Ich schätze die Neue Zürcher Zeitung.
MehrNicht erst seit Hans-Georg Maaßen sie als „Westfernsehen“ geadelt hat.
Selbstverständlich gehört dann auch ein Artikel dazu, wie ihn Stephanie Lahrtz am 17.8.2019 verfasst hat. Und der beginnt so:
Auf die Frage des Richters, warum sie sich den Salafisten angeschlossen habe, antwortete die junge Deutsche: «Ich war überfordert, täglich entscheiden zu müssen, was ich anziehe, welche Lebensmittel ich kaufen soll. Die Auswahl ist einfach zu gross. Die Gruppe aus der Moschee hat mir dann gesagt, was gut ist und was nicht.» Zugegeben, es ist eine im wahrsten Sinn des Wortes extreme Entscheidung, wegen Orientierungslosigkeit im Supermarkt Extremistin zu werden. Doch können wir die junge Frau nicht ein ganz kleines bisschen verstehen? Stehen wir nicht auch manchmal ratlos vor dem Supermarktregal? […]
Ich will das oben Geschriebene hier gar nicht groß analysieren oder gar kommentieren.
Nur so viel:
- Die Ernährungsregeln des Islam haben mit einer modernen, gesunden Ernährung so viel zu tun, wie die Sau mit dem Hochsprung.
- Warum muss es eigentlich immer einen geben, der mir sagt, was ich zu tun oder zu lassen habe?
Ich bin heuer 65, werde wahrscheinlich über 90 – meine Großmutter väterlicherseits wurde 106, fast 107 Jahre alt. Ich rauche nicht, ich trinke keinen Alkohol – Drogen nehme ich sowieso nicht – und bin seit 44 Jahren mit der gleichen Frau treu-glücklich = ohne jeden Stress verheiratet. Ich kaufe und esse, was ich möchte. Ich achte auf keine Label. Ich bin gesetzestreu und lebe achtsam. Mein Gefühl reicht. Ich will und kann die Welt nicht retten. Allein den Gedanken nenne ich Hybris. Erfolg ist einmal mehr aufstehen, denn hinfallen. Das Leben ist schön.
So einfach ist das!
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Aber das ist das, was ich schon seit Jahren sage. Viele Menschen sind von demriesigen Angebot völlig überfordert. Egal, ob es im Supermarkt die Regale sind, oder die Fülle des Kleiderschranks. Egal ob es die Auswahl der Fernsehprogramms ist, oder die Wahl eines Berufs. Es ist zuviel von allem da. Sie müssen tagtäglich Massen an Entscheidungen treffen und sind dabei doch oft schon von einer einzigen Entscheidung überfordert. Vor 100 Jahren gab es Dienstmädchen, Mägde, Knechte und einfache Arbeiter. Die mussten maximal die Entscheidung treffen, ob sie bei dem Arbeitgeber arbeiteten oder nicht, und da sie oft gar keine Wahl hatten wurde ihnen selbst diese Entscheidung vom Leben abgenommen.
Diese Arbeitsstellen gibt es heute nicht mehr, abr die Menschen, die keine Entscheidungen treffen können, die gibt es immer noch – es werden sogar immer mehr.
Nicht alle gehen deshalb zum IS, manche gehen auch einfach zu den Grünen, die sagen ihnen nämlich auch genau wie sie zu leben haben. Ein paar gehen auch zu den extremen Rechten, auch die verstehen sich darauf den Menschen einen festen Rahmen zu geben, auch wenn er nicht so extrem ins einzelne geht wie bei den Grünen. Und einige, die mit Politik nun mal gar nichts ím Sinn haben werden einfach psychisch krank. Bekommen Depressionen, verweigern sich beim Essen, schneiden sich selbst etc.
Seit Jahren erhöht sich die Anzahl von Personen, die betreutes Wohnen brauchen.
Unsere Generation – ich bin 60, hat von den Eltern noch eoin festes Korsett mitbekommen. Das tut man, das tut man nicht. Wir müssen nur innerhalb dieses Korsetts wählen. Wir müssen nicht jede neue Geschmacksrichtung beim Joghuert probieren, wir wissen, dass uns Erdbeer gut, Apfel aber schlecht schmeckt. Aber was sollen die jungen Menschen machen, denen kein Korsett mitgegeben wird, die nur grenzenlose Freiheit kennen, die nun einmal auch grenzenlose Entscheidungen bedeutet?