Der neue Präsident des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung
MehrOttmar Edenhofer
gibt dem Dlf am 14.10.2018 ein ausführliches Interview.
Ehring: Es gibt ja jetzt den neuen Bericht des Weltklimarats, IPCC: Kann die Erderwärmung noch auf anderthalb Grad begrenzt werden? Das Ergebnis ist nach den Gesetzen von Physik und Chemie schon machbar. Ist das auch nach den Gesetzen von Wirtschaft und Politik machbar?
Edenhofer: Das ist eine gute Frage. Also, man muss ja zunächst mal noch, bevor wir auf die Frage kommen, ist es machbar und sollten wir uns das überhaupt antun, ist vielleicht noch mal wichtig, sich noch mal klarzumachen, dass selbst schon bei einer Temperaturerhöhung von ein bis zwei Grad die Korallenriffe vollständig verschwinden werden, jedenfalls das Risiko gegeben ist, dann die Instabilität des Grönland-Eisschildes und der Verlust antarktischer Eismassen. Das steht also alles im Raum, ebenso der Meeresspiegelanstieg, aber wir müssen ja damit rechnen, dass wir sehr viel stärker die globale Mitteltemperatur anheben, eher vier Grad. Und jetzt ist die Frage, ist es noch zu schaffen. Also, wir müssen bis zum Jahr 2050 die gesamte Weltwirtschaft emissionsfrei haben, zumindest netto. Das heißt also, wir könnten vielleicht noch ein paar hundert Gigatonnen CO2 aus der Atmosphäre entziehen, aber bis zur Mitte des Jahrhunderts müssen wir CO2-frei sein. Das heißt also, wir müssen den Stromsektor relativ schnell, wie man so sagt, vollständig dekarbonisieren, weil der Stromsektor ist von strategischer Bedeutung. Warum ist der von strategischer Bedeutung? Weil wenn wir eben Elektroautos haben, wenn wir den Transportsektor und den Wärmesektor, wie man sagt, elektrifizieren, dann wird es nur gelingen, klimarelevant gelingen, wenn wir vorher den Stromsektor dekarbonisiert haben. Das ist sicherlich im Prinzip machbar, nur uns macht ja im Augenblick nicht so sehr das Klimaproblem Sorgen, uns macht ja im Augenblick die größten Sorgen die Investitionszyklen. Also, wenn wir uns mal vorstellen, dass der 1,5 Grad-Bericht des IPCC zwar sagt, wir haben vielleicht ein paar Hundert Gigatonnen, 300 Gigatonnen mehr CO2-Budget zur Verfügung, dann muss man ja feststellen, das haben wir ja schon völlig verfrühstückt, denn alleine 300 Gigatonnen werden schon aufgebraucht durch die Kohlekraftwerke, die sich im Bau befinden und die jetzt schon Strom liefern. Also, die werden über ihre ökonomische Lebenszeit hinweg alleine schon 330 Gigatonnen emittieren. Und wenn wir alle diese Kohlekraftwerke, die sich im Bau befinden, bauen und wenn wir mit den Kohlekraftwerken weitermachen, die wir schon installiert haben, dann werden wir die Tür zu diesem 1,5 Grad-Ziel innerhalb von einer Dekade vollständig zugeschlagen haben.
Herr Edenhofer, machen Sie mal das kleine gedankliche Experiment: Hier klicken.
Wenn wir davon ausgehen, dass die CO2-Senkung in anderen Ländern nur dank Stromerzeugung durch Atomkraft möglich ist/wird, wird klar:
Ohne den Wiedereinstieg in die Atomkraft können wir E-Mobilität und ein Weiterbestehen des Industriestandortes Deutschlands vergessen.
Glauben Sie, dass allein diese in anderen Ländern existierenden AKW durch Wind- und Sonnenkraftwerke auch nur annähernd ersetzt werden können? Von Kohlekraftwerken ganz zu schweigen!
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