Niemand darf zurückbleiben! Jeder Mensch muss gerettet werden!
Das hört sich gut an. Das wird jeder unterschreiben.
Jeder?
Nein, nur Menschen, die zu 100% Gesinnungsethik verinnerlicht haben, stimmen uneingeschränkt zu. Sobald auch nur ein Quentchen Verantwortungsethik hinzutritt, wird es schwierig. Dann ist schwarz-weiß Denken nicht mehr möglich*.
100 prozentige Gesinnungsethiker finden sich besonders häufig bei den sogenannten „Aktivisten“, die vordergründig jeden Einzelnen retten und beschützen möchten. Das ist die schöne Geschichte.
Die wahre Geschichte ist, dass die Menschen, die ihre Guten Gedanken umsetzen wollen, sehr oft gleichzeitig radikale Systemfeinde sind. Denn das System sei – nach Meinung unserer 100-prozentigen Gesinnungsethiker – die Ursache für alle Ungerechtigkeiten der Welt.
Seit Tagen beschäftigt die Lifeline die Gazetten. Aktuell erscheint entgegen den Gepflogenheiten eine spezielle Meinung von Jaques Schuster auf WELTonline:
Zur Tradition des Abendlandes gehört die Barmherzigkeit. Sie gilt allen Menschen, die in Not geraten sind – gleichgültig woher sie stammen und wie sie aussehen.
Die Organisationen und Vereine, die auf dem Mittelmeer Flüchtende retten, berufen sich auf diese Barmherzigkeit. Zu Recht. Was wären Europas Gesellschaften, fehlte sie?
Doch das Mitempfinden darf nie einseitig sein. Es genügt nicht, die Hilfe als solche zu einer Ideologie verkommen zu lassen und sich der Bedenken aller anderen im eigenen moralischen Größenwahn zu versperren.
Abstrakte Ethik mag Handlungen nach ihrer Übereinstimmung mit dem Sittengesetz beurteilen. Politische Ethik beurteilt Handlungen nach ihren politischen Folgen. Mit anderen Worten: Die Massenaufnahme von Flüchtlingen gehorcht nicht nur den Regeln der abstrakten Ethik, sie ist hochpolitisch.
Wem nützt die grenzenlose Aufnahme fremder Menschen, wenn darüber die europäischen Gesellschaften zu zerbrechen drohen? Genügt es nicht, dass fast überall die Rechtspopulisten so stark sind wie nie zuvor?
[…]
Die Hilfsorganisationen betreiben einseitige Barmherzigkeit. Sie blenden aus, dass grenzenlose Aufnahme fremder Menschen zum Zerbrechen von Gesellschaften führen kann. Es muss alles getan werden, um diese Transfers nach Europa zu beenden.
Es ist durchaus nicht so, dass nur Herr Schuster sich über die Folgen von 100% gesinnungsethischem Mitleid Gedanken gemacht hat.
Vor 35 Jahren** z. B. hat Hoimar von Ditfurth, ganz sicher kein „Rechter“ einen Aufsatz im SPIEGEL veröffentlicht:
Wer nicht zu feige ist, hinzusehen, kommt an der Einsicht nicht vorbei, daß jeder, der sich darauf beschränkt, die heute hungernden Kinder zu sättigen, statt dem unvermeidlichen Sterben durch Geburtenkontrolle vorzubeugen, unmittelbar und ursächlich dazu beiträgt, die Leichenberge, denen sich die morgige Generation gegenübersehen wird, auf noch größere Höhen anwachsen zu lassen.
Bemerkenswert ist, dass die Hauptursache für die „Flucht“ von Menschen aus Afrika die dynamische Entwicklung der Bevölkerung= fehlende Geburtenkontrolle plus Überleben durch „Spenden“ durch den Westen ist.
Mittlerweile ist der Hunger in Afrika und weltweit massiv (Von weit über eine Milliarde Menschen in den 80er und 90er Jahren zu immer noch hohen gut 800 Millionen) zurückgegangen. Immer noch hoch, aber viel geringer als 1985. Trotz stark gestiegener Bevölkerungszahlen. Die Hungerproblematik wird geringer, die Menschen werden verhältnismäßig wohlhabender: Die Migrations-Probleme werden dadurch immer größer. Man will – endlich – an die Fleischtröge in Europa.
Wenn jede Woche 1 Million Babys in Afrika geboren werden und davon 50% überleben, sprich Erwachsene werden, wovon sich dann jede Woche sehr konservativ geschätzte 5% =25.000 Menschen auf den Weg nach Europa machen, dann macht das im Jahr 25.000 X 52=1.300.000 Menschen***, die so versorgt werden müssen, dass der in Afrika zurückgebliebene Clan mittels Geldtransfers mit ernährt werden kann.
Dann tritt das ein, was Jaques Schuster zu Beginn seiner Meinung oben vorwegnimmt. Dann blenden [wir] aus, dass grenzenlose Aufnahme fremder Menschen zum Zerbrechen von Gesellschaften führen kann.
Deshalb hat Jaques Schuster vollkommen Recht:
Es muss alles getan werden, um diese Transfers nach Europa zu beenden.
*Wenn sich der Lehrer zu 75% um jemanden kümmern muss, damit dieser nicht zurückbleibt, leidet der Rest der Klasse. // Wenn die Rettung eines Menschenlebens wahrscheinlich viele weitere Menschenleben gefährdet, wird eine Entscheidung zugunsten der Rettung des einen Menschen sehr schwierig.
**Gesinnungsethik-Verantwortungsethik: Ursprung bei Max Weber, 1919
***2015-er Verhältnisse
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Rüdiger Safranski zur Flüchtlingskrise:Hier klicken