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Monat: Juni 2019
Die AfD nach den EU-Wahlen #4
Detailanalyse Stromerzeugung 4.6 bis 9.6.2019 …
… im Rahmen der achgut-Kolumne
Woher kommt der Strom?
Artikel vom 2.7.2019: 25.Woche
Klicken Sie auf den jeweiligen Chart unten. Die Analyse wird als PDF geöffnet. So können Sie diese auch per Mail versenden.
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Die zugrunde liegende Excel-Datei: Hier klicken.
Mit dieser Original-Excel-Datei können Sie Daten und Berechnungen überprüfen sowie privat weitere Analysen vornehmen. Lassen Sie mich an den Ergebnissen teilhaben.
Meinen Sie, unrichtige Aussagen oder gar Fehler gefunden zu haben, können Sie mich gerne per E-Mail höflich darauf hinweisen. Die Adresse:
hinweis@mediagnose.de
Vielen Dank.
Rüdiger Stobbe
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Bereits 1850 herrschten 15° im Durchschnitt– Die Unlauterkeit in der Temperaturfrage: Hier klicken
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Kernenergie weltweit nicht am Ende #2
Belojarsk liegt, von uns aus gesehen, …
Mehr… hinter dem Ural, also rein formal schon in Asien. Die Autofahrt von Jekatarinburg führt durch riesige Wälder, ab und zu ein kleines Dorf mit typisch russischen Holzhäuschen, vorbei an schwarze Rußwolken ausstoßenden alten Bussen und Lastwagen. Ich fahre gerade zum modernsten Kernkraftwerk der Welt Belojarsk.
Wenn die Russen ein Kernkraftwerk bauen, dann bauen sie die dazugehörige Stadt gleich mit. Die Städte der Kernkraftwerks-Standorte ähneln sich wie ein Ei dem anderen. Stets entstehen fünf Kilometer vom Werk entfernt die Wohnblöcke, die mein Schönheitsempfinden beleidigen, da ich DDR-Plattenbau-Geschädigter bin. Hier wohnen die Mitarbeiter mit ihren Familien komfortabel für kleines Geld. Ein Stadion mit Schwimmbad – natürlich vom Kraftwerk fernbeheizt wie die Plattenbauten – ein Einkaufszentrum, ein Kulturzentrum, Schulen und Kindergärten… Alles vom gleichen Reißbrett.
[…]
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Guten Morgen, liebe Leser!
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- Heute, 11:00 Uhr: Kernenergie weltweit nicht am Ende #2
- Heute, 14:00 Uhr: Die AfD nach der EU-Wahl #4
- Heute, 17:00 Uhr: Was kann man für die Umwelt tun?
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Die Achse-Morgenlage: Hier klicken
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Schönen Sonntag
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Artikel zum Sonntag, 30.6.2016: Söder & Co. – Die Dummschwätzer
Ein feines Beispiel für politische Dummschwätzerei …
Mehr… ist der Verstoß von Markus Söder in Sachen Kohleausstieg. 2030 soll Schluss sein. Unterstützt wird er von solch´ ´kompetenten` Journalisten wie z. B. Sandra Schulz.
Da kann ein Mann der Vernunft wie Andreas Lämmel (Biografie: Hier klicken) reden, wie er will.
Er könnte auch gegen eine Wand sprechen.
Lämmel: […], sondern man musste ja auch sich die Frage stellen, wie die Versorgungssicherheit in Deutschland gewährleistet ist, wenn man jetzt eher aussteigen wollte.
Schulz: Bei der Versorgungssicherheit gehen die Meinungen auseinander. Experten sagen schon seit vielen Jahren auch, das Thema Versorgungssicherheit ist nicht das zentrale Problem. […]
Na denn!
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Hören Sie das Interview des Dlf vom 24.6.2019 mit Andreas Lämmel:
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Das Ende des Rechtsstaats #3
Vorsicht: Dies ist ein radikales Pamphlet!
MehrGeschrieben von einem Juristen, der von allen guten Geistern verlassen scheint. Eine Wutrede („Was lange gärt, wird endlich Wut“). Mitnichten getreu der sine-ira-et-studio-Maxime von Tacitus, sondern eher nach dem Vorbild seines heutigen Landsmannes Trapattoni. Denn ich habe eine Mordswut im Bauch (oder wo auch immer).
Jeder, der Max Frischs „Biedermann und die Brandstifter“ liest oder sieht, tippt sich an die Stirn und murmelt: „Der tickt ja nicht mehr richtig, dieser Biedermann. So blöd kann man doch nicht sein!“ Doch, man kann, wie schon Bertolt Brecht in „Exil III“ festgestellt hat:
„Sie sägten die Äste ab, auf denen sie saßen“
[…]
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Teil 2 & 3 folgen!
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Aachen: Radvorrangroute
In Aachen wird nach dem Ausrufen des Klimanotstands …
Mehr… ein weiteres Husarenstück Richtung Kosten ohne Nutzen plus Behinderung durch massive Einschränkung gewachsener Verkehrsstrukturen inkl. Umwegsverkehr mit mehr NO2/CO2-Ausstoß geritten:
Die Radvorrangroute Lothringerstraße, …
… die ohnehin recht wenig befahren ist. Größtenteils eine Einbahnstraße mit mehr als genug Kapazität für den doch insgesamt – wie das Bild des Berichtes der AN zeigt – eher dünnen Radverkehr. Hinzu kommt, dass Radfahrer sich generell den „Vorrang“ herausnehmen, das zu tun, was im ihrem Sinne am gerade ´passt`.
Fahren ohne Licht, fahren auf dem Bürgersteig: Kein Thema, wird gemacht. Rotlicht ist ohnehin nur ein Vorschlag. Spricht man den ´Vorrangigen` an, ist tumbes Schweigen plus weiterem „Vorrang nehmen“, noch ´gnädig`. Oft kommt ein „Arschloch“ oder „Wichser“ aus dem Sprechorgan des Vorrangigen in Richtung des Menschen, der es gewagt hat, darauf hinzuweisen, dass der Bürgersteig für Fußgänger und die Fahrradstreifen, die es direkt daneben auf der Straße gibt, für Radfahrer extra gemacht worden sind.
In Hamburg wurden mal für 6 Stunden insbesondere Radfahrer kontrolliert. Ergebnis:
70 Mal missachteten die Radler rote Ampeln, 50 Fahrradfahrer waren als Geisterfahrer auf der falschen Radwegseite unterwegs, 17 fuhren auf dem Gehweg, zehn hatten keine funktionierende Lichtanlage, acht telefonierten während des Radfahrens am Handy. Quelle: Hier klicken
In Aachen würde es genau so sein. Bei einer Kontrolle, die sich so nennen dürfte.
Radfahrer sind und bleiben in der ganz großen Mehrzahl ein Albtraum für Fußgänger. Egal ob mit oder ohne Vorrangroute.
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Guten Morgen, liebe Leser!
Die Redakteure der Tagesschau …
… nehmen nicht mehr wahr, wie wenig überlegt und reflektiert ihre tägliche Show geworden ist: Am Samstag lange Berichte über die drohende Gefahr von Rechts, gegen die man dringend die Bevölkerung mobilisieren müsse mit Beiträgen von Merkel bis Maas. Ja, es ist ein entsetzliches Verbrechen geschehen mit der Ermordung des Regierungspräsidenten Walter Lübcke und es muss aufgeklärt, der oder die Verantwortlichen verurteilt werden. Noch allerdings ist es nur ein Verdacht gegen eine Person; das Urteil fehlt, trotzdem werden daraus Weiterungen gezogen wie die, Regierungskritikern die Grundrechte entziehen zu wollen. Wenn die Situation heiß wird, sollte man kühl reagieren, nicht überhitzt wie jede Menge Politiker und Kommentatoren. Und genau da fehlt der Überblick, die Einordnung.
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- Heute, 11:00 Uhr: Aachen- Radvorrangroute
- Heute, 14:00 Uhr: Das Ende des Rechtsstaats #3
- Heute, 17:00 Uhr: Dummschwätzer & Co.
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Sonniges Wochenende
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100 Jahre Unterzeichnung Versailler Vertrag #2
Als am 28. Juni 1919 der Versailler Vertrag …
Mehr… unterzeichnet wurde, war Carl Melchior nicht mehr am Ort des Geschehens. Der letzte französische Abreisestempel auf dem für die Fahrten nach Versailles ausgestellten Ministerialpass Melchiors, des Finanzsachverständigen der deutschen Friedensdelegation, datiert vom 16. Juni. An diesem Tag hatten die Alliierten den sechs deutschen Delegierten eine harsche, weitestgehend abschlägige Antwort auf deren Eingaben zum Vertragsentwurf übergeben. Sie enthielt eine ultimative Aufforderung, den Vertrag anzunehmen, sonst werde Deutschland besetzt.
Noch am selben Abend reiste fast die gesamte, mit Kommissionen und Stab etwa 180 Mitglieder zählende deutsche Delegation ab. «Mit Flaschen, Steinen und allem möglichen Unrat beworfen», wie Melchiors Sekretär Albert Rose festhielt, setzte sich der Tross in Bewegung. Melchior traf ein Stein im Nacken.
Carl Melchior war der einzige der sechs Delegierten, der kein politisches Amt innehatte. Er war und blieb bis zum Lebensende Bankier, Teilhaber der 1798 gegründeten Privatbank M. M. Warburg & Co. in Hamburg. Das Institut hat das «Dritte Reich» und die «Arisierung» dank umsichtigen Treuhändern überlebt und besteht wieder unter seinem alten Namen; es ist heute die grösste inhabergeführte Privatbank Deutschlands.
Der umfassend gebildete, weltläufige Jurist – Melchior entstammte einer jüdischen Kaufmanns- und Bankiersfamilie, sein Vater war Mitglied der Hamburger Bürgerschaft – hatte zunächst als Grundbuchrichter gearbeitet und war dann als Syndikus zu Warburg gekommen, wo man ihn 1917 zum Teilhaber machte. Politisch hatte er sich zwar 1918 an der Gründung der Deutschen Demokratischen Partei (DDP) beteiligt und war vorübergehend im Vorstand dieser mit ihrem wirtschaftsfreundlichen Programm bald als «Judenpartei» diffamierten liberalen Partei. Doch Melchior strebte nicht in die Politik. Auch später, als man ihm antrug, Finanzminister zu werden, lehnte er ab.
Auf Abruf bereit
Sich der Regierung mit Rat und Tat zur Verfügung zu stellen, war für Melchior ebenso eine staatsbürgerliche Selbstverständlichkeit wie für den Bankier Max Warburg. Es lag stets aber auch im Interesse des Unternehmens. Zwischen den körperlich zarten, beherrschten Melchior und den umtriebigen, temperamentvollen Warburg, der als Fachmann ebenfalls in Versailles zugegen war, passte kein Blatt. Sie siezten einander und waren doch beinahe wie Brüder. Was der eine unternahm, besprach er mit dem anderen; man hielt sich mit einem Firmentagebuch à jour.
Melchiors Tätigkeit führte zu einem diplomatischen Einsatz, der im Krieg begann und erst 1933 unfreiwillig endete. Er entwickelte sich zum auf Abruf bereitstehenden Staatsdiener, wie er im Buche steht, kompetent, «pflichttreu und schlicht», wie der Jurist Hans Schäffer über ihn schrieb, aber «ohne jeden Formalismus, jede Härte und jeden Aufstiegswunsch».
Melchior war nicht nur kein Politiker, er war auch kein radikaler Querdenker. Der Strudel dessen, was für heutige Betrachter Geschichte ist, riss ihn mit wie die anderen Beteiligten auch, und zugleich produzierte und formte er die Zeitläufte durch sein Tun. Mit seinem Sachverstand, seinen Verbindungen, seinem Verhandlungsgeschick, seinem «Pokergesicht» und seinem «geheimrätlichen Stil», wie Warburg sagte, vertrat er das, was man für deutsche Interessen hielt. In seinem Streben, seinen Erfolgen und letztlich seinem Scheitern, ja in seinem Schicksal spiegelt sich das deutsche Drama der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Kontakt zu John Maynard Keynes
Im Kriegseinsatz verwundet, war Melchior noch 1917 dazu abgestellt worden, die Zentrale Einkaufsgesellschaft Deutschlands neu zu organisieren sowie mit Rumänien und der Ukraine Kornlieferungen auszuhandeln, um die Lebensmittelknappheit abzuwenden, die nach der britischen Seeblockade drohte. Bis er sich wegen antisemitischer Anfeindungen zurückzog, tat er dies so erfolgreich, dass seine Dienste im Folgenden immer wieder neu angefragt wurden. Keine Regierung konnte auf ihn verzichten. Die Sorge um die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln zu tragbaren Konditionen beschäftigte ihn auch als Vorsitzenden der Finanz-, der Ernährungs- und der Schifffahrtskommission der deutschen Waffenstillstandsdelegation.
Jede Verhandlung, jedes Abkommen bedingte für Melchior diplomatische Folgeeinsätze. Das Waffenstillstandsabkommen war befristet, es musste mehrfach nachverhandelt und erneuert werden. Zudem liefen diffizile Ausführungsverhandlungen, während die mit ihren tiefen Interessengegensätzen ringenden Siegermächte schon die Grundzüge eines Friedensvertrags entwarfen.
In diesem Kontext traf Melchior unter anderem auf John Maynard Keynes, der als Vertreter des Schatzkanzlers im Obersten Wirtschaftsrat sass, dem Gremium, das die Wirtschaftspolitik der Alliierten in Europa bis zum Abschluss der Friedensverträge koordinierte, sowie als britischer Unterhändler in Versailles anwesend war. In einer seiner besten literarischen Fingerübungen hat der Ökonom seinem Gegenüber, dessen Sorgen er teilte und mit dem er jahrelang geheimdiplomatisch eng zusammenarbeitete, ein Denkmal gesetzt: «Nur er wahrte die Würde der Niederlage.»
Die ökonomische Ratio stand für die Alliierten nicht im Vordergrund, sondern vor allem die Verhinderung künftiger deutscher Macht.
Was die beiden Fachleute spontan verband, war ihre Frustration über die Amerikaner. Keynes suchte diesen Späteinsteigern in den Krieg einen Schuldenerlass und finanzielle Unterstützung abzuringen; Melchior empfand wie viele andere die Zusagen von Präsident Woodrow Wilson gegenüber Deutschland als Irreführung.
Die schweizerische Regierung – durch diplomatische Kontakte hatte sie nach Ausrufung der Republik die neue Reichsregierung von Beginn ihres Bestehens an unterstützt – hatte zwar Ende November eine Mitteilung des amerikanischen Aussenministers Robert Lansing vermittelt, nach der Wilson bereit sei, «die Versorgung Deutschlands mit Nahrungsmitteln in günstigem Sinn zu erwägen und diese Frage mit den verbündeten Regierungen sofort aufzunehmen». Doch davon konnten sich die Deutschen nichts kaufen, denn Wilson hatte die Rechnung ohne die anderen Alliierten gemacht, die dafür einen Preis setzen wollten. Erst im März 1919 war es so weit, Melchior konnte aus Brüssel kabeln: «abkommen (sic) gezeichnet». Im April kam es zu ersten Lieferungen.
Bei Melchiors Abreise am 16. Juni aus Versailles weilte auch Keynes nicht mehr in Frankreich. Den Vertragstext, der den Deutschen am 7. Mai übergeben worden war, hatte der Ökonom als «höllisch» gegeisselt, am 6. Juni hatte er alle Ämter niederlegt. Er fürchtete, eine Belastung Deutschlands über dessen Leistungsfähigkeit hinaus werde Europa ins Verderben treiben. Seine Kritik schrieb er im Buch «The Economic Consequences of the Peace» nieder, später auch in «A Revision of the Treaty». Doch die ökonomische Ratio stand für die Alliierten gar nicht im Vordergrund, sondern vor allem die Verhinderung künftiger deutscher Macht.
Die Sprengkraft von Artikel 231
An den Vorgängen in Versailles war für die deutsche Delegation besonders demütigend, dass sie gar nicht erst in mündliche Verhandlungen eintreten durfte – weshalb sich daheim rasch der Begriff des «Diktatfriedens» verbreitete. Man fühlte sich auch hier von Wilson getäuscht. In dessen «14 Punkten» war Anfang 1918 von einem «Frieden ohne Sieg» die Rede gewesen, von einer liberalen Neuordnung Europas in Selbstbestimmung und Einvernehmen. Die Deutschen hatten deshalb auf ein Kriegsende ohne schwere Sanktionen gesetzt.
Nach dem Vertrag galt es nun aber nicht nur Reparationen zu zahlen, sondern Deutschland verlor zudem 13 Prozent seines Gebiets und 10 Prozent der Bevölkerung; knapp 15 Prozent des Ackerlandes fielen weg; die abbaubaren Rohstofflager an Eisenerz, Zink und Steinkohle wurden dezimiert. Fast die ganze Handelsflotte und ein Viertel der Fischfangflotte wurden kassiert. Der deutsche Staat wurde weitgehend entmilitarisiert, das Rheinland in drei Zonen aufgeteilt und besetzt. Die Kolonien wurden unter den Siegermächten aufgeteilt. All dies musste die Wirtschaftskraft Deutschlands stärker beeinträchtigen als die Reparationszahlungen selbst, fürchtete Melchior.
Die grösste Sprengkraft des Versailler Vertragswerks aber entfaltete Artikel 231: «Die alliierten und assoziierten Regierungen erklären, und Deutschland erkennt an, dass Deutschland und seine Verbündeten als Urheber für alle Verluste und Schäden verantwortlich sind, die die alliierten und assoziierten Regierungen und ihre Staatsangehörigen infolge des ihnen durch den Angriff Deutschlands und seiner Verbündeten aufgezwungenen Krieges erlitten haben.» Das war das Gegenteil der üblichen «Vergessensklausel», die eine Dämpfung der Emotionen und einen Neubeginn ermöglichen sollte. Keine Spur also von einem «Frieden ohne Sieg».
Die unerhörte Grausamkeit des «Grossen Krieges» hatte den Siegernationen tiefe Ressentiments eingepflanzt, die in einer giftigen Kommunikation zum Ausdruck kamen.
Die Alliierten hatten den Passus auf Anraten des amerikanischen Anwalts und späteren Aussenministers John Foster Dulles als völkerrechtliche Basis für Reparationen eingefügt. Schliesslich sollte nicht mehr die Kungelei der Diplomaten dominieren, sondern neu das Recht, gesetzt unter dem wachsamen Auge der Öffentlichkeit – so hatte es auch der einflussreiche liberale Publizist Walter Lippmann empfohlen, der Wilson beriet. Dass nebenbei ein massiver Vorwurf festgehalten wurde, kam den europäischen Alliierten entgegen, insbesondere dem französischen Ministerpräsidenten Georges Clemenceau.
Die unerhörte Grausamkeit des «Grossen Krieges» hatte den Siegernationen tiefe Ressentiments eingepflanzt, die in einer giftigen Kommunikation zum Ausdruck kamen, mehr noch als im Vertragstext selbst. Dass gesichtswahrende Einigungen unmöglich geworden waren, verstärkte die Hilflosigkeit einer aristokratisch geprägten Diplomatenriege, die zudem auch noch im ungewohnten Licht einer demokratischen Öffentlichkeit agieren sollte. Die Deutschen verloren die Fassung und bissen sich an der Kriegsschuld fest, allen voran Aussenminister Ulrich Graf von Brockdorff-Rantzau.
Gescheiterter Gegenentwurf
Wohl kaum einem Deutschen war es damals möglich, den Versailler Vertrag zu schätzen – und sei es nur dafür, dass er trotz aller Ranküne und allen Ungeschicktheiten auch den mutigen Versuch darstellte, in eine neue Zeit des internationalen Miteinanders aufzubrechen, vor allem mithilfe des durch ihn neu gegründeten Völkerbunds, der später auch Deutschland offenstehen sollte. Auch Melchior war entsetzt. Ihm stand vor Augen, wie gross schon in der kurzen Frist die finanziellen Belastungen sein würden, und er ahnte wohl, welche politische Dynamik die Kombination aus Kriegsschuldzuschreibung und Reparationsforderungen entfalten würde.
Zwar folgte im Vertrag auf den Kriegsschuldartikel unmittelbar die Einschränkung, eine volle Wiedergutmachung werde kaum möglich sein. Doch auch hier hatte Wilson ein Versprechen zurückgezogen: Es seien nur die zivilen Schäden zu ersetzen, hatte es ursprünglich geheissen. Inzwischen hatte sich Wilson, wie Melchior mutmasste, von Clemenceau und dem britischen Premierminister Lloyd George übertölpeln lassen.
In den letzten Wochen in Versailles hatte Melchior mit der Finanzkommission noch einen Gegenentwurf entwickelt, ein Konzept für einen «Frieden der ökonomischen Vernunft».
Wie hoch die Summe nun sein würde, blieb offen und wurde in die Hand eines Wiedergutmachungsausschusses gelegt, der weitreichende Rechte einer fiskalischen Aufsicht über Deutschland bekam. All dies gab angstvollen Spekulationen Auftrieb. «Damit hat unser öffentliches Leben nur noch den Schein, nicht mehr das Wesen wirklicher Souveränität», klagte Melchior. «Deutsches Eigentum ist vogelfrei.»
In den letzten Wochen in Versailles hatte Melchior mit der Finanzkommission der deutschen Delegation noch einen Gegenentwurf entwickelt, ein an der Leistungsfähigkeit Deutschlands anknüpfendes Konzept für einen «Frieden der ökonomischen Vernunft». Demnach sollte für die Reparationen ein fester Prozentsatz der Einnahmen des Deutschen Reiches zur Verfügung stehen. Die Gesamtsumme war auf immerhin 100 Milliarden Goldmark festgelegt. Dass auch diese Eingabe kategorisch abgewiesen wurde, lag wesentlich daran, dass die Deutschen dazu eine weitgehende territoriale Unversehrtheit ihres Landes wünschten. «Die Lebensluft und Ehre muss man Deutschland lassen», schrieb die Delegation. Doch wie auch Keynes urteilte, konnte ein solches Angebot von den Alliierten «kaum als ernsthaft angesehen werden».
Das Ringen geht weiter
Nach ihrer Abreise aus Versailles empfahl die deutsche Delegation Reichsministerpräsident Philipp Scheidemann einstimmig und nachdrücklich, den Vertrag nicht zu unterzeichnen. Wie glaubwürdig die Invasionsdrohung der kriegsmüden Siegermächte war, war und ist strittig. Jedenfalls legte Scheidemann, der erst am 9. November 1918 die Republik ausgerufen hatte, am 20. Juni sein Amt nieder – nach einem Sitzungsmarathon der Nationalversammlung, die wegen der revolutionären Unruhen in Berlin nun in Weimar tagte. Brockdorff-Rantzau tat es ihm gleich.
Das Parlament stimmte dem Vertrag am 23. Juni zu. Scheidemanns Nachfolger wurde Gustav Bauer. Dieser entsandte zwei Minister, unter ihnen Hermann Müller, den neuen Aussenminister, zur Unterschrift nach Versailles. Die Ratifizierung folgte zügig.
Für Carl Melchior setzte sich danach die Arbeit umso intensiver fort, auch wenn daheim jeder Verhandlungserfolg als ungenügend bewertet wurde und ihm antisemitische Schmähungen eintrug. «Unser Schicksal – und damit das Schicksal des europäischen Kontinents – wird davon abhängen, ob wir den Wiedergutmachungsausschuss zur Einsicht bringen, dass die Grundlagen für die Begrenzung unserer Entschädigungspflicht nicht in den Zahlen und Mengen des Friedensvertrags, sondern in der Leistungsfähigkeit des deutschen Volkes, seiner Produktionsmöglichkeit und seiner Steuerkraft zu finden sind», sagte er vor der Gesellschaft Hamburger Juristen.
Das war nicht nur seine Agenda. Es war die dominierende, fatale Logik, nach der sich im Folgenden die Beziehungen zwischen Siegern und Besiegten entwickelten: Es blieb ein Gegeneinander, das Ringen ging weiter. Partnerschaftlich wurde der Umgang nicht.
Gefährliches Spiel
Um zu verhindern, dass eine strikte Durchsetzung «ein Weltenunglück» verursachte, wie er fürchtete, kämpfte Carl Melchior fortan um eine Milderung der Folgen des Versailler Vertrags. Er war 1920 als Sachverständiger auf zwei Reparationskonferenzen im Einsatz und 1922 zudem auf der Konferenz von Genua, wo eine Neuordnung des Finanzsystems auf der Agenda stand.
In der Zwischenzeit hatte der Wiedergutmachungsausschuss die Gesamthöhe der deutschen Reparationszahlungen auf 132 Milliarden Goldmark beziffert, zahlbar binnen 57 Jahren, nachdem die Forderungen zuvor von 20 bis hin zu Phantasiebeträgen jenseits der 250 Milliarden Goldmark geschwankt hatten. Die deutsche Regierung hatte sich nun darauf verlegt, die Forderungen der Alliierten formal zu akzeptieren, um diesen dann aber vor Augen zu führen, dass sie nicht zu erfüllen waren – ein unwürdiges, gefährliches Spiel, das mitnichten zur Vertrauensbildung beitrug, sondern Deutschland 1923 auch noch die Ruhrbesetzung eintrug.
Der als «Erfüllungspolitik» diffamierte scheinbare Kotau kostete den Finanzminister Matthias Erzberger von der Zentrumspartei wie auch den liberalen Aussenminister Walther Rathenau das Leben. Beide wurden von antisemitischen Rechtsterroristen ermordet.
Allein weil die Zunahme der Zahl an Nullen die Schreibarbeit in der Buchhaltung vervielfachte, musste das Bankhaus M. M. Warburg & Co. immer mehr Angestellte beschäftigen.
Zu den Kollateralschäden der Politik in diesen Jahren gehörte eine dramatische Hyperinflation, verursacht durch die übermässige Ausweitung der Geldmenge in den ersten Jahren der Weimarer Republik. Sie erfasste nicht die Reparationsleistungen, die in Goldmark, Devisen und Sachgütern zu erfolgen hatten. Dennoch erschien die Lage auch den Alliierten dramatisch. Die Mark hatte 1922 noch ein Tausendstel ihres Wertes von 1914. Allein weil die Zunahme der Zahl an Nullen die Schreibarbeit in der Buchhaltung vervielfachte, musste das Bankhaus M. M. Warburg & Co. immer mehr Angestellte beschäftigen; die Zahl stieg von 174 im Jahr 1919 auf 505 im Jahr 1923.
Im November 1923 kam es zum Währungsschnitt und zur Einführung der Rentenmark. Der Wiedergutmachungsausschuss knüpfte daraufhin die Zahlungspflicht, wie von Melchior beabsichtigt und auch von Keynes gefordert, an die Leistungsfähigkeit. Dieser sogenannte Dawes-Plan von 1924 ermöglichte einen frischen Kapitalzufluss nach Deutschland.
Wenig später, im Jahr 1926, fand Deutschland schliesslich Aufnahme in den Völkerbund, dem am Ende ausgerechnet die Amerikaner ferngeblieben waren. Melchior wurde deutscher Repräsentant im Finanzausschuss und 1930 sogar dessen Vorsitzender. In den Jahren 1929 und 1930 reiste er abermals nach Paris und nach Den Haag, um an den Verhandlungen zum Young-Plan teilzunehmen, der als letzter Reparationsvertrag den Dawes-Plan ablösen sollte.
Man einigte sich auf eine Jahreszahlung von rund 2 Milliarden Reichsmark und eine vorzeitige Freigabe des Rheinlands. Der damalige Reichskanzler Hermann Müller, der als Aussenminister noch seine Unterschrift unter den Versailler Vertrag hatte setzen müssen, dankte Melchior im Januar 1930 mit einem offenen Brief, in dem er inständig bat, bei Bedarf wieder auf ihn zählen zu dürfen. Zwei Monate später freilich war auch dieser Reichskanzler verschlissen.
Ernte in Lausanne
Im April 1930 wurde Melchior als stellvertretender Vorsitzender des Verwaltungsrats an die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel berufen, deren Einrichtung Teil des Young-Plans war. Die Aufgabe dieses Instituts sollte es sein, die Reparationszahlungen zu bündeln und zu verteilen. Heute fungiert die BIZ als Bank der Zentralbanken und spielt zudem eine wichtige Rolle in der Bankenaufsicht.
Die Ernte seiner langjährigen diplomatischen Bemühungen konnte Melchior endlich im Sommer 1932 ebenfalls in der Schweiz einfahren, auf der Lausanner Konferenz im Château d’Ouchy, die er wie stets mit vorbereitet hatte: das Erlöschen der Reparationspflichten. Im Vertrag war noch eine Restzahlung vereinbart worden, doch dazu kam es nicht mehr, dank einem «Gentlemen’s Agreement», wie Melchior es nannte, weil die Alliierten über den noch ausstehenden Schuldenausgleich untereinander uneins waren. Damit jedenfalls hatte das im Versailler Vertrag angelegte fortgesetzte Ringen zwischen Deutschland und den Siegermächten vorläufig ein Ende. Insgesamt hat Deutschland am Ende nach eigener Rechnung knapp 70 Milliarden Goldmark an Reparationen bezahlt.
Privates Glück kommt spät
Jahrzehntelang ständig per Eisenbahn in Europa unterwegs, doppelt belastet im Dienst für Bank und Vaterland, mit schier endlosen Arbeitstagen, ist Melchior als Privatperson womöglich auch deshalb wenig bekannt, weil sein Privatleben mit seinem Berufsleben weitgehend in eins fiel. In Hamburg teilte er mit seiner Schwester Clara eine Villa am Rothenbaum; heute ist dort das Institut Français untergebracht. Er besass eine stattliche Gemäldesammlung der klassischen Moderne, und von Auslandsreisen brachte er antike Kunstgegenstände mit.
Von 1930 an dürfte Marie de Molènes ein regelmässiger Gast gewesen sein. Während der Pariser Konferenz zum Young-Plan hatte der Junggeselle die 28 Jahre jüngere, in zweiter Ehe verwitwete Schwester eines Anwalts und sozialistischen Politikers kennengelernt. Einer Adelsfamilie aus der Dordogne entstammend, klassisch gebildet und polyglott, schrieb sie an einem Entwicklungsroman, «Fortunade à Berlin», von dem sie wünschte, er möge die deutsch-französische Verständigung voranbringen, «von der unsere Zukunft und der europäische Frieden abhängen».
Melchiors Lebenswerk, die Erleichterung der ökonomischen Bedingungen des Friedensvertrages, hatte gegen die Wucht der destruktiven Kräfte nicht ausgereicht.
Das Jahr von Carl Melchiors grösstem Erfolg, 1932, markierte zugleich das Ende seiner Karriere und den Vorabend des dunkelsten Kapitels in der Geschichte Deutschlands. Sein Lebenswerk, die Erleichterung der ökonomischen Bedingungen des Friedensvertrages, hatte gegen die Wucht der in Deutschland wirksamen destruktiven Kräfte nicht ausgereicht. Das Verhängnis nahm seinen Lauf. Am 30. Januar 1933 wurde Hitler zum Reichskanzler ernannt, im Februar brannte der Reichstag, im März wurde die NSDAP stärkste Partei, im April wurden die ersten Judengesetze erlassen.
Melchior kam der Abberufung von seinem Direktoriumsposten bei der BIZ per Rücktritt zuvor. Auch für Warburg und die Bank wurde die Luft immer dünner. Viele Geschäftskontakte froren ein. Notgedrungen widmeten sich die Teilhaber fortan vor allem jüdischen Belangen. Melchior baute den Zentralausschuss für Hilfe und Aufbau unter der Leitung des Berliner Oberrabbiners Leo Baeck mit auf. Der Ausschuss widmete sich der Wohlfahrtspflege und half Menschen, denen die Judengesetze den Lebensunterhalt raubten.
Die Sommermonate musste Melchior im Sanatorium verbringen. Im September heiratete er in Paris seine Gefährtin; die beiden erwarteten ein Kind. Charles Melchior de Molènes, «le petit Carl», wie ihn die Mutter zärtlich nannte, kam am 9. März 1934 auf die Welt. Der Vater war da schon neun Wochen tot. Carl Melchior, krank, erschöpft und bei allem privaten Glück auch in grosser Sorge um die Zukunft, war am 30. Dezember in Hamburg gestorben. Das ganze Ausmass des Zivilisationsbruchs zu erleben, der nun folgte, blieb ihm erspart.
Karen Horn lehrt ökonomische Ideengeschichte an der Universität Erfurt. Sie lebt in Zürich.
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