… für den Dannenröder Forst
Es ist genug. Eine Demonstration gegen den Ausbau der Autobahn 49 hatte nicht nur einen kilometerlangen Stau auf der Autobahn A3 zur Folge – sondern auch einen schweren Verkehrsunfall mit einem Schwerverletzten. Und das nur, weil es sogenannte Umweltaktivisten für eine gute Idee gehalten haben, sich von einer Autobahnbrücke abzuseilen, um Transparente entrollen zu können.
MehrWas dort geschrieben stand, ist irrelevant. Das Ergebnis ist entscheidend. Hier geht es um einen Protest gegen ein über Jahrzehnte hinweg geprüftes Infrastrukturprojekt in einem modernen Industriestaat. Es geht um mehr Lebensqualität für lärmgeplagte Bewohner, die seit einer Generation unter einem nicht mehr zu ertragenden Durchgangsverkehr leiden.
Bekämpft wird ein Straßenbau, der sämtliche erforderlichen Ausgleichsmaßnahmen für Natur und Umwelt selbstverständlich berücksichtigt, den eine breite Landtagsmehrheit will und den auch die Grünen dort mittragen. Natürlich begeben sich die sogenannten Aktivisten auch selbst in Gefahr. Wenn etwas passierte, dann wäre aber ganz gewiss die Polizei „schuld“. Das lässt sich für das Unfallopfer auf der Autobahn nicht sagen. Die Auslöser dafür stehen fest. Es ist eine vollkommen unnötige Eskalation – und auch die Beschädigung von Polizeifahrzeugen ist kein Bagatelldelikt.
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Ja, so ist das:
[…] ein über Jahrzehnte hinweg geprüftes Infrastrukturprojekt in einem modernen Industriestaat. Es geht um mehr Lebensqualität für lärmgeplagte Bewohner, die seit einer Generation unter einem nicht mehr zu ertragenden Durchgangsverkehr leiden. […]
Rechtsstaatlich beschlossen und überaus sinnvoll (z.B. CO2-Ersparnis durch kürzere Fahrtstrecken). Doch irgendwelche gutgedanklich orientierten Umweltterroristen sehen das anders und meinen, ihre Ideen mit Gewalt – auch das Verhindern rechtsstaatlich beschlossener Maßnahmen ist Gewalt – durchsetzen zu dürfen.
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Obwohl es wacker bestritten wird:
In Keyenberg bei Erkelenz, im weiteren Umfeld des Hambacher Forstes („Hambi“) entsteht ein Hambi 2. Da versuchen Umweltterroristen Beschlüsse des Rechtsstaats auszuhebeln, nein, den Kapitalismus direkt abzuschaffen. Was von den gutgedanklich orientierten Aachener Nachrichten nicht kommentiert, als goutiert wird. So werden die AN zum sozialistischen Anzeiger (SA).
[…] Man muss nicht weit in das Waldstück bei Keyenberg hineingehen, um die neuen Bewohner zu finden. Ein Trampelpfad, auf dem man über zwei umgestürzte Bäume steigen muss, führt zu dem, was einmal ein Baumhausdorf werden soll. Es ist ein Ort des Widerstands gegen die Braunkohleförderung, gegen den Kapitalismus und den Tagebaubetreiber RWE. Die jungen Leute, die in den Hütten hoch oben in den Bäumen wohnen, nennen ihr Projekt „Unser aller Wald“.
Julia Riedel lebt seit Ende September dort. Sie sagt, dass die Gruppe ihre Baumhäuser am Ort der „Zerstörung“ aufgebaut habe – „der Zerstörung des Klimas und der Häuser der Menschen“. Sie sagt, dass die Gruppe die Dorfbewohner, die in den bedrohten Orten am Tagebau bleiben wollen, in ihrem Kampf unterstützen will. „Wir glauben, dass zwischen uns und dem Klimawandel noch die Häuser der Leute in den Dörfern stehen“, sagt Riedel.
Gute Laune, gute Atmosphäre
Eines der beiden noch recht neuen Baumhäuser im Wald bei Keyenberg ist 18 Meter hoch, das andere etwa zehn Meter. Zwischen den Bäumen sind Transparente aufgespannt. Die Atmosphäre ist freundlich. Die Laune ist gut.
„Es ist offensichtlich, dass es hier nicht um bedrohte Tierarten geht, hier geht es um Menschen. Deshalb können die Dörfer ein Kristallisationspunkt für die Bewegung werden.“
Julia Riedel, „Unser aller Wald“
Es ist wahrscheinlich kaum möglich, diesen Ort zu besuchen, ohne an den Hambacher Forst zu denken. Auch wenn die Stimmung dort oft deutlich gereizter war. Vielleicht war im Hambacher Forst einfach zu viel passiert. Dort wurden es mit der Zeit mehr und mehr Baumhäuser, die sich zu kleinen Dörfern innerhalb des Waldes verbanden. Um sie he-
rum entstanden Proteste, bei denen zum Schluss Zehntausende für den Erhalt des Waldstücks demonstrierten. Der „Hambi“ wurde das Symbol der Klimaschutzbewegung. Allerdings waren die Waldbesetzer auch immer wieder an Auseinandersetzungen mit der Polizei oder RWE-Mitarbeitern beteiligt. Konzernchef Rolf Martin Schmitz bezeichnete die Waldbesetzer im Jahr 2017 in einem „Bild“-Interview als „Öko-Terroristen“.
Julia Riedel beschreibt die Geschehnisse am „Hambi“ als „großartigen Moment“, „weil er so viele Menschen berührt hat“. Die Massendemonstrationen und die Rettung des Waldes am Tagebau Hambach hätten gezeigt, wie erfolgreich Protest sein könne: „Im Hambacher Forst haben wir gesehen, dass wir eine starke Bewegung sind und dass wir auch die Dörfer retten können“, sagt sie. Aber das Waldprojekt in Keyenberg sei kein „Hambi 2.0“. Weil danach kein ausreichender Klimaschutz betrieben worden sei, weil man nicht schon wieder auf Parteien warten könne, damit sich etwas ändere. „Wir müssen das selber machen. Wir können nicht auf die Politiker warten“, sagt Riedel. Keine Spur von Vertrauen in Staat oder Politik.
Es geht um soziale Fragen
Natürlich ähnelt die Protestform im Keyenberger Wald der „Hambi“-Besetzung, aber am Tagebau Garzweiler gehe es viel eher um soziale Fragen. „Es ist offensichtlich, dass es hier nicht um bedrohte Tierarten geht, hier geht es um Menschen. Deshalb können die Dörfer ein Kristallisationspunkt für die Bewegung werden“, sagt Riedel.
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Das Grundübel liegt für sie [die Bewohner der Baumhäuser] im Kapitalismus. „Genauso, wie wir die Klimakrise nicht im Kapitalismus lösen können, werden solche sozialen Probleme im Kapitalismus immer auftreten“, sagt Riedel in Bezug auf die Umsiedlungen. Deshalb bräuchten Wirtschaft und Gesellschaft „andere Rahmenbedingungen als den Kapitalismus“. Während Umwelt- und Klimaschutz in Deutschland heute mehrheitsfähig sind, ist so deutliche Kapitalismuskritik weit von politischen Mehrheiten entfernt.
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Ausgewählte Berichte zum Unfall auf der A 49:
Ein Beschwichtigungs-Interview mit der Grünen Katy Walther: Hier klicken
Broder in WELTplus: Hier klicken
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Alle Updates zur Reihe „Umweltterroristen“: Hier klicken
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