Weniger Kohlestrom und dafür mehr Windkraft:
Die Energiewende hat den Treibhausgas-Ausstoß in Deutschland Fachleuten zufolge im vergangenen Jahr auf ein Rekordtief gedrückt. Im Vergleich zu 1990 seien die CO2-Emissionen um etwa 35 Prozent gesunken, heißt es in der Jahresauswertung der Denkfabrik Agora Energiewende, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Damit sei das 40-Prozent-Ziel für das nun laufende Jahr überraschend doch wieder „in greifbarere Nähe“ – bisher gingen Bundesregierung und Umweltschützer davon aus, dass das nichts mehr werden kann.
MehrDer Rückgang von mehr als 50 Millionen Tonnen Kohlendioxid (CO2) im Vergleich zum Vorjahr gehe allerdings nur auf die Stromproduktion zurück. Die erneuerbaren Energien – also Wind-, Solar- und Wasserkraft sowie Biomasse – hätten einen Rekordanteil von 42,6 Prozent des Bruttostromverbrauchs gedeckt, heißt es in der Auswertung weiter. Der gestiegene CO2-Preis der EU für die Energiewirtschaft habe die klimaschädliche Stromgewinnung aus Stein- und Braunkohle weniger rentabel gemacht, sie sei deswegen stark zurückgegangen. Die Stromproduktion aus Erdgas habe deutlich zugelegt. Erdgas ist zwar auch ein fossiler Brennstoff, aber weniger klimaschädlich als Kohle. […]
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Das hat kaum jemand erwartet.
- Zum einen ist der Strombedarf im Deutschland des Jahres 2019 enorm gesunken.
- Zum anderen ist gleichzeitig der CO2 – Ausstoß um 50 Millionen Tonnen, das sind etwa 6% des Gesamtausstoßes, gesunken.
Das ´Klimaziel` 40% weniger CO2 in 2020 als 1990 rückt damit in greifbare Nähe.
Schauen wir zunächst auf die Analyse, die Agora-Energiewende in ihrer Zusammenfassung der Daten für das Jahr 2019 liefert:
Konkret heißt es zur Verringerung des CO2-Ausstoßes bei der Stromerzeugung:
[…] Die Substitution emissionsintensiver Brennstoffe durch CO2-ärmere Energieträger schreitet kontinuierlich voran.
Die Verringerung geht im Wesentlichen auf zwei Faktoren zurück:
1. Einem Anstieg der Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien.
2. Dem Ersatz von Kohlestrommengen durch erdgasbetriebene Kraftwerke (Gas weist geringere spezifische CO2-Emissionen auf als Kohle) und Erneuerbare Energien.
Die zusätzliche Erzeugung aus Erneuerbaren Energien verdrängt fossile Stromerzeugung. Insbesondere alte Kohlekraftwerke werden in Verbindung
mit einem höheren CO2-Preis zunehmend aus dem Markt gedrängt. Der gestiegene Preis für Emissionszertifikate in Kombination mit einem günstigen Beschaffungspreis für Gas führte auch dazu, dass Gaskraftwerke geringere Grenzkosten aufwiesen als Steinkohle- und auch als ältere, weniger effiziente Braunkohlekraftwerke. Gaskraftwerke konnten sich somit am Markt durchsetzen und wurden bevorzugt eingesetzt. Bereits in der Vergangenheit kam es vereinzelt zum Tausch von Steinkohle und Gas in
der Merit-Order. Neu und bemerkenswert ist, dass in diesem Jahr auch die Braunkohle im Markt stärker verdrängt wurde. Dies führte zu einem deutlichen Rückgang der Emissionen, da Braunkohle höhere spezifische Emissionen aufweist als Steinkohle oder Erdgas. Niedrige Verfügbarkeiten bei den Braunkohlekraftwerken durch zahlreiche umfassende Revisionen haben zu der Entwicklung beigetragen.
Der hohe CO2-Preis hat im vergangenen Jahr eine deutliche Wirkung gezeigt. Hohe CO2-Preise können den, in Deutschland von der Kohlekommission beschlossenen, Ausstieg aus der Kohle beschleunigen. Sie haben außerdem unmittelbar Auswirkungen auf die Erlöse von Kohlekraftwerken. Diese Entwicklung wirkt sich damit auch auf die Höhe der notwendigen Entschädigungen für Kraftwerksbetreiber aus.
Quelle grün-kursives Zitat & Grafiken: Hier klicken
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Zwei wesentliche Aspekte des Rückgangs des CO2-Ausstoßes bei der Stromerzeugung des Jahres 2020 werden nicht gewürdigt.
Von Mitte April bis Mitte September wurden erhebliche Teile des bundesdeutschen Strombedarfs mittels importiertem Strom gedeckt. Die weißen Flächen zwischen der lila Bedarfslinlie und der Stromerzeugungsfläche signalisieren, dass Deutschland nicht genügend Strom produziert hat, um den eigenen Bedarf zu decken:
In der Kolumne „Woher kommt der Strom?“ auf der Achse des Guten habe ich bereits recht frühzeitig vermutet, dass diese Unterversorgung mit dem gewollten Absenken des CO2-Ausstoßes zu tun haben könnte. CO2 aus importiertem Strom wird Deutschland nicht angerechnet.
Daraufhin meldete sich ein Kraftwerk-Insider:
[…] Meine Vermutung bezüglich der Erzeugungsunterdeckung ist daher die, dass bei stark schwankenden Preisen im Grenzbereich zwischen „lohnt“ und „lohnt nicht“ einfach viele Anlagen gleich außer Betrieb bleiben. Man sieht ja im Preischart schön, dass die solare Mittagsspitze regelmäßig die Preise einbrechen lässt. Es gibt von 06:00 bis 10:00 und am Nachmittag/Abend von 18:00 bis 22:00 Uhr noch etwas zu verdienen, der Rest des Tages sieht mau aus. Da können viele Blöcke einfach nicht durchgängig betrieben werden, und nur für wenige Stunden (oder gar mehrfach) starten sollte man solche Anlagen auch nicht. Das heißt also (für mich), dass in Deutschland seit Mai – mit dem steigendem Photovoltaik-Anteil – einfach nicht mehr genug Anlagen durchgängig und kostendeckend in Betrieb gehalten werden können, um bei Lastschwankungen ohne Importe auszukommen. […]
Das ist alles in Ordnung, solange genügend Strom im Markt ist, um die Unterdeckungen zu schließen. Aber wehe, wenn nicht.
Der zweite Aspekt betrifft die Strompreise konkret. Im Sommer 2019 war die regenerative Stromerzeugung höchst volatil. Das lag vor allem auch daran, dass die starke Sonnenstromerzeugung naturgemäß zur Nacht wegfiel. Ein Ausgleich durch verstärkte Windstromerzeugung des Nachts fand aber praktisch nicht statt:
Wenn wir einfach mal einen Monat – z.B. den 15.6.2019 bis 15.7.2019 – herausnehmen, dann lässt sich ein Muster erkennen:
- Je mehr Wind- und Sonnenstrom erzeugt wird, des billiger wird der Strom.
- Immer dann, wenn Wind- und Sonnenstromerzeugung nachlassen, erhöhen sich die Preise.
Nahezu immer dann, wenn Deutschland eine Stromunterdeckung aufweist, verteuert sich der Strom. Für die eigenen Kohlekraftwerke „lohnt“ sich die Stromprodution dennoch nicht. Denn sie können die Produktion ja nicht einfach so herauf-, herunterfahren, wie unser Kraftwerk Insider oben berichtet. Da bleiben sie also zum Teil eben ganz aus. Der Strom wird relativ hochpreisig importiert. Beim Export ist es umgekehrt. Produziert Deutschland z. B. zur Mittagsspitze mehr Strom, als es benötigt, muss es ihn zu günstigen Preisen abgeben.
Das ist Marktwirtschaft. Das ist aber durchaus kein gutes Geschäft. Vor allem wenn man bedenkt, dass hinter jeder Solar- und Windkraftanlage ein konventionelles, schnell zusteuerbares Backup-Kraftwerk stehen muss und die Windmüller/Sonnenstromerzeuger garantierte, vom Börsenstrompreis unabhängige und hohe Vergütungen bekommen. Kurz: Der teuer erkaufte Wind- und Sonnenstrom führt dazu, dass der Strompreis wegen des Überangebots sinkt.
Sehr schön ist zu erkennen, dass auch in der sonnenreichen Sommerzeit kein einziger Tag so viel regenerativer Strom erzeugt wurde, um den Bedarf Deutschlands auch nur eine Viertelstunde zu decken. Aber immerhin. Die Tatsache, dass Kohlekraftwerke wegen offensichtlicher Unwirtschaftlichkeit erst gar nicht in Betrieb genommen wurden, trug erheblich zum CO2-Rückgang bei. Die Risiken einer Energiepolitik, die immer mehr weg von kalkulierbaren, konventionellen Stromerzeugern, hin zu den nicht berechenbaren regenerativen Stromerzeugern Wind- und Sonnenkraftwerke, sind enorm.
Wirtschaftlich ist eine solche Politik offensichtlich auch nicht sinnvoll. Die 50 Millionen Tonnen CO2, die 6% weniger als 2018, die sind zwar real. Auswirkungen auf das Weltklima haben sie aber durchaus nicht. Da findet ein rascher „Ausgleich“ durch die Kohlekraftwerke statt, die in aller Welt gebaut und in Betrieb genommen werden. Hinzu kommt, dass der „Vorbildeffekt“ genau in dem Moment verpufft, wenn man sich die wirtschaftlichen Konsequenzen anschaut. Das wird kaum jemand nachmachen wollen.
Der Grund ist einfach erklärt: Wirtschaftlich sinnvolles Handeln setzt die Möglichkeit der freien Entscheidung voraus. Diese ist durch die nicht kalkulierbaren Stromerzeuger Wind- und Sonnenkraftwerke mit Einspeisevorrang nicht gegeben. Hinzu kommt die Unwägbarkeit des Strom-Bedarfs. Beides geht nicht zusammen und kann auch nicht ohne weiteres sinnvoll ausgeglichen werden, wie unser Beispiel oben zeigt. Deshalb kommt es zu Verwerfungen, die am Ende des Tages teuer bezahlt werden müssen. Was der deutsche Stromnutzer bis heute tut. Fragt sich nur, wie lange noch. Denn die Erzählung „Die Versorgungssicherheit sinkt, der Strompreis steigt“ wird sich nicht auf Dauer verschweigen lassen. Ein Klimaeffekt ist ohnehin nicht auszumachen.
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