Die Zahl der Antikörper …
gegen das neuartige Coronavirus, die Infizierte im Blut haben, sinkt bei vielen Betroffenen rasch wieder. Für die Langzeit-Wirkung eines Impfstoffes ist das keine gute Nachricht. Deshalb ruhen die Hoffnungen nun auf einer zweiten Säule der Immunabwehr: den T-Zellen.
Was unterscheidet die Immunreaktion durch T-Zellen von jener durch Antikörper?
Antikörper sind Proteine, die das Immunsystem als Reaktion auf eine Infektion bildet. Sie sind hochspezifisch, richten sich also immer gegen ganz bestimmte Erreger, in diesem Fall also gegen SARS-CoV-2. Nach einer Infektion mit dem neuartigen Coronavirus steigt die Menge der spezifischen Antikörper gegen das Virus zunächst schnell an, sinkt dann aber – meist nach zwei bis drei Monaten – wieder merklich ab. Wenn bei ehemaligen COVID-19-Infizierten keine oder kaum noch Antikörper im Blut nachweisbar sind, heißt das aber nicht automatisch, dass die nicht mehr immun gegen SARS-CoV-2 sind – denn es gibt ja auch noch die T-Zellen, die zu den weißen Blutzellen zählen. Einige Typen davon sind wichtige Organisatoren des Immunsystems. Dazu zählen die sogenannten T-Gedächtniszellen, die sich auch noch Jahre später an eine Infektion erinnern und die Immunreaktion gegen den bereits bekannten Erreger schnell wieder ankurbeln können. …
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Bericht des Dlf vom 19.8.2020 hören:
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… Besitzen alle, die sich mit SARS-CoV-2 infiziert hatten, solch ein T-Zell-basiertes Immungedächtnis?
Forschende haben die Funktion der T-Zellen in Blutproben untersucht und herausgefunden: Auch Monate nach einer Infektion existieren immer noch T-Zellen, die die Produktion von Antikörpern gegen SARS-CoV-2 wieder ankurbeln können. Im Gegensatz zu den spezifischen Antikörpern nimmt die Menge dieser T-Gedächtniszellen kaum ab. Beim SARS-CoV-1, dem Vorgänger-Virus des neuartigen Coronavirus, blieben diese T-Zellen bei den Betroffenen auch Jahre nach der Infektion ständig in Bereitschaft.
Was geschieht im Körper von COVID-19-Infizierten, die keine oder kaum Symptome entwickelten?
Bei Infizierten, bei denen nur milde oder gar keine Symptome auftreten, sind oft schon bald gar keine Antikörper nachweisbar. Die vergangene Woche präsentierte Kupferzell-Antikörper-Studie des Robert-Koch-Instituts kam zum Ergebnis: Bei knapp einem Drittel der nachweislich Corona-Infizierten waren zwei Monate später keine Antikörper mehr im Blut nachweisbar. Ganz anders sieht das Bild bei den T-Zellen aus: Spezifische T-Zellen sind auch dann nachweisbar, wenn keine Antikörper mehr gefunden werden – egal wie leicht oder schwer die Krankheit verlaufen ist. Das bedeutet: Die T-Zellen machen Hoffnung auf dauerhafte Immunität auch bei leichten Verläufen.
Können auch Impfungen diese Form der langfristigen T-Zell-Immunität hervorrufen?
Die Hoffnung ist groß, dass Impfungen das Immungedächtnis ebenso prägen wie eine tatsächliche Infektion mit SARS-CoV-2. Wenn bei Impfstudien jedoch von einer Immunreaktion die Rede ist, bezieht sich das stets auf die Antikörperproduktion, obwohl diese nach der Infektion in der Regel schnell nachlässt. Für die langfristige Schutzwirkung entscheidend ist aber das Immungedächtnis der T-Zellen. Wie es darum bestellt ist, dazu machen die meisten Impfstoffentwickler derzeit noch keine genauen Angaben. Eine Ausnahme ist der Impfstoff der Universität Oxford: Hier wurden 14 Tage nach der Impfung passende T-Zellen nachgewiesen.
Was bedeutet das für die Wirksamkeit der zahlreichen Impfstoff-Kandidaten?
Es besteht die Hoffnung, dass andere Impfstoffe ebenfalls die T-Zellen anregen und so für bleibende Immunität sorgen. Die Belege dafür liegen bislang aber noch nicht vor – oder wurden zumindest noch nicht veröffentlicht. Die Fachwelt wartet mit Spannung darauf, denn die T-Zellen entscheiden letztlich darüber, ob ein Impfstoff dauerhaften Schutz bietet oder nicht. Einfachere Tests für die Reaktion der T-Zellen werden derzeit von verschiedenen Biotechnologie-Firmen entwickelt. Sie könnten helfen, eine wichtige Wissenslücke zu schließen.
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