit Brandlegung in die Sümpfe wo es dann gelang diese Pferde einzufangen. Zuerst kam das Schleifen von Lasten an zwei seitlichen Holmen, danach kam das Vorspannen vor einen Wagen. Diese Nutzung wurde von den Kyksos betrieben die um 1650 v. Chr. von Syrien her Ägypten eroberten. Der letzte Schritt war das Reiten, welches erst professionell im 9. vorchristlichen Jh. stattfand.
Danach war das Pferd für die Kriegsdienste und die damit verbundene Mobilität unverzichtbar. Es folgten mehrere Kriegszüge gegen Europa durch die Streitaxtleute, die Kimmerer, die Skythen und Sarmaten.
Das mal ganz nebenbei für angebliche Journalisten zum Thema Pferd, Reiten und Kriegsführung!
Danke für Ihre Präzisierung, Herr Thöne. Mit „Kyksos“ meinen Sie Hyksos, nehme ich an. Man könnte noch erwähnen, dass die erste Domestizierung von Pferden aller Wahrscheinlichkeit nach das Ziel hatte, sie schlicht und einfach zu schlachten und zu essen. – Eine gute Einführung in die Geschichte der Domestizierung des Pferdes zu Reit-Zwecken bietet A. Azzaroli, An Early History of Horsemanship, 1985. Oder auch V. Warmuth, Reconstructing the Origin and Spread of Horse Domestification in the Eurasian Steppe. 2012. Der Artikel „Equestrianism“ in der englischsprachigen Wiki bietet im kurzen Abschnitt ‚History of horse use‘ einen Hinweis, wo man sich weiter informieren kann. Ganz sicher ist es keine übermenschliche Aufgabe für einen Journalisten oder Produzenten von solchen TV-Sendungen, sich darüber zu informieren.
Wenn die aber schon davon überfordert sind, wie sollen sie dann über Dinge wie Klimawandel und Corona informieren können??
Ja vollkommen richtig, das Volk Hyksos waren die „Bösen“, die mit dieser Methode in Ägypten einfielen. Beim Schreiben ist das häufig mal so, dass die Gedanken viel weiter voraus sind, als die Finger das Gedachte aufs Papier, bzw. in den Compu bringen. Die Geschichte Pferd ist eins der faszinierenden Ereignisse zu dieser Zeit und wohl ein Quantensprung in Richtung Kriegsführung. Die ersten, die Steinstreitaxtleute, waren im Kaukassus im Quellgebiet des Kuban zuhause. Der El-Borus, höchstgelegener Berg im Kaukassus ist vergletschert und somit der Spender des Quellgebietes in luftiger Höhe von 5642 Metern. Dieser Bereich soll auch die Heimat des Pferdes sein. Da muß ich unbedingt nochmal hin. Allerdings ist das bei mir mit der „Bergsteigerei“ nicht mehr so ganz einfach!