Der Bundestag hat am Freitag, 31. Januar 2020, …
… über Kohleausstieg und Energiewende diskutiert. Anlass lieferte die AfD-Fraktion mit drei Anträgen. Die Vorlagen tragen die Titel „Volkswirtschaftliche Fehlentwicklungen vermeiden – Kohleausstiegsgesetz zum Wohle der Bevölkerung stoppen“ (19/16852), „Versorgungssicherheit gewährleisten – Kohleausstieg ablehnen“ (19/16853) und „Strompreisdiskriminierung und Wettbewerbsverzerrungen verhindern – Handwerk und regionale Unternehmen stärken“ (19/16854). Einen vierten AfD-Antrag mit dem Titel „Mensch und Umwelt schützen – Entprivilegierung von Windenergieanlagen“ hatte der Bundestag von der Tagesordnung abgesetzt. Nach einstündiger Debatte wurden die Anträge zur weiteren Beratung federführend an den Ausschuss für Wirtschaft und Energie überwiesen.
MehrAfD: Pläne der Regierung unvernünftig, unsozial und gefährlich
Steffen Kotré (AfD) sagte, die Regierung schädige mit dem Kohleausstieg die eigene Volkswirtschaft. Dabei gebe es eigentlich gar keinen Grund dafür, denn die erwünschten CO2-Einsparungen würden durch den Ausstieg nicht erzielt. Zudem sei die Stromversorgung nicht mehr gesichert, da es keinen Ersatz zur Kohle gebe.
Die Strompreise würden indes weiter steigen, was Geringverdiener über Gebühr belaste. Unvernünftig, unsozial und gefährlich seien die Pläne der Bundesregierung, fasste Kotré die Sicht seiner Fraktion auf den Kohleausstieg zusammen. Deindustrialisierung und Wohlstandsverlust wären die Folgen.
Einschub: Rede des AfD-Abegeordneten Steffen Kotré
CDU/CSU gegen mehr Ausnahmen für energieintensive Unternehmen
Andreas G. Lämmel (CDU/CSU) kritisierte die Anträge in Teilen als sachlich falsch. Auf das Thema bezogen sagte Lämmel, Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit seien für die Regierung die Leitplanken der Energiepolitik. Lämmel erinnerte an die vereinbarten Überprüfungstermine, die er als Haltepunkte mit Option in beide Richtungen versteht – also gegebenenfalls auch als Auslöser für eine erneute Diskussion über den Ausstieg.
Er plädierte außerdem dafür, dass Strompreiskompensationen für alle Verbraucher gelten. Es gehe nicht, dass energieintensive Unternehmen noch mehr Ausnahmen erhalten.
SPD: Wasserstoff bildet Grundlage der künftigen Industrie
Bernd Westphal (SPD) stellte sich hinter den eingeschlagenen Weg der Bundesregierung. Es handele sich um einen klaren Pfad für den Ausstieg, die Absichten würden nun konkrete Politik, etwa mit Investitionsimpulsen auch für die chemische Industrie.
Notwendig seien nun sozialwirksame Maßnahmen und der Ausbau der erneuerbaren Energien: Westphal forderte eine Abschaffung des Fotovoltaikdeckels, einen Schub für Niederstrom und einen klaren Ausbaupfad für Windenergie – mit unterstützenden, nicht beschränkenden Maßnahmen. Wasserstoff müsse raus aus den Reallaboren und rein in industrielle Maßstäbe. Wasserstoff werde die Grundlage bilden für die zukünftige Industrie in Deutschland, sagte Westphal.
FDP will den Wettbewerb emissionsarmer Energieträger
Die Opposition ging ebenfalls nur kurz auf die Anträge der AfD ein und widmete sich eingehender der generellen Aus- und Einstiegsdebatte um die Kohle. Prof. Dr. Martin Neumann (FDP) sagte, die Diskussion sei eben längst weiter: Es gehe um das Wie, nicht mehr um das Ob. Er verwies darauf, dass erneuerbare Energien an bestimmten Standorten sehr wohl bereits wettbewerbsfähig seien.
Seine Fraktion habe auf Diskussionspunkte wie Bezahlbarkeit und Versorgungssicherheit die Antwort Technologieoffenheit. Es müsse ein Wettbewerb emissionsarmer Energieträger hergestellt werden, mit dem Ziel eines Erreichens der Pariser Klimaziele. Neumann forderte die Bundesregierung zum Handeln auf und erwähnte Wasserstoffstrategie, Speicheroffensive und ein Zukunftsszenario für Kraft-Wärme-Kopplung als vordringliche Punkte.
Linke: Geld lieber für schnelle Energiewende einsetzen
Dr. Gesine Lötzsch (Die Linke) kritisierte die Regierungspläne zu Kohleausstieg und Strukturwandel mit den Worten, dass einigen wenigen der Ausstieg vergoldet werde. Viele andere würden leiden. Milliarden für Energiekonzerne als Entschädigung könne sich Deutschland nicht leisten. Das Geld solle lieber für eine schnelle Energiewende eingesetzt werden.
Lötzsch forderte eine verlässliche Weiterbeschäftigung und eine Einkommensgarantie für Kohlekumpel sowie ein Absenken der Stromsteuer für alle.
Grüne: Konzerne müssen nicht milliardenschwer entschädigt werden
Oliver Krischer (Bündnis 90/Die Grünen) stieß sich ebenfalls an den Planungen der Bundesregierung. Er kritisierte, man habe immer wieder erzählt, die Ergebnisse der Kohlekommission würden eins zu eins umgesetzt. Das, was jetzt im Kabinett beschlossen worden sei, sei bei Weitem keine Eins-zu-eins-Umsetzung. Er stimmte seiner Vorrednerin in dem Punkt zu, dass Konzerne nicht milliardenschwer entschädigt werden müssten – vor allem nicht, wenn sie, wie das Unternehmen LEAG, ohnehin ein Ende bestimmter Tagebaue geplant habe.
Nur der Klimaschutz trage Nachteile bei den Gesetzesplänen davon: Eine Abschaltung der Kraftwerke werde um Jahre nach hinten geschoben, gar ein Kraftwerk noch ganz neu in Betrieb genommen. So werde Vertrauen zerstört – kein Umwelt- oder Erneuerbare-Energien-Verband werde sich noch einmal auf so eine Kommissionsarbeit einlassen.
Erster Antrag der AfD
Die AfD-Fraktion fordert in ihrem ersten Antrag (19/16852) den Stopp des Kohleausstiegsgesetzes zum Wohle der Bevölkerung. Die Regierung solle demnach den Ausstieg aus der Verstromung von Stein- und Braunkohle so lange nicht weiterverfolgen, bis die Versorgungssicherheit und die ökonomische Wettbewerbsfähigkeit durch erforderliche Ersatzressourcen gewährleistet sind.
Die Abgeordneten fordern darüber hinaus, Verzerrungen in der Energiewirtschaft durch Einstellung der Subventionen nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) zu beenden und die erneuerbaren Energien mit ihren Umweltkosten zu belasten.
Zweiter Antrag der AfD
Im zweiten Antrag (19/16853) fordern die Abgeordneten, den Empfehlungen der Kommission Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung nicht zu folgen, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.
Der Gesetzentwurf zur Umsetzung der strukturpolitischen Beschlüsse der Kommission Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung solle außerdem abgelehnt werden.
Dritter Antrag der AfD
Die AfD fordert darüber hinaus in ihrem dritten Antrag (19/16854), den Einspeisevorrang für „erneuerbare“ Energien nach dem Erneuerbaren-Energie-Gesetz (EEG) sowie darauf aufbauende Bestimmungen abzuschaffen.
Zudem solle der Empfehlung gemäß dem Jahresgutachten 2014 der vom Deutschen Bundestag eingesetzten Expertenkommission Forschung und Innovation gefolgt werden und das EEG nach dem Auslaufen der Förderung bestehender Anlagen komplett abgeschafft werden. (pez/31.01.2020)
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Die geplante Abschaltung grundlastfähiger Kraftwerke ist bedenklich. Welche Rolle spielt in diesem Zusammenhang eigentlich die Bundesnetzagentur? Ich erinnere mich an Meldungen, dass diese Agentur lokalen Behörden die Abschaltung von Kraftwerken untersagt hat. Hat sie auch die Befugnis, dies Bundesbehörden zu untersagen? Könnte sie sich über einen Beschluss des Bundestages hinwegsetzen?