… nicht zielführend!
OK, das sage und schreibe ich bereits seit Jahr und Tag.
Nun gibt es eine Studie, die meine und vieler anderer Menschen Ansicht bestätigt. Schreiben nach Gehör ist schlicht unsinnig. Die Methode hat nur eines zur Folge:
Dass sich falsch geschriebene Wörter in das Schreibgedächtnis der Kinder einprägen.
Gleichwohl gibt es immer noch sogenannte Pädagogen, die dem Ansatz nachhängen. Hören Sie den Vorsitzenden des Lehrerverbandes VBE, Beckmann, der schwurbelnd die eierlegende Wollmilch- und Pädosau (=Anything goes!) beschwört:
Susanne Gaschke (WELT) hingegen schreibt u. a. folgendes:
Ungezählte Eltern dürfen sich in einem schlimmen Verdacht bestätigt sehen: Die Lehrmethode „Lesen durch Schreiben“ des Schweizer Pädagogen Jürgen Reichen hat ganzen Jahrgängen von Kindern das Lesen- und Schreibenlernen nicht leichter, sondern schwerer gemacht. Die klassische „Fibelmethode“, die regelgerecht von einfachen zu komplexeren Worten führt, funktioniert nachweislich besser – und zwar deutlich. Das ist das Ergebnis einer umfassenden empirischen Studie des Instituts für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie der Rheinischen Friedrich-Wilhelm-Universität Bonn.
Es gehört zu den Wahnsinnigkeiten des deutschen Bildungswesens, dass man keine wissenschaftliche Studie braucht, um irgendeine esoterische Unterrichtsmethode flächendeckend einzuführen – dazu bedarf es offenkundig nur charismatisch angeleiteter Fortbildungsveranstaltungen für Grundschullehrerinnen, der zuverlässigen Fortschrittsbeflissenheit emsiger Bildungsreformbürokraten und der totalen Indifferenz der Kultusminister. Eine von Anfang an unsinnige Methode wieder zu deaktivieren, ist hingegen ohne empirisches Waffenarsenal kaum möglich. Insofern ist die Arbeit der Bonner Bildungsforscher ausgesprochen verdienstvoll.
Und es ist ja eigentlich auch nicht so kompliziert: Wenn man Kinder genau das aufschreiben lässt, was sie hören (und den Eltern strikt verbietet, korrigierend einzugreifen), dann schreiben sie auf, was sie hören. Zum Beispiel: Ich gehe ins Kieno. Weil „Kino“ mit langem „i“ gesprochen wird, ist das absolut richtig – und gut für ein Sternchen unter den Hausaufgaben. Bis zur dritten Klasse. Dann gelten plötzlich doch die (inzwischen arg durchgeschüttelten) Regeln der deutschen Rechtschreibung. Alles, was bisher richtig war, ist nun falsch und muss neu gelernt werden.
Man braucht eigentlich weder Bildungsforscher noch Kinderpsychologe zu sein, um sich vorzustellen, dass diese Erfahrung zutiefst frustrierend ist. Besonders frustrierend für jene Kinder, die sich mit dem Lernen ohnehin schwertun. Die nicht gut still sitzen und sich nicht gut konzentrieren können. Und die feinmotorisch schon mit dem Führen eines Kugelschreibers überfordert sind. Von den Kindern mit fremdsprachigem, also phonetisch vollkommen anders organisiertem Hintergrund einmal ganz abgesehen.
[…]
Bittere Ironie: Die Leselernmethode, die nicht diskriminieren und nicht demotivieren sollte, hat die soziale Spaltung verschärft. Und außerdem dazu geführt, dass sich bis in alle gesellschaftlichen Kreise hinein eine fundamentale Unsicherheit darüber ausgebreitet hat, wie man richtig schreibt. Das gilt für Universitätsstudenten ebenso wie für Auszubildende in Handwerksberufen.
Aber so ist es mit vielen der gnadenlos verfolgten ideologischen Reformansätze: Sie geben gern vor, den Schwachen zu helfen, und zementieren in Wahrheit die Ungerechtigkeit, die sich aus der sozialen Herkunft ergibt. Der „offene Unterricht“, um ein Beispiel zu nennen, erlaubt es den souveränen Schülerinnen und Schülern, sich zu profilieren; den Chaoten, chaotisch zu sein; den Schüchternen, die vielleicht einiges beizutragen hätten, erlaubt er, mit der Tapete zu verschmelzen.
[…]
Wer die Herrschaft über die Kinder hat, hat die Macht. Es ist vielleicht schön und fein, geltende -autoritative – (Rechtschreib-) Regeln zu kritisieren. Diese gleichwohl über konsequentes Falschschreiben aushebeln zu wollen, ist ein Verbrechen an den Kindern.
Und erzeugt Widerstand: Gut so!
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