In meiner Schulzeit gab …
… es vom ersten bis zum dreizehnten Schuljahr die Noten 1 bis 6. Wer zwei 5-er hatte, blieb sitzen. Wer eine 5 hatte, brauchte einen „Ausgleich“. Das war wenigstens eine 3 in einem ´richtigen` Fach. Eine 3 in Kunst, Sport oder Religion reichte nicht. Die Ausgleichs-3 diente dazu, den Noten-Durchschnitt auf insgesamt 4,0 = ausreichend sicherzustellen. Lag der Noten-Durchschnitt bei 4,1 wurde man nicht versetzt.
Wenn an die Schulnote 4 eine Null gehängt wird, haben wir den Jahresdurchschnittswert, der an einer Messstelle einer Stadt erreicht werden darf, ohne dass Fahrverbote drohen. 40 µg NO2 / m3 Luft darf der Jahresdurchschnitt einer Messstelle – nicht der Durchschnitt der Messstellen einer Stadt – maximal betragen. Ein µg NO2 zusätzlich und der Diesel ist aus.
Bereits am 22.1.2019 wurde der ´Achse des Guten` ausgeführt, dass im Gesetz neben dem Jahresdurchschnittsgrenzwert 40 µg NO2, der in aller Munde ist, der Stundenmessgrenzwert 200 µg NO2 festgelegt ist, vom dem in der öffentlichen Debatte praktisch nie die Rede ist. Dieser Wert gibt Auskunft darüber, wie hoch die Belastung NO2 im Stundenmittel auf der Straße ist: Die Belastung mit NO2, der die Menschen, die sich im Bereich der Messstelle aufhalten, tatsächlich ausgesetzt sind. In 2017 – die Zahlen 2018 liegen noch komplett nicht vor – wurde an keiner der 525 Messtellen in Deutschland, die gesetzliche Vorgabe überschritten. Damit wären Fahrverbote und sonstige Maßnahmen zur ´Luftverbesserung` kaum durchsetzbar. Also muss der Durchschnittswert pro Jahr her. Zu diesen 40 µg NO2 / m3 Luft zwei Anmerkungen:
- Die Erläuterung des früheren Schulnotensystems zeigt, dass die Grenze zwischen Versetzung/Nichtversetzung bei einer 4,0 im Durchschnitt liegt. 4,1 bedeuten Sitzenbleiben. Wenn wir zwecks Veranschaulichung die tatsächlich an der Messtelle erlaubten 200 µg NO2 in Noten aufteilen, wären 0 µg NO2 „Sehr gut“ = 1. „Ungenügend“ = 6 wären die 200 µg. Alle anderen Noten liegen in 40 µg – Schritten dazwischen. „Ausreichend“ = 4 wären 120 µg NO2. Das sind realistische Annahmen. Auch wenn lt. Gesetz sogar die 200 µg noch ausreichend wären. Unser Schulnoten-Beispiel zeigt, dass zwischen der Höhe des tatsächlich die Wirklichkeit wiederspiegelndem Stundenmessgrenzwert 200 µg NO2 und dem theoretisch ermittelten Jahresdurchschnittsgrenzwert 40 µg NO2 ein viel zu großer Unterschied besteht. Um im Bild zu bleiben, müsste ein Schüler im Durchschnitt immer eine 2 haben, um versetzt zu werden. In jedem Fach eine 4 oder auch eine 3, ja sogar alles 2-er und nur eine 3 würden nicht ausreichen, um versetzt zu werden. Die Schüler würden zu Recht auf die Barrikaden gehen. Der Durchschnitt beim NO2 muss immer wenigstens 2,0 sein. 41 µg = 2,05 reichen nicht. Fahrverbot droht! Bemerkenswerterweise ist nur beim Grenzwert NO2 das Verhältnis zwischen Stunden- und Jahresdurchschnittsgrenzwert so hoch. Bei anderen Luftschadstoffen, die von der EU wesentlich weniger streng übernommen wurden, als von der WHO empfohlen, ist das Verhältnis korrekt. Das Verhältnis bei NO2 hielte einer strikten wissenschaftlichen Überprüfung m. E. nicht Stand. Seit der Epidemiologe Prof. Wichmann frank und frei erläutert hat, dass bei der Festsetzung von Grenzwerten im Bereich Luftschadstoffe auch Willkür im Spiel sei, die Grenzwerte also politische Grenzwerte seien, wurde meine Vermutung, dass der Grenzwert vor allem dazu gedacht sei, politisch gewollte „Umweltveränderungen“ durchzusetzen, eindrucksvoll bestätigt. Ein wissenschaftlich haltbarer Jahresdurchschnittsgrenzwert sollte zwischen 80 und 120 µg liegen.
- Der Jahresdurchschnittsgrenzwert 40 µg NO2 / m3 Luft, der praktisch ausschließlich in der Dieseldebatte herangezogen wird, lässt vermuten, dass die Apologeten der Reinhaltung der Luft (Bundesumweltamt, Bundesumweltministerium, Deutsche Umwelthilfe usw.) wissen, was ein Durchschnitt ist. Es gibt in Deutschland 525 Messtellen, die über das Land verteilt, in den Städten zu finden sind. In Aachen gibt 4 Messtellen, in Hamburg 15, in München 3, usw.. Über Standort, Genauigkeit u. v. m dieser Messtellen wird neuerdings heftig gestritten. Ähnlich wie bei den Grenzwerten der wichtige, wirklichkeitsnahe Stundenmessgrenzwert 200 µg NO2 „vergessen“ wird, gibt es bei der Durchschnittsberechnung einen sachlichen ´Fehler`, welcher massive Auswirkungen hat. Das Umweltbundesamt gibt jedes Jahr eine Tabelle heraus, in der die Städte aufgelistet sind, welche den Jahresdurchschnittsgrenzwert überschreiten. Wenn Sie die Excel-Tabelle zum Jahresdurchschnittswert jeder einzelnen Messstelle aufrufen, und z. B. in Spalte die 300 = Hannover gehen, werden Sie feststellen, dass die Tabelle des Umweltbundesamtes oben lediglich den Wert der Messstelle auswirft, die den schlechtesten Wert aufweist. Das sind für Hannover 48 µg NO2. Genauso – kein Durchschnitt, sondern schlechtester Einzelwert – wird mit allen anderen Städten verfahren. Für keine einzige Stadt wird ein Durchschnitt aus den Ergebnissen aller Messtellen der Stadt ermittelt. Der schlechteste Einzelwert der Stadt wird einfach auf die gesamte Stadt übertragen. Zwar würde Hannover mit 40,33 µg den Grenzwert noch reißen, doch Aachen – Spalte 327 – z. B. würde im Jahresdurchschnitt statt 46 µg schlappe 35,75 µg NO2 ausweisen. Folge: Kein Fahrverbot! Soll die Bevölkerung, sollen die Gerichte mit voller Absicht für dumm verkauft werden? Habe ich doch bereits vor gut einem Jahr eine Petition an den Petitionsausschuss des Bundestags geschickt. Im November 2018 kam dieser Zwischenbescheid. Das war nach knapp 11 Monaten. Vor knapp 3 Monaten. Einen abschließenden Bescheid habe ich bis heute nicht bekommen. Ein Schelm, wer Absicht dabei denkt. Zwischenzeitlich konnten mit den unredlichen Nichtdurchschnittswerten etliche Fahrverbote erstritten werden.
Zum Schluss eine kleine Schätzaufgabe zum Durchschnittswert 40 µg NO2 / m3 Luft. Bitte schätzen Sie spontan: Hier die Aufgabe, hier die Lösung. Sie werden sehen, dass Durchschnittswerte nicht unbedingt etwas mit der tatsächlichen Belastung der Bürger durch einen Schadstoff zu tun haben müssen. Entscheidend sind die Werte, die tatsächlich gemessen werden. Das ist bei NO2 der Stundenmesswert. 200 µg NO2 stehen im Gesetz. Bis zu 200 µg NO2 sind für Menschen, wenn sie diesem Wert nicht dauerhaft ausgesetzt sind, gesundheitlich unbedenklich. Sonst wäre der Wert niedriger. Damit die Menschen den 200 µg NO2 nicht dauerhaft ausgesetzt werden, gibt es den Jahresdurchschnittsgrenzwert. Der allerdings sollte zur Höhe des Stundengrenzwertes in einem plausiblen Verhältnis stehen. Das viel zu hohe Verhältnis 5:1 ist m. E. ausschließlich politisch motiviert.
Brandaktuell veröffentlicht das Umweltbundesamt (UBA) am 30.1.2019 einen Fragen-Antwortkatalog zur gesundheitlichen Bedeutung von Grenzwerten für Stickstoffdioxid (NO2). Selbstverständlich werden die dort vorgetragenen Aspekte in kommenden Artikeln zur Dieseldebatte auf der Achse analysiert und kommentiert. Zum ´Kurzeitwert` 200 µg NO2 sei bereits jetzt angemerkt, dass sich i. a. R. niemand über einen längeren Zeitraum an der Messstelle, die meistens an den Schadstoffbrennpunkten aufgestellt sind, aufhält. Schon gar keine Asthmakranken oder neugeborene Kinder. Dass die Menge NO2 je mehr abnimmt, desto weiter man sich von der Messstelle entfernt, belegt eine Untersuchung zum Stuttgarter Neckartor.
Im nächsten Artikel zur Dieseldebatte werden ´Werte` Thema sein. Wieviel ist eigentlich 1 Mikrogramm (µg)? Was bedeutet ppm? Was wiegt ein Kubikmeter Luft? Wann ist NO2 tödlich? Diese und andere Fragen werden anschaulich beantwortet werden.