Bisher war alles ganz easy:
MehrKlima retten: Kein Problem – Bis dann-und-dann, das-und-das.
Feddich!
Leicht gesagt. Jetzt tun sich die Tücken der Machbarkeit auf. Die ersten Rückzugsräume werden gebaut. Wenn´ s nicht funktioniert, kann man sagen, dass man es ja schon früh gesagt habe, dass das so nicht funktionieren kann.
Ernorme Probleme gibt es bereits beim 65% Ziel Erneuerbare Energieträger. Wie soll es dann erst mit den 100% werden. Bemerkenswert ist, dass wie schon beim Greenpeace-Modell mit Verdoppelungen oder gar mit Verdreifachungen der installierten Leistung von Wind- und Sonnenkraft ´gearbeitet` wird. Problem: Für Windkraftanlagen gibt es nicht genügend Flächen. Deshalb will man jetzt ´ran an die Häuser` und ´rein in den Wald`.
Deutschland braucht mehr Ökostrom:
So steht es im Koalitionsvertrag, und so ist es Konsens in der Wissenschaft: Bis 2030 sollte der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromversorgung auf mindestens 65 Prozent gesteigert werden. Sonst ist die im Weltklimavertrag von Paris geforderte Dekarbonisierung hierzulande schon gar nicht zu schaffen.
Doch wo sollen die grünen Kilowattstunden herkommen? Im vergangenen Jahr lag der Ökostrom-Anteil erst bei 38 Prozent. Ginge es im bisherigen Tempo weiter, wären Ende des kommenden Jahrzehnts erst 54 Prozent erreicht. Um die politische Planvorgabe zu erfüllen, sind also erhebliche Extra-Anstrengungen erforderlich.
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hat jetzt in Szenarien vorgerechnet, wie sich das Ziel erreichen lässt. Der Verband spricht für die gesamte Breite der Energiewirtschaft, vom Netz- und Speicherbetreiber über die fossile Kraftwerkswirtschaft bis hin zu den erneuerbaren Energien.
Ergebnis seiner Szenario-Rechnungen: Die Kapazität erneuerbarer Energien muss sich bis 2030 von heute 120 Gigawatt auf 220 bis 237 Gigawatt nahezu verdoppeln. Überraschendes Neben-Ergebnis: Von der Windkraft an Land, dem bislang wichtigsten Zugpferd der Energiewende, erwartet die Branche auf einmal keine Wunder mehr.
So hat der BDEW in einem ersten Szenario den Schwerpunkt „auf besonders kostengünstige Technologien“ gelegt. Danach würde die Windkraft an Land zwar jedes Jahr noch um rund 2000 Megawatt zulegen. Doch dieses Wachstum bleibt weit hinter den Raten der vergangenen Jahre zurück, in denen meist mehr als 3000 oder sogar 4000 Megawatt jährlich hinzugebaut worden waren. Eine Fortschreibung dieser Menge wird auch von der Windkraftindustrie gefordert.
Neuer Wachstumsträger könnte laut BDEW stattdessen die Solarstrom-Produktion werden: Nach BDEW-Berechnungen könnte sich die installierte Fotovoltaik-Leistung von heute 45 Gigawatt bis 2030 verzweieinhalbfachen.
Während bisherige Wachstumsraten noch den Schluss nahelegten, dass Solar und Wind im Jahre 2030 jeweils gleichstark installiert sind, gehen die neuen Zahlen nun davon aus, dass die installierte Leistung von Fotovoltaik mit 111 Gigawatt deutlich über den 77 Gigawatt der landgestützten Windkraft liegen wird. Die Lücke zum 65-Prozent-Ziel der Bundesregierung wird nach diesem Szenario nur zu einem Drittel durch Wind onshore, jedoch zu zwei Dritteln durch Solarstrom gefüllt.
Noch deutlicher wird der relative Bedeutungsverlust der landgestützten Windkraft im zweiten BDEW-Szenario. Das basiert auf der Beobachtung, dass neue Windkraft-Projekte immer häufiger an Genehmigungshürden, Klagen und landesgesetzlichen Flächenbeschränkungen scheitern. Bestätigt sich dieser Trend, rechnet der BDEW nur noch mit einem geringen jährlichen Zubau von knapp 1200 Megawatt Windkraft an Land. Erreichbar ist das 65-Prozent-Ziel der Bundesregierung dann nur noch, wenn sich die Solarstrom-Kapazitäten auf 136 Gigawatt verdreifachen und Meeres-Windparks ebenfalls stärker ausgebaut werden.
Der Windkraftausbau wäre am Ende
Um zu belegen, dass dieses Szenario nicht unrealistisch ist, verweist der BDEW auf eine Studie des Umweltbundesamtes vom März dieses Jahres. Die Behörde hatte errechnet, welche Folgen es für den Windkraft-Ausbau hat, wenn sich in den Bundesländern ein Mindestabstand zur Wohnbebauung von einem Kilometer durchsetzen würde. Ergebnis: Die zur Verfügung stehende Fläche würde um 20 bis 50 Prozent schrumpfen.
Der Ersatz alter Kleinanlagen durch moderne, höhere Windräder, das sogenannte Repowering, wäre vielerorts nicht mehr möglich. „Ein Zubau an Windenergiekapazität gegenüber dem Status quo wäre auf der verbleibenden Fläche faktisch nicht möglich“, bilanziert das Umweltbundesamt: Der Windkraftausbau wäre am Ende.
Weil aber der weitere Ausbau der Windenergie „zur Erreichung der Klimaschutzziele unerlässlich“ sei, fordert das Umweltbundesamt zweierlei: „Pauschale Siedlungsabstände gefährden den Ausbau massiv und sind daher abzulehnen.“ Immobilienbesitzer müssten sich demnach damit abfinden, dass Windräder dichter an ihre Häuser heranrücken.
Zweitens fordert das Umweltbundesamt, dass für die Windkraft künftig „Flächen zur Verfügung gestellt werden, welche bisher aus anderen Gründen ausgeschlossen wurden“. Das Verbot für den Bau von Windenergieanlagen im Wald, das es in einigen Bundesländern noch gibt, dürfte nach dieser Maßgabe keinen Bestand mehr haben.
Der BDEW zieht ähnliche Schlüsse wie das Umweltbundesamt: Die Flächenverfügbarkeit dürfe keinesfalls weiter massiv eingeschränkt werden. „Das gilt insbesondere im Hinblick auf die aktuellen Diskussionen um Mindestabstände zur Wohnbebauung oder Höhenbeschränkungen an Land“, erklärte Kapferer: „Diese würden die Erreichbarkeit des 65-Prozent-Ziels massiv gefährden und darüber hinausgehend die Erreichung des CO2-Minderungszieles für die Energiewirtschaft verhindern.“
Komme es allerdings aus politischen Gründen zum flächendeckenden Mindestabstand von 1000 Metern, dann wäre nach heutigen Planungsstand bei 63,2 Gigawatt Windkraft Schluss: Der Windkraft-Ausbau in Deutschland hätte bei diesem Wert sein Maximum gefunden, mehr würden die Flächenbeschränkungen nicht zulassen. Aktuell sind 52,4 Gigawatt Windkraft an Land installiert.
„Das ist kein Wunsch-Szenario“, stellte BDEW-Chef Stefan Kapferer klar. Es zeige aber die Konsequenzen auf, die sich aus der aktuellen Wachstums-Schwäche der Windkraft ergeben. Kapferer sprach von einem Weckruf an die Politik. Lasse sich keine Akzeptanz für deutlich mehr Windkraftflächen an Land erzeugen, dann liege die einzige Chance zur Erreichung des 65-Prozent-Ziels im stärkeren Ausbau der Meereswindparks und einer dreifach höheren Fotovoltaik-Leistung.
Die aber ziehe weitere Probleme nach sich: Denn für eine entsprechend stark steigende Solarstrom-Menge müssten Speichermöglichkeiten erst noch geschaffen werden. Für das Winterhalbjahr, in dem Solarenergie kaum zur Versorgung beiträgt, müssten zudem entsprechend Back-up-Kapazitäten mit Gaskraftwerken aufgebaut werden.
Dass es der Politik gelingt, die Wachstumshürden der Windkraft aus dem Weg zu räumen, ist allerdings nicht sicher. Die von den Regierungsfraktionen eingesetzte Arbeitsgruppe „Akzeptanz & Energiewende“ hat sich bislang nicht auf gemeinsame Vorschläge einigen können.
Ob eine stärkere finanzielle Beteiligung der Gemeinden an den örtlichen Windkraftprofiten für mehr Akzeptanz und zusätzliche Bauflächen sorgen würde, ist umstritten: Vielerorts erklären Initiativen lokaler Windkraftgegner, sich „nicht kaufen lassen“ zu wollen. Auch landesrechtliche Genehmigungen für den Bau von Windrädern in Waldgebieten befreien die Investoren nicht von dem erheblichen Klagerisiko, das von besorgten Wald- und Tierschutzorganisationen ausgeht.
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