[…] Kürzlich landete in Hannover ein griechisches Flugzeug …
… mit siebenundvierzig jungen Menschen. Es war die erste Gruppe der auf den griechischen Inseln gestrandeten Migranten, von denen es im Bundestag zuvor hieß, es handele sich um unbegleitet nach Europa gekommene, oft kranke Kinder, zumeist Mädchen, die jünger als vierzehn Jahre seien. Tatsächlich waren vier Mädchen darunter. Von den vielen ideellen und materiellen Nutznießern des völlig zerstörten deutschen Asylrechtes – es sind ja durchaus nicht nur die Migranten – wurde und wird freilich so viel gelogen, dass es vergeblich erscheint, hier auch noch ein Wort darüber zu verlieren. Nein, mehr bewegt hat mich das Bild eines der angeblich vierzehnjährigen Jungen – fast die Hälfte der beteiligten Jugendlichen wurden, so jedenfalls ihre Papiere, nämlich am 1.1.2006 geboren. Der wie die Anderen gesunde, wohlgenährte und modisch gekleidete junge Mann trug ein T-Shirt mit der Aufschrift „Istanbul 1453“. Das muss er in der Türkei gekauft haben, weil dergleichen nicht allein in Griechenland eine verächtliche, extrem nationalistische Herausforderung wäre.
Viel Lärm um ein Kleidungsstück, getragen von einem Jungen, der wahrscheinlich aus Afghanistan stammt und gar nicht weiß, was er da zur Schau stellt? Nein, ein Protest gegen den Geist der Menschenverachtung, dem da ständig Tür und Tor geöffnet sind: 1453 wurde Konstantinopel, die letzte Feste des christlichen Kaiserreiches am Bosporus, von den Osmanen erobert und trägt erst seither den Namen Istanbul. Das war nicht der erste islamische Angriff auf Europa, und oft wird vergessen, dass bereits hundert Jahre nach dem Tod des Propheten das spätantike und griechisch-römische, häufig christliche Nordafrika ausgelöscht und Spanien erobert war. Krieger, deren heiliges Buch sie aufforderte, in aller Welt „Ungläubige“ zu ermorden, bedrohten damals Paris. Mit Konstantinopel, ehemals Hauptstadt des Oströmischen Reiches, fiel nun eine letzte Bastion der Antike: Dort sprach und schrieb man griechisch, und neben der römischen Staats- und Verwaltungstradition prägte die griechisch-hellenistische Antike die Kultur.
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