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Auf der Achse gratis. Die differenzierte Meinung des Vorstandsvorsitzenden des Springer-Konzerns, Mathias Döpfner:
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MehrDer wichtigste Satz:
[…] Und nach allem Ringen und Zaudern und Zweifeln wird mir klar: Obwohl ich befürchte, dass die Folgen der Virusbekämpfung schlimmer sein könnten als die Folgen des Virus selbst (Rezession, Massenarbeitslosigkeit, Enteignungen, vielleicht Schlimmeres), glaube ich am Ende, dass diese Maßnahmen richtig sind. Je entschlossener, desto besser. Denn eine Strategie braucht Entschiedenheit. Und diesen Weg haben wir nun einmal aus guten Gründen eingeschlagen. […]
Das sehe ich komplett anders.
Entschiedenheit ist schön und gut. Wenn man denn tatsächlich eine Strategie hätte. Die Verlangsamung des Immunisierungsvorganges, um vor allem Menschen zu retten, die ohnehin am Lebensende stehen, ist gesinnungsethisch vielleicht gerade noch zu vertreten.
Verantwortungsethisch steht diese Vorgehensweise in keinem Verhältnis zum materiellen Schaden
– es werden Aber- und Abermilliarden an Volksvermögen vernichtet, Know How wird förmlich geschreddert, weil nach dem Albtraum die Arbeitsstruktur eine komplett andere sein wird –
und den vielen Toten, die wegen des Herunterfahrens kompletter Volkswirtschaften gezählt werden werden.
Das, was so nett „Social Distancing“ genannt wird, bringt unendliches Leid in alle Teile der Bevölkerung.
Existenzängste tun sich bei Menschen auf, die nicht im Traum daran gedacht hätten, jemals in eine solch´ fatale, für sie beschämende und herabwürdigende Situation zu kommen.
Aggressivität vor allem auch gegen eigentlich geliebte Personen in der Familie wird massiv ansteigen. Diente hier Distanz – Vati und Mutti waren den Tag über arbeiten, die Kinder in der Schule -, so hockt die Familie nun Tage-, womöglich Wochen lang aufeinander und weiß nicht, was sie mit der unendlichen Zeit anfangen sollen.
Allein die Tatsache, dass sehr, sehr viele Menschen nicht mehr ihren sexuellen Aktivitäten, die im hedonistischen Deutschland ja nun weiß Gott nicht in erster Linie im heimischen Ehebett stattfinden, nachgehen können, dieser Sachverhalt wird einen Frustrationsstau bewirken, deren Folgen ich mir nicht ausmalen möchte.
Eingedenk der Tatsache, dass Menschen ohnehin sterben müssen, und Infektionen jedweder Natur schon immer und sehr häufig der Tropfen sind, der das Lebensfass von alten Menschen zum Überlaufen bringt, eingedenk dieser Tatsache ist das, was momentan – neudeutsch – abgeht, eine wirkliche Katastrophe.
Nicht das Virus ist der Feind des Menschen, es ist der Mensch selber, der alles dafür tut, dass die Gesellschaften, die Volkswirtschaften umfassend und nach einer gewissen Zeit unrettbar vor die Wand fahren.
Ich verweise in diesem Zusammenhang auch und vor allem auf die Aussage von Uwe Böning, der die Unbesonnenheit und die Tatsache bemängelt, dass unsere Eliten in Deutschland, aber auch weltweit dem entstandenen Konformitätsdruck nachgegeben haben, und damit ein Desaster ausgelöst haben:
[…] Das Vorgehen [der Regierungen im Bund, in den Ländern] ist von vorgestern. Wieso sitzen bei den Entscheidungsträgern nicht auch Leute am Tisch, die beraten, wie Krisenkommunikation aussehen muss? Stattdessen wird die Kommunikation verheerend versachlicht, es werden nur Zahlen genannt, und jede Differenzierung geht flöten. Das lässt Raum für Ungewissheit, Spekulation und Gerüchte. Und diese Ungewissheit lässt Angst entstehen. Es wird aber gleichzeitig von der Politik und gerade oft von Wissenschaftlern völlig unrealistisch vorausgesetzt, dass das Individuum vernünftig und zielorientiert in der Krise handelt. Aber das geht so nicht. Auch die Politiker, die sachlichen Wissenschaftler und auch große Teile der Medien scheinen unter Panikbedingungen gehandelt zu haben. Überall das Gerede über Dinge, die man nicht weiß, die aber vielleicht eintreten könnten. Auch sie stehen unter einem gewissen Handlungsdruck. Aus Angst, später Verantwortung für nicht getroffene Entscheidungen übernehmen zu müssen, übernehmen sie lieber eine absurde Verantwortung, indem sie einfach so handeln wie die blanke Mehrheit in der Umgebung. Man nennt das schlichtweg „Konformitätsdruck“. Aber gerade Krisenmanager haben die Aufgabe, nicht jeder Erregung und jeder Angst nachzugeben, sondern besonnen zu handeln und alle Alternativen abzuwägen – unabhängig davon, was die Umgebung denkt. Das heißt, Verantwortung zu übernehmen. […]
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